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Detlef Lorenz 08.11.2011 14:58

Western - Welten
 
Vor einigen Monaten erzählte ich im CGN in einigen Foto-Reisereportagen etwas über den Wilden Westen. Über seine Mythen, Legenden und wie sich manches dagegen tatsächlich zugetragen hat. Die Legende der US-Kavallerie Forts, über die angeblichen Hoch-Zu-Pferd-Attacken und Immer-Offen-Auf-Den-Feind-Angriffe der Prärieindianer gegen Siedler, Ortschaften und halt den Palisadenforts. Als Reverenz- und Vergleichsmaterial wählte ich neben meinen Fotos Zeichnungen aus den Blueberry-Geschichten aus.

Schon längere Zeit hatte ich mir allerdings die Geschichten von Charlier und Giraud nicht mehr durchgelesen. Bei meinen Recherchen nun gefielen mir die spannungsgeladenen und überaus realistisch geschilderten und vor allem gezeichneten Storys nur vom Durchschauen und ich beschloss, mir den Blueberry demnächst genauer durch zu lesen.

Also fing ich vor einiger Zeit mit der „Jugend“ an und landete rasch beim Zweiteiler „Die Teufel von Missouri“ und „Aufruhr in Kansas“. Aber schon auf den ersten Seiten fiel ein Name, der mich sofort stocken lies: Quantrill! Sofort ging mein Griff zu einem anderen Western-Comic, der ebenfalls den amerikanischen Bürgerkrieg (1861-65) zum Thema hat. Richtig, Band 18 der Reihe „Die Blauen Boys“ beinhaltete das Selbe Thema. „Quantrills Bande“ stand hier sogar als Titel auf dem Album. Quantrill war der Anführer eine Bande gesetzloser Südstaatler, die Plündernd und Brandschatzend vor allem im Unionsstaat Kansas ihr Unwesen trieb. Dabei gaben sie vor, den Süden zu unterstützen und operierten hauptsächlich von Missouri aus, das ein CSA-Territorium war (Confederated States on America).




Neugierig geworden las ich mir die Alben der jeweiligen Reihe durch und verglich Inhalt und Gehalt. Natürlich ist es problematisch, einen Semifunny mit einer realistisch gezeichneten Story direkt zu vergleichen. Nun stellen „Die Blauen Boys“ eine besondere Art von Comic dar: bis auf Bud und Chester, die Knollennasen vorweisen können, sind die anderen Akteure weitgehendstes realistisch gezeichnet. Ebenso die Handlungen, teilweise direkt gezeigte Schlachtfelder, übersät von Gefallenen, stehen Slapstick artige Szenen von Bud und Chester gegenüber, die beide in einer Hassliebe miteinander verbunden sind.




Die Bande zur Strecke zu bringen war das Ziel der Akteure in den beiden so unterschiedlichen Reihen. Dabei schlagen im ersten Blueberry-Album und dem Blauen-Boys-Album die Hauptcharaktere den gleichen Weg ein: Blueberry und Chesterfield ziehen beide ihre Uniform aus und versuchen als Zivilisten Quantrills Versteck ausfindig zu machen. Nach allerhand Verwicklungen gelingt es ihnen sogar, allerdings schaffen sie es nicht, weder den Anführer, noch die Outlaws selbst unschädlich zu machen. Bei Blueberry wird zwar der Eindruck erweckt, aber da es einen zweiten Teil gibt, „Aufruhr in Kansas“, geht hier das Abenteuer weiter – und auch da ist am Ende Quantrill nicht unschädlich gemacht.




