Thema: Filmklassiker
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 14.11.2022, 19:56   #211  
Nante
Eckensteher & Mosaik-FF Mod
 
Benutzerbild von Nante
 
Ort: Nürnberch, Frangen
Beiträge: 6.643
Ich bringe mal wieder ein Film, der zumindest nicht die Klassiker-Definition erfüllt, ein Genre begründet oder auch nur stark beeinflußt zu haben. Er steht im Gegenteil zumindest nach meiner Kenntnis eher einsam da:
Le Bal – Der Tanzpalast von Ettore Scola

Der Film fällt auch im Werk von Scola etwas aus dem Rahmen. Er hat ja sonst meist Komödien oder „normale“ Spielfilme gedreht. Das erklärt sich wohl dadurch, daß es die Verfilmung eines Bühnestücks ist und auch die meisten seiner Darsteller von dieser Bühne kommen.
Das besondere an dem Film ist, daß nicht gesprochen und auch nicht gesungen wird ; -außer, es kommt aus der Konserve. Es wird nur getanzt. - Aber wie!

Der „Held“ des Films ist keine Person sondern ein Gebäude: Le Bal. Ein inzwischen (also damals) schon in die Jahre gekommener Tanzsaal in Paris, der in der Gegenwart (also so um 1980) eine Art Disco-Bunker geworden ist. Den Anfang und das Ende des Films spielt dann auch in dieser Zeit.
Die Darsteller spielen hier verliebte Pärchen, einsame ältere Damen, selbstverliebte Gockel und andere Prototypen. Alles tanzt (oder will tanzen) zur „modernen" Musik.

Ein alter Kellner hält den Betrieb am Laufen und mit seinen Erinnerungen tauchen wird dann in die Vergangenheit des Saales ein. Der Kellner ist hier der einzige Fixpunkt, denn er ist schon immer hier und altert zusehens im laufe der einzelnen Episoden.

Jede einzelne Zeit, ob nun Volksfront 1936, Krieg und Dt. Besatzung, Befreiung, Amerikaner, Rock’Roll, 1968 und „Gegenwart“ wird durch die dazugehörigen Musik- und Tanzstile verdeutlicht. Der Wechsel erfolgt stets abruppt, indem das Bild in Form eines alten S/W-Fotos „eingefroren“ wird, und man ist in der nächsten Epoche.

Ich will jetzt nicht die „Handlung“ der einzelnen Epochen herbeten. Sie ist auf Wiki relativ gut zusammen gefaßt.

Analog zum Theater spielen in den einzelnen Epochen immer die gleichen Schauspieler unterschiedliche Personen und mal den gleichen oder unterschiedliche „Typen“. Es war für mich faszinierend, wie mit Tanzschritten und Gesten (untermalt von Musik) teilweise heftige „Diskussionen“ ausgetragen werden, oder wie z. B. 1945 ein verkrüppelter Heimkehrer anstatt auf Trost zu warten selbst seine geschockte Frau tröstet.

Musikalisch war das damals eigentlich überhaupt nicht meine Welle (Maximal die Beatles). Aber im Zusammenspiel mit der Handlung hat es mich dann doch meistens gepackt. Im Gedächtnis blieb vor allem der Swing der „Amerikaner“ und das gespenstische „Pas de deux“ eines Deutschen Offiziers mit seinem Spitzel zu „Lili Marleen.“

Geändert von Nante (14.11.2022 um 20:48 Uhr)
Nante ist offline   Mit Zitat antworten