Thema: Filmklassiker
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Alt 06.12.2023, 07:05   #1746  
Peter L. Opmann
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Nächste Folge von "Billy, how did you do it":

„Ariane – Liebe am Nachmittag“ (1957)
Schlöndorff: Ein anderer Film, der zu der beliebten Gattung „Ein Amerikaner in Paris“ gehört, ist „Love in the Afternoon“ mit Maurice Chevalier, Gary Cooper und Audrey Hepburn. Anlaß zu Streit gab es komischerweise um den schönen Titel „Liebe am Nachmittag“.

Wilder: Wir haben über die Besetzung gesprochen und die Kosten, und ich sagte: Ich fahre am Montag nach Paris, um bereits die Drehorte auszusuchen. Und dann sagt der Produzent plötzlich: Was machen wir mit dem Titel? – Wieso? Der Titel ist „Liebe am Nachmittag“. Er sagt: Das ist nicht Ihr Ernst! Was ist denn das für ein Titel? Ich drehe mich zu ihm um: Also haben wir offenbar verschiedene Auffassungen über gute Titel. Nennen Sie mir den besten Titel, den Sie je gehört haben. Er dachte etwa fünf Sekunden nach und sagte: „Wichita“. Das ist eine Stadt in Kansas. Ich sagte: Warum ist das ein guter Titel? Er sagte: Weil er vom Wilden Westen handelt. Wenn „Wichita“ ein guter Titel ist, dann gibt es viele gute Titel: „Kansas City“, „Seattle“, „Oklahoma“, „North-Dakota“. Da weiß ich noch mindestens 49 andere gute Titel. Er sagt: Wollen Sie sich über mich lustigmachen? Ich sagte: Nein, aber unser Titel ist gut, der wird nicht geändert. Ich arbeite zum ersten Mal für Sie, ich will nicht mit Ihnen streiten. Er sagte: Was soll das heißen? Darauf sage ich zu Diamond: Nimm das Drehbuch, wir gehen! Es ist jetzt halb zwei, rufen Sie mich um sechs Uhr an. Sie können bis dahin nachdenken und über den Titel entscheiden. Dasselbe gilt für das Drehbuch. Und wir sind weggegangen. Eine Stunde später rief er mich an – ich war noch nicht zuhause. Um sechs Uhr rief er wieder an: Können Sie denn keinen Spaß verstehen?

Schlöndorff: Ist denn mein Gefühl richtig, daß „Love in the Afternoon“ etwas gewesen ist, was für dich gut war? Du hattest eine gute Zeit? Wilder: O ja. Ich war jung und voller Tatendrang. Schlöndorff: Und du warst in Paris! Wilder: Das ist besser als ein beknackter Stollen im Berg. Jeder kommt gern zum Drehort, wenn es eine Suite im Ritz ist. Ich mag das. Nicht nur das Publikum träumte, auch ich war glücklich. Es war einfach großartig. Ich würde gern einen Film drehen, der in einem Bordell spielt. Da könnte man Spaß haben! Schon das Casting… Ich will nicht deprimiert aus dem Kino kommen.

Karasek: Wenn ich deine Filme ganz schnell resümiere, dann komme ich zum Schluß, daß die meisten Deiner Figuren nicht reich sind.

Wilder: Nein. Da habe ich einen Fehler gemacht (grinst).

Schlöndorff: Es sind meistens Leute, die nicht reich sind, aber die gern reich werden wollen.

Wilder: Oder sie haben die Wahl: Sollen wir sehr reich sein, oder sollen wir ehrenvoll sein?

Schlöndorff: Hättest du Filme gemacht, wenn man dich nicht dafür bezahlt hätte?

Wilder: Bist du noch ganz bei Trost? Also wirklich! Mich von denen ausnutzen lassen? Glaubst du, ich bin Masochist? Nein, ich habe Freunden geholfen, zum Beispiel John Huston. Er brauchte ein Ende für seinen Film in Japan. Da bin ich hingefahren. Er arbeitete schon an seinem nächsten Film. Ich habe es für ihn getan. Oder Autoren kommen mit Drehbüchern, Regisseure fragen mich um Rat. Ich tue das umsonst für Freunde, aber nicht für die Leute in den oberen Etagen. Das sind meine Feinde. Ich habe da nur ganz wenige Freunde. Ich will von diesen Leuten so viel Geld wie möglich haben, denn sie wollen mich so billig wie möglich einkaufen. Zwischen denen und mir ist ein ständiger Kampf.