Neben einigen weiteren Gemeinsamkeiten, so wird die Bande Quantrills auf je zirka vierhundert Anhänger geschildert, Unterführer sind jeweils die Brüder Frank und Jesse James, gibt es eine Reihe von Unterschieden. So nimmt die Geschichte bei den Blauen Boys im Städtchen Lawrence in Kansas ihren Lauf, während sie dort bei Blueberry endet. Den sadistischen Nordstaaten-Senator Jim Lane begegnen wir nur bei Blueberry und der macht unserem Mike S. das Leben ganz schön zur Hölle.
Der Hauptunterschied liegt aber in der Gestaltung der Zeichnungen, bzw. die Umsetzung der jeweiligen Storys. „Die Blauen Boys“ sind zwar sehr realistisch – für einen Funny – aber Blueberry ist streckenweise erschütternd brutal; eben wirklich realistisch, wie es der ungeschminkte, nicht verherrlichte Krieg halt ist. Bisher war ich von den Bürgerkriegsabenteuern Bud und Chesters inhaltlich sehr angetan, deren Wild West Geschichten finde ich eher banal, aber nun bin ich in Zweifel geraten, ob ich die Alben noch weiter lesen oder sogar behalten soll. Kann man ein derart widerliches Abschlachten von Menschen, das nur der Durchsetzung von wirtschaftlichen und politischen Interessen gilt, in einen Funny glaubwürdig darstellen? Sollte man nicht lieber auf von vorn herein realistische Serien zurückgreifen?

Viele Fragezeichen – wie seht ihr das hier?

Xury 08.11.2011 15:08

Bitte die "blauen Boys" ohne große Formalitäten an meine Adresse senden... :D

Scherz beiseite, klar wird dort Geschichte verfälscht oder doch zumindest der Krieg mit all seinen Schrecken relativ verharmlost, aber dann musst Du auch gleich Deine Asterix mit wegschmeißen, denn der "bello gallico" ist auch nur dort wirklich komisch. Die Liste der Beispiele lässt sich bestimmt noch erweitern.

Detlef Lorenz 08.11.2011 15:13

Sehe ich ja ähnlich, nur ist Asterix von vorn herein eher parodistisch - ich glaube, da noch nie wirklich Tote gesehen zu haben.

Bis zur Klärung der Frage nach dem endgültigen Verbleib der BB verbleiben diese erst einmal bei mir ... und dieses Problem kann schon ziemlich lange dauern :D

Eldorado 08.11.2011 15:49

Ich hab bisher nur sehr wenig von den Boys gelesen und kann mir daher kein wirkliches Urteil erlauben, aber prinzipiell sehe ich dieses moralische "darf man das so machen" nicht so sehr als Problem. Selbst bei der Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus hat sich ja mittlerweile ein eher entspannter Umgang mit Komödien zum Thema durchgesetzt (wobei es da aktuell wieder einen Fall gibt, den auch ich grenzwertig finde, nämlich den neuen Film mit Bully Herbig "Hotel Lux". Eine "Komödie" in der Stalin fleißig so ganz nebenbei Menschen deportieren oder gleich umbringen lässt).


Allerdings höre ich immer wieder Lobeshymnen auf die Serie "Die Blauen Boys", eben weil die Storys einfach gut und für eine Funnyserie bemerkenswert realistisch sein sollen.
Daher hab ich mir eigentlich vorgenommen, bei der demnächst startenden Gesamtausgabe mit einzusteigen, denn die Einzelalben sind ja nicht mehr so leicht zusammenzubekommen.

Schlimme 08.11.2011 17:11

Gleich mal im uralten abgegriffenen speckigen Joe-Hembus-Westernlexikon nachgeschlagen:
"In allen Filmen in denen er vorkommt, wird Quantrill liquidiert, wann, wo und wie es die Erfordernisse der Story verlangen. Wahrscheinlich gibt es keinen zweiten berühmten Outlaw, der so viele verschiedene fiktive Sterbeorte und -daten hat. In Wirklichkeit starb er erst 1865 im Militärgefängnis von Louisville, Kentucky."

Xury 08.11.2011 19:20

Da Geschichte immer von den Siegern geschrieben wird, kommt Quantrill in der Rückschau nicht gut weg. Wenn die Südstaaten gewonnen hätten, wäre er wohl ein Held geworden, so eine Art Freibeuter des Wilden Westens (à la Francis Drake).

