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Alt 26.12.2021, 21:30   #5304  
God_W.
Captain Rezi
 
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Die sechste Etappe mit Wikinger-Stoff, Gruselmaterial und sonstigen Perlen startet mit der dritten Etappe meiner Rundreise durch die Nordlande.


Northlanders 3 – Tod und Treue (Deluxe Edition)



Im Irland des Jahres 1014 ist ein Freiheitskämpfer zusammen mit seiner Tochter auf der Flucht. Von einer Gruppe Wikinger, die sich als Söldner verdingen wird er erbarmungslos gejagt, denn der Anführer der Verfolgertruppe ist ein wahrer Spürhund, der dem mordenden Veteranen gnadenlos auf die Pelle rückt. Spannende Hatz mit psychologischem Tiefgang und starkem Twist.

Irgendwo im Norden Europas sorgt eine dumme, im Suff getroffene Entscheidung für eine über sechs Generationen andauernde Familien-Fehde. Jetzt ist es so weit, in einem Duell Mann gegen Mann, einem sogenannten Holmgang, soll sich das Schicksal beider Parteien endlich entscheiden. Packender Zweikampf, der ganz nebenbei Bräuche und Ehrbegriffe der harten Nordmänner erläutert.

Groß, muskelbepackt, im Geiste einfach gestrickt, doch optisch nahe am Hulk. Das ist Erik Thorssohn, der Schmied, der in dieser von Mythologie durchsetzten Geschichte für reichlich Blutvergießen sorgt, während im Herzen der Story der Kampf der alten Religion gegen das aufkommende Christentum ausgefochten wird. Brachial, fesselnd, aber der übernatürliche Anteil wird mir persönlich im Kontext etwas zu sehr strapaziert.

Insgesamt wieder ein starker Band, bei dem mich vor allem die erste Geschichte durchgehend fesselnd konnte. Das Duell im zweiten Beitrag ist ebenfalls stark inszeniert, aber eben auch nur ein Heft lang. Das Finale ist alles andere als schlecht, für meine Begriffe aber etwas unausgewogen. Optisch ist die Reise durch die Nordlande erneut kernig, mit Ecken und Kanten, aber durchweg stimmungsvoll, teils sogar beeindruckend inszeniert. Kein Ausfall zu verzeichnen!

8/10




Cthulhus Ruf (Lovecraft / Baranger)
&
H. P. Lovecrafts Cthulhus Ruf (Gou Tanabe)



Da Gou Tanabes Lovecraft-Adaptionen in meinem kleinen Run wieder etwas mehr in meinen Fokus gerückt sind habe ich die anstehende Sichtung seiner Variation von „Cthulhus Ruf“ direkt mal für einen mehrfachen Re-Read der Originalgeschichte genutzt. Die Story selbst war eine der Ersten, die ich von Lovecraft gelesen hatte, denn ist es auch nicht unbedingt sein Meisterstück, so verdanken wir ihr doch die Gründung und Etablierung des Mythos, der in Folge so reich wachsen, und seine Kultisten in jegliche Ausprägung der modernen Pop-Kultur entsenden sollte.

Wie gesagt liegt die Erstsichtung bei mir schon viele Jahre zurück, aufgefrischt wurde die zwischendurch von der tollen Verfilmung im 30er Jahre Style der HPLHS (H.P. Lovecraft Historical Society) und dem gelungenen Hörspiel aus der Gruselkabinett-Reihe.

Mittlerweile hatte ich mir ja die große, kommentierte Fischer-Tor-Ausgabe besorgt, in der ich immer mal wieder gerne schmökere und eine Geschichte nebst Randnotizen lese, aber auch meine alte Festa-Ausgabe steht noch im Regal. Dazu gesellte sich vor einiger Zeit die überformatige (beinahe Splitter-Diamant-Größe) Ausgabe des Heyne-Verlages, die eine von François Baranger komplett illustrierte Fassung der Geschichte enthält. Diese Ausgabe kann ich allein wegen der wunderbar stimmungsvollen Bilder auf jeder Seite absolut empfehlen, allerdings darf man keinen Comic erwarten, denn es ist wirklich die komplette Lovecraft-Geschichte, nur eben von atmosphärisch starken Bildern begleitet. Das Artwork hat mir so gut gefallen, dass ich in der Richtung gerne noch mehr sehen würde. In Frankreich ist mittlerweile eine weitere von François Baranger illustrierte Lovecraft-Geschichte erschienen, nämlich „Die Berge des Wahnsinns“, fände ich ja super, wenn Heyne die auch noch nach Deutschland holt!

