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Alt 02.03.2019, 19:31   #535  
Phantom
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Spinne (Williams) 120
An diese Story kann ich mich auch wieder etwas besser erinnern. Und auch aus heutiger Sicht finde ich sie besser im Vergleich zu der missglückten Raleigh-Geschichte. Natürlich ist es das bewährte Muster: zwei Handlungsstränge werden angesetzt, die erst nach der Hulk-Story weitergeführt werden (Osborn wird wieder zum Grünen Kobold, und was steht eigentlich in dem Telegramm?). Dazwischen wird ein üblicher Superhelden-Fight eingestreut, um die Leser auf die Folter zu spannen und für Verkäufe im nächsten Monat zu sorgen.

Die Zeichnungen finde ich auch solide, nur der um fast 180 Grad gedrehte Kopf von Betty Brant auf Seite 9 oben rechts erinnert doch sehr an "Der Tod steht ihr gut".

Ich meine mich an ein Interview mit Gerry Conway zu erinnern, in dem er angesprochen hatte, dass am Anfang seines Spiderman-Runs tatsächlich in den Credits absichtlich erst John Romita und danach Conway genannt wurde; er war eben der Jungspund, dessen Storylines zunächst eng mit Romita abgestimmt wurden.

Mir fällt wieder auf, dass Williams in dieser Zeit schlampiger war, als ich das in der Erinnerung verklärt habe. Ich finde Schreibfehler in den Sprechblasen ("muss Sie sofort siehen" auf dem Telegramm, "Buggle-Presseausweis") und seltsame Übersetzungen.

Gleich zu Beginn heißt es z.B. auf Seite 3: "Vielleicht ist's nicht gerade üblich, immer eine gewisse Tante zu rufen ... aber ihr müsst zugeben... es bringt was". Also, das ist doch völliger Quatsch. Erste Regel für Übersetzungen: den übersetzten Satz noch einmal durchlesen und überlegen, ob er inhaltlich Sinn ergibt. Diese Regel kann man auch befolgen, wenn man den Originaltext nicht richtig versteht, dann erfindet man eben etwas Passendes. Hier steht im Original: "perhaps it isn't the most orthodox way to go calling on one's aunt - but you've got to admit - it's effective". "Call" heißt hier natürlich nicht "rufen", auch wenn das im Lexikon steht. Anderes Beispiel: auf Seite 15 sagt Hulk "Geräusche (...) die Hulk noch nie gehört hat". Im Original: "sounds Hulk has heard before". Wahrscheinlich mussten die Übersetzungen mit immer mehr Zeitdruck und immer weniger Honorar erfolgen.

Auf der Leserbriefseite fällt mir Klaus Bogdon auf; von ihm habe ich später ein paar Ausgaben des Comic-Welt-Lexikons erstanden.

Die Papierfrage war für mich auch klar: das glänzende Papier mochte ich nicht, schließlich war das alte Papier für mich ein Markenzeichen von Marvel. Weiß man eigentlich, warum Williams kurz vor Schluss umgestiegen ist? Hatte man damit versucht, doch noch ein paar mehr Hefte zu verkaufen?

Was anderes: hätte ich damals das Heft aufmerksamer gelesen, hätte ich gewusst, dass man in Quebec Französisch spricht. Als ich das erste Mal in Montreal war, hat mich das ziemlich überrascht (in meinem Landei-Denken war Kanada = Amerika = amerikanisch). Ein paar Kilometer außerhalb von Montreal konnte ich im McDonalds keinen Burger auf Englisch bestellen, das hätte ich nicht erwartet.

Und noch was ganz anderes: im Heft ist ja der internationale Flughafen von Montreal erwähnt (der heute nach Pierre Trudeau benannt ist). Ein paar Jahre nach Erscheinen des Heftes hatte man in Montreal entschieden, einen ganz neuen, größeren Flughafen zu bauen, der viel weiter weg von der Innenstadt war. Nach wenigen Jahren wurde aber klar, dass dieser neue Flughafen eine Fehlinvestition war; heute wird fast der gesamte Flugverkehr wieder über den "alten" Flughafen abgewickelt. Zum Glück könnte so etwas mit einem deutschen Flughafen nicht passieren...
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