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Alt 14.02.2013, 19:17   #2228  
michidiers
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Avengers Paperback 3



Nackte Angst

Bendis/J. Romita jr./Hitch/Bachalo u.A.

Das inflationäre Auftauchen von neunen Rächerteams und von denselben Figuren in immer wieder neuen Inkarnationen oder neue Figuren in alten Inkarnationen und so weiter und so fort … hat mich zu einem Schnitt zwingen müssen: Alles, wo „Rächer“ oder „Avengers“ draufsteht, fliegt raus aus meinem Einkaufszettel und geht in den Verkauf.

Zurück zu den Wurzeln und konzentriere dich nur noch auf die Avenger Paperbacks, dachte ich mir beim Kauf. Schließlich präsentieren die Paperbacks nur die Rächer-Hauptserie und es wird mir daher nur noch dort das gute alte Rächerfeeling geboten. So hatte ich es mir eigentlich gedacht, aber weit gefehlt: Spidey, Wolverine und ein fetter roter Hulk verfolgen mich sogar bis hierher ins Herz der Avengers. Aber egal, originaler geht es wohl nicht mehr heutzutage, als hier.

Geboten wird dafür in diesem Paperback, es enthält US-Avengers #12.1 bis #17, eine von Autor Brian M. Bendis ungewöhnlich ausgearbeitete Hauptstory. Er zeigt nochmals, dass er noch immer voller Ideen steckt. Er greift ganz tief in die Trickkiste und überrascht mit einer Art Comicadaption eines halbdokumentarischen Reality-TVs. Die verschiedenen Teammitglieder erzählen dabei vor einem aufgebauten Camcorder dem Leser die Geschichte und ihre Erlebnisse während des Events „Fear Itself“. Dabei wird der Leser schnell zum Voyeur, da Bendis in den Schilderungen neben den Kampfszenen die Mitglieder sich viele ihrer Ängste und Sorgen von der Seele reden lässt.

Die grafische Unterstützung von John Romita Jr. und Chris Bachalo steht fast schon frei von jeglicher Kritik und vereinigt sich mit den immer wieder tollen Wortblasenspielereien von Bendis zu hervorragenden Bild- und Dialogabfolgen. Gerade Romitas fast schon selbsterzählenden Zeichnungen besorgen die nötige Ernsthaftigkeit und Bachalos Cartoonstil verleihen dem Ganzen dann als Kontrast noch eine gehörige Portion Parodie, welches als Gesamtbild einen erstaunlichen Unterhaltungswert besitzt. Doch Vorsicht ist geboten: Diese Art des Erzählens nutzte sich am Ende doch etwas ab und Bendis sei geraten, diese interessante Form der Erzählung nicht auch auf die folgenden Ausgaben auszuwalzen. Ferner sein gesagt, dass es auf jeden Fall von Vorteil ist, die Geschehnisse aus dem Event Fear Itself einigermaßen zu kennen.

Fazit: Es hat mit der Zerstreuung eines etwas Superheldenmüden Lesers wie ich durchaus geklappt. Innerlich losgelöst vom riesigen Ballast eines inzwischen vollkommen verwurstelten Maveluniversums lässt sich diese Story wirklich gut lesen. Wenn ich auch weiterhin so angenehm überrascht werde von einem Autor, den Kritiker ja gerne als omipotenten Dinosaurier beschreiben, dann werde ich diesen letzen Strohalm in einer in einer viel zu aufgeplusterten Avengerswelt gerne wieder ergreifen. Auf jeden Fall sollte man sich aber solche dummen Fragen wie „Warum ist der Hulk jetzt plötzlich rot?“ oder „Ist Wolverine nicht auch bei den ganzen X-Men-Teams?“ sparen, dann klappt es auch mit der Unterhaltung.
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