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Alt 02.06.2016, 09:38   #65  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Mittlerweile merken die Leute, wo es weh tut. Ich bin damals gegen die Bologna-Reform bei Demos mitmarschiert und hab mir die Vollversammlungen im größten Hörsaal der Uni angetan, aber genützt hat es wenig bis nix. Und wie es jetzt aussieht, ist das Kind in den Brunnen gefallen.
Sogar die F.A.Z. muß das zur Kenntnis nehmen. Wissenschaftler haben eine Petition gegen die Exzellenzinitiative verfaßt - in dem Gastbeitrag heißt es:
Zitat:
Bemerkenswert ist, worüber nicht gesprochen wird: über Forschungsergebnisse, neue Theorien, über Paradigmenwechsel und über Bücher, die ein weites Publikum erreichen, kurzum - über Inhalte. Diskussionen von sachlicher Relevanz, gehen gerade nicht auf Projekte zurück, die im Rahmen der Exzellenzinitiative gefördert wurden, sondern auf Publikationen, die sich der traditionellen Sturheit einzelner Forscher verdanken. (...)

Die heute fast alleingültige Währung im Sektor wissenschaftlicher Veröffentlichungen aber ist der von peer reviews auf Stromlinie getrimmte Artikel in einem A-Journal. Die A-Journal-Artikel aber werden ihrerseits mehr zur Kenntnis genommen und statistisch ausgewertet (etwa um den Hirsch-Index zu errechnen) als wirklich gelesen. Bibliometrie tritt an die Stelle von Bibliophilie; dass ein Artikel soundso viel Mal zitiert wird, ist wichtiger als die Frage, was denn da zitiert wird und ob etwas dran ist an dem, was da behauptet wird. Das hat fatale Auswirkungen. Die peer review-Schwelle geschafft haben etwa Theorien über die besondere Effizienz und Transparenz der Finanzmärkte - eine vom Volkswirtschafts-Nobelpreis gekrönte Theorie wurde nach dem Lehman-Brothers-Crash von 2008 zur Lachnummer.
(P.S.: Bei dem rot markierten Satz darfst Du Dich angesprochen fühlen, Eckart.)

Hinzu kommt das folgende Hindernis:

Inzwischen wird der Bildungssbereich vorwiegend in Projekten ohne langfristige Perspektiven organisiert, wodurch sogar bestehende Institutionen in existenzgefährdende Krisen geraten. Ein Museum oder ein Comiczentrum bräuchte einen langen Atem und eine vernünftige Finanzierung. Wenn jedes Jahr aufs Neue Anträge für Drittmittel verfaßt werden müssen, verbrennt die Energie dort und fehlt letztlich bei Wissenschaft, Lehre und Forschung.
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