Lucifer #2
(enthält US-Lucifer 7 - 12)
Autor: Dan Watters
Zeichner: Max Fiumara, Sebastián Fiumara, Aaron Campbell, Leomacs, Kelley Jones
Lucifer und seine Begleiter sehen sich nach ihrer Flucht aus Sycorax´ Schädel mit dem Erzengel Raguel und einer ganzen Engelschar konfrontiert. Die wollen sie für die Auferstehung der Hexe zur Rechenschaft ziehen, da diese eine Verhöhnung der Auferstehung Christi ist. Sycorax wird eine Frist von 72 Stunden eingeräumt bevor sie wieder sterben soll.
Diese Zeit will Lucifer nutzen um ein Jenseits auszumachen in dem Sycorax die Zeit nach ihrem erneuten Ableben zubringen kann. Dabei verschlägt es ihn, zeitweise begleitet von seinem Sohn Caliban, in verschiedenste Totenreiche und gar ins Traumland. Doch kein Ort scheint ihm für seine ehemalige Gefährtin geeignet.
Derweil nutzt Sycorax die Zeit um mit ihren Anhängerinnen einen Hexensabbat zu feiern. Ort des Geschehens ist eine Insel, die Lucifer dem Blick seines Vaters entzogen hat. Unentdeckt bleibt sie dennoch nicht. Der Cherub Diri, Gefährte Raguels, hat sich in der Hölle einen Splitter im Hain der Selbstmörder gefangen. Der stammt von Simson, dem ehemaligen Streiter Gottes, der dem Himmel wegen des ihm angetanen Unrechts schaden will. Der Splitter ermöglicht dem Cherubim das Versteck ausfindig zu machen und Raguel einen entsprechenden Hinweis zu geben.
Was Raguel nicht mehr mitbekommt, ist, dass Caliban Diri tötet, dessen Leichnam verspeist und vom Genuss des Engelsfleisches zu sterben droht. Das bekommt er erst mit, als ihn Sycorax auf das Inselversteck entführt, wohin sich auch ihr Sohn zurückgezogen hatte. Der Erzengel gerät in Rage als er sich ebenfalls einen Splitter Samsons einfängt und somit von diesem beeinflusst wird. Sycorax reagiert auf ihre ganz eigene Art. Sie tötet Raguel und erklärt dem Himmel den Krieg. Lucifers Pläne sahen etwas anders aus...
Whow, was für ein feiner Garn, der hier von Dan Watters gesponnen wird. Der Auftaktband gefiel mir schon richtig gut, war aufgrund einiger temporaler Verwirrungen allerdings nicht immer einfach zu lesen. Dieser Herausforderung sieht sich der Leser im nun vorliegenden zweiten Band nicht mehr ausgesetzt. Bis auf einen Rückblick in der US-Nummer 9 wird mit Zeitsprüngen arg gespart und man kann den verschiedenen Handlungssträngen wunderbar folgen.
Dennoch schafft es der Autor seine Erzählung mit einer Unmenge kleiner aber feiner Handlungselemente und Beziehungsgeflechten zwischen den verschiedensten Protagonisten zu - ich bin versucht zu sagen auszuschmücken, aber das würde dem Bedeutungsgehalt dieser "Kleinigkeiten" nicht gerecht werden - bereichern, dass eine reelle Chance besteht bei einem zweiten Lesegang noch Dinge zu entdecken, die einem im ersten Durchlauf entgangen sind. Watters schafft es diesen vielen kleinen Dingen eine Aura des Bedeutsamen zu verleihen. Kein Satz, keine Geste oder Mimik wirkt überflüssig sondern bedeutsam. Dadurch entsteht eine Dichte der Erzählung, die mich schlicht begeistert.
Ob es nun der Ritt durch alle möglichen Totenreiche der bekannten Religionen und Mythologien ist (sehr schön das Wiedersehen mit Remiel und Duma als neuen Herrschern der Hölle), die tieferen Einblicke ins Himmelreich und der immer wieder angedeuteten Silbernen Stadt oder der Hexensabbat um Sycorax, der uns ein Wiedersehen mit Thessaly beschert, das alles ließ mich immer wieder vor Begeisterung nach Luft schnappen.
Da störte der Rückblick in der US-Nummer 9 schon fast. Allerdings beleuchtet der ein wenig die Hintergründe und Motive der Figur Caliban und nutzt dafür das Vehikel einer sehr klassisch anmutenden Horror-Geschichte, die von Altmeister Kelley Jones in Szene gesetzt wurde. Da kann ich als alter Horror-Heft-Leser nur begeistert sein.
Für optischen Genuss sorgen weiter die Gebrüder Fiumara, die mit ihren Zeichnungen der Qualität der Geschichte nicht nachstehen und so zu einem fantastischen Gesamteindruck ihren nicht unbedeutenden Teil beitragen.
Beim aktuellen DC-Output steht Lucifer für mich ganz weit vorne. Die Serie macht den Namen Gaiman, Sandman und Vertigo alle Ehre und ich kann sie nur jedem wärmstens ans Herz legen, der seine Comics gerne etwas düsterer erzählt mag. Von mir gibt es keine unbedingte Kaufempfehlung sondern eine entsprechende Aufforderung. Kauft das!