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Alt 28.09.2021, 11:36   #46  
pteroman
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Bekanntlich bin ich ja nicht gerade der allergrößte Abrakadabrafaxe-Fan. Habe auch etliche Jahrgänge nie gelesen. Bin bei der Südseeserie (seit Barock war Pause) wieder eingestiegen und die hatte immerhin schöne Landschaften. Die Story war hingegen - trotz aller möglicher Handlungsfäden, die man rätselhafterweise zwar begann, aber nie konsequent weiterverfolgte - erbarmungswürdig.

Nun besinnt man sich auf ein klassisches Sujet und ich muss bekennen, dass das neue Heft gar nicht mal so übel startet. Das Figurentableau sieht ganz vielversprechend aus, Ort und Zeit der Handlung sind fein ausgewählt. Wie historisch die Herrscher Harun und Karl wirklich waren, mag mal dahingestellt bleiben.

Märchenhaft raunt es also in den Palmen, die in sternklarer Nacht einsame Wüstenoasen umstehen ...
Textlich und bildlich angeteasert werden 1001 Nacht, Fliegender Teppich, Wunderlampe. Das allerdings darf unter Publikumstäuschung verbucht werden. Keine magischen Artefakte weit und breit, die eine märchenhafte Erzählung starten könnten (hier bringt man sich wieder um Möglichkeiten!), sondern vermutlich eher die Verbringung eines einsamen Rüsseltiers von einem Märchenschloss zum nächsten (wobei der sagenhafte Karl ja angeblich jahrzehntelang kreuz und quer durch die fränkischen Lande reiste und gar keine Hauptresidenz wie sein orientalisches Pendant gehabt haben soll).

Bei der Diebe der Gilde fallen mir ein paar Fantasybücher ein, wo sowas ja quasi Standard ist (ich nenne mal stellvertretend Locke Lamora). Da ist also die personelle Fiesheit mal wieder mit im Spiel und in Form der hübschen Lela sogar als ambivalente Figur (wer hübsch ist, kann nicht nur böse sein, gell, liebe Schwanzlurche?). Auch wenn ihr Outfit seltsam flächig daherkommt. Ihre Pluderhose erinnert mich eher an den rasierten Hodensack eines Ertrunkenen. Da könnten ein paar schraffierte Fältchen oder Photoshop-Schatten schon abhelfen. Wobei wir wieder mal bei der hier teils heftig störend empfundenen Unterschiedlichkeit der Zeichenstile wären. Wenn denn wenigstens alle die gleichen Stifte/Pinsel verwendeten, damit wenigstens die Strichstärken der Figuren ähnlich wären! Hier zeigt der Artdirector, dass sein Peitsche aus zu weichem Leder ist.
Insgesamt aber ein hübscher Beginn, schöne Kostüme, interessantes Personal, man traut sich sogar an den jüdischen Kaufmann (Respekt) und es könnte was werden. Auch einer Reise vom Morgen- ins Abendland unter damaligen Bedingungen (Wüstenstürme, Wegelagerer, wilde Tiere, stürmische See und Aberglauben allenthalben) kann erzählerisch und zeichnerisch allerhand abgerungen werden. Und ein für damalige Menschen praktisch unbekanntes Großtier wie ein Elefant wird auch noch den einen oder anderen Gag ermöglichen, bis man in Franken am Ziel sein wird. Bin beinahe so etwas wie gespannt aufs nächste Heft!
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