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Alt 12.02.2023, 18:28   #143  
Servalan
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Paula – Mein Leben soll ein Fest sein (Deutschland 2016, Pandora Filmproduktion, Grown Up Films, Alcatraz Films, WDR, ARD Degeto, arte und Radio Bremen), Drehbuch: Stefan Kolditz und Stephan Suschke, Regie. Christian Schwochow, 123 min, FSK: 12, JMK: 10

Zum 100. Todestag von Paula Modersohn-Becker (1876 - 1907) setzt ein regelrechter Filmboom ein, denn innerhalb eines Jahres entstehen drei Dokumentationen, die teilweise abendfüllend sind. Knapp zehn Jahre später entsteht das Biopic, das die wichtigsten Stationen einer der bedeutendsten Vertreterinnen des frühen Expressionismus schlaglichtartig beleuchtet. Der opulente Austattungsfilm rafft die einzelnen Lebensetappen zu größeren Einheiten und verkürzt wichtige Ereignisse durch pointierte Überspitzung, schließlich soll das Publikum unterhalten und nicht belehrt werden.
Seine Uraufführung fand im Rahmen des 70. Locarno Film Festivals 2016 statt.

Das Biopic beginnt mit einem Streitgespräch zwischen Paula und ihrem Vater Carl Woldemar Becker, einem Eisenbahningenieur, der das malerische Talent seiner Tochter gefördert hat. Während er ihr Hobby unterstützt hat, hält er ihren Entschluß, sich in die Künstlerkolonie Worpswede zu begeben und sich dort zur professionellen Malerin ausbilden zu lassen, für ein Hirngespinst. Er sähe sie lieber als Hausfrau eines Ehemannes, doch Paula setzt ihren Kopf durch.
Die Kurse für die malenden Töchter der besseren Gesellschaft werden von den unterrichtenden Künstler selbst nicht ernstgenommen; sie sehen darin einen Zeitvertreib für ein Publikum, das die Kassen des Wirtschaftsbetriebs Künstlerkolonie Worpswede füllt und somit deren Fortexistenz ermöglicht, weniger eine künstlerische Konkurrenz. Bei ihrem Kurs freundet sich Paula mit Clara Westhoff (1878 - 1954) an, die wie sie ein "Malweib" ist und eine Karriere als Malerin anstrebt, obwohl sich ihr Lehrer Fritz Mackensen (1866 - 1953) hinter ihrem Rücken über sie lustig macht.
Allmählich wachsen Paula Becker und Clara Westhoff gegen all die Widerstände in einen kleinen Freundeskreis hinein, zu dem auch Heinrich Vogeler (1872 - 1942) und Otto Modersohn (1865 - 1943) gehören. Auf einer Party tritt als Gast der Dichter Rainer Maria Rilke auf, der spätere Ehemann Clara Westhoffs. Der Witwer Otto Modersohn kümmert sich rührend um seine Tochter Elsbeth und nimmt Paula Becker gegenüber Mackensen in Schutz. Auf diese Weise entspinnt sich eine leise Romanze, die 1901 in einer Heirat kulminiert. Wegen ihrer fragilen Gesundheit fürchtet Paula einen frühen Tod; sie wünscht sich zwar sehnlichst ein Kind, hat aber zugleich Angst, an den Folgen der Geburt zu sterben.
Unter enormem Zeitdruck steigert sie sich in einen Schaffensrausch hinein, wird jedoch immer wieder unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, zum Beispiel wenn der Kunsthändler vorbeischaut, um sich Werke auszusuchen. Dabei widmet er seine ganze Aufmerksamkeit Otto Modersohn, während er Paulas Werke nicht einmal eines Blickes würdigt.
Irgendwann wird ihr der Frust zuviel und sie packt stracks ihre Koffer, um zu ihrer Freundin Clara Rilke nach Paris zu ziehen, in das Zentrum der Kunst, wo sie weitere Tricks und Kniffe lernen kann, mit denen sie sich auf dem Markt durchsetzen will.
Dadurch steht die Ehe zu Otto Modersohn auf der Kippe, der nach Paris reist und sich dort mit Paula Modersohn-Becker leidenschaftlich versöhnt. Sie wird schwanger, doch die Geburt ihrer Tochter Mathilde verläuft schwierig. Obwohl ihr der Arzt Bettruhe verordnet, stirbt die geschwächte Paula.

Der Film endet mit der Einblendung, daß Paula Modersohn-Becker weltweit die erste Malerin gewesen ist, der ein eigenes Museum gewidmet ist. (Das Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen wurde offiziell am 2. Juni 1927 eröffnet.)

Geändert von Servalan (01.05.2024 um 14:52 Uhr)
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