Gary Cooper habe ich geliebt. Ein sehr scheuer, ehrlicher Mann. Aber für diese Rolle – das war nach „High Noon“, da wurde er offiziell der große Sheriff. Ich mußte einen Don Juan haben, und das ist sehr schwer. Aber so war er, er war kein Sheriff. Er kam aus Montana, aber war erstaunlich elegant. Man kann niemandem Eleganz beibringen. Er war schon so geboren. Er trug die richtigen Anzüge und die richtigen Hemden. Es hatte Klasse, wie er ins Studio in Boulogne kam. Sein offener Bentley war gerade geliefert worden. Er trug einen grauen Anzug und ein rosa Hemd dazu. Alles paßte wunderbar zusammen. Es war ein Vergnügen, ihn anzuschauen. Cooper hatte ein Geheimnis im Umgang mit Frauen, nicht zu reden und Interessantes zu erzählen, sondern zuzuhören. Ich bin sicher, daß er nie wirklich zuhörte. Aber zwischendurch sagte er: Ach, wirklich? Ist das wahr? So habe ich das noch nie gehört. Sie sind nicht nur eine schöne und begehrenswerte Frau, Sie sind auch eine Philosophin. Erzählen Sie mir mehr davon. – Jede Frau will sich aussprechen, aber ohne anderen Leuten damit auf die Nerven zu gehen. Er hat es geradezu herausgefordert. So schüttet jede Frau ihr Herz aus. Und plötzlich liegt sie in seinem Bett.

Es ist schon komisch, wie Heldenrollen besetzt werden. Oft mit jemand, der aussieht, wie man selbst gern aussehen würde. Das gilt besonders für Autoren. Als Autor hat man das Gefühl: So würde ich gern mit einer Frau sprechen. – Gary Cooper ist zu jung gestorben.

Schlöndorff: Wie alt war er, als ihr „Love in the Afternoon“ gedreht habt?

Wilder: Anfang 60. Unersetzbar, nicht?

„The Spirit of St. Louis“ (1957)
Es gibt Momente im Leben… ich glaube, in drei meiner Filme. Du bist ein Freund des Produzenten. Du kennst auch den Zanuck. Und dann hypnotisierst du dich selbst und redest dir ein, daß du etwas daraus machen wirst.

Schlöndorff: Aber immerhin hattest du 1951 formuliert: „Die beste Schicksalsgeschichte ist Lindbergh“.

Wilder: Er sollte aussehen wie Jimmy Stewart, groß, mit dieser Figur und den blonden Haaren. Aber jetzt wollten wir einen neuen Mann haben. Wir haben ihn nicht gefunden. Nachher wurde es Jimmy Stewart.

Schlöndorff: Der Lindbergh-Fall ist natürlich eine gute Vorlage, weil er sehr bekannt ist. Jeder hat von der ersten Überquerung des Atlantik gehört, wenn auch der Mann nachher noch berühmter wurde durch die schreckliche Geschichte, wie sein Kind entführt und umgebracht wurde. Aber im Film geht es nur darum, daß der Mann in seinem Flugzeug sitzt und über den Atlantik fliegt. Die Schwierigkeiten begannen schon bei der Besetzung. Der Mann muß ja interessant sein. Und dann beim Drehbuch: Wie kann man das interessanter machen? Kann man nicht doch eine Frauengeschichte reinbringen? Wie anders kann man das erzählen, damit es spannend wird? Die berühmte Lubitsch-Frage, angewandt auf einen Menschen im Cockpit. Ist natürlich sehr schwer zu lösen.

Wilder: Ich versuchte unbedingt, irgendetwas da hineinzubringen, damit das einen Anfang, eine Mitte und ein Ende hat, etwas Persönliches. Und da war ein alter Journalist, der für Filme geschrieben hat. Eines Tages sagte er mir: Paß mal auf, ich war dabei. Da gibt’s ein Diner mit einer hübschen Kellnerin. Ganz Amerika wußte, daß er oben in seinem Hotelbett die ganze Nacht nicht schlafen konnte. Die Chance, daß Lindbergh abstürzt, ist doch 90 : 10. Und es ist doch schade, daß er mit ihr nie zusammenkam. Das ist der Grund, warum er die ganze Nacht nicht schlafen konnte. Ich sagte: Verstehe! Überlassen Sie das mir. Das ist sehr gut! Und ich stelle mir vor, wie Lindbergh im Triumph nach Amerika zurückkehrt. Und da steht diese kleine Kellnerin, und er erkennt sie nicht. Das wäre schon genug für mich! Ich erzähle es den Produzenten, und sie finden es auch gut. Aber sie sagen: Du erzählst es Lindbergh, nicht wir.

