Thema: Filmklassiker
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Alt 02.01.2024, 06:19   #1805  
Peter L. Opmann
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Die Feiertage habe ich genutzt, mir die übrigen drei W.-C.-Fields-Filme anzuschauen, die ich habe. Sie stammen eher aus der Spätphase seiner Karriere und sind in meinen Augen alle keine Meisterwerke, daher will ich sie in einem Aufwasch besprechen. Es handelt sich um „Das ist geschenkt“ (1934) von Norman Z. McLeod, „Der Banküberfall“ (1940) und „Gib einem Trottel keine Chance“ (1941), beide von Edward Cline. Interessant ist für mich vor allem die Figur, die Fields entwickelt hat und die offenbar ein paar Gemeinsamkeiten mit dem Schauspieler aufweist. Aber natürlich war er ebensowenig eine Witzfigur wie Buster Keaton oder Stan Laurel, sondern ein begabter Vaudeville- und Slapstick-Künstler.

„Das ist geschenkt“ ist zur selben Zeit entstanden wie etwa der Laurel-und-Hardy-Kurzfilm „Going bye-bye“ („Der große Fang“) und weist eine ähnliche Storystruktur auf. Es gibt eine Familienszene am Eßtisch, dann Fields in seinem Lebensmittelladen, gefolgt von gestörter Nachtruhe und der Fahrt der Familie nach Kalifornien, wo Fields eine Orangenplantage gekauft hat. Also ein ziemlich dünner Handlungsfaden mit Gagroutinen, die endlos gemolken werden. Aber durchaus komisch, wenngleich der Paramount-Film an den Großteil der Laurel-und-Hardy-Werke nicht heranreicht. Fields leidet hier sehr unter seiner widerwärtigen, dominanten Gattin sowie zahlreichen nervenden Zeitgenossen, unter anderem dem Kinderstar „Baby LeRoy“. Er raucht stinkende Zigarren, trinkt aber (noch) kaum Alkohol. Mich überrascht, daß die Geschichte gut ausgeht: Fields hat sich natürlich eine wertlose Farm andrehen lassen, aber das Land kann er teuer wieder verkaufen, da genau dort eine wichtige Straße gebaut werden muß.

„Der Banküberfall“, nun bei Universal entstanden, hat eine kompliziertere Handlung. Fields hat – unbeabsichtigt – zur Ergreifung eines Bankräubers beigetragen und wird zum Dank von der Bank als Detektiv angestellt. Kaum hat er für seinen Schwiegersohn in spe einen größeren Betrag unterschlagen, taucht ein Revisor auf (Franklin Pangborn), den er nun an seiner Untersuchung hindern muß. Diesmal spielt eine Bar eine wichtige Rolle, und Fields ist natürlich Stammgast. Dieser Film endet mit einer Autoverfolgungsjagd, die der in „Bullitt“ wenig nachsteht – die Filmgeschwindigkeit wurde erhöht, weil die Autos von 1940 noch nicht allzu schnell unterwegs waren. Das Werk ist einigermaßen lustig, aber die ausgearbeitete Handlung ist dem Witz eher abträglich. Die Slapstick-Elemente werden deutlich weniger, und Fields verlegt sich zunehmend auf eine komödiantische Charakterstudie.

„Gib einem Trottel keine Chance“ war Fields‘ letzter Film für Universal und zugleich seine letzte Hauptrolle. Er brauchte nun beim Drehen wegen Alkoholproblemen öfters Pausen, soll aber vor der Kamera seine Leistung anstandslos gebracht haben. Doch das Studio setzte inzwischen auf das aufsteigende Komikerduo Abbott und Costello (das ich nie sonderlich komisch fand). Von Fields stammt auch das Drehbuch, das aber nun nur noch aus willkürlich aneinandergereihten, mehr oder weniger witzigen Szenen besteht. Fields spielt sich hier in gewissem Sinn selbst, einen Drehbuchautor, dem es nicht gelingt, den Studioboß (wieder Pangborn) von seinem letzten Erguß zu überzeugen. Drehbuchszenen werden direkt vorgeführt, ergeben aber tatsächlich zusammen keinen Sinn. Man hat das als Abrechnung mit Hollywood interpretieren wollen, aber ich glaube eher, daß Fields keine solide gebaute Komödie mehr zustandebrachte. Es gab aber offenbar auch Unstimmigkeiten, wovon dieser Film handeln sollte, und es gab Probleme mit der Zensur. Bemerkenswert: In diesem Film leidet Fields nicht unter allen seinen Mitmenschen, sondern hat eine liebreizende Nichte (Gloria Jean) an seiner Seite, die ihn bedingungslos verehrt (in diesem Fall ist nicht „Geliebte“ gemeint).

Bei youtube gibt es eine knapp einstündige Dokumentation über W. C. Fields (auf englisch). Man sieht da auch einige Ausschnitte aus Stummfilmen, die er gedreht hat. In seinem Werk ist sicher die eine oder andere Perle zu finden. Allerdings gibt es seine Tonfilme wohl nur unsynchronisiert mit deutschen Untertiteln.
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