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Alt 22.07.2020, 22:52   #2624  
God_W.
Captain Rezi
 
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Weiter geht’s mit dem „Abarbeiten“ des Rezi-Stapels…

Xerxes – Der Niedergang des Hauses Dareios und der Aufstieg Alexanders



Frank Millers lang erwartetet Fortsetzung zu seinem Hit 300 ist leider in allen Belangen schwächer geraten als der Erstling. Den hatte ich hier mal ausführlich besprochen: Frank Millers 300. Trotz größeren Umfangs wirkt Xerxes weit weniger gehaltvoll als 300. Das Artwork schwankt sehr stark zwischen wuchtigen Passagen, die nahezu an die kraftvollen Bilder des Originals erinnern und mickrigen, fast schon faul und schluderig wirkenden Zeichnungen die man in einem Werk eines solchen Meisters nicht erwarten würde. Ebenso ergeht es dem Erzählfluss. Da werden zwar auch so manche fesselnde und epische Passagen geboten, insgesamt wirkt das Ganze aber etwas zu holprig, unausgegoren und einfach nicht aus einem Guss. Zwar kein Totalausfall aber letztlich in allen Bereichen nur durchschnittlicher Einheitsbrei, den man beim Namen Miller halt weder erwartet noch gerne haben möchte.

4,5-5/10


Ich habe mir vorgenommen mich nach und nach mal einigen vom Umfang her überschaubaren Reihen zu Widmen. Da ich gerne Abwechslung und Vielfalt habe werden auch bei denen dann immer wieder andere Bände zwischen rein gelesen. Den Anfang macht mein erster Brian K. Vaughan-Titel:


Paper Girls 1



Wow! Was für ein Knaller! Ja, ich bin halt ein Kind der 80er und als nach nicht mal 10 Seiten Freddy Krüger auftaucht hatte Autor Brian K. Vaughan mein Interesse geweckt. Schon kurze Zeit später hat mich der Science-Fiction-Mystery-Mix mit reichlich Abenteuer und einigen Horror-Elementen sowas von am Haken, man glaubt es kaum. Das frisch und modern wirkende Artwork von Cliff Chiang versprüht trotz aller Innovation irgendwie dennoch einen gewissen Retro-Charme, der super zur Story und der Zeit passt, in der diese spielt.

Vorstadtidylle 1988. Mac, Tiffany, KJ und Erin sind die vier 12-jährigen Mädels, die noch vor Sonnenaufgang in aller Herrgottsfrühe auf ihren Rädern die Zeitungen ausfahren. Die vier kommen mehr oder weniger durch Zufall zusammen, lernen sich kennen und nach bester Tradition von Filmen wie E.T., den Goonies, ES oder auch Stand by me entsteht eine Bindung zwischen den vieren. Eine eingeschworene Clique, eine Freundschaft wie sie nur zwischen Kids in dem Alter entstehen kann.

Wundervoll geschrieben, gespickt mit allerlei Gimmicks aus der Popkultur und jeder Menge WTF-Momenten. Ich hatte ja schon gehört, dass das Vaughans Stil sei, aber dass das derart gut funktioniert hat mich dann doch enorm positiv überrascht! Ich freue mich auf die weiteren fünf Bände!

9/10


Batman – Neal Adams Collection 2 (Batman Graphic Novel Collection)



Ein weiterer Schwung klassischer Batman-Geschichten, die erneut recht naiv (und teilweise leider auch ganz schön hanebüchen) daherkommen. Dennoch mit ganz viel Charme und von Neal Adams wirklich schick und dynamisch in Szene gesetzt! Für mich als Liebhaber klassischen Grusels war „Das Geheimnis der offenen Gräber“, welches ich schon aus der Batman Anthologie kannte eines der Highlights. Aber auch die Man-Bat-Geschichten haben mir viel Spaß gemacht, habe ich doch erst vor Kurzem die Folgen der Batman-Zeichentrickserie mit dem tragischen Charakter gesehen. Insgesamt für mich eine leichte Steigerung zu Band 1 der Neal Adams Collection.

6,5-7/10


Paper Girls 2



Und schon wieder zurück bei den vier taffen halbstarken Girls, die nach einem Zurück in die Zukunft-mäßigen Ausflug in einer Zeitmaschine, die frappierend an Jeff Goldblums Teleporter aus Cronenbergs Fliege erinnert, im Jahr 2016 gelandet sind. Neben Begegnungen mit anderen Zeitreisenden, Dinos und Kaiju-ähnlichen Monstren bleibt abzuwarten, ob eine Begegnung ganz spezieller Art ein Universum vernichtendes Paradoxon auslöst, oder nicht. Wahnsinn was für einen Spaß das Lesen bei der Reihe macht!

