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Alt 29.01.2022, 22:40   #5567  
God_W.
Captain Rezi
 
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Der Rote Falke als Ergänzung zu den 7 Leben des Falken, Garth Ennis mit seinen Kriegsgeschichten und Gotham City im katastrophalen Ausnahmezustand. Das hat mich alles dermaßen gepackt, dass es damit auch erstmal weiter geht…



Der Rote Falke – 4. Die Verschwörer



Hier erfolgt der erste richtig große Wandel in der Erzählstruktur der Reihe. Das ganze wird deutlich erwachsener, brutaler und ein Stück weit komplexer. Der Grundton bleibt der eines groß angelegten Mantel und Degen Abenteuers, aber Arianes Kampf gegen die verschwörerische Bruderschaft der Spinne erstreckt sich jetzt über das komplette Album, ist gespickt mit Intrigen, enthält Verweise auf „Die 7 Leben des Falken“ und klärt so manches Rätsel auf, welches Leser der „7 Leben“ bereits bekannt war. Diese Verflechtungen vermitteln so langsam das Gefühl einer groß angelegten Saga, was einfach ungeheuer viel Spaß beim Lesen bringt. Das Finale räumt dann auch die letzten Zweifel aus, für Kinder ist die Reihe jetzt nicht mehr gedacht, allenthalben für Jugendliche und derer, die diesen Tagen bereits entwachsen sind.

Ach ja, der Zeichnerwechsel ist natürlich spürbar, ist aber keinesfalls negativ zu bewerten. Julliard hat beim Roten Falken noch nicht ganz so detailliert gearbeitet wie später bei den 7 Leben und Venanzis Stil ist zwar etwas anders, eher geschwungener, aber sehr elegant und passt auch ideal zur Geschichte und in die erzählte Epoche. Die Papierauswahl hat mir bei Finix allerdings besser gefallen als jetzt bei den Kult Editionen.

8/10




War Story – D-Day Dodgers



Ich kannte die Ballade über die D-Day Drückeberger bislang nicht, ein Schmäh-Song, der von alliierten Truppen handelt, die eben nicht bei der verheerenden Landung in der Normandie dabei waren, sondern – wenn man dem Liedchen glauben darf – im sonnigen Italien hockten, und sich möglichst viel Zeit dabei ließen ganz gemächlich weiter gen Norden vorzurücken, während dort die „harten Jungs“ durch Frankreich und Westeuropa gen Deutschland zogen und die Russen den Feind an der Ostfront zurückdrängten. Wie es zu der Zeit unter der angenehmen Sonne bella Italias wirklich zuging, davon erzählt uns Garth Ennis in seiner Version der Ballade. Stark.

8/10




Batman: Auf dem Weg ins Niemandsland – Band 1



Nach dem „Beben“ bin ich was das „Niemandsland“ angeht auf Panini umgestiegen, denn in den drei Eaglemoss-Ausgaben zum Haupt-Event sind nur ein Bruchteil der Hefte untergebracht, die Panini in ganzen 10 Bänden versammelt hat, und die sind teilweise mächtig dick, so wie dieser erste Teil des zweibändigen Vorgeschmacks zur Hauptstory.

In einer Handvoll Zeilen zusammenzufassen was für ein Feuerwerk Autoren wie Chuck Dixon, Alan Grant, Doug Moench und Greg Rucka hier abfeuern ist nahezu unmöglich, aber auf alle Fälle ist das gesamtheitlich gesehen ganz großes Kino. Da muss es Batman gleichzeitig mit Mr. Freeze und mit Clayface aufnehmen, während er ganz am Rande noch in einer rührenden Szene einen verzweifelten Ehemann und Vater davon „überzeugt“, dass Suizid nicht die Lösung sein kann. Da werden im Zuge der „Nachbeben“ hammerharte persönliche Schicksale gezeichnet, die nicht immer in einem happy End gipfeln. Die Story mit den in der U-Bahn eingeschlossenen Menschen trifft genau meinen Geschmack, nur ein wenig schade, dass es ausgerechnet da das Artwork von John Beatty nicht so tut, da hat mir Mark Buckingham (Fables) zuvor besser gefallen.

Chuck Dixon macht dann mal wieder was er am besten kann, er konzentriert sich neben Bats und Robin eher auf die Cops wie Montoya und Bullock und zeichnet realistische und packende Einzelschicksale. Alan Grant begibt sich in die Abgründe der menschlichen Seele, die sich auftun kann, wenn das Überleben auf dem Spiel steht. Derweil versucht Robin eine liebgewonnene Freundin vor den Gefahren in der eigenen Familie zu bewahren, seien diese auch eher seelisch denn körperlich. In der Bathöhle steht auch einiges An Arbeit an, ach, wenn ich gerade dabei bin, der getreue Alfred hat gleich mehrere grandiose Auftritte in dem prächtigen Band spendiert bekommen, und das nicht nur als hilfreicher Anzugträger.

Natürlich besteht der Band nicht ausschließlich auch tiefgreifenden Meisterstücken. Da gibt es auch geradlinige Actionfolgen, Episoden die einen ordentlichen Horroreinschlag abbekommen haben und viel „typischen“ Superheldenstoff. Aber da gibt es eben auch besondere Schmankerl, wie zum Beispiel die illustrierte Prosa-Geschichte von Autor Greg Rucka oder die Geschichte um das von Plünderern belagerte Krankenhaus. Außerdem wird so langsam die drohende, gesamtheitliche Gefahr für die Stadt greifbar, wenn die verzweifelte Bürgermeisterin versucht Geld für den Wiederaufbau zusammenzukratzen, von allen Seiten aber offensichtlich nichts als Ablehnung erfährt. Gespickt mit all den privaten Beziehungen und Problemen, mit denen sich Bats (nebst neuer Freundin Vesper), Commissioner Gordon (nebst zweiter Ehefrau), seine Tochter im Rollstuhl, Robin mit Spoiler usw. alle rumschlagen müssen ergibt das ein dermaßen dicht gestaltetes Gesamtbild einer Gesellschaft im Katastrophenfall, dass sich eine zum Schneiden dicke Atmosphäre entwickelt, in die ich nur allzu gerne eintauche. Dass dabei solche Über-Charaktere wie der Joker vorerst nur am Rande platziert werden empfinde ich als geschickten Schachzug, denn so verteilt sich die Aufmerksamkeit in die Breite und das gesamte Ausmaß der Ereignisse kommt viel deutlicher zum Tragen. So kann es weiter gehen!

8,5-9/10

VG, God_W.
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