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Peter L. Opmann 06.02.2018 10:51

Amazing Spider-Man revisited
 
Neulich habe ich mit Underduck schon besprochen, daß ich entsprechend dem Muster der "Fantastische Vier"-Lektüre mit auch mal "Die Spinne" (Williams) vornehmen, das heißt: chronologisch nochmal lesen und meine Beobachtungen aufschreiben will.

Ich habe mir überlegt, daß ich "Die Fantastischen Vier" noch bis Williams-# 100 weiterbearbeiten werde; dann ziehe ich ein Gesamtfazit, wechsle hierher und beginne mit "Die Spinne" # 1, beziehungsweise "Amazing Fantasy" # 15.

Das wäre hier kein schlechter Platz dafür, oder? Sollte Daniel anderer Meinung sein, ziehe ich aber auch gern um.

Lizard_King 06.02.2018 22:47

Spider-Man wurde im Panini Forum schon gemacht, die Kollegen sind bei Amazing Spider-Man #137 und haben die Williamszeit gerade hinter sich gelassen.

https://www.paninishop.de/forum/inde...-lesemarathon/

Allerdings ohne die zweitgeschichten von Williams.

Peter L. Opmann 06.02.2018 23:09

Ist natürlich gut, daß sich dort so viele Leute beteiligen. Zu Anfang werden im Panini-Forum allerdings die Williams-Ausgaben ziemlich vernachlässigt. Auf die will ich mich ganz konzentrieren.

Mein Blickwinkel ist auch etwas anders; ich will versuchen herauszufinden, was die Lektüre damals, also 1974 bis 79, ausgemacht hat. Ich habe die Sachen als etwa Zehn- bis 15Jähriger gelesen, und ich will sie jetzt mit 40 Jahren Abstand noch einmal lesen.

Die Zweit- und Füllstorys lasse ich ebenfalls weg.

Ringmeister 06.02.2018 23:25

Die ersten Spider-Man-Ausgaben liegen jetzt doch öfters in deutsch vor. Was ist denn an den Williams-Ausgaben so besonders, dass die nochmals extra rezensiert werden sollen?

Lizard_King 06.02.2018 23:27

Na dann, hau rein.

Ich bin gespannt, wie sich dein Blickwinkel verändert hat. Da ich die Sachen erst vor kurzem nochmal gelesen habe, werde ich bestimmt das eine oder andere interessante dazu beitragen können.
Fokus liegt aber jetzt nach der Williamszeit.

Im PF haben wir zu Anfang die wenigen Ausgaben gelesen, die mittlerweile von Marvel vor AF #15 eingeordnet werden. Danach haben wir mit Williams angefangen, im wechsel mit den ,,Ersten Jahre" Stories von Kurt Busiek.

Lizard_King 06.02.2018 23:29

Zitat:

Zitat von Ringmeister (Beitrag 563630)
Die ersten Spider-Man-Ausgaben liegen jetzt doch öfters in deutsch vor. Was ist denn an den Williams-Ausgaben so besonders, dass die nochmals extra rezensiert werden sollen?

Die Nostalgie wahrscheinlich. Schrieb Peter L. Oppmann ja auch so ähnlich.

jakubkurtzberg 07.02.2018 06:03

Im Vergleich zu Williams kacken die Strittmatter-Übersetzungen von Panini gewaltig ab. Außerdem war das Beschaffen der Druckvorlagen schwer. Ein Riesenaufwand, den der Verlag und seine Mitarbeiter damals betrieben und im Laufe der Zeit die Bearbeitung bis zur Perfektion führten. Im Vergleich sind die wiederveröffentlichten Sachen seit den späten 1990er Jahren ein reines Industrieprodukt.

Ich finde es gut, wenn hier echte "Zeitzeugen" schreiben, die die 1970er live erlebt haben. Heutzutage ist alles einfacher zugänglich. Früher gab es Ausfälle z.B. durch Druckerstreiks und als Jugendlicher war das Geld sowieso knapp.

Auch Sammelmarken, Mini-Poster, Leserbriefe und Verlagsinfos zur Leserbindung wären ein Thema. Außerdem die Soap-Opera-Elemente und die Marvel-Vorschau, die die Wartezeit bis zur nächsten Ausgabe fast unerträglich machten.

Peter L. Opmann 07.02.2018 07:51

Das Wort "Nostalgie" ist mir aber etwas zu negativ konnotiert. Ich will auf jeden Fall meine persönliche Sicht einbringen, und es kann gut sein, daß ich die ollen Williams-Sachen daher etwas zu wohlwollend einschätze. Aber ich will die Hefte nicht bloß deshalb hochjubeln, weil sie in meine Jugend gehören - habe ich bei "Fantastische Vier" glaube ich auch nicht gemacht.

Die neueren Beiträge zur Spider-Man-Origin Story von Kurt Busiek und anderen habe ich zum Teil übrigens auch, habe aber gar nicht gemerkt, daß das tatsächlich neue Beiträge zu den in "Amazing Fantasy" und den ersten "Spider-Man"-Ausgaben geschilderten Geschehnissen sind. Ich hatte eher gedacht, daß das Alternativ-Universen sind.

Peter L. Opmann 07.02.2018 15:20

Zitat:

Zitat von jakubkurtzberg (Beitrag 563637)
Ich finde es gut, wenn hier echte "Zeitzeugen" schreiben, die die 1970er live erlebt haben. Heutzutage ist alles einfacher zugänglich. Früher gab es Ausfälle z.B. durch Druckerstreiks und als Jugendlicher war das Geld sowieso knapp.

Auch Sammelmarken, Mini-Poster, Leserbriefe und Verlagsinfos zur Leserbindung wären ein Thema. Außerdem die Soap-Opera-Elemente und die Marvel-Vorschau, die die Wartezeit bis zur nächsten Ausgabe fast unerträglich machten.

Dem Sammelmarken-Wahn hing die Williams-Redaktion glücklicherweise nur in den ersten Ausgaben an. Ich habe schon mal die ersten drei "Spinne"-Hefte durchgeblättert und bin schon erstaunt, was für ein redaktioneller Aufwand da getrieben wurde. Aber doch nicht richtig gezielt. Man hat den Eindruck, gerade bei der "Spinne" waren etliche Seiten zu füllen. Man hat dazu Marvel-Rätselmags herangezogen - eigentlich über die Maßen, hat aber auch einiges an Redaktionsinfos geschrieben.

Meine persönliche Erinnerung ist hauptsächlich davon geprägt, daß es in meinem Dorf eine Clique gab, wo alle Comics lasen. Wir waren aber sicher keine Sammler, sondern wollten lediglich so viel wie möglich lesen. Getauscht haben wir nicht, aber ständig verliehen. Es gehörte dazu, wenn ich bei einem Kumpel zu Besuch war, daß ich beim Abschied einen Stapel seiner Comics unterm Arm hatte.

Ich habe alle Marvels aufgehoben, aber mir glaube ich keine Gedanken gemacht, woher ich Hefte bekommen sollte, die ich verpaßt hatte. Natürlich konnte ich mir nur wenige Hefte kaufen, und selten mal brachten mir meine Eltern Comics vom Einkaufen mit. Aber das hat mich nie groß gestört. Gut waren da etwas später die Superbände - da merkte ich, daß sich die eine oder andere Lücke füllte.

Die Soap-Opera begann bei mir erst richtig zu wirken, als ich dann regelmäßig las (ab Spinne und FV # 71 und Rächer # 49). Aber da war sie auch noch gar nicht so lange zum Tragen gekommen. Es gab keinerlei Probleme, sich einzulesen.

Ringmeister 07.02.2018 16:40

Zitat:

Zitat von jakubkurtzberg (Beitrag 563637)
Im Vergleich zu Williams kacken die Strittmatter-Übersetzungen von Panini gewaltig ab.

Ist natürlich ein Argument.

EC-Fan 07.02.2018 17:03

Zitat:

Zitat von jakubkurtzberg (Beitrag 563637)
Im Vergleich zu Williams kacken die Strittmatter-Übersetzungen von Panini gewaltig ab.

Da hat jakub aber sowas von Recht!:top:
Ich wundere mich immer wieder das die Übersetzungen anscheinend bei vielen nicht so ins Gewicht fallen. Im Panini Forum habe ich jemanden der eine Reihe ab 1 lesen will dringend geraten diese falls möglich von Williams zu lesen. Auf seine verwunderte Nachfrage warum hatte ich dann geschrieben das nur diese Übersetzungen wirklich nahe an die US-Texte ran kommen und er sonst viele Wortspiele etc. verpassen würde.
Leider sind die ersten Williams-Hefte nicht wirklich schön gelettert und mit zunehmendem Alter habe ich da doch so meine Probleme mit.
Zu Strittmatter sollte man gerechterweise erwähnen dass die neueren Übersetzungen besser geworden sind (liegt vielleicht auch an der Hachette-Reihe). Wenn ich mir die Marvel Klassik von Panini anschaue hätte es da viel Luft nach oben gegeben,zumal die Sprechblasen meist Platz gehabt hätten.

jakubkurtzberg 08.02.2018 06:54

Die ersten Spinne-Übersetzungen bei Williams stammen von W.J. Fuchs, entweder unter Pseudonym (z.B. Walter Bassing) oder ungenannt, da immer die Redakteure im Vorgergrund standen (Remo, Hartmut Huff, Kirsten Isele...).

Zwiespältig sind die Hit Comics des Bildschriftenverlags. Da gibt es mindestens 60-70% super-gelungene Übersetzungen, aber auch einen großen Anteil Murks. Ein/e Übersetzer/in hat wohl die komplette Zeit überdauert, denn Spinne 250 ist genauso schlecht wie Hit Comics Nr. 4 und der Stil, unbekannte Wörter mit "Hahaha!" zu "übersetzen" ist derselbe.

Peter L. Opmann 08.02.2018 14:20

Schön, daß es über "Amazing Spider-Man" trotz einiger schon bestehender Web-Inhalte noch das eine oder andere zu sagen gibt.

Ich möchte nur darauf hinweisen, daß ich die Kommentierung der "Fantastischen Vier" (in "Marvel Verwirrung Condor & Co.") erst abschließen möchte, bevor ich hier beginne. Das hängt zunächst mal davon ab, wie Michi Diers fortschreitet und wird wohl noch ein paar Wochen dauern.

michidiers 11.02.2018 16:03

Hallo, also ich schaffe in Anbetracht der beiden Hachette Sammlungen, die ich immer zeitnah lese, stets ein FV - Heft in der Woche.

Peter L. Opmann 11.02.2018 16:17

So ähnlich habe ich mir das vorgestellt. FV # 97 bis 100 zu betrachten, dauert also noch so etwa einen Monat. Laß Dich nicht hetzen... :D

michidiers 12.02.2018 07:47

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 563899)
So ähnlich habe ich mir das vorgestellt. FV # 97 bis 100 zu betrachten, dauert also noch so etwa einen Monat. Laß Dich nicht hetzen... :D

Wobei ich mich frage, warum du nicht beide Serien besprechen möchtest. Eine abgespeckte Version deiner FV - Bewertungen würde ja reichen, eventuell indem du die Inhaltsangabe bei FV weglässt.

Falls der Grund deines Ausstiegs darin liegt, dass die FV - Serie aus der Sicht eines in die Jahre gekommenen Lesers vielleicht nicht mehr so viel Zauber hat, wie in der Kindheit, kann ich dir aus Erfahrung sagen: Es ist bei Spinne nicht anders.

Peter L. Opmann 12.02.2018 08:07

Abspecken will ich nicht. Ich habe mich auch bemüht, nicht nur reine Inhaltsangaben zu schreiben, sondern zu berücksichtigen, wie erzählt wird.

Natürlich werde ich "Amazing Spider-Man" auch nicht bis zum Ende besprechen; die "natürliche" Grenze bildet auf jeden Fall "Williams-"Spinne" # 137. Witzigerweise endet das letzte Heft so, als wäre da die Serie wirklich zuende.

Peter L. Opmann 10.03.2018 08:22

Jetzt will ich mal mit der "Spinne"-Lektüre beginnen.

Die Datenliste, die hier üblich ist, will ich übernehmen. Allerdings verbinde ich "Inhalt" und "Bemerkungen", da ich beides in einem Text zusammenführen möchte. Die Daten zu "Auch erschienen" bekomme ich wohl nicht in jedem Fall hin. Gerade bei "Amazing Fantasy" # 15 fehlt mir der Überblick, wo das alles erschienen ist und bei den Zweitstorys erst recht. Vielleicht kann das jemand anders ergänzen - oder kann man die Daten zuverlässig irgendwo im Internet finden?

Die Spinne (Williams) 1

Erscheinungstermin: 1/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Fantasy # 15
2) Tales to Astonish # 70
3) Journey into Mystery # 97

Story-Titel:
1) Die Spinne
2) Die Suche beginnt
3) Geschichten aus Asgard! Heimat der mächtigen Nordgötter

Original-Storytitel:
1) Spider-Man!
2) Beginning: The Start of the Quest
3) Tales of Asgard

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Adam Austin (= Gene Colan)
3) Jack Kirby

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee
3) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45725.jpg

Meine erste „Spinne“-Ausgabe war die # 14 (mit „Memrod“ dem Jäger). Der Erstausgabe bringe ich also keine nostalgischen Gefühle entgegen. Etwas ehrfürchtig war ich schon, als ich das Heft vor einigen Jahren endlich erworben habe. Mein Exemplar hat deutliche Gebrauchsspuren – abgesehen von der oberen rechten Ecke, die abgerissen ist, ist es aber nicht beschädigt, dafür war es entsprechend günstig. Jedenfalls: Das war nun der Beginn von „Amazing Spider-Man“ bei Williams. Ich war jetzt beim Wiederlesen aber insgesamt recht enttäuscht.

Die Redaktion scheint unschlüssig gewesen zu sein, was sie mit diesem Titel anfangen sollte. Das Cover ist gar nicht das Original, das immerhin von Jack Kirby stammt und ähnlich ikonisch ist wie das von „Action Comics“ # 1. Das Bild mit dem vorbeischwingenden Helden, der einen Gauner unterm Arm hat, haben Williams-Leser nie zu sehen bekommen. Dies ist vielmehr das Cover von „Amazing Spider-Man“ # 98. Der Grüne Kobold ist wegretuschiert, und dafür ist ein völlig unpassend aus dem Wasser springender Submariner hineingeklebt, der einen Hansrudi-Wäscher-artigen Spruch absondert: „Zu spät, Verräter! Aquarius naht!“ Die Werbeaussagen zur Spinne sind auch nicht viel geistreicher.

Auf der inneren Umschlagseite finden wir ein auf Marvel allgemein bezogenes Vorwort von Stan Lee (den damals noch kaum jemand gekannt haben dürfte). Dann folgt die nur elf Seiten lange Origin-Story aus „Amazing Fantasy“ # 15. Das damals noch 36 Seiten umfassende Heft wird aufgefüllt mit der Zweitstory aus „Tales to Astonish“ # 70. Hier wird nicht die Herkunft von Aquarius erklärt, der ja eine Golden-Age-Figur ist und in dieser Episode nach Atlantis zurückkehrt – und sie ist witzigerweise eine Seite länger als die „Spinne“-Story. Und weil dann immer noch Platz ist, wird das Heft mit einer „Geschichte aus Asgard“ abgerundet, die vergleichsweise am besten gezeichnet ist. Der unbedarfte Leser fühlt sich wie in einem Gemischtwarenladen und hat keine Ahnung, was die Heftreihe „Die Spinne“ nun eigentlich ausmacht.

Aber immerhin: Die allererste „Spinne“-Story ist drin. Man bekommt den Eindruck, daß das eine Serie wird, die sich von herkömmlichen Superhelden-Vehikeln unterscheidet. Stan Lee und Steve Ditko wußten von Anfang an, was sie wollten. Der Held war im wirklichen Leben ein problembeladener Teenager (einen Jungen als Held hatte es bei Fawcetts Captain Marvel gegeben, einen mit Pubertätsproblemen noch nie). Peter Parker entdeckt seine Kräfte, die er auf ungewöhnliche Weise erworben hat (bekanntlich durch den Biß einer radioaktiv verseuchten Spinne), und er kämpft keineswegs von Anfang an gegen das Böse, sondern will, was auch näher liegt, mit seinen wundersamen Superkräften reich und berühmt werden. Erst als ein Räuber, den er aus Hochmut nicht aufhält, später seinen geliebten Onkel tötet, merkt er, daß er mit seinen Fähigkeiten auch Verantwortung erworben hat. Im Unterschied zu Batman, dessen Eltern von Gangstern umgebracht werden, schwört Spider-Man nicht Rache; er führt keinen Kreuzzug gegen das Böse. Aber er kann nicht einfach so dastehen, wenn in seiner Nähe Unrecht geschieht.

