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Servalan 07.11.2016 17:30

Zeitschriften aus der DDR
 
Die Klassenfahrt der Oberstufe führt in der Woche, in der der Unfall in Tschernobyl passierte, wohl auch aus finanziellen Gründen damals nach West-Berlin und in die DDR.
Wenn es nach der Klasse gegangen wäre, dann wären wir nach Paris, London oder Rom gefahren. Aber einerseits gehörte unser Klassenlehrer zu den Vertriebenen und wollte den Fleckchen Erde sehen, wo er aufgewachsen war; Andererseits wurde die Fahrt subventioniert, sofern wir brav unsere Pflichttermine bei bestimmten Stationen absaßen.
Einige Stationen lohnten sich wirklich, zum Beispiel das Studio von AFN, und solange wir im Westen waren, gab es keine Probleme.

Nachdem wir den Grenzübergang am Bahnhof Friedrichstraße passiert hatten, galt der Zwangsumtausch und damit hatte ich täglich 25 M, die ausgegeben werden wollten.
Ganz oben auf meiner Liste stand natürlich Mosaik - also habe ich an jedem Kiosk und in jeder Buchhandlung nachgefragt. Pustekuchen! Als Wessi auf Stippvisite war das utopisch.

Meine Souvenirs, die ich mir gegönnt habe, waren nichtsdestotrotz Bücher und Zeitschriften, vor allem Pendants zu populärwissenschaftlichen Magazinen wie P.M.
Auf diese Weise ist folgendes Heft in meine Sammlung gelangt:

Wolfgang Schlicker: illustrierte historische hefte 26. Albert Einstein: Physiker und Humanist, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften 1981

Kennt sich jemand mit der Reihe aus?
Wird die heute noch gesammelt?
Oder wird heute die Nase über das Altpapier gerümpft?

Burma 07.11.2016 18:34

Ich habe noch drei Exemplare irgendwo in den Regalen; eines davon handelt vom Bauernkrieg. Mehr konnte ich für das "Eintrittsgeld" damals nicht ergattern.

Burma 07.11.2016 20:42

Die Hefte gibt es noch reichlich, antiquarisch alle Mal: https://www.zvab.com/buch-suchen/tit...institut-fuer/

Servalan 08.11.2016 18:57

Zitat:

Zitat von Burma (Beitrag 533731)
IMehr konnte ich für das "Eintrittsgeld" damals nicht ergattern.

Das wäre alles kein Problem gewesen, wenn es vernünftig Freizeit gegeben hätte. Aber das Programm war im wahrsten Sinne des Wortes erschöpfend, und ohne vernünftige Stadtpläne geht etliche Zeit bloß für notwendige Orientierung drauf.
Bis ich dann da war, wo ich hinwollte, war die Zeit fast regelmäßig abgelaufen. Und in bestenfalls zehn popeligen Minuten konnte ich bloß einen flüchtigen Eindruck erhaschen, was es im Angebot gab. Folglich habe ich fast blind zugegriffen.

Burma 08.11.2016 21:14

Das war bei mir anders. Da ich die Passierscheinregelung intensiv nutzte, hatte ich eher das Problem, was ich mit dem vielen DDR-Geld anfangen sollte. Soviel Essen und Trinken ging gar nicht in der kurzen Zeit zwischen Feierabend und Mitternacht. Die Buchläden waren immer wieder die Abnehmer für den Zwangsumtausch. Auf diese Weise kam ich zu den drei "Illustrierten".
"Rastatt", "Bauernkrieg" und "Weberaufstand".

Allerdings habe ich lange keinen mehr getroffen, der sich zu dieser Lektüre bekannte.

Servalan 09.11.2016 09:02

Menschen haben zwei Augen, weil sie damit räumlich sehen können.
In der Schule habe ich außerdem den klugen Spruch gelernt: "Audiatur et altera pars" - Höre dir auch die andere Seite an. So im direkten Vergleich konnte ich mir meine eigene Meinung bilden.

Von Albert Einstein hatte ich den Briefwechsel mit Dr. Albert Schweitzer, dem Arzt von Lambarene - ein Bändchen aus dem Diogenes Verlag.

Wenn ich es damals schon gekannt hätte, wäre wohl auch die Krimi-Heftreihe Blaulicht interessant gewesen. Aber unsere Familie hatte so gar keinen Bezug zur DDR - eher wäre ich im Familienurlaub nach Paris oder London gekommen. Hinter dem Eisernen Vorhang bei Lübeck begann ein weißer Fleck.

Mosaik kannte ich durch mein Regal mit Comic-Sekundärliteratur.

eck@rt 09.11.2016 09:21

Ich habe mein Umtauschgeld damals für eine Hokusai-Bildermappe ausgegeben - und für das Kommunistische Manifest, das ich immer noch habe. Steht heute neben der Mao-Bibel, die ich mir ebenfalls in Schulzeiten zugelegt habe. Als angehender Abiturient muss man sich ja auf das Leben vorbereiten.

eck:Drt

Servalan 09.11.2016 12:10

Das Kommunistische Manifest von Reclam Leipzig befindet sich auch in meiner Sammlung.
Als Glücksgriff empfinde ich einen Band, der DDR-Feeling pur vermittelt:

Ulrich Berger / Wolfgang Wünsche: Jugendlexikon Militärwesen, Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik 1984

Das gewährt schon einen tiefen Einblick in das, was als staatstragend und volksbildend empfunden wurde. Für die meisten fällt der Band wohl unter Propaganda. Aber das geballte Hintergrundwissen, zum Beispiel über die Ränge der Ostblock-Armeen, macht es heute zu einem Nachschlagewerk.
Mit diesem Hilfsmittel könnte ich eine Kurzgeschichte selbst überarbeiten und lektorieren, um die gröbsten Schnitzer selbst zu vermeiden.

