[Crackajack Jackson]

Leben am Limit

Die ganze Woche über hatte ich schon Probleme mit meinem rechten Ohr. Ich hörte zeitweise, als hätte man eine Decke über eine Musikbox gelegt. Gestern Abend wurde das Ohr noch etwas warm. Also beschloss ich um sieben Uhr noch mal in die Notaufnahme nach Wiesbaden zu fahren.

Die Hinfahrt funktionierte gut: Es war noch hell und das Radio spielte ein interessantes Programm. Ganz entspannt fuhr ich auf den Parkplatz der Horst Schmidt Klinik. Als ich aussteigen wollte zeigte mir mein Auto Luftmangel im rechten, hinteren Reifen an. Na gut. Ich betrat die Klinik und fragte mich zur Notaufnahme durch. Dort war eine Familie mit 3 kleinen Kindern, und noch zwei andere Leute vor mir. Die Frau an der Rezeption nahm meine Daten auf und sagte mir, ich würde aufgerufen werden.
Geschafft dachte ich. Ich wartete. Zwischendurch kamen immer mal Leute vom Rettungsdienst, die einen Notfall durchschoben, darunter auch einen Mann, dessen Ehefrau ziemlich verzweifelt aussah. Die Frau ging mit durch, kam aber etwas später wieder zu uns in den Wartebereich. Man sah ihr den Stress und die Sorge an. Für sie war eine Welt zusammengebrochen. Ausnahmesituationen, hier ganz alltäglich. Diese Hallen haben schon viel Leid gesehen. Es wurde acht, dann halb neun, viertel vor neun. Kein einziger Patient wurde aufgerufen. Ich wollte schon gehen, da kam ein etwa 50jähriger Mann mit einen Kleist Comic 'Nick Cave'. Er wusste nicht genau, wo er sich hinsetzten sollte und nahm schließlich neben der kinderreichen Familie Platz. Der Moment war vorbei, wo ich ihm bei mir einen Platz anbieten hätte können und auch später traute ich mich nicht ihn anzusprechen und zu fragen, ob er auch den 'Boxer' gelesen hätte.

Um kurz vor neun, stand ich auf, ging zur Rezeption und meldete mich ab. Dann trat ich den Heimweg an.
Mit etwas bangem Gefühl ging ich zu meinem Auto. Kein Platten! Gott sei Dank.
Ich stieg ins Auto und fuhr los. Ich hatte die Fasanerie eingegeben, weil ich von da auf die B417 wollte. Über die Autobahn wollte ich nicht fahren. Als ich an der Fasanerie vorbei war, verzettelte ich mich doch und fuhr auf die B275. Na gut. Ich justierte mein Navi neu und fand auch eine Tankstelle mit Luft für meinen Reifen.
Es ging durch den Wald und ich fuhr zum Glück langsam. Da lag direkt vor mir auf der Straße ein Reh. Die Gegenfahrbahn war frei und ich konnte gerade noch ausweichen. Ein paar Meter weiter stand wohl das Auto, dass das Reh erlegt hatte. Der Fahrer saß im Auto und telefonierte. Er hätte wohl besser erst mal die Unfallstelle sichern sollen.
Nach einer weiteren halben Stunde kam ich wohlbehalten wieder zuhause an.