Možnosti dialogu |
Dimensions of Dialogue |
Tücken des Gesprächs (Tschechoslowakei 1982, Krátký Film Praha im Filmstudio Barrandov), Idee, Drehbuch und Regie: Jan Švankmajer, 12 min
Wer mit den tschechoslowakischen Kinderserien und Spielilmen aufgewachsen ist, kennt wahrscheinlich etwas aus dem Werk des Prager Surrealisten Jan Švankmajer. Denn Švankmajer trug in Serien wie
Návštěvníci |
Die Besucher und Filmen wie
Upír z Feratu |
Der Autovampir die Verantwortung für die Effekte.
Er studierte Angewandte Künste und Puppenspiel an der Akademie der musischen Künste in Prag und wurde stark von Edgar Allan Poe, Lewis Carroll, Sigmund Freud und dem Marquis de Sade beeinflußt.
Seit 1964 entstanden bis 1992 vorwiegend Kurzfilme für Erwachsene, die zwar weltweit auf Festivals ausgezeichnet werden, von der heimischen Kulturbürokratie jedoch mißtrauisch beäugt werden. Erst im Vorfeld der Samtenen Revolution entstehen lange Spielfilme, in denen er Stopmotion und Claymation ausgiebig benutzt. In seiner Stopmotion greift er mit Vorliebe auf Dinge des Alltags und Objekte aus der Natur wie Obst oder Baumstümpfe zurück, die als solche im Film erkennbar bleiben.
Zu seinen Fans und Bewunderern zählen unter anderem Terry Gilliam, die Quay Brothers, Tim Burton und Mamoru Oshii. Für Terry Gilliam gehört
Možnosti dialogu zu den besten Animationsfilmen überhaupt.
Zu seinen unbestrittenen Meisterwerken gehört der dreiteilige Animationsfilm
Tücken des Gesprächs, der sich bissig satirisch damit beschäftigt, wie wir Menschen eigentlich ticken.
Im ersten Akt, dem "Ewigen Dialog" treffen drei Köpfe aufeinander, die sich in Duellen jeweils gegenseitig auffressen und verdaut wieder ausspeien. Die drei ursprünglichen Köpfe sind dabei an klassische Gemälde von Giuseppe Arcimboldo (1526/1527 - 1593) angelehnt, die unter anderem am Hofe des kunstsinnigen Habsburger Kaisers Rudolf II. in Prag entstanden: Der erste Kopf besteht aus Pflanzen, Obst und Gemüse und spielt auf das Kaiserporträt "Vertumnus" (ca. 1590/1591); der zweite besteht aus metallischen Gegenständen und Werkzeugen, angelehnt an "Der Kellner | The Waiter" (1574); und der dritte besteht aus Papier, Büchern und Formularen, angelehnt "Der Bibliothekar | The Librarian" (1566). Bei jedem Verdauungsvorgang werden die Bruchstücke kleiner, wobei die Stopmotion fließend in Claymation übergeht. Schließlich ergibt sich ein Lehmkopf, der einen Lehmkopf ausspeit, der einen Lehmkopf ausspeit ...
Der zweite Akt, der "Leidenschaftliche Dialog" zeigt eine nackte Lehmfrau und einen nackten Lehmmann, die an einem Tisch gegenüber sitzen. Sie begehren einander. Aus schüchternen Berührungen wächst eine Leidenschaft, in der beide miteinander verfließen. Nachdem sie sich wieder voneinander gelöst haben, sehen sie, daß da etwas Drittes entanden ist. Der ungestalte Brocken sucht verzweifelt Kontakt, mal bei der Frau, mal beim Mann, wird jedoch jedesmal verächtlich weggestoßen. Dadurch wächst die Gewalt und rasch zerfleischen sich die beiden gegenseitig.
Der dritte Akt, der "Erschöpfende Dialog" zeigt zwei männliche Lehmkopfe. Ihr Dialog läuft in drei Phasen ab, wobei Gegenstände aus ihrem Mund kommen. In der ersten Phase ergänzen sich die Gegenstände wie Zahnbürste und Zahnpasta. Danach wird das Tempo angezogen, und weitere Kombinationen mit grotesken Resultaten ergeben sich, zum Beispiel Zahnpasta und eine Scheibe Brot. In der dritten Phase treffen identische Gegenstände aufeinander, zum Beispiel zwei Zahnbürsten. Zum Schluß verstummt der Dialog, während die beiden Lehmköpfe durch deutliche Risse entstellt sind.