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Alt 24.02.2022, 13:34   #5705  
God_W.
Captain Rezi
 
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Valerian & Veronique Spezial – Shinguzlooz Inc.



Die Shinguz haben die Erde verzockt! Wie es dazu kommen konnte, wie die kleinen Langnasen überhaupt in den Besitz unseres blauen Planeten gekommen sind und, was Valerian und Veronique dagegen unternehmen, das dürfen wir bei dieser abgefahrenen Tour de Force selbst erleben…

Die zweite, und bislang letzte Spezialausgabe von Valerian und Veronique wurde von Autor Wilfried Lupano und Zeichner Mathieu Lauffray inszeniert. Beide kannte ich zuvor nicht. Lauffrays Zeichenstil würde ich als äußerst modern, detailverliebt, und ein wenig cartoonig bezeichnen. Gefällt mir insgesamt ganz gut, passt aber für meinen Geschmack nicht so 100%ig zu der klassischen Serie, aber das ist wohl einfach den eigenen Vorlieben geschuldet, denn aufwändig und ansehnlich sind die Zeichnungen schon.

Autor Lupano bringt sehr viel Witz in die an sich schön verquere Geschichte, jedoch ist das alles für meine Begriffe etwas zu sehr „straight forward“, also mit so einer Art „voll auf die Fresse“-Humor, wo die Reihe bislang eher durch subtiler anklingenden Witz bestach. Mit Steuerparadiesen für Superreiche, den Gefahren der Automatisierung, dem auf die Spitze treiben von Cyber-Prostitution usw. werden ganz typisch für Valerian und Veronique wieder Missstände des aktuellen Zeitgeschehens angeprangert. Irgendwie zünden davon aber nur etwa 50% bei mir und, dass Veronique jetzt als Sexbombe und Objekt der Begierde für die halbe Galaxis ausstaffiert wird ist zwar witzig, aber irgendwie auch ein bisschen… naja. Auf alle Fälle bekommt man sie wieder in mannigfaltigen Outfits zu sehen, da ist für fast jedes Fetisch was dabei. Also ja, schön anzusehen, ja, auch lustig, aber irgendwie ein klein wenig am Thema vorbei, finde ich zumindest.

6,5/10




Savage Sword of Conan – Classic Collection Band 2



Nach langer Zeit wurde es mal wieder Zeit zum Cimmerier zurückzukehren, Gerade seit dem ersten Savage Sword Omnibus habe ich schon viel Zeit verstreichen lassen, der Dritte steht ja diesen Monat schon in den Startlöchern! Also Leseknochen raus und ab in die Leseecke. Einen Teil von Roys Einleitung lese ich immer gleich und dann immer Stück für Stück weiter, wenn ich eine Story beendet habe, weil der gute Mister Thomas da doch manchmal auch spoilert und ich ja Erstleser bin.

Ich muss sagen, dass der Band leider gleich mit einer Enttäuschung startet. Das liegt nicht daran, dass die Adaption der Robert E. Howard-Story „Die Menschenfresser von Zamboula“ etwas geschoben werden musste und auch nicht an der (Reprint-)Ersatzstory „Die Bestie von Bal Sagoth“, denn die ist im Grunde sehr gelungen, bietet mit dem rotbärtigen Fafnir einen sympathischen Sidekick und ansonsten sind von gefährlichen Bestien, mystischen Zivilisationen, leichtbekleideten Schönheiten und blutigen Kämpfen alle Zutaten vorhanden, die eine starke Conan-Story braucht. Das Artwork von Gil Kane finde ich allerdings grausig, gehört sicher zu den Schlechtesten, die es bislang bei Savage Sword gab. Das hat mir so missfallen, dass es mich manchmal richtig aus der Story rausgerissen hat.

Das hervorragende Artwork von Meister Neal Adams, der im Folgeheft dann endlich „Die Menschenfresser von Zamboula“ in Szene setzt, ist eine Wohltat für meine Augen. Auch die Geschichte, die zu meinen liebsten Conan-Stories gehört, wurde astrein übertragen, wenn mir nur nicht diese geradezu lächerlich, stets über die Brüste der halbnackten „Zabibi“ fallenden Haare auf den Zeiger gehen würden. Das sieht ja dermaßen bescheuert aus, wie die Büschel jeglicher physikalischen Gesetze trotzen, nur um immer das Nötigste zu verbergen. Das wurde beim Franko-Belgischen, recht aktuellen Pendant deutlich besser gelöst. Wenn Nacktheit damals nicht möglich war (war das nicht ein Nachdruck aus der Farbvariante, die unter dem Comics Code stand?), hätte man einfach ein enges Oberteil hinzeichnen sollen, statt so einen Blödsinn zu veranstaltet. Das ist aber auch wirklich mein einziger Kritikpunkt an der Geschichte.