Burma 09.11.2016 17:26

Zitat:

Zitat von eck@rt (Beitrag 533846)
...Mao-Bibel, die ich mir ebenfalls in Schulzeiten zugelegt habe...

Na, da schau ich aber, genau wie bei mir. Ich habe sie sogar zweimal: einmal für mich lesbar (in deutsch), die zweite mit Original-Schriftzeichen. Lustig ist der heute billig wirkende rote Plastikeinband.

Ein völlig zerlesenes, weil heftig gebrauchtes Exemplar eines Fremdwörterlexikons habe ich aus der DDR mitgebracht. Da kann man schön sehen, wie die Sprache in beiden deutschen Staaten auseinanderdriftete, und das nicht nur bei ideologisch besetzten Begriffen.

eck@rt 09.11.2016 17:36

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 533853)
Das Kommunistische Manifest von Reclam Leipzig befindet sich auch in meiner Sammlung

Muss natürlich die rote Ausgabe vom Dietz Verlag Berlin sein.

eck:Drt

Burma 09.11.2016 17:46

Da das Thema "Zeitschriften aus der DDR" heißt, will ich mal listen, welche ich viele Jahre lang beruflich in den Fingern hatte:

Aufbau, FF Dabei, Filmspiegel, Film und Fernsehen, Theater der Zeit, Bildende Kunst, Magazin, Für Dich, Eulenspiegel, Weltbühne, neues leben, Armeerundschau, Melodie und Rhythmus, ndl, Sinn und Form, Temperamente

- daneben noch etwa 10 Zeitungen täglich - das war von Anfang bis Ende der 70er Jahre mein Pflichtprogramm.

Pierre Courtem 10.07.2023 12:51

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 533845)

Von Albert Einstein hatte ich den Briefwechsel mit Dr. Albert Schweitzer, dem Arzt von Lambarene - ein Bändchen aus dem Diogenes Verlag.

Kannst du dich an den Titel erinnern, verrätst du ihn mir?

Servalan 10.07.2023 13:23

Da habe ich mich geirrt. Der Briefwechsel bestand nicht zwischen Albert Einstein und Albert Schweitzer, sondern zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud.
Der Titel lautet: Warum Krieg? (Diogenes Verlag 1972), 63 Seiten

Pierre Courtem 10.07.2023 14:58

Schade. Einstein/Freud kenne und habe ich. Schweitzer wäre wirklich interessant gewesen.

Danke für die Antwort.

Peter L. Opmann 10.07.2023 17:44

Kleine Kontakte zwischen Einstein und Schweitzer hat es gegeben:

Zitat:

Wenn man von den biographischen Tatsachen ausgeht, erscheinen
die Kontakte zwischen beiden eher spärlich: Zwischen 1948 und 1955
wechselten Schweitzer und Einstein fünf freundschaftliche Briefe.
Außerdem gab es eine Kurzwürdigung zu Schweitzers 75. Geburtstag
aus der Feder Einsteins und einen Geburtstagsgruß zu Schweitzers 80.
Ein Besuch Schweitzers in Princeton schlug fehl. In den Jahren 1929
und 1932 kam es zu kurzen Treffen in Berlin und Oxford. Ob sie da
gemeinsam musizierten?
Quelle: Günter Altner: Albert Einstein und Albert Schweitzer. Vorkämpfer für eine nachhaltige Weltkultur. Vortrag an der Uni Magdeburg 2005

Servalan 10.07.2023 18:25

So auf die Schnelle konnte ich nur diese drei Zitate aus dem Briefwechsel auftreiben:
Zitat:

Schweitzer an Einstein (1951):
„Lieber Freund. Lassen Sie mich Sie so nennen, denn es entspricht den Gedanken, die ich für Sie hege, und dem, was wir an Hoffen und Sorgen für die Zukunft der Menschheit miteinander gemeinsam haben.“

Einstein an Schweitzer (1954):
„Lieber und verehrter Albert Schweitzer!… Man sieht, dass Ihr stilles Vorbild eine tiefgehende Wirkung auslöst. Darüber dürfen wir uns alle freuen.“

Einstein über Schweitzer (1953):
"Er ist nach meiner Meinung der einzige Mensch in der westlichen Welt, der eine mit Gandhi
vergleichbare übernationale moralische Wirkung auf diese Generation gehabt hat. Wie bei Gandhi beruht die Stärke dieser Wirkung überwiegend in dem Beispiel, das er durch sein praktisches Lebenswerk gegeben hat."
Quelle: Dr.Peter Heigl: Einstein, Schweitzer - und der liebe Gott.
- Weltbild, Religion und Ethik bei A.Einstein und A.Schweitzer -, online bei: freies-christentum

Mehr Informationen dürfte das Deutsche Albert-Schweitzer-Zentrum (DASZ) in Frankfurt am Main haben.

Pierre Courtem 10.07.2023 19:31

Ich fand in einem Bibliothekskatalog noch:
Albert Einstein, Albert Schweitzer : Freunde in ihrem Suchen nach Wahrheit, Menschlichkeit und Frieden; ihr Briefwechsel, 1998 hrsg. vom Hilfsverein für das Albert-Schweitzer-Spital in Lambarene.


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