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Alt 17.07.2020, 15:41   #290  
Peter L. Opmann
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Die Rächer # 16
Williams, April 1975 ("Avengers" # 17, Juni 1965)



Nachdem ich seit „Rächer“ # 10 fast an jeder Ausgabe etwas auszusetzen hatte, finde ich die vorliegende ziemlich gut. Gewiß, es ist kein unvergeßliches Meisterwerk. Aber Don Heck, der nun wieder die Stelle von Jack Kirby eingenommen hat, zeichnet überraschend souverän. Und die Story weist auch keine Anlaufprobleme mit dem neuen Team auf, sondern die neuen Rächer agieren gleich überzeugend. Aus heutiger Sicht erscheint der auf dem Titel annoncierte Gegner, der Minotaurus, zweifelhaft – von seinem Mythos bleibt in dieser Trivialfassung nicht viel. Aber als Kind hat mich das Wesen, ohne daß ich schon etwas von den griechischen Sagen wußte, durchaus beeindruckt. Der Hulk, der auf dem Cover (von Kirby) eine größere Rolle spielt, wird sozusagen mit Zwischenschnitten in das Abenteuer eingebaut, ohne daß er damit irgendetwas zu tun hat; Williams-Leser hatten wieder einmal das Problem, daß es dabei um Vorgänge ging, die sie in „Hulk“ erst später zu lesen bekamen. Das war übrigens für mich die letzte „Rächer“-Ausgabe für einige Zeit. Aus den Superbänden kommen mir # 19, 34 und 39 recht bekannt vor (ich kenne von dort noch weitere „Rächer“-Hefte), aber der nächste Band, den ich mir einzeln am Kiosk gekauft habe, war erst # 48.

Die Splashpage illustriert den Höhepunkt dieser Ausgabe; erst auf Seite 2 geht die Geschichte richtig los. Cap führt seine neuen Kampfgefährten im Rächer-Hauptquartier herum und unterzieht sie einigen Tests. Dann taucht ein riesiger Roboter auf, der nicht zu den Tests gehört. Gemeinsam wehren die vier Rächer den Angriff ab. Dabei wird deutlich, daß die neuen Mitglieder hohe Ambitionen haben und Cap als Anführer nicht ernst nehmen. Aber ein größerer Konflikt entsteht vorerst daraus nicht. Als der Roboter zerstört ist, lernen wir den kennen, der hinter seinem Angriff steckt: den Maulwurf. Die Rächer erfahren, daß sich der Hulk „in der Wüste“ aufhält. Trotz der ungenauen Ortsangabe machen sie sich per „Jet-Kreuzer“ sofort auf die Suche. Doch es handelt sich offenbar um eine Falle des Maulwurfs – der Hulk ist zwar nicht weit entfernt, hat es aber stattdessen gerade mit dem Spiritus Rector zu tun.

Die Rächer entdecken einen Plattenberg, der, wie sie vermuten, den Zugang zum Reich ihres Gegners bildet (den sie noch nicht kennen). Sie geraten in ein unterirdisches Labyrinth, dabei entdeckt Quecksilber den Minotaurus. Zunächst fliehen sie. Dabei wird Quecksilber von den anderen getrennt, von den Subterranern überwältigt und, wie das später noch oft zu sehen ist, an ein Gerüst gefesselt. Cap, Falkenauge und die Scharlachhexe machen zuerst den Minotaurus unschädlich, indem sie seine Hörner in einem Felsen festschmieden. Dann machen sie sich gemeinsam an die Befreiung von Quecksilber. Der Maulwurf befördert die vier Rächer mit einem Aufzug zurück an die Erdoberfläche. Die neuen Rächer geben sich mit diesem Ausgang der Auseinandersetzung zufrieden: Sie haben, wie sie sagen, ihre Feuertaufe bestanden. Am Ende wird noch einmal zum Hulk geblendet, der sich in Bruce Banner verwandelt hat und offenbar im Sterben liegt.

Mir gefällt vor allem die Optik dieses Comics. Don Heck verwendet eine großzügige und moderne Seitenaufteilung – er weicht teilweise erheblich von den üblichen drei Panelreihen ab. Nur am Ende muß er die Story wieder in vielen kleinen Panels zuendebringen. Einzelne Bilder, vor allem wenn es um den Hulk geht, scheinen mir von Jack Kirby gezeichnet zu sein; möglicherweise konnte den Heck nicht. Die Story ist nicht überragend, aber doch flüssig erzählt und recht originell. Was der Maulwurf vorhat und wie er die Rächer in seine Fallen lockt, bleibt freilich unklar oder auch beliebig. Warum die Hulk-Geschichte so ausführlich eingeflochten wird, wird auch nicht richtig klar. Er ist in der Wüste nicht weit von ihnen entfernt, aber es gibt keinerlei Berührungspunkte. Doch läßt man diese Einwände beiseite, hat man immerhin einen Stoff mit viel Action, aber auch Gruppenproblemen, die in den folgenden Ausgaben noch weiterverfolgt werden. Nicht schlecht.
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