8/10 für Cthulhus Ruf (Lovecraft / Baranger)

Äußerst spannend war es dann aber vor allem, die unterschiedlichen Übersetzungen zu vergleichen, denn da gibt es zuweilen doch starke Unterschiede. Die Festa-Variante wurde von Andreas Diesel und Frank Festa ins Deutsche übertragen, Fischer-Tor beinhaltet die Übersetzung von Andreas Fliedner und Alexander Pechmann, der stark illustrierte Heyne-Band wurde von H. C. Hartmann übersetzt. Kurz gesagt gefällt mir die Übersetzung der Fischer-Tor Ausgabe persönlich am besten, wobei das sicher Geschmackssache ist. H. C. Hartmann bei der Heyne-Version klingt prima, aber wie Fliedner und Pechmann mutig neue Wege gehen, und sich sogar trauen in die Popkultur eingegangene Sätze wie „Es ist nicht tot, was ewig liegt, bis dass die Zeit den Tod besiegt.“ neu zu interpretieren finde ich stark. Klingt für mich so, als wäre die neue Variante dichter am Original, aber sicher weiß ich es nicht.


Gou Tanabes Version ist optisch erneut über jeden Zweifel erhaben, die Stimmung der Vorlage wird perfekt eingefangen und alles in allem wird die Story auch sehr originalgetreu wiedergegeben. Einzig der ein oder andere rassistisch anmutende Seitenhieb wurde ausgespart, was sicher kein Fehler ist. Optisch haben es mir vor allem die Szenen auf hoher See oder in den Sümpfen angetan, ganz große Kunst!

8,5/10 für H. P. Lovecrafts Cthulhus Ruf (Gou Tanabe)




Lustiges Taschenbuch – Weihnachtsgeschichten (Sonderband Nr. 1)



Auch dieses Jahr haben Krümelchen und ich uns für die Adventszeit wieder einige Weihnachtsbände von Disney als Abendlektüre vorgenommen. Da ich mit den Rezis mal wieder böse hintendran bin kommt Band 1 von dreien (am dritten lesen wir gerade noch) jetzt erst zur Sprache. Die Auswahl aus den hier zur Verfügung stehenden Ausgaben durfte Krümelchen treffen und ich war nicht schlecht überrascht, als die Wahl auf diesen LTB Sonderband fiel, statt auf eines der großen Hardcover.

Diese Überraschung stellte sich allerdings schon bei der ersten, über 80 Seiten starken Geschichte „Ein unvergessliches Weihnachtsfest“ als eine mehr als positive heraus! Die herausragend geschriebene und bebilderte Geschichte, die von Action und Abenteuer über Magie und Weihnachtszauber bis zu herzerwärmenden Gefühlen und sogar Meta-Ebenen einfach alles zu bieten hat!

„Der große Schlaf“ hat mich nochmal in die Welt des großen Klassikers „Das gläserne Schwert“ eintauchen lassen, kannte ich also schon, denn da durfte ich ja vor einiger Zeit die Gesamtausgabe genießen. Für Krümelchen war es eine Erstsichtung, was dazu geführt hat, dass jetzt auch der Rest gelesen werden will. Das sagt wohl alles über die Qualität der Geschichte.

Diese beiden Meisterstücke nehmen bereits über die Hälfte des Bandes in Beschlag, aber auch die kürzeren enthaltenen Erzählungen und Einseiter verströmen Spaß, Freude, besinnliche Weihnachtsstimmung und/oder regen zum Nachdenken an. Da werden kreativ Weihnachtsbäume geschmückt, die Ärmsten der Armen mal wieder in den Fokus gerückt, Weihnachtsgebäck als Geiseln genommen, und durch heldenhaftes Tun wieder befreit und alte Fehden durch die Unvoreingenommenheit der Jugend beigelegt.

Was soll ich sagen? Besser konnte die Adventszeit dieses Jahr nicht mehr werden. Meisterwerk!

10/10

An dieser Stelle noch mal ein ganz herzliches Dankeschön an den guten Reschi, der mir den Band im vergangenen Jahr zugewichtelt hat.

VG, God_W.
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