Ab hier wird in Sachen Artwork eigentlich nahezu durchgehend hohe Kunst geboten. Zumeist ist „Big“ John Buscema am Bleistift und wird von verschiedenen Koryphäen getuscht. Roy Thomas gefiel wohl Alfredo Alcala am besten, was ich durchaus nachvollziehen kann. Seine kräftige, charakterstarke Tusche hat schon was und passt super zum Cimmerier, mir persönlich hat aber die feine, äußerst detaillierte Art von Sonny Trinidad noch ein wenig besser gefallen. Tony DeZuniga, der mehr mit Rasterfolie arbeitete, verpasste dem Barbaren dann nochmal einen etwas anderen Look, Alcala hat später, zum Ende des Bandes, dann auch mehr und mehr auf Rasterfolie zurückgegriffen. Hat einen erfrischend anderen Look reingebracht, wie ich finde.

Die weiteren Stories kann man eigentlich auch durch die Bank als gelungen bezeichnen. Klar, da gibt es auch einen Schwung recht einfach gestrickte „Monster“ oder „Zauberer“ of the Month Ausgaben, die aber dennoch prächtig unterhalten. Immer wieder gibt es aber auch große, fantastisch in Szene gesetzte und ausgearbeitete Highlights, die sich über mehrere Hefte erstrecken, wie die Adaption von Robert E. Howards „Der schwarze Kreis“, einer der längsten Conan-Geschichten, die hier von Roy eine stimmig ausgearbeitete Vorgeschichte verpasst bekam, um schöner in den Kanon zu passen. Auch die hervorragende Umsetzung von „Jenseits des schwarzen Flusses“ mit ihrem bitteren Finale darf nicht unerwähnt bleiben, und zuvor hat auch der „Turm des Elefanten“ eine neue, in prächtigen Bildern erstrahlende Bearbeitung erhalten.

Die Farbausgabe „Conan: Die Rache des Barbaren“ aus Marvel Comics Super Special #2 bringt neben einer klassisch anmutenden Abenteuergeschichte, in der sich zwei eingangs verfeindete Raubeine gegen einen weitaus gefährlicheren Gegner zusammenraufen müssen, mit ihrer Kolorierung schon ganz besonderen Style in den Band. Weshalb da manche Seiten besser aussehen als Andere wird ganz am Ende des Bandes im Bonusmaterial erklärt. Mir hat es prima gefallen, sowohl die Bilder, als auch die Farbe und die Geschichte. Apropos Bonusmaterial, das hat Höhen und Tiefen wie ich finde, was wohl auch daran liegt, dass die Jungs bei Marvel oftmals nicht fertig wurden mit ihrem Pensum und dann mit Artikeln oder auch mal einem Re-Print auffüllen mussten. Da geht es um mittelalterliche Rüstungen, eine Rollenspiel- bzw. LARP-Gruppe, es werden Rezensionen zu Büchern über Robert E. Howard, oder Neuauflagen (also in den 70ern) von Conan-Romanen abgedruckt. Da ist schon viel dabei, was heute nicht mehr so wirklich interessant ist, gerade weil es die dort besprochenen Bücher und Schallplatten ja nirgends mehr zu kaufen gibt. Interessant und stellenweise witzig finde ich dagegen die Leserbriefe teilweise wieder, die auch mal kritisch sein dürfen (ob der Verspätungen), das Essay über das Hyborische Zeitalter von Roy und Zeichner Walt Simonson weiß zu gefallen und bringt mal einen ganz anderen Zeichenstil mit sich. Dann werden die Zeitungs-Strips angekündigt, die ich mir bald besorgen möchte (danke an Panini für die Veröffentlichung!) und der erste Conan-Streifen mit Arnie ist in der Mache.

Alles in allem also wieder ein Barbarenstarkes Paket, besser noch als Band eins, und auch Band drei wird den Weg auf den Lese-K2 finden. Ist ja nicht so, als würde dort noch reichlich Cimmerier-Material der Sichtung harren. Aber hey, lieber haben und noch nicht brauchen, als irgendwann brauchen und dann nicht haben.