In der ersten Story fehlt noch ein richtiger Supergegner; es geht also auch nicht um eine gewitzte Methode, so einen zu besiegen. Lediglich die Superkräfte der Spinne sind schon ziemlich genau definiert: die proportionale Kraft einer Spinne, die Fähigkeit, an Wänden zu kleben und zu laufen, der Netzapparat, den Peter Parker selbst konstruiert. Der klingelnde Spinnensinn kommt erst im nächsten Heft. Die Geschichte hat dagegen große Anteile von Alltagssituationen, was für die Serie durchaus weiter kennzeichnend sein wird. Wegen der Verwandlung einer Figur, die nicht weiß, wie ihr geschieht, gleicht sie einer der Monster-Storys, die damals noch mehr Erfolg hatten. Andererseits fehlen Gruseleffekte fast völlig (waren auch vom Comics Code nicht erlaubt). Mir ist das aufgefallen, weil zu bsv-Zeiten mit dem Bild einer haarigen Tarantel für „Die Spinne“ geworben worden war. Ich als Steppke habe die Serie darauf prompt für Horror gehalten und lieber die Finger davon gelassen. Mit Horror hat „Spider-Man“ aber fast nichts zu tun. Man könnte die „Spinne“-Originstory unter Science Fantasy einordnen, aber sie läßt sich eben auch im Superheldengenre weiterführen, was dann auch passiert.

Steve Ditko hat schon ganz zu Beginn einen Teil der typischen Spinne-Posen drauf, was ich durchaus beeindruckend finde. Er arbeitet später vor allem die akrobatischen Fähigkeiten der Spinne noch besser heraus. Parker trägt wie Clark Kent anfangs eine Brille, die Ditko aber dann bald wegläßt. Durch die verspiegelten Augenfelder der Spinne-Maske läßt er einmal Parkers aufgerissene Augen erkennen; solche kleinen Fehler sind aber entschuldbar. Alles in allem ist gleich zu Beginn zu erkennen, daß er für diese Serie die bessere Wahl ist als Jack Kirby.

Die Redaktion hat in diesem Heft nicht weniger als sechs redaktionelle Seiten zur Verfügung. Neben der lange obligatorischen Checklist und der Vorschau auf die nächste Monatsproduktion handelt es sich um das schon erwähnte Stan-Lee-Vorwort, ein Miniposter des Ding (FV), eine Werbeseite für Sammelcoupons und ein Bilderrätsel. All das trägt eher dazu bei zu verschleiern, was für eine wegweisende Spinne-Geschichte hier präsentiert wird. Ich denke, die Redaktion hätte dazu durchaus etwas zu sagen gehabt, denn zu diesem Zeitpunkt lief die Serie in USA schon mehr als zehn Jahre lang.

FrankDrake 10.03.2018 09:25

Einfach eines der besten Cover die es bei Williams gab, das Heft brachte meine Mutter mir mit als ich mit 10 Jahren krank zu Hause lag.

jakubkurtzberg 10.03.2018 09:31

Dass Williams kein Originalcover hatte, lag höchstwahrscheinlich daran, dass die Origin-Story in Marvel Tales Annual #1 zusammen mit 7 anderen Entstehungsgeschichten von Marvel-Helden ohne die entsprechenden Cover abgedruckt wurde. Von daher kann man froh sein, dass Remo die Vorlagen bei Transworld Feature überhaut gefunden hat.

Die Geschichten aus Asgard stammen inkl. Farbgebung vom ersten Tales Of Asgard-Heft aus dem Jahr 1968 mit den Nachdrucken aus Journey Into Mystery.

jakubkurtzberg 10.03.2018 09:32

Zitat:

Zitat von FrankDrake (Beitrag 565257)
Einfach eines der besten Cover die es bei Williams gab, das Heft brachte meine Mutter mir mit als ich mit 10 Jahren krank zu Hause lag.

Das hat Dich bestimmt schnell genesen lassen.

FrankDrake 10.03.2018 09:52

Ich weiß noch das ich unbedingt in den Zeitschriftenladen wollte um zu sehen ob es die anderen Hefte auch gab.
Die FV kannte ich ja auch aus den Hit Comics, von den ersten Heften war ich dann bei Williams total entäuscht.

Marvelianer 10.03.2018 10:49

Ich war zu diesem Zeitpunkt auch krank , aber glücklicherweise nur am Marvelfieber erkrankt, denn ich konnte nicht herausfinden wie ich die Hefte von Die Spinne 2 bis 254 bekommen kann, denn bei mir am Kiosk steckten Die Spinne 254 und Die Spinne 1 gleichzeitig im Januar 1974 im Verkaufsständer.

EC-Fan 11.03.2018 08:56

Zitat:

Zitat von FrankDrake (Beitrag 565260)
Die FV kannte ich ja auch aus den Hit Comics, von den ersten Heften war ich dann bei Williams total entäuscht.

Eine schöne Besprechung von Spinne Williams 1, mit dem Umschlag wird es sicherlich so sein wie jakub geschrieben hat. Ich war damals 14 und kannte schon so einige Hit Comics, kaufte mir auch diese Reihe ab Heft 1 am Kiosk. Wir sprachen seinerzeit aber auch über die "schlechteren" Zeichnungen, besonders bei der Spinne und den Fantastischen Vier die natürlich unsere Lieblings-Helden waren. Wir fanden alle das Buscema und Romita die besseren Zeichner sind, wußten allerdings auch woran es liegt das Kirby und Ditko jetzt die Zeichner waren.
@FrankDrake: Fandest Du auch Kirby ziemlich mies als Zeichner im Vergleich zu John Buscema?

FrankDrake 11.03.2018 09:00

Ich hatte es schon weiter oben geschrieben, Kirby hat seine Momente, die Galactus Saga, und unbestrittene Verdienste was Marvel und die Comics als solches betrifft aber im großen und ganzen war ich nie ein Fan.

Romita ist einer meiner Favoriten und natürlich Gene Colan und John Buscema. Aber die Geschmäcker sind halt verschieden.

EC-Fan 11.03.2018 10:15

Zitat:

Zitat von FrankDrake (Beitrag 565302)
Romita ist einer meiner Favoriten und natürlich Gene Colan und John Buscema. Aber die Geschmäcker sind halt verschieden.

Ich hatte die Zeichner aus der Sicht der damaligen Zeit beschrieben (als wir 13-15 waren). Meine Einstellung zu den Zeichnern hat sich seitdem verändert, besonders Ditko finde ich sehr gut mit seinem besonderen Stil. Aber Romita ist natürlich auch klasse, nur bei den Fantastischen Vier fällt mir spontan niemand außer Kirby ein der diese Serie so geprägt hat.

Peter L. Opmann 11.03.2018 13:10

Man kann die Pioniere schlecht mit den Zeichnern vergleichen, die kamen, als die klassischen Marvel-Helden bereits etabliert waren. John Buscema hatte eine andere Aufgabe, er führte fertig definierte Serien weiter. Er hatte ja eine Kunstschule absolviert und die besten Zeitungsstrip-Zeichner als Vorbild. Das war natürlich ein anderes Niveau als Kirby oder Ditko.

Aber mir fallen keine Heldenfiguren ein, die er erfunden oder geprägt hat - vielleicht Conan, aber bezeichnenderweise war da auch vorher ein anderer, nämlich Barry Smith. Buscema hat auch seinen Stil mehr oder weniger immer beibehalten, während Kirby immer mehr abstrahiert hat und Ditko von vorneherein sehr eigenwillig und markant zeichnete.

Williams hat versäumt zu vermitteln, daß durch den Neustart historische Comics zugänglich wurden. Aber ich fürchte, die Teenager, die damals Zielgruppe waren, hätte das kaum interessiert.

Peter L. Opmann 16.03.2018 15:51

Die Spinne (Williams) 2

Erscheinungstermin: 1/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 1
2) Tales to Astonish # 72

Story-Titel:
1) Die Spinne – Mißgeburt! Gefahr für die Öffentlichkeit!
2) Es war einmal ein Prinz!!

Original-Storytitel:
1) Spider-Man
2) A Prince there was!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Adam Austin (= Gene Colan)

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45726.jpg

Diesmal braucht die Williams-Redaktion ein neues „Spinne“-Cover, weil die Geschichte aus ASM # 1 zweigeteilt wird. Und das Originalcover gehört zum zweiten Teil der Story. Hier wird also das Titelbild von ASM # 38 verwendet, das hauptsächlich einen Spider-Man in Pose zeigt, aber wie beim ersten Heft wird Aquarius ziemlich ungeschickt hineingeflickt. Er tritt an die Stelle von Joe, dem Bösewicht aus ASM # 38, der hier natürlich nichts verloren hat. Das Cover von „Spinne“ # 39 (= ASM # 38) muß Williams dann selbst malen, damit es nicht zum zweiten Mal erscheint.

Ich zähle acht redaktionelle Seiten: nochmal Stan Lees Vorwort, die Monatsvorschau, ein Miniposter von Ding, dazu die Werbeseite mit dem Coupon und vier Mal- und Rätselseiten, die aus britischen Marvels entnommen sein könnten und die ich entbehrlich finde. Die Checkliste fehlt. Eine zusätzliche Füllstory wie „Tales of Asgard“ in der ersten Ausgabe gibt es nicht mehr. Die Inhalte kommen also allmählich in eine gewisse Ordnung. Wäre „Amazing Spider-Man“ komplett abgedruckt worden, hätte die zwölfseitige „Submariner“-Story (plus Cover) etwas gekürzt werden müssen.

