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Alt 11.01.2021, 22:15   #246  
Peter L. Opmann
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Hier wie angekündigt meine Betrachtung zu der grafischen Seite der frühen "Hulk"-Ausgaben:

Zu den ersten Ausgaben, die Jack Kirby, dann Steve Ditko und dann wieder Kirby zeichneten, brauche ich nicht viel zu sagen. Sie sind für mich über jede Diskussion erhaben. Ab „Hulk“ # 17 wirken Jack Kirbys Zeichnungen allmählich statischer. Man entdeckt nicht mehr so viele Kirby-Charakteristika. Ich vermute, daß Kirby zwar grob vorgezeichnet hat, aber vieles seinem Inker Mickey Demeo (das ist Mike Esposito) überlassen hat. In „Hulk“ # 18 ist kein Inker genannt. In # 19 kommt Bob Powell ins Spiel; er mußte vermutlich noch mehr zu Kirbys Breakdowns ergänzen. Dann sehen wir wieder Esposito. Für mich sahen diese Hefte schon damals, als ich sie in Superbänden erstmals gesehen habe, nicht nach Kirby aus.

In „Hulk“ # 22 ist die Handschrift von Kirby erstmals wieder deutlicher zu erkennen. Dann kommt die Ausgabe, in der er mit John Romita sr. als Inker zusammenarbeitet. Ein grafisch schönes Heft, in dem viele Besonderheiten von Romita zu entdecken sind, etwa die feinen, idealisierten Gesichter von Rick oder Talbot – selbst Ross wirkt hier wie ein gütiger Opa.

Dann kommt der Bill-Everett-Run mit einer ganz neuen Interpretation des Hulk und markanten, freilich nicht mehr feinen Gesichtern (Kirby macht wieder die Layouts). Diese Phase geht bis „Hulk“ # 28. In dieser Ausgabe übernimmt John Buscema (Kirby als Layouter ist raus). Ein paar Panels mißlingen Buscema, aber mit ihm hält Realismus Einzug in die Zeichnungen. Leider bleibt es bei drei Episoden. Dann kommt Gil Kane, bei dem die Figuren, einschließlich dem Hulk, wieder ganz anders aussehen. Vermutlich inkt Kane selbst. Das Artwork wirkt nicht direkt enttäuschend, aber es wäre wohl besser gewesen, wenn er einen sorgfältigen Inker gehabt hätte.

Kane zeichnet ein paar Episoden mehr als Buscema, aber auch nicht sehr viele. Dann scheint endlich ein Künstler gefunden zu sein, der sich längerfristig dem Hulk widmen kann: Marie Severin. Sie zeichnet ohne Zeitnot, aber ich finde, sie denkt mehr in einzelnen Panels als in Seitenlayouts. So wirken die Seiten unausgewogen. Und ihre Zeichnungen weisen zwar keine anatomischen Mängel auf, aber die Superheldenkörper sind oft nicht gut in Szene gesetzt. Nun sind wie bereits am Ende der Williams-Zeit; zum Schluß taucht noch als Inker Herb Trimpe auf, der dann tatsächlich eine ganze Weile Hulk-Stammzeichner wurde.

Die häufigen Zeichnerwechsel schaden in meinen Augen der Serie. Jack Kirby wäre der Mann der Wahl gewesen, hatte aber erkennbar keine Zeit. Eine Zeitlang ließ man es so aussehen, als wäre er der Künstler. Daß man „Hulk“ dann doch lieber jemand anderem gab, ist nicht schlecht, aber Everett, Buscema, Kane und Severin arbeiten so unterschiedlich, daß man sich als Leser jeweils ziemlich umgewöhnen muß. Obwohl ich die Serie nicht lückenlos kenne, würde ich sagen: Mir gefällt dann erst wieder die Interpretation von Sal Buscema.

Geändert von Peter L. Opmann (12.01.2021 um 08:02 Uhr)
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