Schlimme 08.11.2011 23:56

Zitat:

Da Geschichte immer von den Siegern geschrieben wird ...
In dem Fall nicht. Die Südstaaten sind in Büchern und Filmen des 20. Jahrhunderts meist besser weggekommen als sie es verdient hatten.

Alga 09.11.2011 09:06

Wenn ich mal ganz kurz vom Comic zum Romansektor übergreifen darf ...
Mal nebenbei erwähnt, wer Interesse am Thema Quantrill hat, sollte zum gleichnamigem Roman des deutschen Autors Alfred Wallon greifen, erschienen 2010 bei Persimplex.

Xury 09.11.2011 10:08

Zitat:

Zitat von Schlimme (Beitrag 383157)
(...) Die Südstaaten sind in Büchern und Filmen des 20. Jahrhunderts meist besser weggekommen (...)

Das meinte ich nicht mit Geschichtsschreibung. Was Bücher bzw. Comics oder Filme daraus machen, ist eine andere Frage, aber Quantrill hat zunächst einmal den Nimbus des grausamen Bösewichts, und das ist ein Pfund, das der Geschichtenerzähler erstmal überwinden muss.

Detlef Lorenz 15.11.2011 15:26

Letzten Sonntag bekam ich auf der Berliner Comicbörse den Band 19 von Die Blauen Boys, dieser fehlte mir bisher. Der Titel des Albums lautet: "Duell auf hoher See" und handelt vom Gefecht des Unions-Kriegsschiffes Kersarge gegen den Südstaaten-Blockadebrecher Alabahma. Die Seeschlacht endet mit der Versenkung des "Reb-Schiffes".





Indirekt beteiligt waren auch Chesterfield und Blutch, die auf das Nordstaatenschiff nicht ganz freiwillig versetzt waren. Fein dachte ich mir so, das ist ja tatsächlich eine Fortsetzung vom Vorgängerband "Quantrills Bande". Dort sahen wir auf dem Schlußbild unsere beiden "Helden" nämlich im Kesselraum eines US-Kriegsschiffes schwitzen.

Pustekuchen, auf der Kersarge befanden sie sich wegen eines Vergehens, das sie beide ausnahmsweise nicht mal zu verantworten hatten. Der Nordstaatengeneral MacClellan hat durch seine Unfähigkeit ein fürchterliches Desaster für den Norden angerichtet - mit vielen Toten und Verwundeten - und statt das er zur Rechenschaft gezogen wird, wälzt man das Problem auf die Untergebenen ab und Blutch und Chesterfield sollen standrechtlich erschossen werden. Lediglich General Alexander, den wir regelmäßig in den Abenteuern erleben, rettet die beiden und läßt sie in der Nacht flüchten. Ein Begleitschreiben an den Kapitän der Kersarge verhilft ihnen dort zum Dienst, bis die Unfähigkeit MacClellans in Washington erneut bekannt wurde und unsere beiden Blauen Boys ungefährdet zurück kehren können.

Es ist immer das alte Lied: die Großen läßt man laufen und die Kleinen hängt man - sozusagen.

Hinnerk 15.11.2011 21:47

Hier ist mal ein Bild der Kanone:

http://www.sammlerforen.net/web_user...he-alabama.jpg

Detlef Lorenz 09.12.2011 15:11

Vor kurzem fiel mir der Nachdruck eines italienischen El Bravo Piccolos in die Finger, es war die Nummer 5.




Er entsprach der deutschen Ausgabe vom Lehning-Verlag, wie oben abgebildet. Selbst das Titelbild war gleich und doch sah ich beim Durchblättern sofort gravierende Unterschiede; auch für jemanden, der, wie ich, des italienischen nicht mächtig ist (außer vielleicht: eins, zwei, drei, danke, bitte, Pizza, Espresso, guten Tag, auf Wiedersehen – also wichtige Kommunikationsbegriffe) fallen die prall gefüllten Textblasen auf, die im krassen Kontrast zu den oft weißen Flächen der deutschen Blasen stehen.
Schlagartig vielen mir bei der Textfülle des italienischen Heftes die Vorwürfe von Kulturhütern der deutschen Sprache ein, die gerade in den fünfziger Jahren der sich aufbauenden Comicindustrie gemacht wurden. „Stakkato-artige Sprachfetzen“, „unvollständige Sätze“, „Schlagwortartige Unterhaltung“ waren dabei beliebte Kritikansätze. Um dem einmal nachzugehen habe ich hier wahllos (na ja, nicht ganz) einige italienische Seiten den entsprechenden deutschen gegenübergestellt und habe in der Tat gravierende Unterschiede festgestellt. Diese können gewiss nicht mit einer „blumenreicheren“ Ausdrucksweise der italienischen Sprache begründet sein.




Das ist die Seite 2 (so ist sie jedenfalls nummeriert) des italienischen Heftes …




… und so sieht das textlich bei Lehning aus.
Zusätzlich erkennt man rechts unten eine veränderte Seitennummerierung, es ist hier die Nummer 1 – warum auch immer. Dafür, um einmal vorzugreifen, ist die italienische Seite 3 bei Lehning gar nicht nummeriert, aber die nächste Seite (im Original die 4) hat bei Lehning die 2 erhalten!? Irgendwem muss das aufgefallen sein und man hat die Seitennummerierung schließlich aufgegeben – allerdings ging dieser „Jemand“ wohl mal auf 00, oder machte Mittag, jedenfalls gab es später im Heft plötzlich eine 9 (Original die 18) und noch später verpasste man der Seite 30 bei Lehning eine 15. Hat das was mit Druckbögen zu tun, mit Schlamperei, oder was bedeute das. Jedenfalls bin ich neugierig geworden und habe einmal in dieselbe Nummer bei Akim Sohn und in Carnera reingeschaut – die gleichzeitig mit El Bravo bei Clausen und Bosse für Lehning gedruckt wurden – und habe dort nicht so einen Nummernsalat vorgefunden.
Weis da jemand was drüber, es gibt doch hier einige Lehning-Experten …
Aber nun zurück zum Textvergleich:




Auch hier ist schön der gewaltige Textanteil des Originals gegenüber dem deutschen Heft zu erkennen. Genau wie in den nächsten beiden Beispielen.



Und ebenfalls in ...




War es nun Unlust, Unvermögen bei Lehnings Experten. Es ist ja von Hansrudi Wäscher bekannt, dass er montags in der Redaktion, wenn er seine Seiten ablieferte, oft Korrekturen der deutschen Text vornahm, die aus dem italienischen „übesetzt“ worden waren. Das geschah allerdings lange nach El Bravo, Carnera und auch Akim Sohn.

Das kräftigere Schwarz des italienischen Heftes liegt im Nachdruck begründet, der auf weißem Papier getätigt wurde. Auch die Italiener verwendeten in ihrer Frühphase, also den vierziger und fünfziger Jahren, durchaus stark holzhaltige „braune“ Druckbögen, wie es bei Lehning üblich war.

underduck 10.12.2011 11:19

IM CF hat der bei uns verbannte Apache jetzt das Thema aufgegriffen und auch gleich mal ein von mir erstelltes Coverbild kopiert. Ich finde es ziemlich mies, wenn man noch nicht einmal anfragt, ob man anderer Leute Arbeit einfach mal benutzen darf. Aber kopieren war wohl schon länger seine Stärke, wenn man sich anschaut, wie Detlefs Ideen einfach mal übernommen und in Fremdforen verbraten werden. :flop:

http://www.sammlerforen.net/_bilder/...lderklau-k.jpg
Bild anklicken, dann erkennt ihr genau die unteren, angestossenen Ecken vom geklauten Cover


underduck 10.12.2011 14:26

Ein Dankeschön an ELDORADO, der "drüben" dem wohl etwas dementen El Muerto Apachen mal die reine Wahrheit präsentierte.

Eldorado 10.12.2011 14:40

:bitte:

FrankDrake 10.12.2011 14:43

Gut gemacht :top:

KommissarX 10.12.2011 15:14

Ich schließe mich an.Hat schon genug angerichtet.

Detlef Lorenz 19.01.2012 21:36

Seit einigen Tagen lese ich Bände der Abenteuer „Die Jugend von Blueberry“. Sie gefallen mir sehr gut, sie sind spannend, unterhaltsam und es fällt mir schwer, sie nicht alle in einem Rutsch zu lesen – pro Tag ein bis zwei Alben finde ich ein gutes Lesetempo.

Die Zeichnungen, egal ob von Jean Giraud selber, von Colin Wilson oder Michel Blanc-Dumont, sprechen mich an und ich wüsste auch nicht, wem ich den Vorzug geben sollte. Und die Story, sie ist von Jean-Michel Charlier gut, aber auch Francois Cortegianni steht ihm kaum nach.
Beim Durchlesen des 11. Jugend-Bandes (*), nach der Ehapa-Chronologie das Album 37, stockte ich auf der Seite 22 …




… „Sergeant Chesterfield ? – na, okay, so selten ist dieser Name nun auch nicht. Es gibt ja sogar eine Zigarettenmarke gleichen Namens, aber nun passte ich auf und, nur zwei Bilder weiter, meine „Befürchtungen“ wurden bestätigt: Korporal Blutch erschien auf der Bildfläche!





D. H. hier wird er erst gerufen, aber das konnte nun kein Zufall mehr sein, …





… zumal sich der Korporal adäquat seinem Ebenbild in „Die Blauen Boys“ verhält, siehe Bild oben.

Von den Zeichnungen her hätte ich sie nicht erkannt, aber die Namensgleichheit und die Verhaltensweisen der Beiden legt wohl mehr als den Verdacht nahe, dass das Einfügen der Blauen Boys durch Corteggiani (ich nehme mal an, das diese Idee von ihm stammt) beabsichtigt war. Immerhin haben deren Abenteuer ebenfalls den amerikanischen Bürgerkrieg als Handlungshintergrund und warum sollten sich Blutch, Chesterfield und Blueberry dabei nicht einmal begegnen?

Diese Episode im Album ist zwar ganz lustig, irgendwie stört es aber den Lesefluss, jedenfalls meinen. Ich wurde vom eigentlichen Abenteuer abgelenkt und beobachtete belustigt mehr die Nebenhandlung, suchte nach weiteren Nebenfiguren und fand sie auch textlich erwähnt in der Person des Hauptmann Stark, einen schon absonderlichen Kavallerieoffizier der Blauen Boys, bei denen es an kuriosen Charaktere wahrlich nicht mangelt. Natürlich war es amüsant und so ein Purist bin ich ja auch nicht, vielleicht wäre es aber besser gewesen, derartige Episoden nicht mitten in die Handlung zu integrieren, sondern mehr am Beginn eines neuen Abenteuers, um den Lesefluss nicht unnötig zu stören. Der folgende Vergleich hinkt zwar, aber seltsam fände ich es auch, wenn Groo plötzlich in Conan-Geschichten auftauchen würde.

Genau genommen kann ich mein Unbehagen für solche Persiflagen auch nicht genau formulieren, fand sie aber immerhin für so bemerkenswert hier darüber zu berichten. Vielleicht haben sich Corteggiani und Blanc-Dumont ja auch derartig „aufmerksame“ Leser (hüstel) gewünscht, oder sie wollten einfach Cauvin und Lambil, dem Autoren-/Zeichnerteam von den Blauen Boys ihre Reverenz erweisen.