Schlöndorff: Auf der Bühne gibt es dauernd Monologe. Hamlet redet die ganze Zeit mit sich selbst. Im Film braucht man Gesprächspartner, und wenn es nur eine Fliege ist. Ein Monolog vor der Kamera ist unvorstellbar. Wilder: Ja, das war die Idee.

Wilder: Ich war in Paris, und wir haben nachts in Le Bourget gedreht. Ich hatte da etwa 5000 Statisten. Er kommt in der Nacht an und landet, und die Leute sind so begeistert, daß sie die Absperrungen überrennen. Da kommt Noel Coward, neben ihm ein ganz kleiner Mann mit einem Dackel. Er schaut sich das so an, dreht sich plötzlich um und sagt mit ungarischem Akzent: Ich glaube, Sie sind verrückt. Was machen Sie hier? – Es ist eine wichtige Szene. – Sie sollten jetzt im Maxim sein und zu Abend essen. Das ist was für den Assistenten. – Er war ein gescheiter Mann.

Schlöndorff: Immerhin hat diese Landung in Paris Billy Wilder mit Alexandre Trauner zusammengebracht, dem berühmten ungarischen Architekten und Filmdekor-Bauer, der in Frankreich für die „Kinder des Olymp“, für „Hotel du Nord“ und viele andere Filme gearbeitet und Dekorationen gebaut hat, die hauptsächlich von der perspektivischen Verkürzung lebten. Er hat es gewagt, einen Riesenbau, zum Beispiel die Pariser U-Bahn, auf einem ganz kleinen Gelände herzustellen, später für Billy Wilder das Brandenburger Tor auf dem Gelände der Bavaria in Geiselgasteig oder den Riesenbüroraum für Jack Lemmon in „Das Apartment“, indem er einfach nach hinten immer kleiner gebaut hat und Komparsen ausgesucht hat, die beispielsweise Zwerge waren, oder ganz hinten ausgeschnittene Figuren oder Fotos.

„Zeugin der Anklage“ (1957)
Schlöndorff: Dieser Film hat Billy Wilder natürlich wegen Marlene Dietrich gereizt, aber auch, nehme ich an, wegen Agatha Christie. Das Drehbuchschreiben ist sein Steckenpferd. Und hier hatte er nun wirklich die Spezialistin der Konstruktion, wie man eine Geschichte am spannendsten erzählt. Auf das Was der Geschichte kommt es gar nicht so an. Und er spielt das sehr aus gegen die Qualitäten etwa eines Raymond Chandler.

Wilder: Nehmen wir zwei Schriftsteller. Der eine ist der Raymond Chandler, und die andere ist die Agatha Christie. Wenn Chandler ein Gefühl für Konstruktion hätte, wäre er unschlagbar, denn er hat einen großartigen Stil gehabt. Aber das ist Beschreibung, das ist nicht dramatisierbar. Und Agatha Christie hat konstruiert wie ein Engel, mit Überraschungen. Aber sie hat ganz flach geschrieben. Kein Dialog, keine Menschen.

Karasek: Wie bist du auf den Stoff gekommen?

Wilder: Die Marlene kam zu mir und sagte: Paß mal auf. Und sie hat mir das Stück gegeben. Ich spiele das nur, wenn du Regie führst. Ich hab’s gelesen und sagte: Gut. Folgende Unterschiede zwischen dem Stück und dem Film haben wir reingebracht: Erstens habe ich eine große Chance bekommen, weil ich den Laughton bekommen habe. Der ist bereits eine Rakete. Zweitens kam er nicht aus dem Spital. Drittens gab es keine Krankenschwester, keine Zigarren und keinen Cognac, wo man aufpassen mußte. Es war ein großer Spaß, wie man ein Theaterstück auflöst in einem Film. Wenn man versucht, Theater filmisch zu machen, wird das Stück schlechter. Aber bei diesem Film ging es. Die Spannung war derart – noch heute, wenn ich mir den Film ansehe, habe ich keine Ahnung, was passieren wird.

