Mordkommission Istanbul (Folge 20) "Tödliche Gier" (Deutschland 2018, Regina Ziegler-Filmproduktion für ARD Das Erste), Drehbuch: Horst Freund, Regie: Marc Brummundl, 88 min
Aus Sicherheitsgründen verlegte die Produktionsfirma wegen mehrerer Terroranschläge in der Türkei die Serie nach Folge 18 von den Originalschauplätzen nach Thailand. Was wie eine banale Entscheidung klingt, hat Konsequenzen, die die gesamte Atmosphäre der Serie verändert haben. Während das Publikum in den früheren Folgen eine Türkei wiedererkennen konnten, die sie zum Beispiel aus ihrem Urlaub oder aus Vorträgen kennen, muß die Türkei in Südostasien erst bewußt inszeniert werden. Ab Folge 19 zeigt die Serie deshalb Istanbul als hochmoderne Megalopolis, die als Weltstadt zu den Schrittmachern der Zukunft gehört.
Naheliegenderweise kreist die neueste Episode um einen skrupellosen Baumagnaten, der seine Hände im wörtlichen Sinne über der Stadt hat und als Wirtschaftstycoon von mächtigen Freunden in der Verwaltung geschützt wird, obwohl Kommissar Mehmet Özakın noch eine Rechnung mit ihm offen hat.
Dursun Kara stammt aus kleinsten Verhältnissen und ist stolz, es ohne Abitur oder Universitätsabschluß ganz an die Spitze der Baubranche gebracht zu haben. Leute mit geringem Einkommen reißen sich um seine kleinen Wohnungen in riesigen Siedlungen, weil sie den Ruf haben, Erdbeben schadlos zu überstehen. Er führt sein Unternehmen Durka mit harter Hand, so daß ihn sogar seine beiden wichtigsten Manager, Mahmoud Erbil und Tufan Ünsal, fürchten.
Zu Recht: Als Kara am Beginn seiner Karriere stand, erschlug er einen Geldeintreiber. Damals ermittelte Kommissar Özakın, der ihn wegen Mordes hinter Gittern gesehen hätte, aber der Richter verhandelte den Fall als Notwehr, so daß Kara freigelassen werden mußte.
Weil Karas Geschäftsführer Mahmoud Erbil ohne dessen Wissen mit Firmengeldern spekulierte, gerät er ins Visier seines Bosses, der Rechenschaft von ihm verlangt. Mit einer weiteren Spekulation in der Nacht will Erbil seine Unterschlagung wettmachen, doch sein Plan scheitert - und er besäuft sich in seinem Büro. Mitten in der Nacht wankt er zu seinem Auto auf dem Parkplatz, in dem er zusammenbricht. Fast im selben Moment läßt ein Molotow-Cocktail sein Fahrzeug in Flammen aufgehen.
Zu den Verdächtigen zählt sein Sohn Bursan, der mit einigen Freunden vor einer geraumen Weile ein verlassenes Baugelände besetzt hat, das im Besitz der Durka ist, und dort in einer Künstlerkommune lebt. Sein Vater Mahmoud hatte ihm versprochen, dort werde nicht gebaut. Aber Dursan Kara kann den Hals nicht voll genug bekommen, hat seine Pläne kurzfristig geändert und wird das besetzte Gelände bald mit Polizeigewalt räumen lassen.
Bursan Erbills Atelier zeigt, daß er anatomisches Zeichnen beherrscht. Zu den Modellen des attraktiven Mannes gehört auch seine junge Stiefmutter Hamida Erbil, die ihm einige Aktzeichnungen gestattet hat.
Vor dem Tatort wird ein riesiges Piece mit dem Motiv der drei Affen gefunden, das mit Neo signiert ist. Bursans Vater weiß, daß es sich um seinen Sohn handelt und ist enttäuscht, weil der begabte Künstler nicht mit klassischer Kunst auf dem Markt reüssiert. Als Özakın bei der Räumung der besetzten Fabrik eine Skizze des Pieces in Bursans Atelier entdeckt, kennt auch er Neos Geheimnis.
Als Rädelsführer der Künstlerkommune fungiert Bursans Kollege Timur Alkan, der sich nicht nur mit Worten verteidigen will. Laut Polizeiakten war Alkan einige Zeit in Paris, wo er radikalisiert wurde. Wegen seiner Proteste gegen Gentrifizierung und Globalisierung ist er vorbestraft.
Der Molotow-Cocktail vom Tatort und die in der besetzten Fabrik weisen dieselbe Mischung auf. Alkan wird im Kommissariat verhört.