Thema: Filmklassiker
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Alt 07.10.2023, 06:39   #1623  
Peter L. Opmann
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Mit diesem Film habe ich die Tay-Garnett-Cassette aufgefüllt: „Mr. und Mrs. Smith“ (1941) von Alfred Hitchcock. Sie haben sehr wenig miteinander zu tun, obwohl man schon ein paar Parallelen konstruieren könnte. Aber da man damals warten mußte, bis ein Film im Fernsehen kam, war nicht immer eine gute Kombination auf den Cassetten zu schaffen. Garnetts Melodram gewinnt in meinen Augen dadurch, daß es durch Komik aufgelockert wird. Hitchcock hat seinen Thrillern ebenfalls gern komische Momente gegeben, aber hier war er auf eine Auftragsarbeit beschränkt. „Mr. und Mrs. Smith“ wird meist den Screwball-Komödien zugerechnet. Der Star Carole Lombard war hingerissen von der Story – wohl weil sie emanzipatorische Anklänge aufweist – und wollte unbedingt Hitchcock als Regisseur. Er sagte dazu, er habe mit dieser Story nichts anfangen können und habe einfach das Drehbuch möglichst wortgetreu verfilmt. Allgemein hat er sich zu dem Film wenig geäußert, und er ist zwar handwerklich in Ordnung, aber sicherlich kein guter Hitchcock-Film.

Es geht um ein streitlustiges Ehepaar (Lombard und Robert Montgomery), das eines Tages feststellt, daß es wegen eines Formfehlers gar nicht rechtmäßig verheiratet ist. Montgomery hat ihr dummerweise gerade gesagt, daß er sie nicht noch einmal heiraten würde, wenn er sich nochmals entscheiden müßte – was nicht bedeutet, daß er nicht mit ihr sehr glücklich ist. Aber Lombard rächt sich, indem sie sich nun weigert, den Formfehler zu beheben, und sich stattdessen seinem besten Freund (Gene Raymond) in die Arme schmeißt. Montgomery wird davon ziemlich aus der Bahn geworfen. Alle Gegenmaßnahmen, zu denen ihm geraten wird, helfen ihm nicht, seine Frustration zu überwinden. Aus anderen Frauen macht er sich nichts, zu Lombard auf Distanz zu gehen, bringt er nicht fertig, und sie widersteht allen Versuchen, sie zurückzugewinnen (auch wenn sie ab und zu erkennen läßt, daß ihr die Trennung von ihm auch schwerfällt).

Doch auch wenn Raymond sich als Langweiler erweist, der vom Format von Montgomery meilenweit entfernt ist, bleibt sie dabei, den Ehebund nun mit ihm einzugehen. Schließlich machen Lombard und Raymond in den Bergen einen romantischen Winterurlaub. Bei ihrer Ankunft finden sie Montgomery, der offenbar nahe ihrer Skihütte schon länger auf sie gewartet hat, halb erfroren. Es stellt sich allerdings heraus, daß es ihm gar nicht so übel geht und er nun auf die Mitleidstour ihre Liebe zu ihm neu entfachen will. Als sie das merkt, läßt sie ihn erneut abblitzen. Stattdessen spielt sie ihm eine heiße Liebesszene mit Raymond vor, der freilich zu so etwas gar nicht imstande ist. Am Ende schleppt Montgomery sie mit Gewalt in seine Unterkunft, und es zeigt sich, daß sie offenbar genau das gebraucht hat, damit sie sich neu in ihn verliebt.

Das Drehbuch von Norman Krasner ist offensichtlich nicht von allererster Güte. Ich habe das Gefühl, daß Hitchcock es allein Lombard zuliebe so verfilmt hat; er war mit ihr persönlich befreundet. Zumindest ist nicht alles an dem Film schlecht: Die Hauptdarsteller sind ausgezeichnete Komödianten, und Hitchcock setzt die komischen Szenen mit sicherer Hand in Szene. Die durchaus nicht immer folgerichtige Geschichte wird nachvollziehbar inszeniert, und man denkt über die logischen Fehler nicht lange nach. Es fehlen aber nicht nur die halsbrecherischen Verwicklungen der besten Screwball-Komödien, sondern auch die atemlos-geistsprühenden Dialoge. In Donald Spotos Hitchcock-Biografie ist zu lesen, daß „Mr. und Mrs. Smith“ trotzdem ein großer Erfolg an der Kinokasse wurde – vor allem wohl wegen der sehr beliebten Hauptdarsteller (für Carole Lombard war es der vorletzte Film vor ihrem tödlichen Flugzeugabsturz 1942) und auch des Namens Hitchcock wegen, der schon damals ein Markenzeichen war. Die zeitgenössischen Kritiker zählten eifrig auf, warum das angeblich ein typischer Hitchcock-Film war. In seinem Gesamtwerk ist diese Komödie aber zu Recht nicht nachhaltig im Gedächtnis geblieben.
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