Erstaunlicherweise ist die 14seitige „Spinne“-Story handgelettert. Ansonsten hat Williams zu dieser Zeit mit einem Maschinensatz gearbeitet, der Handlettering ähnelt. Das Lettering hier ist zwar lesbar, aber recht krakelig; es wirkt wie eine Notlösung. Warum es verwendet wurde, wird wohl kaum noch zu klären sein.

Zum Inhalt: Schon im ersten Bild pfeffert Peter frustriert sein Kostüm in eine Ecke. Das werden wir noch häufiger erleben. Zwei Rückblicke erzählen die Originstory noch einmal. Hauptsächlich erlebt der Leser aber, daß die Familie Parker in Geldschwierigkeiten steckt – noch ein zentrales Motiv der frühen Serie. Kurz darauf wird Verleger J. Jonah Jameson in die Serie eingeführt, der die Spinne zum Staatsfeind erklärt, noch bevor sie richtig in Aktion getreten ist. Es wirkt ein wenig, als würde Jonah im Stil von Frederic Wertham vor Comics warnen. Kinder sollten sich lieber reale Helden zum Vorbild nehmen – wie etwa Jamesons Sohn John, der sich anschickt, Weltraumpionier zu werden (wie John Glenn in der Zeit der US-Veröffentlichung will er in einer Rakete die Erde umkreisen). John Jameson gerät auf dieser Mission in Schwierigkeiten. Die Spinne beschließt, ihn zu retten. Jetzt erinnert der Comic eher an eine „Dan Cooper“-Episode als an eine Superheldenstory. Die Spinne fliegt, auf einem Düsenjet reitend, der steuerlosen Raumkapsel hinterher, die bereits wieder in die Atmosphäre eingetreten ist, erklettert sie und löst einen Fallschirm aus.

Peter Parker denkt, er sei nun doch ein Held, aber die veröffentlichte Meinung (von JJJ) sorgt dafür, daß er weiter im Zwielicht bleibt. Am Ende ist er noch sehr unschlüssig, wohin ihn sein Weg führt. Und auch der US-Verlag Marvel war zu diesem Zeitpunkt von seinem Helden durchaus noch nicht überzeugt.

Wieder ist das alles andere als genretypisch. Es fehlt ein Superschurke, und auch die Spinne setzt ihre Kräfte eher in akrobatischer Form ein. Für Superman wäre es nichts Ungewöhnliches, ein außer Kontrolle geratenes Raumschiff zu retten, aber das wäre sicher nicht wie hier das Hauptthema einer Ausgabe – er würde das eher im Vorübergehen erledigen. Die Spinne ist dagegen damit vier Seiten lang beschäftigt. Und dann nimmt auch das Privatleben des Helden wieder breiten Raum ein. Was noch fehlt, sind die Mädels; Klassenkameradin Liz Allen hat noch keine richtige Funktion in der Geschichte. Schwer vorstellbar erscheint im Moment, daß Peter bei Jameson, der die Spinne von ihrem ersten Auftritt an mit seinem Haß verfolgt, später als freier Fotograf anheuern wird.

Alles in allem finde ich die Story, die sehr lesefreundlich in drei Kapitel eingeteilt ist, ganz lesenswert. Sie ist natürlich naiv, aber interessant ist auf jeden Fall, wie Lee und Ditko ein typisches Spinne-Motiv nach dem anderen einführen. Die Serie hat von Anfang an ein sehr durchdachtes Konzept. Ditkos Zeichnungen und das Inking sind in diesem Heft ziemlich schlecht. In „Spinne“ # 1 wirkte der Strich schon sicherer. Hier sind die Panels nun voll von Details, für die Ditko noch keine richtige Form gefunden hat. Das fällt mir insbesondere an Hochhaussilhouetten, Mauern und Fenstern auf, die für das Kletterwesen Spinne ja wichtig sind. Auch die Gestalt der Spinne hat er noch nicht richtig im Griff, aber hier sind schon gute Ansätze zu sehen, und man weiß ja, daß er dafür schnell einen überzeugenden Ausdruck gefunden hat. Jameson sieht sich selbst noch nicht besonders ähnlich, aber das ist bei einer neuen Figur normal. Wenn ich mir dieses Heft ansehe, kann ich die HIT-Comics-Fans verstehen, die sich damals über die schwachen Zeichnungen beschwerten und John Romita oder John Buscema zurückhaben wollten (aber nicht mitbekamen, daß sie es mit den allerersten Spider-Man-Abenteuern zu tun hatten).

Am Rande vermerkt: Die Submariner-Story in „Tales to Astonish“ # 71 ist ausgelassen – für HIT-Comics-Leser war es ja aber nicht ungewöhnlich, eine aus dem Zusammenhang gerissene Story vorgesetzt zu bekommen.

felix da cat 21.03.2018 12:48

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann:
Aber mir fallen keine Heldenfiguren ein, die er erfunden oder geprägt hat ...
She-Hulk und natürlich Francis, Brother of the Universe, immerhin der Erfinder von San Francisco.

Schurken:
Als schönen Kontrast zu Francis hat er den Teufel persönlich ins Marvel-Universum eingeführt: Mephisto (Silver Surfer 3).

Peter L. Opmann 21.03.2018 13:50

Francis ist aber ein schlechtes Beispiel. Der ist weder Superheld, noch ist diese Figur so richtig erfunden. Und eigentlich gilt das auch für She-Hulk. Diese Figur ist sehr dem Hulk (von Jack Kirby) verpflichtet. Und Mephisto ist zumindest keine echte Serienfigur. Oder hatte er mal eine eigene Serie?

Lothar 21.03.2018 14:51

Du darfst gerne bei den Abbildungen vom Guide die mittlere Bildgröße benutzen, Peter L. Opmann. Die kleinen Bildchen sieht man in deinem Text doch recht schlecht.


felix da cat 21.03.2018 14:57

Nun, Francis war als Scherz gemeint.

Und was She-Hulk angeht, es ging ja um "erfunden". Und da rechts oben steht er nun mal nach dem "created by" unter Stan Lee.
Mag keine "große" Idee sein, aber der von Buscema zu verantwortende Look ist ja auch nicht ganz irrelevant.

Mephisto hatte die Mephisto versus ... - Serie ... auch von Big John.
Natürlich ist er ein Schurke (bei dir ging es um Helden), aber immerhin einer der bedeutendsten des Marvel-Universums.

Peter L. Opmann 21.03.2018 16:49

Ich möchte keinesfalls am Ruhm von Big John kratzen. Aber ich denke, man kann festhalten, daß die Pioniere des Silver Age bei Marvel einen Großteil der Figuren geschaffen haben, die bis heute Eckpfeiler des Marvel-Universums bilden.

@ Underduck: Also mittlere Bildgröße - okay.

felix da cat 21.03.2018 18:32

Natürlich.
Ich wollte dir auch gar nicht widersprechen, nur ergänzen.
Comichistorisch betrachtet ist She-Hulk unbedeutend.
Aber der Mephisto ist dem guten John schon irgendwie toll gelungen.

Ich erinnere mich noch, dass ich von dem ziemlich beeindruckt war, als ich ihn in den "Silberstürmer"-back ups zum ersten mal gesehen habe.
Bis zu diesem Zeitpunkt kannte ich den Teufel im Comic allenfalls in Form eines optisch eher gewöhnlichen Fieslings, der einen gemeinen oder auch übermäßig ehrgeizigen Menschen verführt, irgendeinen Vertrag mit Blut zu unterschreiben.
Also die provinzielle Version des Herrn der Fliegen aus Billig-Horrorgeschichtchen.

EC-Fan 22.03.2018 16:27

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 565321)
Williams hat versäumt zu vermitteln, daß durch den Neustart historische Comics zugänglich wurden. Aber ich fürchte, die Teenager, die damals Zielgruppe waren, hätte das kaum interessiert.

Dies ist so nicht richtig! Ich habe mir im letzten Monat (mal wieder) die ersten Williams-Marvels rausgeholt und es wurde zumindest auf den Leserbriefseiten immer wieder darauf hingewiesen. So einige Leser beschwerten sich z.B. dass die Zeichnungen schlechter sind als in den alten Hit-Comis. Ich meine beim einjährigen Jubiläum hätte man auf dieser Seite auch noch einmal extra darauf hingewiesen. Ich war damals 14 und wir hatten einen Schulfreund der Engländer ist und der hat es uns auch erklärt was da bei den Marvel-Heften abgeht durch den Neustart.:D

Peter L. Opmann 22.03.2018 20:07

Stimmt schon. An die Leserbriefe und die Antworten der Redaktion erinnere ich mich auch. Es gab sogar einen Leserbriefschreiber, der darauf hinwies. Vielleicht hat Williams auch in der Werbung vor dem Neustart darauf aufmerksam gemacht - das weiß ich nicht. Aber in den ersten Spinne-Ausgaben war nichts davon zu finden, und die lese und betrachte ich jetzt.