8,5/10




Corto Maltese 1 – Südseeballade



Das ist er also, DER Klassiker von Hugo Pratt. Wenn man bedenkt wie groß meine Liebe für Seemannsgarn ist, ist es schon verwunderlich, dass es so lange gedauert hat, bis ich mir den mal zur Brust genommen habe, aber besser spät als nie.

Wir befinden uns in den sonnigen Gefilden des südlichen Pazifiks, Glasklares Wasser, exotische Inseln und Segelbespannte Nussschalen werden von Eingeborenen zwischen den Inseln umher gesteuert. Doch am Horizont brauen sich die Wolken des ersten Weltkrieges zusammen. Die Großmächte belauern sich gegenseitig, haben Schiffe, Transporter und U-Boote in die Welt entsandt. Dazwischen versuchen Piraten ihr Glück zu machen, bringen Schiffe verschiedener Nationen auf, nehmen Geiseln für Lösegelder und versuchen die unterschiedlichen Parteien gegeneinander auszuspielen. In bester Agentenfilm-Manier zieht ein mysteriöser Superbösewicht, genannt der Mönch, im Hintergrund die Strippen. Für ihn arbeitet auch der skrupellose Rasputin und ein gewisser Corto Maltese. Was von Letzterem zu halten ist, ist zu Beginn weder dem Leser noch den übrigen Charakteren, ganz gleich ob Opfer oder Mitglied einer der vielen Fraktionen, wirklich klar. Doch wir werden es vielleicht noch herausfinden, in diesem Abenteuer, oder in einem der vielen, die noch folgen sollten…

Nach Ann & Dan mein zweiter Pratt und ja, jetzt bin ich gehooked. Was für eine famose Stimmung, was für ein grandioses Abenteuerfeeling, was für tolle Charaktere, die auch mal ambivalente Gefühle hervorrufen, was für ein wunderbares Setting. Ich liebe ja Seemannsgarn per se, aber gerade diese Epoche der zwei großen Kriege fasziniert mich, vor allem auch, wenn man nicht mitten im Kriegsgeschehen unterwegs ist, sondern Schicksale und „Abenteuer“ am Rande, also abseits der berühmten Schlachtfelder miterleben darf, wie es zum Beispiel bei C. S. Foresters „African Queen“ der Fall war. Der Einbezug eines geheimnisvollen Oberbösewichtes gibt dann noch einen filmischen Drive, der klar macht, hier steht Abenteuer, nicht unbedingt Realismus im Vordergrund, was die Sache zu einer wunderschönen Fabel macht, in der man nicht durchgehend unter Hochspannung steht, sondern auch einfach mal in Gefühl, Stimmung und Bildern schwelgen kann.

Apropos Bilder, mir hatte Ann & Dan recht gut gefallen, vor allem auch erzählerisch, aber zeichnerisch fand ich das nur solide. Diese Meinung zu Pratts Zeichenkunst hat sich mit diesem Band massiv geändert. Ja, sein Stil wirkt irgendwie wild und etwas ungeschlacht, vielleicht auch strohig und wenig detailliert, aber irgendwie wirkt das als Gesamtkunstwerk dann dermaßen Stimmig, verbreitet eine intensive, oft wohlige Stimmung und vor allem werden Gefühle transportiert! Schon durch kleinste Änderung einiger Striche werden Gesichtsausdrücke zu emotionalen Ankerpunkten, Männer wirken verschlagen oder entschlossen, Frauen werden sanft, wunderschön oder in Gedanken verloren. Hach, ich komme richtiggehend ins Schwärmen. Wie Pratt teilweise mit wenigen Strichen sehr viel erreicht und vor allem Emotionen transportiert, kann ich vielleicht am Ehesten mit Jeff Lemire vergleichen, auch wenn mir Pratts Zeichnungen deutlich besser gefallen, aber ich hoffe Ihr wisst, was ich meine.

Ihr merkt, ich bin begeistert und natürlich macht sich jetzt Verzweiflung breit, denn von Hugo Pratt wartet aktuell NICHTS auf meinem Lese-K2! Dahingehend muss sich also baldigst was ändern. Zum Glück machen es einem Verlage wie Avant und natürlich allen voran Schreiber & Leser dahingehend aktuell recht einfach. Die deutsche Comiclandschaft ist momentan wirklich außerordentlich gut bestückt, wie ich finde.

9/10 mit Tendenz nach oben bei einer weiteren Sichtung, die es sicher geben wird.

VG, God_W.
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