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Alt 19.05.2013, 19:06   #1179  
Peter_Wiechmann
am 11.01.2020 verstorben
 
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Gute Frage, liebe LUPO!

Also eigentlich - so im wahren Comic-Leben - ist der Chefzeichner eben im Wortsinn auch der Chef der Zeichner!

Doch im FF-Schloss war eben alles etwas anders ...

Walter Neugbauer sollte diese Funktion full-time ausfüllen und die freelancer in Italien, Deutschland, Spanien, Jugoslawien auf einen verbindlichen Kauka-Style trimmen.

Der gute Vorsatz war da und Walter wäre vom Können her der richtige Mann gewesen, Optik und richtungweisende Gestaltung vorzugeben.

Ob er sich auf Dauer und konequent hätte durchsetzen können, wage ich - wegen seiner Gutherzigkeit - nachträglich zu bezweifeln.

Er kam aber wegen des Broterwerbs ganz nicht nicht dazu, Chef der Zeichner zu sein!

Rolf Kauka gab ihm zwar den Titel und war im Moment der Titel-Vergabe auch bestimmt von der Richtig- & Wichtigkeit dieser Position in seinem Verlag überzeugt ... wollte dann aber nicht für einen konsequenten Einsatz zahlen.

Soviel Zeit braucht man dann doch wirklich nicht für Korrektur und Style-Vorgaben ...!


Walter Neugebauer musste also weiterhin viele Seiten zeichnen, um ein Monatsminimum zu erwirtschaften.

Kosta und ich saßen später kurz vor jedem Zahltag vor Bergen von Geschichten, die aus aller Herren Länder zur Abrechnung eintrudelten.

Wir schlossen die Türe zu und vergruben uns in die Arbeit:

1. Alles nach der richtigen Optik durchsehen. Vier Augen sehen mehr, als zwei ... Die guten Geschichten nach links - die mittleren nach rechts und die
abgelehnten in die Ecke.

2. Jetzt im Schnellverfahren (!) den Inhalt und den Handlungsgsablauf der akzeptablen Produktionen durchgehen. Korrekturen anbringen, die im Haus (=Atelier) durchgeführt werden konnten.

3. Begründungen für die abgelehnten Geschichten formulieren ... an die Dolmetscherinnen weiterergeben.

Ein Verfahren, das man "Der Not gehorchend, nicht der inneren Überzeugung" überschreiben musste.

Es herrschte stets akuter Geschichten-Mangel und wir hatten wenig Spielraum für größere 'Eingriffe' ... wollten aber den Zeichnern nicht den
Schneid nehmen.

Aber manchmal konnten wir uns wenigstens zwei Tage Zeit nehmen und dann war das Ergebnis auch für uns etwas befriedigender.
Doch nach jedem dieser Bewertung-Marathons waren wir erst einmal für nichts mehr zu gebrauchen ...
(Fix und Foxi in der rechten und der linken Pupille)

Fazit: Es gab bei Kauka (bis 1975) nie einen Chef-Zeichner, der einzig und allein - also jobausfüllend - diese so wichtige Position steuernd, korrigierend und style-verbessernd ausfüllte.

Halt .... doch: Gründerjahre-Zeichner Dorul van der Heide war in den 50ern sein eigener Chef und hatte lediglich seinen Assitenten Werner Hirl anzuhalten, Gutes - im Sinne des Meisters - zu Papier zu bringen!

Konnte ich auskunftgebend klären?


Peter
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