Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 17.09.2009, 18:36   #16  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.594
Die Bibel im Bild # 12 bis 15. Deutsche Bibelstiftung Stuttgart / von Cansteinsche Bibelanstalt (1978)

In der Zeitung hatte ich von einem Jesus-Comic gelesen, in dem er als Lausbub gezeigt wird („Sie nennen ihn auch crazy boy.“). Der biblische Stoff als Comic - das allein fand ich schon spannend, und dann so respektlos umgesetzt. Auf der abgebildeten Seite bietet ein Bauchladenverkäufer „Roma Cola eisgekühlt“ an, und ein anderer „Neue Comics! Asterix bei den Philistern! Nessi im Toten Meer! King Kong auf dem Ölberg!“ Den Comic habe ich mir zu Weihnachten gewünscht. Wie so häufig lag unterm Weihnachtsbaum nicht das, was ich mir gewünscht hatte. „Die Bibel im Bild“ war vermutlich „Jeschis“ Vorgänger - das Alte Testament in elf Bänden mit je etwa 60 Seiten plus zwei Bände für die vier Evangelien sowie zwei für Apostelgeschichte und Ausschnitte aus einigen Apostelbriefen. Ich hatte nun die letzten vier Bände. Naja, das war besser als nichts. Und sie haben mich wirklich gepackt. Wenn man gewohnt ist, in der Kirche nur isolierte Textausschnitte zu hören, deren Sinn deshalb oft dunkel bleibt, dann ist es allein schon ein Erlebnis, einmal die ganze Geschichte von Jesus Christus und der Urgemeinde im Zusammenhang mitzubekommen. Und wenn man ein im wesentlichen von Barockmalern vermitteltes Bild vom biblischen Geschehen hat, ist es auch eine ganz neue Erfahrung, die Geschichte in ihrer antiken Kulisse zu sehen. Der namenlose Zeichner ergeht sich zwar nicht gerade in Details, gibt sich aber schon Mühe, Häuser, Landschaften, Gewänder, Arbeiten und Bräuche so wiederzugeben, wie sie mutmaßlich zur Zeit Jesu ausgesehen haben, und das teilt sich dem Leser auch unmittelbar mit. „Die Bibel im Bild“ hat einen tiefen Eindruck auf mich gemacht. Die eigentliche Botschaft hat mich aber nicht erreicht. Erst mehr als zehn Jahre später habe ich begonnen, mich intensiver mit der Bibel auseinanderzusetzen und zu verstehen, was sie auch einem Menschen von heute zu sagen hat: daß jeder eine persönliche Beziehung zu Gott haben kann. Das konnte der Bibelcomic nicht leisten, denn nachdem ich ihn jetzt wiedergelesen habe, muß ich sagen, daß er den biblischen Text stark vereinfacht, wenn auch nicht verfälscht. Zum Beispiel die Begegnung Jesu mit dem Schriftgelehrten Nikodemus, eine wichtige Stelle (Johannesevangelium, Kapitel 3), die den lebendigen Glauben erläutert. Jesus sagt: „Du mußt von neuem geboren werden, um in das Reich Gottes zu kommen.“ Nikodemus ratlos: „Wie soll das zugehen? Meine Mutter kann mich doch nicht noch einmal zur Welt bringen.“ Jesus erklärt ihm, was er damit meint. Im Original ist das ein langer Dialog, der mit Jesu Worten endet: „Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde. Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet.“ Im Comic wird das Gespräch mit Nikodemus in drei Panels abgehandelt - das kann die Lektüre der Bibel nicht ersetzen.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten