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Alt 26.12.2022, 20:04   #55  
God_W.
Captain Rezi
 
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Catwoman Anthologie



Sexy Catwoman mit ihrem zwiespältigen Charakter mochte ich schon immer. Ob Julie Newmar in der Adam West Serie, animiert in der 90er Jahre Zeichentrick-Serie oder – absolut fulminant – Michelle Pfeiffer in Batmans Rückkehr. Letzterer brachte mich gerade zu „Batman ‘89“, der zwar nur wenige Auftritte der Katzenlady zu bieten hat, mir aber dennoch wieder enorm Lust drauf gemacht hat noch mehr nächtliche Streifzüge auf samtenen Pfoten beizuwohnen. Glücklicherweise habe ich auf dem Lese-K2 direkt vier Bände mit Selina Kyle in der Hauptrolle ausmachen können. Den Anfang macht diese Anthologie, welche mit knapp 20 Heften einen groben Abriss über nahezu 80 Jahre Katze zu bieten hat, ich bin gespannt!

1940 – Batman 1: Die Katze
1940 – Batman 3: Batman gegen die Katzenfrau
1951 – Batman 65: Catwoman – Kaiserin der Unterwelt
1952 – Batman 69: Der König der Katzen

Die vier Stories aus dem Golden Age sind natürlich durch den typisch naiven Storyaufbau geprägt, wie er damals zuhauf zu finden war. Dennoch machen die Geschichten Spaß und haben ihren Reiz, denn einerseits bekommen wir hier nicht nur Catwomans ersten Comicauftritt geboten, sondern es wird schon zu dieser frühen Zeit deutlich, welche zwiegespaltene Beziehung Batman und die Katze zueinander haben. Schon vom ersten Panel an fliegen die Funken zwischen den beiden Maskenträgern und auch wenn sie auf unterschiedlichen Seiten des Gesetzes stehen verleitet dieses Prickeln beide dazu sich gegenseitig zu unterstützen, sollte es mal wirklich brenzlig werden.

Zwischendurch macht Catwoman sogar eine interessante charakterliche Entwicklung durch, die durch den Amnesie-Storykniff erklärt wird und ab da versucht sie sogar andere Verbrecher davon zu überzeugen die schiefe Bahn zu verlassen. Trotz allem war die Welt des Comic Code nicht gemacht für eine anzüglich agierende Halbverbrecherin, die mal stiehlt, mal hilft, aber stets den Helden verführerisch um den Finger wickelt. Fazit: 12 Jahre Strafbank für die agile Diebin.

1966 – Superman’s Girlfriend Lois Lane 70: Catwomans schwarze Magie
&
1966 – Superman’s Girlfriend Lois Lane 71: Pech für die schwarze Superkatze

Catwomans Comeback verdankte sie der Popularität der Adam West TV Serie, doch eine eigene Reihe, oder wenigstens brauchbare Geschichten bekam sie vorerst nicht. Den ersten Teil dieses Doppelschlags kannte ich bereits als Bonus aus Band 148 der DC Comics Graphic Novel Collection (Catwoman – Hochdruck Teil 2) und Mannomann war das ein hanebüchener, naiv-trashiger Nonsens erster Liga. Nicht falsch verstehen, das war schon sehr unterhaltsam auf eine ganz spezielle Art, aber im Vergleich dazu war jede Batman-Folge mit Adam West ein bierernstes, düsteres Actiondrama. Ihr versteht sicher was ich meine. Wenn in den Catakomben die Cataklystischen Bomben explodieren und Superman von Circes (ja, die aus der Odyssee) Zauberstab in eine Superkatze verwandelt wird, da sollte das Hirn irgendwann aussteigen, bevor es zu bleibenden Schäden kommt…

1977 – DC Super-Stars 17: Jedes Ende führt zu einem Neubeginn
Hier bekommen wir nicht nur das irgendwann etablierte DC-System mit den unterschiedlichen Erden erklärt, nein, auf diesem ganz speziellen Ausflug nach Erde 2 bekommen wir nach der prunkvollen Trauung von Bruce Wayne und Selina Kyle auch noch die höchst Dramatischen Ereignisse geschildert, die dazu führen, dass Huntress den Plan betritt. Optisch sieht das Ganze schon deutlich detaillierter und aufwändiger aus, als die früheren Geschichten und der Stil ist schon sehr „80er“, was ich zumeist mag.

