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Alt 15.08.2018, 09:43   #273  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 49

Erscheinungstermin: 1/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 48
2) Submariner # 3

Story-Titel:
1) Die Schwingen des Geiers!
2) ohne Titel (An einem klaren Tag seht ihr… Leviathan!)

Original-Storytitel:
1) The Wings of the Vulture!
2) On a clear Day you can see… the Leviathan!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia



Diese Ausgabe schließt nur locker an die vorherige an. Ich sehe dennoch ein Bemühen, Geschichten weiterzuerzählen. Es ist nicht mehr so wie in der Ditko-Phase, als offenbar nur Vorgaben zu erfüllen waren wie: Betty, Gwen, JJJ und Tante May müssen vorkommen. Die Spinne sucht zu Beginn nach ihrem letzten Gegner, Kraven, der aber erst etwas späte wieder auftauchen wird. Lee und Romita haben eine neue Möglichkeit gefunden, die Spinne mit ihrem nächsten Gegner zu konfrontieren. Oft schon war zu sehen, wie ein Superschurke seine Gefängnisstrafe abgesessen hat und freigelassen wird. Hier wird das mal deutlich interessanter erzählt.

Der Geier hatte in der Gefängniswerkstatt einen Unfall und liegt offenbar im Sterben. Mir hätte auch ein natürlicher Tod eingeleuchtet, denn er ist ja ein alter Mann, physiognomisch tatsächlich an einen Geier erinnernd. Er verlangt, vor seinem Tod noch einen jüngeren Häftling, Blacky Drago, zu sprechen. Dem verrät er, wo seine Geierschwingen versteckt sind. Blacky soll für ihn die Rache an der Spinne vollenden. Blacky hat sich die ganze Zeit verstellt: Er hat immer darauf spekuliert herauszufinden, wo sich diese Flügel befinden – an einer Revanche gegen die Spinne ist er nicht interessiert. Lee schreibt, daß der alte Geier zum letzten Mal seine Augen schließt, aber er wird später doch noch einmal ein Comeback haben.

Blacky gelingt relativ leicht die Flucht aus dem Knast; er findet die Schwingen und übt das Fliegen. Als die Polizei, die die Verfolgung aufgenommen hat, ihn erreicht, fliegt er eben davon. Er beginnt, sich als Kleinkrimineller zu betätigen: Er nimmt Geschäftsleuten oder Boten ihre Geldtaschen weg. Damit fühlt er sich als König der Stadt. Aber es ist ganz angenehm, daß es hier nicht um die Welteroberung geht. Immerhin wird über den Geier im Fernsehen berichtet, und so kommt Peter Parker endlich ins Spiel. Er sieht einen TV-Bericht und will eingreifen – dumm nur, daß er gerade unter einer heftigen Erkältung leidet. Es geht ihm so schlecht, daß er bereits aus der Uni nach Hause geschickt worden ist, um sich auszukurieren.

Peter will den Dämon bitten, sich für ihn um den Geier zu kümmern. Das ist ein interessantes Detail. Zum einen werden damit die Verbindungen innerhalb des Marvel-Universums angesprochen. Zum anderen fragt man sich jedoch: Vielleicht sieht auch der Dämon fern und hat ohnehin beschlossen, gegen den Geier zu kämpfen. Es scheint aber so zu sein, daß jeder Marvel-Superheld seine ganz eigenen Sparringspartner hat; wer einmal mit dem Geier zu tun hatte, muß sich auch künftig immer um ihn kümmern – es sei denn, der Geier sollte mal als Gastschurke in einer anderen Serie auftauchen. Bemerkenswert auch: Peter hält Matt Murdock für den „Verbindungsmann“ des Dämon. Eine Kommunikation der Superhelden ist also durch die jeweiligen Geheimidentitäten erschwert. Wenn sie sich als Superhelden begegnen, könnte man hinzufügen, ist die Kommunikation darüber hinaus oft durch irgendein Mißverständnis behindert.

Wie auch immer: Peter entschließt sich dann doch, den Geier selbst zu bekämpfen. Ab Seite 11 zeichnet Romita nun in auffallend großen Panels. Vielleicht tut er das notgedrungen, weil die Story bis zum Cliffhanger zu dünn ist. Aber es geschah sicher nicht aus Zeitnot, denn er gestaltet die Auseinandersetzung sehr eindrucksvoll. Schon zu Ditko-Zeiten war es so, daß bei den Duellen mit dem Geier das Agieren in den New Yorker Straßenschluchten besonders dramatisch zur Geltung kam. Ein wichtiger Schauplatz ist die George-Washington-Brücke, deren Pfeiler Hochhäusern ähneln (man kann dabei an „Spinne“ # 123 denken, als Gwen von dieser Brücke in den Tod stürzt). Peter dachte, beim Herumschwingen als Spinne werde er sich besser fühlen – leider ein Trugschluß. Während er gegen den Geier kämpft, wird ihm schwarz vor Augen. Der Geier kickt ihn von der Wand; die Spinne landet bewußtlos auf einem Hochhausdach. „Fortsetzung folgt?“ (Dieses Fragezeichen finde ich doch etwas übertrieben.)

Zwischendurch gibt es ein paar kurze Auftritte von Gwen, Mary-Jane, Harry, Tante May und Anna Watson. Jonah Jameson spricht einen Kommentar im Fernsehen. Aber insgesamt spielt das Soap-Element in diesem Heft nur eine untergeordnete Rolle.

Noch eine Randbemerkung: In dieser Story herrscht Winter, was auch Peters Erkältung erklären dürfte. Die Spinne liegt am Ende im Schnee. Der Geier triumphiert: „Wenn der Sturz nicht ihr Ende war, wird sie erfrieren!“ Erscheinungsdatum des Hefts ist Mai 1967. Es war zwar so, daß die Auslieferung der Marvel-Titel schon Monate vorher begann, aber der Winter 1966/67 dürfte doch vorbei gewesen sein. Ich schätze, es ging nicht darum, den Eindruck zu erwecken, die Handlung spiele gegenwartsnahe. Die Williams-Ausgabe erschien dagegen tatsächlich im Winter (1975/76), aber wegen des Phasenvertriebs hat das auch nicht so genau hingehauen. Redaktionelle Seiten: diesmal Fehlanzeige (abgesehen von Checkliste und Vorschau).
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