Bei den Superhelden hat man sich schon dran gewöhnt, ja, dort gehört es zum Alltag, zum guten Ton, gemeinsam Abenteuer zu erleben. Noch extremer wird es, für meinen Geschmack, wenn lebende Personen mit einbezogen werden. Da soll dann wohl nicht nur Aktualität suggeriert werden, ich denke da an die Präsidenten Clinton und Obama, sondern Realitätsbezogenheit – auch das finde ich Ablenkend und den Lesefluss störend.

Wie seht Ihr solche Zusammentreffen von Comicfiguren, die normalerweise eigene Serien haben und dem von realen lebenden Menschen?

(*) „Jugend“ ist natürlich schon eine gewagte Titulierung für die Erlebnisse eines Mannes, dem die haarsträubendsten Abenteuer widerfahren und der gelegentlich auch in den Betten schöner – und auch gefährlicher – Frauen zu finden ist … :zwinker:

thetifcat 24.01.2012 13:40

Klasse wie Du dieses versteckte Crossover rausgefunden und hier dokumentiert hast. :top: :top:

Jetzt frage ich mich ob es anders herum auch zustande gekommen ist. :kratz:

74basti 24.01.2012 13:45

Da kann man ja von Glück reden, dass der Übersetzer aufgepasst hat.
Er hätte den Nebenfiguren auch andere Namen geben können. Dann wäre das mit Sicherheit komplett untergegangen.

Schlimme 24.01.2012 14:54

Ich kann mich an ein Bild in "Blueberry" erinnern, in dem Chihuahua Pearl über "Little Orphan Annie" singt.

Xury 24.01.2012 15:14

Das war glaube ich sogar im gleichnamigen Album.

Mr.Brown 25.01.2012 10:02

Im selben Album, in dem auch die Hommage an Bud & Chester ist, kommt ja auch die Hommage an "Gone with the wind" vor: die Soldaten stürmen in ein Zimmer, in dem gerade Rhett Butler und Scarlett O'Hara ein kleines Stell-dich-ein haben...;)

Auch finde ich die kleine Anspielung auf "Zwei Glorreiche Halunken" sehr witzig, aber die kommt meines Wissens nach erst in einem der folgenden Alben...

Detlef Lorenz 26.01.2012 11:20

Nach dem Mehrteiler um die Ermordung Präsident Lincolns, im dem der spätere tatsächliche Mörder John Wilkes Booth geschickt eingefügt wurde, ging es für mich weiter mit dem zweibändigen Abenteuer „100 Dollar für den Tod“ und „Der Pfad der Tränen“. In den Bänden 45 und 46 geht es vordergründig um Gold, das die Fortsetzung des Schlachtens im amerikanischen Bürgerkrieg ermöglicht. Dieser Goldschatz aus der Bank Rothschild lagerte nach seiner Überführung aus London auf Kanadischer Seite und wartet darauf, abgeholt zu werden.

Um das Gold von dort zu holen und seiner „Bestimmung“ zuzuführen verbünden sich der Norden und der Süden in Person des oben genannten Präsidenten, seines Geheimdienstchefs Pinkerton und Stand Watie. Der letztere ist nicht nur ein General des Südens, sondern auch ein Cherokee-Indianer. Und hier kommt eine dritte Interessenpartei ins Spiel, eine Gruppe von Cherokees. Diese wollen sich selbst den Schatz unter den Nagel reißen, um ihn für ihre eigenen Interessen zu verwenden. Das zu verstehen erfordert einen kurzen Abriss der Geschichte dieses Indianerstammes, der heute, in zwei Gruppen aufgespalten, in Oklahoma und in seiner ursprünglichen Heimat, in Tennessee lebt.