9/10


Batman – Der Mann der Lacht & Killing Joke (neue Kolorierung) (Batman Graphic Novel Collection)
Batman – Lächeln, Bitte! (Killing Joke, alte Kolorierung) (ComicArt Carlsen)




Hier braucht man nicht viel zu sagen, beides grandiose Vertreter ihrer Zunft! Zum Mann, der lacht(e) hatte ich bei der Joker Anthologie schonmal was geschrieben und das hat für mich noch immer Gültigkeit:
2005 – Batman: The Man who Laughs Der Mann, der lachte
Wer kennt ihn nicht, den modernen Klassiker von Ed Brubaker? Also abgesehen von mir natürlich! Die meisten werden das grandiose Stück Comic-Kunst schon ihr Eigen nennen. Ob als Hefte, als Einzelband, oder in der DC Comics Graphic Novel Collection im Verbund mit Arkham Asylum. Völlig zurecht versuchen die Verlage dieses Sahnestück unter den Batman-Comics an möglichst jeden Fan zu bringen der nicht bei drei auf dem Baum ist. Ich war sofort geflasht und es stört mich null die Bohne, dass ich die ultra-atmosphärische und düstere Story in der Batman Graphic Novel Collection zusammen mit The Killing Joke dank Abo wohl bald nochmal im Regal stehen habe.

Jetzt war es also so weit und ja, es hat mich kein Stück gestört diesen brutalen und atmosphärischen Knaller unter den Bat-Stories nochmal zu lesen.

Im Verbund gab es das Ganze mit dem großen Klassiker von Comic-Gott Alan Moore. Auch hier braucht man nicht viel schreiben. Moore treibt den gnadenlosen Fight zwischen den beiden ewigen Feinden gnadenlos auf die Spitze. Der Clownprinz des Verbrechens geht so sadistisch vor wie nie zuvor und das bekommen auch Gordon und seine Tochter am eigenen Leib zu spüren. Nein, ohne Kollateralschäden – sowohl körperlich als seelisch - geht das diesmal nicht ab. Aber hey, zu dem Werk haben schon viel tiefer in der Materie verankerte Leute als ich viel mehr geschrieben.

Deshalb noch ein, zwei Sätze zu den unterschiedlichen Kolorierungen, die da aktuell so unterwegs sind. Ich finde beide Varianten haben so ihre Vorzüge und gerade der blanke Wahn des Antagonisten kommt in der klassischen, grellbunt-psychedelischen Variante teilweise enorm gut rüber. Mir persönlich gefällt insgesamt gesehen dennoch die neue, realistischer und kühler angelegte Farbgebung besser. Vor allem die Rückblenden in die Vergangenheit zu Jokers vermeintlicher Origin empfinde ich durch die nahezu in schwarz/weiss gehaltene Abgrenzung als viel ergreifender. Die Szenen wecken bei mir an der Stelle mehr Mitgefühl, was insgesamt die Gefühlsachterbahn in der Story noch mehr ins Rollen bringt. Aber das ist wohl – wie so oft – Geschmackssache. Hier ein paar direkte Vergleiche, links (bzw. oben) ist immer die alte, rechts (bzw. unten) die neue Kolo:
Bildvergleich
Meine Gesamtwertung für die beiden Batman-Stories und die beiden Kolorierungen:
9/10


Paper Girls 3



*ZACK* da ist sie wieder aufgesprungen, die Brian-K.-Vaughan-Ideen-Trickkiste! Fliegende KZ-Omas, Zombie-Mädchen-Hockeymannschaften, schwangere Neandertalerinnen, haarige Monster, schwebende Tentakelpyramiden aus der vierten Dimension und was nicht sonst noch alles! Ein Füllhorn frischer, abgedrehter Ideen, stets verknüpft mit einem Schwung popkultureller Klassiker und mittendrin unsere vier Girls. Meisterlich schafft es Mr. Vaughan all diese Elemente zu einem spannenden, in sich schlüssigen Plot zu verquirlen, dabei stets zu jedem Aha-Moment auch neue Rätsel bereitzuhalten und trotz all der abgefahrenen Unwägbarkeiten das Alter unserer Protagonistinnen und die damit einhergehenden Coming of Age-„Probleme“ auf gefühlvolle Weise mit einzubeziehen. Egal ob es da um die erste Menstruation oder das erste Verlieben geht. Ganz großes Tennis!