1980 – Batman 323: Die Katze, die hoch hinauswill
„Mister Swamp Thing“ Len Wein schrieb hier eine stimmige Story, die mit ihrem Grundthema der unschuldig verdächtigsten, die auf der Flucht ist, um selbst ihre Unschuld zu beweisen, von Meisterregisseur Alfred Hitchcock inspiriert sein könnte.

1983 – The Brave and the Bold 197: Die Autobiografie von Bruce Wayne
Der One-Shot von Autor Alan Brennert bringt auf wenigen Seiten in unglaublich stimmungsvoller Art und Weise den Werdegang von Bruce Wayne und seine Beziehung zu Catwoman auf Erde 2 auf den Punkt. Ein wunderbares Kleinod möchte ich sagen.

1989 – Catwoman 1: Metamorphose
1996 – Catwoman 28: Diebstahl in Gesellschaft
2003 – Batman 617: Hush, Kapitel 10: Das Grab

Anno 1989 war es endlich so weit, die Katzenlady sollte ihre erste eigene Solo-Serie erhalten. Die zurechtgerückte Origin nach der Crisis on Infinite Earths war dem Zeitgeist entsprechend hart, düster und von einem hoffnungslosen Realismus geprägt. Aus dem brutalen Umfeld der Prostitution im schlimmsten Rotlichtviertel Gothams erhob sich eine neue, deutlich taffere Catwoman, noch immer kriminell, aber dennoch auf dem besten Weg zur Antiheldin.
Sollte es sich richtig lohnen lässt sie sich auch mal für einen Heist mit verschiedenen Mitverschwörern anheuern. Der Optik nach hat sie über die Jahre einen Teil der Beute in die Muckibude und in Brustimplantate investiert. :p
2003 bekam sie vom Dreamteam Jeph Loeb und Jim Lee in der großen Storyline um Hush eine zentrale Rolle zugedacht, in deren Verlauf Selina schlimmeres erleiden musste als jemals zuvor.
Kurz drauf erreichte der Mythos um die diebische Leisetreterin mit der Kinoauswertung von Pitof ihren absoluten Tiefpunkt. Ja, Hally Berry im Kostüm ist hot, alles Andere an dem Streifen ist zumeist leider mehr als nur peinlich.

2004 – Catwoman 32: In einer einzigen Nacht
Das Heft zweigt auf wundervolle Weise die zarte, aber dennoch innige Beziehung zwischen Selina und Bruce auf, bringt die Charaktere auf den Punkt, hat massig bärenstarke Nebenrollen zu bieten, sei es die kleine Holly oder der herausragende, tragische und mit trockenem Humor ausgestattete Hard-Boiled-Noir-Schnüffler Slam Bradley. Nicht umsonst gehört der Run von Ed Brubaker, erst zusammen mit dem großartigen Darwyn Cooke, hier schon mit dem nicht minder starken Sean Phillips zu den meist gefeierten Catwoman-Stories überhaupt, weshalb ich mir den kompletten Run im Anschluss an diese Anthologie zu Gemüte führen werde. Der Busen wieder kleiner ist die Katze dennoch stets sexy, hier aber auch elegant wie selten und äußerst klug.