Mit den Engländern pflegten die Cherokee guten Kontakt, ihr Staatswesen wurde von den Briten akzeptiert und toleriert. Die Cherokee lebten in festen Häusern, bestellten das Land, hatten ab zirka 1819 ein eigenes Alphabet. Sie hatten eine eigene Verfassung, eine Zeitung, ein Medizinwesen, das dem der Weißen in nichts nachstand.




Cherokee-Village in Tennessee. Hier kann man sich über die Geschichte des Stammes bei einem Rundgang durch das Museumsdorf informieren (Bild folgt in kürze).


Die Cherokee schienen dem Schicksal der meisten Indianerstämme zu entgehen und sich in die weiße Vorherrschaftsgesellschaft zu integrieren. Allerdings begingen sie den Fehler sich im Unabhängigkeitskrieg auf die Seite der Engländer zu schlagen. Damit zogen sie sich den Hass der Amerikaner zu, die bald alles daran setzten, sich ihres Landes zu bemächtigen. 1830 unterschrieb Präsident Andrew Jackson ein Gesetz, das bestimmte, alle Indianer östlich des Mississippi auf die andere Uferseite zu vertreiben. Acht Jahre lang wehrten sich die Cherokee gerichtlich gegen diese Schändlichkeit – vergeblich. Im Band „Der Pfad der Tränen“ wird diese Zwangsumsiedlung anschaulich geschildert.




Rekonstruktion eines Hauses der Cherokee, das denen der Amerikaner der Zeit um 1800 in nichts nachstand (Bild folgt in kürze).

Einige wenige versteckten sich aber in den Wäldern ihrer ursprünglichen Heimat. Warum auch immer, aber dies gelang ihnen nicht nur, sondern sie bildeten auch bald wieder eine zahlenmäßig große Gruppe und widersetzten sich erfolgreich allen weiteren Zwangsmaßnahmen. Seit dieser Zeit gibt es zwei Teilstämme der Cherokee, der vertriebene in Oklahoma und die Indianer in Tennessee. Das wurde leider nicht in den Blueberry-Bänden thematisiert, würde aber wahrscheinlich auch zu sehr zu Abschweifungen führen.

Aber hier setzt eben Corteggiani und Blanc-Dumont an: sie führen die oben schon erwähnte Gruppe von Cherokee ein, die das Gold für sich in Besitz nehmen wollen, um es für ihre Zwecke, dass Unrecht, das ihnen dreißig Jahre zuvor widerfahren ist, zu revidieren. Dazu gehört allerdings nicht der weiter oben erwähnte Cherokee Stand Watie, dieser hält zur Sache des Südens, wie die meißten seiner Landsleute. Damit hatten sich die Cherokee wieder einmal auf die Seite der Verlierer geschlagen …

Fortsetzung folgt – die „Blauen Boys“ kommen da ebenfalls vor ;).

user06 26.01.2012 22:57

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 383064)
...Also fing ich vor einiger Zeit mit der „Jugend“ an und landete rasch beim Zweiteiler „Die Teufel von Missouri“ und „Aufruhr in Kansas“. Aber schon auf den ersten Seiten fiel ein Name, der mich sofort stocken lies: Quantrill! Sofort ging mein Griff zu einem anderen Western-Comic, der ebenfalls den amerikanischen Bürgerkrieg (1861-65) zum Thema hat. Richtig, Band 18 der Reihe „Die Blauen Boys“ beinhaltete das Selbe Thema...

Deine Methode, die Inhalte der Unterhaltungsliteratur einem Faktencheck zu unterziehen und dabei viel zu lernen, finde ich klasse !:top: Die Beiträge sind wirklich hoch interessant und sehr lesenswert. (Auch wenn ich aus Mangel an Onlinezeit leider kaum zum Kommentieren komme.)
Ich selbst versuche diese Verknüpfung bei meinem Leseverhalten auch hinzubekommen, z.B. bei den Illustrierten Klassikern, wo sich die Vergleiche zwischen Comicadaption(en), ungekürzter Romanvorlage und Verfilmungen ja geradezu aufzwingt.


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