9/10


Conan der Barbar – Classic Collection Band 2



Wieder so ein Fall, der eigentlich eine viel ausführlichere Rezi verdient hätte, aber man kann halt nicht immer wie man möchte. Dennoch will ich meine Meinung zu dem äußerst umfangreichen Brocken kurz zusammenfassen und vor allem darauf eingehen, weshalb mir der zweite Band nochmal deutlich besser gefallen hat der Erstling. In Sachen Verarbeitung und Bonusmaterial bleibt alles beim Alten, mit allen Vor- und Nachteilen. Noch immer finde ich die Leserbriefe teilweise ganz witzig und auch erhellend. Das ist schon beeindruckend, mit welcher Offenheit Marvel da den Kunden gegenüber erläutert und argumentiert, weshalb das Heft denn jetzt ein paar Cent teurer werden musste. Das kommt fast schon als Entschuldigung rüber, da könnte sich so mancher Verlag heutzutage eine Scheibe abschneiden! Faszinierend auch die in Deutschland stationierte Soldatentruppe, die ihren Panzer mit einem passenden Conan-Symbol verzieren wollte und von Marvel dann tatsächlich Vorlagen geschickt bekam. Solche kleinen Anekdoten machen das Leseerlebnis auch abseits der Abenteuergeschichten zu etwas Besonderem. Im Gegenzug gibt es Roys Ausführungen neben der informativen Zusammenfassung für diese Ausgabe auch gleich noch zwei- bis dreimal im Nachgang als Sammlung früherer Vorworte. Hätte man sich wieder schenken können.

Dafür wissen die enthaltenen Geschichten diesmal noch eine ganze Kante stärker zu überzeugen als noch im ersten Omnibus. Die Creature of the Month One-Shots treten mehr und mehr zugunsten von größer angelegten, abenteuerlichen Mehrteilen in den Hintergrund, was mir wirklich sehr gut gefällt. Den Zeichenstift übernimmt zumeist „Big“ John Buscema und – hier muss ich einfach mit der großen Masse schwimmen – er ist nun mal der beste Mann für Conan. Sein kraftvoller, roher Style, der vielleicht detailarmer daherkommt als der elegantere Strich von Barry Smith passt zum muskulösen Barbaren einfach wie die Faust aufs Auge. Allgemein sieht Conan jetzt auch bedrohlicher, stämmiger und massiver aus. Ich liebe das kantige Gesicht mit dem wilden Blick, das Buscema dem Recken aus dem Norden verpasst hat.

Ein schönes Kontrastprogramm bietet da Heft #37 mit Neal Adams als Zeichner und seiner augenzwinkernden Riesen-Vulva-Schnecke im Gepäck. Zum Finale wird es dann richtiggehend episch, wenn Roy Thomas auf über 200 Seiten den einzigen Conan-Roman von Robert E. Howard „The Hour of the Dragon“ adaptiert. Das Stück, welches im Grunde eine Mixtur von Conan-Motiven verschiedener Kurzgeschichten darstellt hat so einiges zu bieten. Neben ein paar Kleinigkeiten in Sachen künstlerischer Freiheit bleibt Thomas zu großen Teilen dicht an der Vorlage und erlaubt sich nur zum großen Finale ein paar dramaturgische Freiheiten, was vollkommen verständlich ist, da die Sichtweise im Comic halt auf Conan konzentriert bleiben sollte. Das wurde im Roman anders gelöst, da kann man das aber auch besser rüberbringen.

Grundsätzlich konnte mich das Finale also wirklich begeistern, auch weil zwei der Schluss in zwei Ausgaben von Savage Sword of Conan abgedruckt wurde, was zwar bedeutet, dass die Story in schwarz/weiss zu Ende erzählt wird, aber auch nicht länger dem damaligen Comic Code unterlag. Sprich, deftigere Sprache und blutigere Fights, was dem Barbaren außerordentlich gut zu Gesicht steht. Ganz im Gegensatz zum beinahe schon üblen Artwork vorn Gil Kane. Es ist schon traurig, dass ausgerechnet dieses große Epos über weite Strecken nicht von John Buscema, sondern von Gil Kane gezeichnet wurde. Dessen Artwork empfinde ich mit Abstand als das schlechteste welches ich bislang am Cimmerier gesehen habe, und das liegt nicht nur an der unsäglichen Eisenherz-Frise, die er dem Barbaren verpasst hat. Den äußerst positiven Gesamteindruck können mir die paar Hefte allerdings nicht vermiesen und die Vorfreude auf Omnibus Nummer 3 – und vor allem auf Savage Sword of Conan 1 – schonmal gar nicht.

8/10

Mal schauen, wann ich Zeit für den nächsten Schwung finde…

VG, God_W.

Geändert von God_W. (22.07.2020 um 23:16 Uhr)
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