Comics waren 1974 noch nichts für die Kulturgeschichte. :D

Ich war da übrigens neun Jahre alt.

Marvel Boy 23.03.2018 05:47

Dann sind wir schon mal ähnliches Baujahr, käme auf den Monat drauf an. :D
In dem Alter sind mir die Hefte am Kiosk nie aufgefallen, woran auch immer das gelegen haben mag.

Peter L. Opmann 23.03.2018 08:10

Der Monat war Mai.

Mir ging's so mit den HIT-Comics. Ich habe mich schon im Lebensmittelgeschäft in meinem Dorf und an den Kiosken genau umgesehen, und ich habe mit meinen Freunden auch viel Comics hin und her verliehen, aber ich habe Marvel erst kurz nach dem Start von Williams wahrgenommen; ich gehe davon aus, daß die letzten HIT-Ausgaben (das heißt, die letzten ein bis zwei Jahre) in meiner Gegend nicht distribuiert worden sind.

Peter L. Opmann 23.03.2018 11:29

Die Spinne (Williams) 3

Erscheinungstermin: 2/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 1
2) Amazing Spider-Man # 2
3) Tales to Astonish # 73

Story-Titel:
1) Die Spinne kontra das Chamäleon!
2) Vom bitterbösen Bastler bedroht!
3) Mit Waffengewalt!

Original-Storytitel:
1) Spider-Man vs. The Chameleon!
2) The uncanny Threat of the terrible Tinkerer!
3) By Force of Arms!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Steve Ditko
3) Adam Austin (= Gene Colan)

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee
3) Stan Lee

https://www.comicguide.de/pics/medium/45727.jpg

Offenbar hat „Die Spinne“ im Williams-Programm eine Sonderstellung eingenommen: In keiner anderen Serie wurden zu Beginn die Storys so durcheinandergewürfelt wie hier (wenn auch die Continuity einigermaßen eingehalten wird). Bei den „Fantastischen Vier“ gab es das jedoch grundsätzlich auch. Ursache dafür ist allerdings, daß in den US-Ausgaben anfangs keine 20-Seiten-Storys präsentiert wurden, sondern jeweils zwei kürzere. Das lag wiederum daran, daß man den jungen Lesern zunächst nicht zutraute, 20 Seiten durchzuhalten. Das hat sich bei Marvel jedoch schon nach kurzer Zeit geändert.

Hier haben wir es nun mit der zweiten Story aus ASM # 1 und einer von zwei Storys aus ASM # 2 zu tun. Immerhin ist es nun mit den vielen Füllseiten vorbei. Redaktionell eingefügt wurden die Checkliste (mit allgemeinen Texten, die nicht auf die neuen Hefte konkret eingehen), die Vorschau auf die dritte Produktion, die Marketingseite mit dem Sammelcoupon und daneben nur noch eine Seite Eigenwerbung für „Das Monster von Frankenstein“. Das ist fast das Normalmaß an redaktionellen Seiten.

Kommen wir zur ersten Spinne-Geschichte: Die ist leider ziemlich schwach. Lee und Ditko bringen zwei Handlungsstränge auf zehn Seiten (eigentlich nur neun Seiten plus Splahpage) unter. Obwohl mit vielen kleinen Panels gearbeitet wird, geben beide nicht viel her. Zuerst versucht die Spinne, bei den Fantastischen Vier anzuheuern – erneut in der Hoffnung auf viel Geld. In zweifacher Hinsicht geht die Aktion aber ins Leere. Zum einen kann man bei den FV nicht so einfach hineinspazieren; zum anderen gibt es bei ihnen nichts zu verdienen. Es gibt eine kurze Rangelei, dann zieht die Spinne enttäuscht ab.

Dann tritt der erste Superbösewicht auf, das Chamäleon, vielleicht von Fantomas inspiriert. Er stiehlt in verschiedenen Masken wichtige Raketenabwehrpläne. Zuletzt tritt er als Spinne auf, um die Schuld auf sie zu schieben, aber die echte Spinne macht ihm einen Strich durch die Rechnung und erkennt ihn auch in seiner letzten Verkleidung als Polizist. Weil beim Kampf die Polizeiuniform aufreißt und darunter das Spinne-Kostüm sichtbar wird, kann das Chamäleon schließlich festgenommen werden. Die echte Spinne aber muß fliehen; das Kalkül, ihr das Verbrechen anzuhängen, ist aufgegangen.

Auch wenn diese Story kaum reizvoll ist, kann man wiederum einige typische Spinne-Motive erkennen, vor allem, daß es – scheinbar – kein Happy End für diesen Helden gibt. Die Spinne setzt außerdem ihr Netz und ihren Spinnensinn ein. Was fehlt, ist das Schwingen am Netz; hier läuft sie in der Regel noch wie ein Seiltänzer auf ihrem Netzfaden.

Die zweite Geschichte ist schon interessanter, auch deshalb, weil sie recht untypisch ist. Sie gehört eher in den Bereich Mystery, was allerdings für Marvel nicht ungewöhnlich ist, da vor den Superhelden eine Reihe von Gruselmagazinen zu den Umsatzbringern gehörten (dazu zählte auch „Amazing (Adult) Fantasy“). Peter Parker hilft einem Professor bei dessen Experimenten. Als Gefälligkeit holt er auch für ihn ein repariertes Radio ab und wundert sich, daß der Bastler dafür nur einen lächerlichen Betrag verlangt. Im Spinne-Kostüm sieht er sich heimlich in seinem Keller um und stößt auf eine Verschwörung von Außerirdischen. Mit manipulierten Radios werden Staat und Militär der USA ausspioniert. Die Spinne wird von den Aliens entdeckt und beinahe besiegt. Aber als im Unterschlupf des Bastlers Feuer ausbricht, machen sie sich aus dem Staub. Schließlich hält die Spinne die Maske des Bastlers in der Hand und erkennt, daß auch er ein Alien war. Peter behält die abgewehrte Invasion für sich. Sein Professor meint zwar, er habe ein Raumschiff abfliegen gesehen, sieht aber ein, daß das zu verrückt ist, um wahr zu sein…

Ditko kann hier mit größeren Panels arbeiten, und er kann sein Talent für unheimliche Szenarien (wie später eindrucksvoller bei „Doctor Strange“ gezeigt) ausspielen. Die Story liest sich zwar nicht sensationell, aber weist doch Spannung und ein bißchen Horror auf. Außerirdische werden aber nicht zu häufig wiederkehrenden Gegnern der Spinne, und mit Gruselgestalten hat er es auch selten zu tun – obwohl: Der Grüne Kobold, die Echse, Mysterio, Dr. Oktopus, Electro, Metallo… mit etwas Nachdenken fallen mir immer mehr Gegner mit Grusel-Touch ein. Aber das Herumschleichen in düsteren Kellern wird nicht zur Spezialität der Spinne. Ditko führt hier das halbierte Parker-Gesicht ein (zur Hälfte mit der eigenwilligen Spinne-Maske bedeckt). Und hier schwingt die Spinne nun auch an ihrem Faden.

Noch ein Blick aufs Cover: Es ist das erste reguläre Spider-Man-Cover, das von ASM # 1. Auffällig daran ist, daß es offenbar neu eingefärbt wurde. Im Original sind die Farben deutlich heller. Hier treten die Kontraste deutlicher hervor; in Kauf genommen wird dabei, daß die Kulisse, die in satten Blau- und Violetttönen gehalten ist, ziemlich in den Hintergrund tritt.

Bei Aquarius (Sub-Mariner) geht’s jetzt übrigens regulär weiter.

FrankDrake 23.03.2018 11:41

Zitat:

Zitat von Peter
(dazu zählte auch „Amazing (Adult) Fantasy“)

Wie sich die Zeiten ändern, wenn heute „Amazing (Adult) Fantasy“ draufsteht ist es wahrscheinlich Schweinkram :D und ab 18.

Peter L. Opmann 23.03.2018 13:40

:D :top:

Peter L. Opmann 27.03.2018 10:59

Sieht so aus, als käme ich jetzt in den Ferien etwas schneller voran.

Die Spinne (Williams) 4

Erscheinungstermin: 2/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 2
2) Tales to Astonish # 74
3) Journey into Mystery # 99

Story-Titel:
1) Der Geier bittet zum Kampf!
2) Im Reich der Gesichtslosen
3) Surtur der Feuerdämon!

