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Alt 31.12.2022, 00:18   #60  
God_W.
Captain Rezi
 
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Catwoman von Ed Brubaker 3



Der dritte und letzte Ausflug mit der Katzenlady geht ähnlich stark weiter, wie wir es von den Vorgängern gewohnt waren. Die Hefte hatte ich alle bereits in den beiden Eaglemoss-Bänden „Hochdruck 1+2“ während meines „Kriegsspiele“-Batman-Reads gelesen, wusste also was auf mich zukommt.

The Cat is back in Town! Nach ihrem Sieg über Black Mask brauchte Selina eine Auszeit, unternahm eine „Spritztour“, ist jetzt aber wieder zurück im East End von Gotham, ihrer Hood sozusagen. Sie muss feststellen, dass die „Absetzung“ von Black Mask die Gegend keinesfalls sicherer gemacht hat, denn der Pinguin und einige andere Gangster streiten sich um die Vorherrschaft in dem Gebiet, erpressen Schutzgeld, verticken Drogen, betreiben allerlei mehr illegale Geschäfte in der Gegend und schrecken auch vor Mord nicht zurück. Klar, dass die Katze das nicht hinnimmt und den Gangstern wie eine Furie in die Parade fährt. Das wiederum lässt die Bande sich zusammenraufen und einen Mann engagieren, der sich der Sache annehmen soll. Ein Mann namens Zeiss…

Wow, bärenstarker Einstieg, der nicht nur düster, sondern auch überraschend brutal daherkommt! Dazu ist mit Slam Bradley ein Nebencharakter am Start, der sich mittlerweile zu meinen Lieblingen aus der Katzenwelt entwickelt hat. Nicht nur das, der Mann bekommt auch noch mehr Tiefe und eigene Probleme verpasst, taucht doch sein Sohn in Gotham auf. Auch Catwomans neue Assistentin Holly und deren Lebensgefährtin sind stark eingebunden, der neue Bösewicht ist ein bedrohlicher Knüller und auch die alte Geschichte mit den ägyptischen Kulten wird wieder aufgegriffen. Das Finale zur Mitte des Bandes ist zum Nägelkauen und weckt massive Vorfreude auf die zweite Hälfte.

Diese beginnt mit einer guten Nachricht – Catwoman lebt (wer hätte es gedacht?). Nicht nur das, sie ist auch wieder genesen, was schon deutlich seltsamer ist, und befindet sich an einem märchenhaften Ort wie aus 1001 Nacht. Natürlich hat das mit den ägyptischen Kulten zu tun und, dass die Vorbereitungen zu ihrer Hochzeit bereits laufen bringt weitere Probleme mit sich. Richtig interessant wird es aber erst wieder nach Selinas Rückkehr in die Straßen Gothams, wo neben einer wundervollen Nacht mit Bruce Wayne auch ihre Assistentin wartet, die während Catwomans Abwesenheit scheinbar ein klein wenig Mist gebaut hat. Slam Bradley versucht sich mit seinem Junior auszusöhnen und Selina verschafft einer Witwe die Möglichkeit zur Rache, außerdem versucht sie die Verbrecherbosse in ihre Schranken zu weisen und aus dem East End rauszubekommen, was vielleicht nicht die Klügste Entscheidung war, denn auch jemand anderes hat die Ereignisse im ersten Band überlebt und befindet sich auf dem Weg der Besserung…

Das kleine Ägypten-Intermezzo in dem einen Heft war ganz nett, konnte mich aber nicht so wirklich mitreißen. Da hat mir die Rückkehr in die Stadt mit der kleinen Verschnaufpause zusammen mit Bruce deutlich besser gefallen. Alles was danach kam war wieder ganz großes Storytelling mit all den großen Bedrohungen und vor allem mit den vielen kleinen, besonderen Momenten, die Brubaker für wirklich jeden Charakter bereithält. Der Mann ist einfach ein Spitzenautor. Die große Action startet dann im weiteren Verlauf während des Kriegsspiele-Event, und genau da liegt die große Krux, also um genau zu sein eines der beiden dicken Problemchen des Bandes.

Es wäre klar besser gewesen, hätte Brubaker an der Katze alleine weitermachen dürfen, ohne die „Kriegsspiele“ bedienen zwischenrein bedienen zu müssen. Das wirkt alles ziemlich holprig, lässt Tiefe vermissen und vermittelt tatsächlich das Gefühl, dass es Brubaker etwas geärgert hat, da mitziehen zu müssen. Schade, der großartige Run hätte wahrlich einen runderen Ausklang verdient gehabt. Nicht falsch verstehen, das ist noch immer besser als vieles, was man an Superhelden-Standardkost so aufgetischt bekommt, aber im Vergleich zum Rest des Runs fällt es leider klar ab.

Zweites Thema ist das Artwork von Paul Gulacy, welches für mich sehr leblos, fast wachsfigurenartig wirkt. Sieht äußerst digital und unterkühlt aus und passt somit ganz und gar nicht zu dem geschwungenen, eher comichaften Style mit dicken Strichen und klassischem Style, wie es die ersten beiden Bände so meisterlich auf den Seiten gezeigt haben. Gesichter kann Gulacy irgendwie gar nicht glaubhaft darstellen, vor allem wenn sie lachen, und warum zum Teufel sieht Slam plötzlich in jedem zweiten Panel aus wie ein berühmter Filmstar vergangener Tage? (Ich komm gerade nicht drauf, ist es Dean Martin?).

Positiv erwähnen will ich aber noch den Einsatz von Sean Phillips als Vorzeichner beim dem Bruce/Selina-Heft nach dem Ägypten-Ausflug. Seine Arbeit schätze ich seit „Sleeper“ (Ebenfalls mit Brubaker, bei Cross Cult erschienen) sehr und auch hier hat er die Reihe direkt nochmal aufgewertet, quasi einen halben Punkt wieder zurückgeholt.

Also ja, es gibt zum Ende hin ein paar Stolpersteine, optisch wie erzählerisch, aber die versperren keineswegs den Blick auf einen herausragenden, wenn nicht sogar tatsächlich den besten Catwoman-Run aller Zeiten. Ein Comic der nicht nur für DC- oder Superhelden-Fans taugt, sondern auch für all jene, die einfach Freude an spannenden Detektivstorys mit starken Charakteren und coolem Look haben eine klare Empfehlung. Vorwissen aus dem Bat-Kosmos ist nahezu nicht erforderlich, auch wenn es an der ein oder anderen Stelle sicher für ein klein wenig mehr Frede sorgt, aber man muss echt nix wissen, wenn man loslegt, um mit der Reihe eine geile Zeit zu haben, dafür sorgen schon die stimmigen, einseitigen Vorworte zu Beginn eines jeden der drei Bände.

8/10

PS: Die Person die dachte, das wäre ein geiles Cover für eine teurere, limitierte HC-Ausgabe – tja, die werde ich in diesem Leben wohl auch nicht mehr verstehen.

VG, God_W.
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