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Alt 22.12.2014, 01:53   #14  
Gerhard Förster
Moderator Sprechblase
 
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Ich weiß, ich bin im falschen Thread, aber drückt halt ein Auge zu, angesichts dieses besonderen Todesfalls. Okay?

Udo Jürgens war eigentlich immer da – für Österreicher vielleicht noch mehr. Dass es ihn jetzt nicht mehr gibt, das ist schon traurig. Ich hab mal in einer Doku gehört, wie es gewesen sein soll, als Kaiser Franz Josef starb. Die Menschen konnten sich das überhaupt nicht vorstellen, so selbstverständlich war seine Präsenz. Irgendwie kommt mir das jetzt ähnlich vor.

Dabei bin ich ja eigentlich nicht so sehr der große Udo Jürgens-Fan. Er ging mir öfters auch auf die Nerven. Wofür ich ihm aber wirklich dankbar bin, sind die Dinge die mich im Inneren berührt haben (natürlich ist das sehr subjektiv). Vor allem gingen mir seine frühen Lieder nahe – in all ihrer Schlichtheit (die später nicht mehr so da war – aber natürlich gab´s dann auch noch viele tolle Songs). Dazu gehören seine Songcontest-Titel, die ich alle drei sehr stark finde: "Warum nur, Warum?", "Sag ihr, ich lass´ sie grüßen" und natürlich "Merci, Chérie", aber auch sein erster Hit "Jenny, oh Jenny" von 1962 oder ein so simples Lied wie "17 Jahr´, blondes Haar", des weiteren "Zeig mir den Platz an der Sonne" (das hörte ich immer beim Eislaufen am Wochenende, als ich mal unglücklich verliebt war) und das für mich unsterbliche "Und immer wieder geht die Sonne auf".

Sein soziales Engagement und die gesellschaftskritischen Texte, von denen jetzt soviel geredet wird, nahm ich ehrlich gesagt (jetzt werde ich sicher gesteinigt werden) nie so richtig ernst. Für mich war das Kalkül. Er wird schon auch dahinter gestanden haben, das will ich ihm nicht absprechen, aber allzu mutig war er nicht. Er sprang bloß auf Themen auf, die sowieso in der Luft lagen und mit denen er sich wieder ins Gespräch bringen konnte – er war eben ein Entertainer durch und durch. (Vielleicht ist das jetzt pietätlos, aber es ist zumindest ehrlich. Und ich muss ja auch nicht recht haben.)

Was Udo Jürgens zweifellos auszeichnete, war ein enormes Charisma. Bei einem Sänger merkt man das besonders an seinen misslungenen, dümmlichen Liedern, die wohl in den meisten Karrieren vorkommen. Mir fällt gerade ein Titel ein, den er etwa um 1970 sang: "Ich bin wieder da". Bei jedem anderen hätte sowas bloß peinlich geklungen, bei ihm nicht. Warum ist das so? Keine Ahnung. Charisma ist selten in seinem Kern erklärbar – und das finde ich schön!

Abschließend noch zu einem Liedchen von Jürgens, das so unbekannt ist, dass er es vermutlich selbst längst vergessen hatte: "Doch leider ist es nicht wahr". Ich finde den Text witzig und den Sound spritzig, so dass es glaube ich okay ist, ihm hier ein kleines Denkmal zu setzen. Auf YouTube ist es nur im englischen Original von Johnny Cash zu hören (dafür könnt Ihr Cash beim Singen zuschauen, was immer sehenswert ist): "Guess Things Happen That Way" von 1959 (Jürgens wird sein Cover nicht viel später gesungen haben). Hier ist der Link: https://www.youtube.com/watch?v=u1O5hxhrI6Y

Was ich allerdings im Internet finden konnte, ist Jürgens Text:

Du fragst mich ob ich Dir treu sein könnte
Ich denke nach und sage: "Ja!"
Das ist wunderbar, doch leider ist es nicht wahr

Du fragst mich, wann wir Hochzeit machen
Ich denke nach und sage: "Bald!"
Das ist wunderbar, doch leider ist es nicht wahr

Ja, ich glaub' im Augenblick auch fest an all das was ich sag'
Denn ich mach' so gut ich kann aus jedem Tag 'nen Sonnentag
Das ist wunderbar, doch leider ist es nicht wahr

Du fragst mich, ob ich Dich nie belüge
Ich denke nach und sage: "Nie!"
Das ist wunderbar, doch leider ist es nicht wahr

Du fragst mich, ob es so immer sein wird
Ich denke nach und sage: "Ja!"
Das ist wunderbar, doch leider ist es nicht wahr

Ja, ich will nicht besser scheinen, besser als die andern sind
Seit ich Dich sah glaub' ich, daß ich einen Weg zur Bess'rung find'
|: |: Das ist wunderbar, doch leider ist es nicht wahr :| :|

Geändert von Gerhard Förster (22.12.2014 um 12:45 Uhr)
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