Original-Storytitel:
1) Duel to the Death with the Vulture!
2) When fails the Quest!
3) Surtur the Fire Demon!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Adam Austin (= Gene Colan) / Vince Colletta
3) Jack Kirby

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee
3) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45728.jpg

HIT-Comics besitze ich nur wenige. Aber ich kann doch nachvollziehen, wie sich da die Heftstruktur herausbildete, die dann bei Williams fest etabliert wurde. Zum Beispiel HIT-Comics # 71: 52 Seiten, zwei X-Men-Storys, zusätzliches Füllmaterial in Form einer Kirby-Horrorstory und einer Kurzgeschichte („Das Heilöl“). Dann HIT-Comics # 203: 36 Seiten, Hauptstory (FV), Zweitstory (Giant-Man), ein Glanzumschlag umgibt den Seitenblock. HIT-Comics # 208: Nagelneue Thor-Story plus Zweitstory Hulk (aus der TtA-Zeit), Glanzumschlag, aber diesmal gefaltet und geheftet.

Der erste Williams-Band in meiner kleinen Sammlung ist „Fantastische Vier“ # 250. Hier wurde zunächst nahtlos an die HIT-Comics angeschlossen. Gleicher Aufbau: Neue FV-Story plus ältere Hulk-Story; viel Werbung für die verbliebenen Serien, „Spinne“ und „FV“, für „Tarzan“ und den „Musik Express“ (!). Nebenbei: Das Maschinenlettering wirkt moderner als das spätere Experiment mit dem an Handlettering erinnernden Maschinensatz.

Schon bevor Williams nochmal von vorne begann, gab es also das Konzept von Haupt- und Zweitstory. Man konnte es aber speziell bei „Die Spinne“ nicht durchhalten. Im vorliegenden Heft ist die Hauptstory wieder nur 14 Seiten lang. Von „Aquarius“ wollte man offenbar nicht mehr als eine Folge auf einmal bringen. Also griff man wieder auf die „Geschichten aus Asgard“ zurück. Es gibt nun auch nochmal eine Seite mit Rätseln, aber die verschwand dann endgültig aus den Williams-Marvels. Es zeichnet sich ab, daß ein Heft auch mit 32 Seiten auskommt.

Inhaltlich haben wir es hier nach meinem Eindruck mit der ersten richtigen „Spinne“-Geschichte zu tun. Was mir aber zuerst auffällt: Steve Ditko entscheidet sich, die Häuserschluchten New Yorks ab sofort detailliert zu zeichnen und Kampfszenen durch den Blick von schräg oben in diese Schluchten hinein dramatischer zu gestalten. Vielleicht war das ein Kniff, der ursprünglich nur bei dieser Ausgabe angewandt werden sollte, Gegner ist nämlich der Geier. Die Spinne muß ihm in sein Reich der Lüfte folgen und ist ihm dadurch, daß sie sich immer in ihr Netz fallen lassen kann, dennoch ebenbürtig.

Der Geier taucht quasi aus dem Nichts auf und stiehlt alles, worauf er gerade Lust hat. Eine Origin-Geschichte hat er (noch) nicht, auch wenn er mit seinem Kopf und seinem Kostüm tatsächlich stark an einen Geier erinnert. Seine Überlegenheit scheint allein darin zu liegen, daß er fliegen kann wie der Schneider von Ulm. J. Jonah Jameson ist in diesem Heft nicht Zeitungsverleger, sondern er produziert eine Illustrierte namens „Heute Magazin“. Er braucht dringend Fotos vom Geier, und Peter Parker kommt auf die Idee, dass er diese Bilder mit seinen Spinnen-Fähigkeiten liefern kann. Seine Motive haben sich ein bißchen verändert: Er will nicht mehr viel Geld verdienen, sondern er braucht Geld, um seine arme Tante May zu unterstützen.

Die Jagd auf den Geier in der Doppelfunktion als Verbrechensbekämpfer und Fotograf überfordert ihn jedoch zunächst. Er konzentriert sich nicht genug auf die Flugmanöver des Geiers und wird von ihm in einen Wassertank geworfen. Immerhin hat er seine Fotos. Seine erste Begegnung mit Jameson verläuft für ihn sehr erfolgreich: Der Verleger zahlt – später sehr untypisch – eine hohe Honorarsumme. Peter setzt sich nun hin, um sein Kostüm zu verbessern. Für künftige Duelle braucht er mehr Netzflüssigkeit – er wandelt sich also vom Showstar zum Superhelden.

Ein großer Diamantentransport steht an, bewacht von hunderten Polizisten. Der Geier überrascht sie aber, indem er nicht aus der Luft, sondern aus der Kanalisation kommt. Die Spinne nimmt die Verfolgung auf. Erneut bringt sie zuerst ihre Kamera in Position, bevor sie den Geier stellt. Diesmal aber kämpft sie besser. Sie hängt sich an den Geier, der so nicht mehr richtig liegen kann. Er verliert die geraubten Diamanten, dann stürzt er ab. Die Spinne rettet sich mit ihrem Netz.

Jameson zahlt erneut gut für Peters Fotos. Und Tante Mays Geldsorgen sind beseitigt – allerdings nur vorübergehend, wie „Spinne“-Leser wissen. Der Geier sinnt derweil im Gefängnis auf Rache. Hier haben wir ein lupenreines Happy End. Lee und Ditko ist offenbar in diesem Fall nicht eingefallen, wie sie Peter Parker Steine in den Weg legen können.

Aber die Auseinandersetzung mit dem Geier bedeutet einen erheblichen Fortschritt der Serie. Das Kräftemessen ist bei beiden Treffen detailreich und originell geschildert. Welcher Superheld muss sich schon aus einem Wasserbehälter befreien? Und hat vorher ein Superheld schon mal seinen Gegner besiegt, indem er ihn am Fliegen hinderte? In Actionfilmen dieser Zeit (Anfang/Mitte der 1960er Jahre) hängen sich Helden häufig an Hubschrauber. Aber einen flugfähigen Gegner zu besiegen, indem man ihn behindert und abstürzen läßt, das hat es vermutlich bis dahin noch nicht gegeben. Ditko kann das noch nicht optimal visualisieren, aber gut genug, daß dem Leser beim Betrachten der Panels etwas schwindelig wird.

Zwei kurze Blicke noch auf Cover: Beim „Spinne“-Cover wird das Insert verändert. Die Geschichte mit dem Bastler ist schon veröffentlicht, also kann der Hinweis durch ein „Aquarius“-Bildchen ersetzt werden. Das „Aquarius“-Cover, das innen gezeigt wird, ist nachgezeichnet. Hier wird ein Insert für die Hulk-Story in „Tales to Astonish“ entfernt. Ob aus diesem Grund alles neu gezeichnet wurde, ist schwer zu sagen. Hinter dem Kopf des Sub-Mariners ist eine bedrohliche Krake eingefügt.

Peter L. Opmann 29.03.2018 20:37

Die Spinne (Williams) 5

Erscheinungstermin: 3/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 3
2) Tales to Astonish # 75

Story-Titel:
1) Doktor Octopus
2) Das Ende der Suche

Original-Storytitel:
1) Doctor Octopus
2) When fails the Quest!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Adam Austin (= Gene Colan) / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45729.jpg

Dies ist die erste Ausgabe mit gewohntem Aufbau: 20 Seiten „Spinne“, zwölf Seiten „Aquarius“. Und schon kündigt Remo in einem Editorial „in einigen Monaten“ eine Erweiterung des Programms an. Prinzipiell ist diese Voraussage ja eingetroffen, es dauerte nur bis zur 22. Monatsproduktion. In der Checkliste gibt es nun kurze Werbetexte für die einzelnen Heftserien. Die hinteren Umschlagseiten werden, wie gehabt, mit der Vorschau und der Coupon-Sammelaktion belegt. Remo spricht übrigens auch davon, daß die Hefte aus ihrem „Nur-Comic-Dasein“ erlöst seien und es nun auch viele Seiten mit Sammelbildern, Minipostern und Rätsel-/Bastel-Seiten gebe. Da wird etwas angepriesen, das die Welt vielleicht nicht unbedingt braucht. Was mir als Kind gefallen hat, ist die Umrahmung der Redaktionsseite mit den Signets der Serie, das heißt, den Köpfen der Helden. Das gab’s aber nur in den ganz frühen Ausgaben.

Konzentrieren wir uns auf die „Spinne“-Story. Die erste Seite nach der Splash-Page, auf der die Spinne eine Panzerknacker-Bande dingfest macht und ihr Spinnen-Signal einsetzt, fehlt leider. Grundsätzlich wird der Aufbau der „Geier“-Geschichte wiederholt: Die Spinne wird von einem neuen, ziemlich schlagkräftigen Gegner besiegt, rappelt sich aber wieder auf und bringt ihn im zweiten Aufeinandertreffen zur Strecke. Im Unterschied zum Geier wird die Genese von Doktor Octopus in allen Details geschildert. Er ist ein Wissenschaftler, der mit radioaktiven Stoffen experimentiert. Dazu müssen die Stoffe in einem abgeschirmten Raum eingesetzt werden, und die künstlichen Teleskop-Arme von Ock sind zunächst nur dazu da, daß er in diesen Raum hineingreifen kann, ohne Radioaktivität abzubekommen. Es sind offenbar deshalb vier, damit er mehrere Tätigkeiten gleichzeitig ausführen kann.

