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Alt 04.04.2018, 19:24   #52  
Phantom
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So, ich will mich auch mal in diesen Thread (sehr gute Idee!) einklinken. Es geht ja hier auch darum, wie wir die Williams-Zeit erlebt haben, deshalb kurz vorweg meine Williams-Erinnerung: Ich muss 1976/77 als 6- oder 7jähriger zu den Williams-Marvels gekommen sein, genau weiß ich das nicht mehr. Was ich genau weiß: Marvel Superband 12 war mein Erstkontakt. Ich habe damals im Rahmen meiner spärlichen finanziellen Möglichkeiten alles kunterbunt gelesen, Disney, Kauka, Zack, Bastei, DC und eben auch Marvel, natürlich nie komplett (und bevorzugt - des Geldes wegen - als Sammelband oder Remittenden).

Die Marvel Superbände habe ich ab der Nummer 12 aber bis zur 46 vollständig gekauft (auch mehrfach, als ich gemerkt hatte, dass die Inhalte nicht immer identisch waren), parallel manchmal auch einzelne Spinne, Rächer oder FV im höheren Nummernbereich, die eben gerade zeitgleich auslagen. Mein Leseerlebnis war also irgendwas zwischen dem bsv-Erlebnis (Geschichten total unchronologisch, und ohne dass man das als normaler Leser wissen kann) und dem "Williams-Starter" (alles chronologisch): durch die Sammelbände bekam ich die Hefte nicht in der richtigen Reihenfolge und auch nicht von Anfang an (weil ich erst mit Nr. 12 eingestiegen bin), aber ich wusste natürlich immer, welche Hefte fehlten. In meiner Marvel-Hochphase als Grundschüler mit sehr viel Zeit habe ich nach jedem neuen Sammelband die "neuen" 4 Hefte jeweils (gedanklich) einsortiert und diese 4 Serien wieder chronologisch von vorn bis hinten gelesen (und mir dabei immer ausgemalt, was wohl in den noch fehlenden Heften stehen könnte). Der im Original von Stan Lee angeschlagene kumpelhafte Ton in den Marvels schlug bei mir damals voll ein; ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass die Marvels etwas Besonderes waren. Als dann Williams alles einstellte, war ich genauso geschockt wie viele andere. Ich habe anfangs dann auch (wie viele andere Süchtige) die Condor-Marvels gekauft, aber spätestens mit 13, 14 muss ich daran die Lust verloren haben. Mag an Condor gelegen haben, aber sicher auch daran, dass mich Superhelden nicht mehr so richtig interessiert hatten. Habe mich dann vermehrt erwachseneren Sachen zugewandt, z.B. den sprechenden Enten und Mäusen von Barks und Gottfredson

Zeitsprung: als ich um die 30 war, wurde ich auf die ersten Marvel Essential Bände aufmerksam. Jeweils um die 20 Hefte für rund 15 Dollar, das fand ich ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. Jetzt konnte ich endlich nachlesen, wie es mit dem Dämon oder dem Eisernen weitergegangen wäre, wenn Williams das damals nicht eingestellt hätte. Als die ersten Bände aus USA eintrudelten, war ich kurzzeitig wieder der Marvel-begeisterte Grundschüler: ich las die alten Geschichten endlich im Original, verglich mit den Williams-Heften (wo wurde gekürzt oder nachgezeichnet, was waren die besten Übersetzungs-Stilblüten ["I am to blame" --> "Ich bin blamiert" und solche Sachen]) usw. Tja, und dann ist die Leidenschaft wieder abgekühlt: als ich Geschichten las, die ich von Williams nicht kannte, war ich meist ziemlich enttäuscht. Wie banal das alles doch war, wie konstruiert, wie schablonenhaft. Immer wieder good guy gegen bad guy, immer wieder villains mit neuen Superkräften. Sorry, das interessiert mich einfach nicht mehr. Macht ja nichts, aber über meine Williams-Hefte lasse ich nichts kommen!

Diesen Thread nehme ich jetzt zum Anlass, meine Williams-Spinnen und die Essential-Bände ebenfalls noch einmal von Beginn an zu lesen. Hoffentlich finde ich die Zeit und halte durch. Ich kann vermutlich keine neuen Einsichten liefern, werde aber auch ab und zu meinen Senf dazugeben (im Sinne von: wie habe ich die entsprechenden Geschichten damals aufgenommen und wie sehe ich das heute).

Was ich jetzt schon sagen kann: damals haben mir die Ditko-Zeichnungen nicht so gut gefallen wie die Hefte von Romita. So wie es damals wohl vielen ging. Heute sehe ich das differenzierter: Die Romita-Sachen sind oft so glatt, ohne Kanten, einfach "schön" gezeichnet und deshalb bisweilen langweilig. Die Ditko-Zeichnungen sind manchmal anatomisch fragwürdig, karikaturenhaft, "krakelig", aber meist interessant anzusehen. Für Spider-Man und Peter Parker einfach ein sehr passender Zeichenstil.
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