Schlöndorff: Habt ihr da anders gefilmt als sonst? Habt ihr zum Beispiel vorher geprobt?

Wilder. Nein, überhaupt nicht. Ich bin nach London gegangen, habe aber das meiste gebaut und im Studio spielen lassen.

Schlöndorff: Verblüffend, wie Alexandre Trauner es schafft, den Eindruck zu erwecken, daß da ein ganzer Bahnhof in der Tiefe sei, wenn es in Wirklichkeit nur eine Atelierwand ist. Aber auch die Verkleidung der Marlene Dietrich, denn sie ist es, die sich hinter einer Landstreicherin mit Cockney-Akzent verbirgt.
Du hast sie aufgebaut als „woman you love to hate“, wie Stroheim in den 20ern.

Wilder: Die Geschichte hat so viele Wendungen. Ich bin Agatha Christie sehr dankbar für diese Vorlage. Die Story ist sehr gut aufgebaut. Nur wenige können das. Auf 500 hervorragende Dialogschreiber kommen nur fünf, die eine Handlung gut konstruieren können. Das ist die schwierigste Aufgabe der Welt.
Für das Publikum gibt es nur zwei Arten von Geschichten: Eine einfache Geschichte, schön möbliert mit ein bißchen Rokoko. Das kannst du dir leisten, denn die Handlung ist einfach. Oder eine komplizierte Geschichte, die einfach gedreht wird, damit sie das verstehen. Aber wenn die Geschichte kompliziert ist, und du machst auch noch Arabesken darum, dann wissen sie nicht, worum es sich handelt.

Schlöndorff: Du willst nicht Stilreinheit haben. Am Ende sitzt der Charles Laughton da – alle haben applaudiert und gehen raus – unzufrieden und sagt: Es ist zu sauber, zu logisch, zu symmetrisch. Würdest du das auch von einem Drehbuch oder einem Film sagen?

Wilder: Es muß natürlich sehr präzise konstruiert werden. Aber man sollte die Konstruktion nicht sehen.
Am Ende tötet Marlene ihren Mann mit einem Dolch. Ich hasse Schußlärm. Ich bin ein so heikler Mensch…

Schlöndorff: Auch hier entpuppt Billy Wilder sich wieder en passant als Moralist. Denn es ist ihm nicht gleichgültig, wie seine Helden sich verhalten, Und egal, wie mies sie am Anfang gewesen sind, sie müssen am Ende die Wahl haben, sich für das Gute oder für das Böse zu entscheiden. Ohne sich vollkommen zu läutern, denn meistens klappt das nicht. Aber immerhin: die Entscheidung. Marlene Dietrich hat die Wahl, sich zu opfern für den Mann, den sie liebt, oder ihr eigenes Leben zu retten.