Mit seiner dicken Sonnenbrille, dem breiten, brutalen Mund und der recht häßlichen Fransenfrisur sieht er von Anfang an nicht sehr sympathisch aus. Aber er ist offenbar nur ein Forscher, der nach Erkenntnis strebt. Dann aber gerät die Radioaktivität außer Kontrolle, es kommt zur Explosion, und Ock bekommt eine enorme Dosis ab. Die Folge: Seine künstlichen Arme sind an seinem Leib festgewachsen, und seine Persönlichkeit ist verändert. Jetzt ist Ock so skrupellos, brutal und böse, wie er schon vorher aussah. Zunächst tut er eigentlich nichts Ungesetzliches – abgesehen davon, daß er das Krankenhauspersonal bedroht. Aber die Spinne spürt ihn bald auf (JJJ wollte Fotos des verunglückten Wissenschaftlers), und ein heißer Kampf entbrennt.

Die Spinne versucht, Ocks Tentakel zu bändigen, bekommt aber nicht alle vier in den Griff und wird von ihm verprügelt und dann aus dem Fenster geworfen. Das macht Peter Parker gleich wieder depressiv; er will seinen Superheldenjob aufgeben. Ock kehrt in sein Atomforschungslabor zurück, übernimmt dort die Kontrolle und schmiedet – was auch sonst? – Welteroberungspläne. Peter bläst weiter Trübsal. Aber nun setzt die Regierung die Fantastischen Vier auf Doc Ock an, und zu diesem Zweck kommt die menschliche Fackel an Peters Schule (welch Zufall), um dort mit einer Rede die allgemeine Moral zu heben. Peter fühlt sich persönlich angesprochen und beschließt, Ock in seinem Labor als Spinne anzugreifen.

Auch Peter ist ja ein kleiner Wissenschaftler. Er entwickelt ein Mittel, mit dem er die Arme Ocks miteinander verschweißen will. Das gelingt ihm beim Aufeinandertreffen aber nur mit zwei Armen; die beiden anderen genügen Ock locker, die Spinne wie schon beim ersten Mal zu dominieren. Im letzten Moment kommt sie jedoch auf einen anderen Trick: Sie verklebt seine Brille mit ihrem Netz, so daß er nichts mehr sieht (das gab es bei späteren Begegnungen noch häufiger). Während Ock ins Leere schlägt, knockt ihn die Spinne aus. Einziges Manko: Fotografiert hat Peter Parker diesmal nicht, obwohl er Jameson versprochen hatte, exklusive Bilder zu liefern.

Schlußpointe: Die Spinne besucht noch einmal die Fackel und bedankt sich für ihre Hilfe. Johnny Storm versteht nur Bahnhof. Im letzten Bild beharken sich Peter und Superheldenfan Flash Thompson noch ein bißchen. Flash himmelt ja auch die Spinne an, während er Peter verachtet und piesackt. Dieses seltsame Phänomen, das auf Peters geheimer Doppelidentität beruht (und von Superman / Clark Kent, letztlich von Zorro / Don Diego abgeschaut ist), kommt hier erstmals ausführlich zur Geltung und wird in vielen folgenden Ausgaben noch eine Rolle spielen.

Doktor Octopus ist häufig als Erzfeind der Spinne zurückgekehrt. Nicht lange danach wird er Peter im Kampf demaskieren. Einmal dreht er sogar das Spiel mit der Geheimidentität um, indem er als harmloser Professor Octavius Peters Tante May heiraten will. Und er ist für den Tod von Captain Stacy verantwortlich, des Vaters von Peters Freundin Gwen. Ock wird von Steve Ditko von Anfang an in typischen Posen gezeichnet. Sein Kampf mit der Spinne weist ebenso von Beginn an Muster auf, die Ditko und auch spätere Zeichner genauso beibehalten werden. Die Story ist in ihrer allgemeinen Struktur recht stereotyp (wie erwähnt, ähnelt sie dem vorangegangenen Kampf mit dem Geier), aber weist viele interessante Details auf.

Zum Beispiel demonstriert die Spinne hier deutlich, wie sie an Wänden emporläuft. Ock setzt seine Arme vielfältig ein. Sowohl Peters Rivalität mit Flash wird in dieser Ausgabe begründet als auch seine komplizierte Freundschaft mit Johnny Storm (es handelt sich um zwei Jugendliche im Marvel-Universum, bei denen es naheliegend erscheint, daß sie sich gegenseitig helfen, aber auch mal miteinander rangeln). Leider teilt sich die Originalität der Auseinandersetzung zwischen Spinne und Ock nicht mehr so richtig mit, nachdem man schon viele ähnliche ähnliche Kämpfe in den Comics verfolgt hat, aber ich kann mir vorstellen, daß die Geschichte auf die damaligen Leser große Wirkung hatte. Ich kann immerhin noch ihren historischen Wert anerkennen. Die Zeichnungen sind alles in allem nicht genial, aber ordentlich und schon recht Spinne-typisch.

FrankDrake 30.03.2018 05:38

Doc Ock war damals endlich ein Gegner für unseren freundlichen Netzschwinger, der Geier ging für mich, ich war 12 Jahre alt, irgendwie gar nicht.

In einem späteren Heft standen Otto und May dann auf dem Cover vor dem Traualtar, das war dann der Punkt wo ich zum erstenmal dachte kann sie (May) nicht langsam den Weg alles irdischen gehen.

Peter L. Opmann 30.03.2018 07:38

Ziemlich bald kommen die Echse, Electro und der Grüne Kobold (Sandmann war dann doch eher ein Gegner der FV). Und meine erste "Spinne"-Ausgabe war die mit "Memrod dem Jäger", den ich natürlich auch ziemlich beeindruckend fand.

Also in dieser Serie tauchen wichtige Gegner schon recht früh auf und werden jeweils gleich nachhaltig eingeführt. Das war sicherlich das Können von Steve Ditko.

Peter L. Opmann 31.03.2018 10:15

Die Spinne (Williams) 6

Erscheinungstermin: 3/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 4
2) Tales to Astonish # 76

Story-Titel:
1) Der unüberwindliche Sandmann!
2) Namor kehrt zurück!

Original-Storytitel:
1)Nothing can stop the Sandman!
2) Uneasy hangs the Head

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Adam Austin (= Gene Colan) / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45730.jpg

Mit der Serie geht es weiter bergauf. Zu diesem Urteil mußte ich mich durchringen, denn man kann auch einige Negativpunkte dieses Hefts nennen: Steve Ditko zeichnet wieder etwas krakelig (wie in ASM # 1). Für den Sandmann verwendet er einen dickeren, groberen Strich, wohl um damit seine wechselnde Körperkonsistenz auszudrücken – es sieht aber nicht gut aus. Er arbeitet mit vielen kleinen Panels, was jedenfalls nicht nach meinem Geschmack ist. Und was die Williams-Ausgabe betrifft: In diesem Heft sind mir die Probleme mit den vergrößerten Sprechblasen erstmals richtig aufgefallen. Sie erdrücken teils die Figuren und werden sehr dilettantisch größer gezeichnet. Zudem gibt es offenbar Probleme mit dem Schriftsatz. Aus irgendeinem Grund fehlen immer wieder mal Buchstaben und ganze Wörter; in einer Sprechblase wird sogar handgelettert, weil die Schrift offenbar ausgefallen ist.

Aber die Story ist gut. Sie ist nicht mehr so schematisch wie in den beiden vorausgegangenen Ausgaben. Das Duell der beiden Supertypen liest sich vielmehr sehr abwechslungsreich, und Lee und Ditko bringen auch noch ein paar Nebenhandlungen unter. Wie häufig ist die Spinne zu Beginn auf Verbrecherjagd. Die drei Gangster, die sie vom Einbruch in ein Juweliergeschäft abhalten will, wissen sich jedoch zu wehren: Sie sind ja noch nicht eingebrochen, und daß sie das vorhatten, müßte man erstmal beweisen. Außerdem rufen sie nun selbst die Polizei, weil sie sich von der Spinne bedroht fühlen. Die muß schleunigst verduften. Beim Weiterschwingen wird sie nun auf den Sandmann aufmerksam, der von der Polizei gesucht wird. Beim ersten Kräftemessen zerreißt ihre Maske, so daß sie sich zurückziehen und sie flicken muß (das kommt später noch öfter vor). Gleichzeitig wird die Entstehungsgeschichte von Sandmann erzählt: Als er sich vor seinen Häschern auf einem Atomtestgelände versteckte, bekam er Radioaktivität ab; sein Körper nahm die Eigenschaften von Sand an, auf dem er gerade stand.