2005 – Catwoman: When in Rome 4
Die Mini-Serie von Loeb und Sale, die erzählerisch zum „Langen Halloween“ gehört ist längst selbst ein Klassiker, und das vollkommen zurecht. Als Teil der DC Graphic Novel Collection habe ich den gesamten Storybogen bereits gelesen, der Auszug hier hat Lust drauf gemacht den Band nochmals aus dem Regal zu ziehen. Hätte man doch nur viiieeeel mehr Zeit…

2011 – Catwoman 1: …Die Kostüme bleiben größtenteils an…
2017 – Batman 14: Auf den Dächern, Kapitel 1
2018 – Batman 37: Superfreunde, Kapitel 2

Der vierte und letzte größere Abschnitt des Bandes beginnt mit einem weiteren Neustart, was ich persönlich ja immer etwas doof finde, aber gut, es war halt „Flashpoint“ also sei es so. Was Autor Judd Winick und Zeichner Guillem March da auf die Seiten zaubern hat kaum Text, weniger Storygehalt als so mancher Softporno und mutet auch ansonsten an, als könnte man das Heft in diesem Genre verorten, allein Selinas Oberweite ist wieder mindestens zwei Nummern gewachsen. Ja, der Titel ist hier Programm, aber dass Zeichner March auch schon für den Playboy illustrierte ist zweifelsfrei erkennbar. Ist natürlich schön anzusehen, hat aber leider kaum Nährwert.
„Auf den Dächern“ liefert Tom King dann ein weiteres Zwiegespräch zwischen Bats und Cat, welches nach ebenfalls textarmen Seiten mit vielen Rückblicken wiederum in „körperlicher Auseinandersetzung“ gipfelt.
Dafür beweist King im äußerst sympatischen Rummelplatzbesuch der „Superfreunde“, dass er die Charaktere perfekt verstanden hat und auch im Kleinen super Stories zu erzählen weiß. Selten einen so schönen Wohlfühl-One-Shot gelesen.

2018 – Catwoman 1: Copycats, Kapitel 1
Echt jetzt? SCHON WIEDER eine Nummer eins? Okay, nachdem Kitty die Hochzeit mit Brucie platzen ließ und weggezogen ist kann man das wohl auch im echten Leben als „Neustart“ bezeichnen, also nehmen wir das mal so hin, denn was dafür geboten wird ist schon ein echter Kracher. Autorin und Künstlerin in Personalunion Joëlle Jones konnte mich schon bei ihrer eigenen Serie „Lady Killer“ schwer begeistern und auch hier macht sie einen großartigen Job. Das Artwork wirkt frisch, jung, hat dennoch viel klassischen Style, verströmt ein zeitloses Flair und strotz nur so vor Dynamik und Sexappeal – ganz ohne Mega-Hupen! Dazu eine hochspannende Story mit vom Start weg faszinierender Antagonistin, starker Charakterzeichnung und einem Finale mit Knalleffekt. Schon als ich damals hörte, dass Miss Jones „Catwoman“ übernimmt habe ich überlegt, ob ich da nicht mal einsteigen sollte. Jetzt lockt mich dieses erste Heft schon wieder. Vielleicht sollte ich mir den Run von 2018 fortfolgend doch mal genauer anschauen. Wer hat ihn gelesen und kann was dazu sagen? Empfehlenswert? Lieber doch nicht?

Das war sie dann auch schon, eine Reise durch 80 Jahre Catwoman-History mit vielen abwechslungsreichen Geschichten aus den unterschiedlichsten Epochen, die den Werdegang, die variantenreichen Stile in Erzählung und Zeichnung sowie die Veränderungen des Charakters der faszinierenden Katzendame hervorragend einfangen. Ob es dem Papiermangel zur Corona-Zeit oder einer bewussten Entscheidung Paninis entspringt ist mir egal, aber das deutlich dickere, leicht matte und raue Papier bringt das Artwork nahezu aller Epochen perfekt zur Geltung, gefällt mir viel, viel besser, als das reinweiße, gestrichene und dünne Papier bei den anderen Anthologien. Klar, der Band wird dadurch auch deutlich dicker, was mich aber nicht stört. Dazu gibt es wirklich reichlich spannende und wissenswerte Fakten, Infos und Hintergründe in reichlichen redaktionellen Beiträgen. Ein wirklich enorm starker Band und einer meiner liebsten DC-Anthologien bislang, auch wenn ich fünf der 19 Geschichten schon kannte.

8,5-9/10

VG, God_W.
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