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Alt 18.07.2012, 15:37   #2085  
michidiers
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Ah, das war eine ganz feiner Kauf, nur 10 Euro bei Zweitausendundeins:

Das verbotene Glück



Griffo/van Hamme

Ursprünglich hatte der Autor die Story als eine mehrteilige Fernsehsendung geplant, welche allerdings aus verschiedenen Gründen nie realisiert worden ist. Da ihm der Stoff zu gut erschien, um vergessen zu werden, machte Griffo kurzerhand eine Comicstory draus. Ein Glück, wie ich meine, denn diese 176-seitige Gesamtausgabe von dem Verlag „Alles Gute“ ist wohl einer der besten Comics, die ich jemals gelesen hatte.

Sie behandelt in sechs Geschichten die Schicksale von sechs Individuen in einer Welt, in der durch den Staat nahezu alles kontrolliert wird:
1. eine allgegenwärtige Krankenversicherung, in der eine Gesundheitspolizei darauf achtet, dass man alle Vorschriften zur Vermeidung von Krankheiten einhält,
2. Jeder Bürger erhält eine Chipkarte, auf der einfach alles gespeichert ist: vom Bankkonto über die Versicherungen und Meldedaten bis hin zum Freischwimmerzeugnis, einfach alles. Was passiert dann mit einer Person, deren Daten auf der Karte alle für immer gelöscht worden sind?
3. Der Staat hat das Monopol für Kunst und Kunstförderung. Was passiert mit einem Künstler, der sich dem Monopol nicht anschließt?
4. Was ist, wenn du in einem „Institut für allgemeine Analysen“ arbeitest und niemand in der riesigen Firma dir sagen kann, was dieses Institut überhaupt macht…
5. Was geschieht mit Kindern, die trotz staatlicher Geburtenkontrolle geboren werden?
6. Was geschieht, wenn der Staat die Urlaubsplanung seiner Bürger übernimmt und du im kühlen April zwangsweise einen Urlaub in einem staatlichen Urlaubscamp (incl. Animation) an der windigen Küste in Nordfrankreich anzutreten hast.

Die siebte Geschichte lässt die sechs obigen Einzelschicksale zu einer fulminant endenden Abschlussgeschichte mit einem smarten und ebenso gemeinen Un-Happy End zusammenlaufen.

Franz Kafkas Schloss und Der Prozess, O. Welles 1984 und Terry Gilliams Brazil standen mit ihren dystopische Weltbeschreibungen sicherlich Pate für diese aberwitzige, satirische und bedrückende Story, bei der einem wahrlich das Lachen im Halse stecken blieb vor Beängstigung und vor der Erkenntnis, dass viele Dinge in dieser vor über 30 Jahren (!) geschriebenen Story heute in der Welt von Toolbars, google, Facebook durchaus real geworden sind.

Ganz große franco-belgische Comickultur!
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