Wilder: Im dritten Akt steht der Held oder die Heldin vor der Entscheidung. Jack Lemmon hatte in „Das Apartment“ die Wahl, immer höher aufzusteigen, aber er sagt: Nein, es ist genug, und geht zurück, wo er herkam, ohne Stellung in der Gesellschaft. Und Marlene hat auch die Wahl gehabt. Das ist eine Eifersuchtssache, die man versteht. Ich glaube, daß die Leute, die sich in den Tyrone Power verliebt haben, in den letzten zehn Minuten ganz auf ihrer Seite sind. Die drängen darauf, daß die Marlene die Siegerin ist, und sie freuen sich, daß sie den Mann, der der Sünder ist, ersticht.
Sie ist eines der großen Gesichter in der Filmgeschichte. Marlene oder der Conrad Veidt. Leute, die nicht wie gewöhnliche Menschen ausschauen. So eine Frau mit dem Akzent oder mit den Beinen oder wie sie sich angezogen hat – imponierend, nicht? Die Leute identifizieren die Frau mit den Rollen, die sie spielt. Die typische Rolle für sie war in „Marocco“. Sie ist eine Sängerin in einem Lokal, und da sind die reichen Leute wie Adolphe Menjou. Aber sie liebt eben diesen Infanteristen. Und zum Schluß ist es so komisch – die Leute sprechen darüber und lachen – da zieht sie sich die Schuhe aus und nimmt eine Ziege und geht mit ihr durch den Sand, den Fremdenlegionären hinterher. Übrigens: Ich kann mir diese Situation vorstellen im Leben der Marlene. Nicht im Leben der Paulette Goddard oder im Leben der ZsaZsa Gabor – die bleiben bei Menjou.
Sie war eine Hausfrau, sie war wie Florence Nightingale. Sie hat sich oft in Männer verliebt, die sterbenskrank waren. Wenn ein Mann gehustet hat, sagte sie: Kommen Sie mit, ich habe da einen Arzt. Sie wollte diese Typen gern bemuttern. Und wenn ein Mann sagte: In dieser Küche ist der Kachelofen so dreckig, dann hat sie ihn auf den Knien geschrubbt, alles gesäubert und Abendessen gekocht. Sie hatte eine Menge Rezepte und war eine gute Köchin.
Ich hatte Leute zum Abendessen im Haus. Alle waren schon gespannt, Marlene zu sehen. Sie ist gekleidet wie in einer ihrer Rollen, „Die blonde Venus“ oder sowas. Sie wird von einem Mann abgeholt, aber der ist noch nicht da. Sie kommt runter, und ich sagte: Marlene, erzähle uns doch mal über dein Liebesleben. Alle schauen sie an mit offenem Mund. Nach zehn Minuten sagt sie: Ich glaube, ich muß es euch gestehen: Zwischendurch hatte ich auch noch ein Abenteuer mit einer Frau. Das war eine Schauspielerin namens Claire Waldoff. Die Leute schauen, und da habe ich einen kleinen Satz gesagt: Langweilen wir euch?

Schlöndorff: Billy amüsiert sich auch über die Art, die sie von Sternberg mitbringt, ihre Haltung zum Licht und zur Kamera. Also wie Faye Dunaway an den Set kommt und plötzlich sagt: Kill that light, kill that light. Give me this key. So muß auch Marlene Dietrich sich am Set verhalten haben.

Wilder: Sie ist professionell. Sie hat eine Zeitlang mit Sternberg Filme gemacht. Sie kannte die Probleme. Sie war selbst eine großartige Beleuchterin. Sie wußte, wie ihr Gesicht am besten aussieht. Das hat ihr der Sternberg beigebracht. Es ist ein bißchen seltsam für mich, wenn eine Schauspielerin sagt: Ich glaube, das Führungslicht steht nicht richtig. Niemand weiß etwas über das Führungslicht. Sie sagen höchstens, es ist zu hell oder zu dunkel. Ich sagte: Tu, was du willst. Aber rede mit dem Chefbeleuchter. Ich möchte ihn mir nicht zum Feind machen. Da muß man sehr vorsichtig sein!
Ich melde mich immer, wenn ich in Paris bin. Ich telefoniere dann mit einer tschechoslowakischen Köchin oder einem französischen Stubenmädchen – ich glaube, sie verstellt ihre Stimme – und die sagt: Ich werde es Frau Dietrich ausrichten. Meine Frau, die Audrey, sagt dann: Ach, komm, Marlene. Wir wissen, daß du es bist! Und sie: Ich verstehe Sie nicht – was haben Sie gesagt? Ich sagte ihr: Paß auf, Marlene, ich komme zu dir herauf. Ich möchte nur in deiner Nähe sein. Ich werde mir die Augen verbinden. Montagfrüh rufe ich dich an. Und da ruft sie mich am Sonntag an: Es wird morgen nicht gehen, weil ich zu einem Augenarzt fahre. Und das ist eine sehr heikle Sache. Da sage ich: Dann also Dienstag? – Du hast doch gesagt, daß du Dienstag abreist. – Ich kann das um einen Tag verschieben. – Nein, nein, nein! Wenn du am Dienstag wegfahren willst, dann fahr am Dienstag!
Sie ist ein richtig guter Kumpel, schon seit 35 Jahren. Sie war für mich eher wie ein Mann. Wir haben oft über Schein und Sein gesprochen. Die Illusion im Theater oder auf der Leinwand. Wenn sie mit der Boa auftritt, das ist alles nur Show. Ich mag sie wirklich sehr, und ich werde sie vermissen. Oder wenn ich zuerst dran bin, wird sie mich vermissen. Gott behüte!
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten