Thema: Filmklassiker
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Alt 08.11.2022, 06:29   #188  
Peter L. Opmann
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Okay, da Marvel Boy Interesse signalisiert hat, versuche ich mich mal an dem „Heavy Metal“-Film. Er kam im Februar 1981 in Deutschland ins Kino – in meiner kleinen Stadt ist er vielleicht auch erst im Frühjahr gelaufen. Ich wurde im Frühjahr 1981 16 Jahre alt, und ich war in der Zielgruppe, da ich Raymond Martins „Schwermetall“ fast von Anfang an gelesen habe und daher wußte, was das für ein Film war. Ich habe ihn seitdem, also seit gut 40 Jahren nicht nochmal gesehen. Aber ich habe mir später den Soundtrack besorgt (recht empfehlenswert, obwohl da nur zum Teil Heavy Metal drauf ist und dieses Genre damals ohnehin noch in den Kinderschuhen steckte). Außerdem habe ich eine Tonaufnahme eines Beitrags in einer Kultursendung (vermutlich im Bayerischen Fernsehen). Da wird der damalige Pressesprecher von Warner Columbia, Horst Kindermann, interviewt.

Man kann heute Clips aus „Heavy Metal“ in youtube sehen, aber meine Erinnerung an den Film ist so löchrig, daß ich nicht sicher bin, ob die eine oder andere Szene damals wirklich im Film oder eventuell zensiert war. Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich zwar die Zeichentrick-Versionen von „Den“ und „The long Tomorrow“ identifizieren konnte, aber nicht „Arzach“. Wenn ich mir das auf youtube ansehe, ist jedoch Arzach gut zu erkennen. Deshalb wären mir Ergänzungen von Leuten, die den Film besser kennen, sehr willkommen.

Ich beginne mal mit dem Fernsehbeitrag (etwa fünf Minuten lang). Damals hatte ich noch keinen Videorekorder und habe daher nur den Ton aufgezeichnet. Die Moderatorin erklärt nach Vorführung des Trailers, daß „Heavy Metal“ kein Film über die Musikrichtung sei, sondern der Titel einer internationalen Comiczeitschrift. Der Film enthalte „viel Sex und Gewalt und leider sehr wenig Witz“, aber es sei ein „faszinierender Trip durch die Welt der Zeichner“. Insgesamt schlug sie ihn doch dem Genre der Musikfilme zu. Von dem Promoter wollte sie dann wissen, warum Musikfilme so oft beim Publikum durchfielen. Sie nannte als Beispiele „Breaking Glass“ mit Hazel O‘Conner, „The Great Rock’n’Roll Swindle“ und den „Clash-Film“ (müßte „Rude Boy“ gewesen sein). Kindermann sagt, die Werbung habe da die Zielgruppe der Musikfans und des studentischen Publikums nicht erreicht (wobei er so redet, als ob er die Zielgruppe gewiß nicht erreichen kann). Für „Heavy Metal“ gebe es aber ein Werbebudget von einer halben Million Mark. Zum Schluß weist die Moderatorin darauf hin, daß diejenigen, die mehr über Comics wissen wollen, zum „Comics Handbuch“ bei rororo greifen sollten.

Mich hat der Film auch nicht so richtig erreicht (immerhin bin ich reingegangen). Wahrscheinlich wäre es hilfreich gewesen, die US-Ausgabe von „Heavy Metal“ zu kennen. Die Zeichner Thomas Warkentin, Angus McKie und auch Bernie Wrightson tauchten im deutschen „Schwermetall“ nicht auf. Und die Kunst von Moebius und Richard Corben ließ sich nur unzureichend in einen animierten Film übertragen. Zudem waren die Episoden des Films sehr uneinheitlich. „Captain Sternn“ und „So beautiful & so dangerous“ weisen einen in „Schwermetall“ kaum gepflegten karikaturistischen Stil auf, wenn sie auch nicht unbedingt lustig sind. Allgemein liegt der Akzent anders als in den Comics eher auf Fantasy als auf Science Fiction. Die geheimnisvolle grüne Kugel „Loc-Nar“, die den Rahmen bildet, ergibt keinen Sinn und soll das wohl auch nicht. Vielleicht wäre ich mit dem Film etwas besser klargekommen, wenn ich mit der Popkultur der 70er Jahre besser vertraut gewesen wäre, denn da gibt es eine Reihe von Anspielungen und Bezügen.

Sehr wohl habe ich aber mitbekommen, daß dieser Film anders war als alle Zeichentrickfilme, die ich bis dahin gesehen hatte (Ralph Bakshi kannte ich noch nicht). Sex und Gewalt und „erwachsene“ Inhalte im Zeichentrickfilm gefielen mir dann doch ganz gut. Aber ich hätte eine richtige Geschichte statt aneinandergereihter, teils rätselhafter Episoden bevorzugt. Es wurde nicht deutlich (falls das beabsichtigt war), daß dies eine bewegte Version eines Comicmagazins war. Mit Panels oder umgeblätterten Seiten wurde nicht gearbeitet; die Episoden gehen ineinander über. Die Optik des Films verfehlte freilich ihre Wirkung nicht, und die Musik tat ein Übriges (meine Favoriten waren Sammy Hagar mit dem Titeltrack, Cheap Trick, zweimal vertreten, und die französische Band Trust, die ich allerdings schnell wieder aus den Augen verloren habe; Black Sabbaths „Mob rules“ ist natürlich ein Klassiker).

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