Peters Klassenkameradin Liz Allen rückt erstmals in den Blickpunkt. Er hat mit ihr ein Date. Weil er aber den Sandmann verfolgen will, sagt er ihr ab – zu ihrem Ärger und Flash Thompsons Freude. Eine lange Suche ersparen Lee und Ditko der Spinne – der Sandmann will just an dieser Schule untertauchen. Der Rektor stellt sich ihm mutig entgegen, da betritt die Spinne die Szene und versucht, den Sandmann k.o. zu schlagen. Es folgen sechs Seiten Kampf. Abwechselnd rieselt der Sandmann der Spinne davon und trifft sie mit betonharten Schlägen. Es dauert eine Weile, bis die Spinne die Lösung findet: Der eben in Sandkörner aufgelöste Gegner wird einfach in einen großen Staubsauger eingesogen.

Dummerweise fällt Peter Parker jetzt erst ein, daß er für Jameson hätte fotografieren können. Kurzentschlossen greift er zu einem kleinen Trick: Er wirft Löschsand in die Luft und tut so, als ob er gerade gegen den Sandmann kämpft. Jonah legt sich derweil vor der Schule mit dem Polizei-Einsatzleiter an und fordert ihn auf, auch die Spinne zu schnappen. Der bleibt allerdings unbeeindruckt: „Die Spinne hilft uns ja!“ Sie will nun den Staubbehälter übergeben, zögert jedoch: Wenn sie dem Polizeichef und Jameson gegenübertritt, wird sie vielleicht demaskiert. Deshalb räumt sie lieber das Feld.

Der Sandmann ist so schnell unschädlich gemacht, daß Peter doch noch seine Verabredung mit Liz einhalten könnte. Die zeigt ihm nun aber die kalte Schulter. Flash spottet, und Peter ist schon nahe daran, ihm eine Abreibung zu verpassen; da fällt ihm ein, daß er Flash dabei ernsthaft verletzen könnte, und gibt klein bei. In diesem Heft taucht übrigens Jamesons Sekretärin Betty Brant erstmals richtig auf. Sie muß ihrem Chef eine neue Hose besorgen, weil er durch die Netzflüssigkeit der Spinne an seinem Stuhl festklebt – ein kleiner Streich, den sich Peter erlaubt hat. Denn Jameson erweist sich nun erstmals als knauserig. Peters Begegnung mit Betty ist jedenfalls kurz. Aber wir wissen ja: Sie wird seine erste große Liebe werden.

Lee und Ditko führen hier nicht nur einige Handlungselemente ein, die in der Folge noch wichtig werden (oder bleiben). Sie bringen auch mehrere überraschende Wendungen in der Story unter (ich habe gar nicht alle genannt), die diese frühe Geschichte durchaus zu einem Lesevergnügen machen. Zwischen Action- und Soap-Elementen besteht eine gelungene Balance.

Auf der Splashpage werden die Leser darüber informiert, daß sie die Spinne schon nach fünf Heften zu einem der beliebtesten und bekanntesten Superhelden gemacht haben. Das ist eindeutig eine Botschaft an die US-Leser. In Deutschland läuft die Serie (berücksichtigt man die HIT-Comics) schon seit acht Jahren. Aber die Mitteilung paßt der Williams-Redaktion durchaus in den Kram. Es wäre wohl zuviel verlangt, deren Herkunft klar zu kennzeichnen.

Gekürzt wurde diesmal eine Submariner-Seite, ein ganzseitiges Panel, das Prinz Namor auf dem Thron zeigt. Um das mal zu erwähnen: Auch Zeichner Gene Colan ist bei dieser Serie noch ein gutes Stück von seiner Bestform entfernt.

Peter L. Opmann 01.04.2018 22:05

Die Spinne (Williams) 7

Erscheinungstermin: 4/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 5
2) Tales to Astonish # 77

Story-Titel:
1) In der Gewalt von Dr. Unheil
2) Reise an die Oberfläche

Original-Storytitel:
1)Marked for Destruction by Dr. Doom
2) To walk amongst Men!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Adam Austin (= Gene Colan) / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45731.jpg

Schon wieder eine redaktionelle Nachricht auf der Splashpage, die sich diesmal aber an US-Leser wie an deutsche wendet: Die Sprüche auf dem Cover seien zugegeben etwas dick aufgetragen. Und dann heißt es: Mag sein, daß es schon bessere Comics gegeben habe, aber die Redaktion könne sich das nicht vorstellen.

Die Begegnung der Spinne mit „Dr. Unheil“ gehört nun sicherlich nicht zu den absoluten Highlights im Marvel-Programm. Da man gemerkt hatte, daß „Amazing Spider-Man“ schnell zu einer sehr beliebten Serie geworden war, mußte wohl auch ein spektakulärer Gegner her, eben der Erzfeind der Fantastischen Vier. Innerhalb der Logik der Story überzeugt diese Begegnung jedoch nicht.

J. Jonah Jameson kommentiert im (eigenen?) TV eine Aktion der Spinne (sieht ein bißchen aus wie in Frank Millers „Dark Knight“). Das weckt auch die Aufmerksamkeit von Doom; er denkt sich: Zusammen mit ihr könnte ich die FV besiegen (seltsamer Gedanke, zumal die Spinne bereits einmal von den FV hochkant aus dem Baxter Building rausgeworfen worden ist). Er manipuliert eine Spinne, um die menschliche Spinne per Radiowellen (!) herbeizurufen (da dilettiert Stan Lee wieder mal als Wissenschaftler).

Sie kommt, zeigt aber wenig Lust, sich mit Doom zu verbünden. Ob der Zurückweisung entbrennt sein Zorn. Es kommt zum Kampf auf Leben und Tod, wobei die Spinne hauptsächlich den Strahlenwaffen und Fallen Dooms ausweicht. Zum ersten Mal sieht man die Spinne in verschiedenen Phasen eines Sprungs in einem Bild. Am Ende läßt sie sich so aus einem Fenster fallen, daß sie entkommen kann. Doom sprengt daraufhin sein Hauptquartier in die Luft, um keine Spuren zu hinterlassen.

Durch einen guten Einfall geben Lee und Ditko der Story wieder Schwung: Flash verkleidet sich als Spinne, um Peter Parker damit einen Schreck einzujagen. Während er seinem Opfer auflauert, wird er selbst zum Opfer von Doom, der ihn betäubt und fortschleift. Wie Fantomas schaltet er sich darauf live ins Fernsehprogramm ein und präsentiert seinen Gefangen. Er will die FV anlocken (aber würden sie wirklich die Spinne befreien?). Am Ende tauchen sie tatsächlich auf, aber bis dahin bekommt es Doom noch einmal mit der echten Spinne zu tun. Der Kampf verläuft ähnlich wie der erste: Die Spinne muß sich vor zahlreichen tödlichen Bedrohungen in Sicherheit bringen. Als sich die FV nähern, tritt aber Doom den Rückzug an – auf die Begegnung mit dem Quartett ist er (angeblich) noch nicht vorbereitet.

Die Story geht nicht auf. Im Kern ist sie ein verhindertes Duell zwischen Doktor Unheil und den FV – dabei hat die Spinne eigentlich nichts verloren. Immerhin ist die Geschichte recht abwechslungsreich und wieder mit ein paar interessanten Details angereichert. So kommt es zur ersten Annäherung von Peter und Betty Brant, als sie beide ihren gemeinsamen Chef Jameson dafür kritisieren, dass er die Spinne immer so runterputzt (wenn ich mich recht erinnere, hat Betty allerdings später für die Spinne nicht mehr Partei ergriffen).

Der Falsche im Superheldenkostüm: Das hat später auch mal Foggy Nelson in „Daredevil“ versucht. Die FV merken im Gegensatz zu Doom übrigens sofort, daß Flash nicht die echte Spinne sein kann. Peter wird von Tante May wegen Fieber ins Bett gesteckt, als er sich eben auf die Fährte von Doom setzen will. Darauf zerstört er die Hauptsicherung im Haus und wird losgeschickt, eine neue zu besorgen (was er am Ende vergißt!). Zudem vergißt er schon wieder, seinen Kampf mit Doom zu fotografieren, was ihm bei Jameson noch eine Rüge einbringt. Ganz nett ist der Schlußgag: Flash Thompson stilisiert seine Begegnung mit Doom zur Heldentat, was ihm seine Mitschüler sofort glauben – natürlich mit Ausnahme von Peter, der es besser weiß, aber nichts erzählen darf.

Ditko hat sich grafisch wieder etwas verbessert. Die Posen der Spinne sehen teils schon richtig gut aus. Doctor Doom gelingt ihm jedoch längst nicht so gut wie Jack Kirby. Man merkt auch, daß er sicher unter großem Zeitdruck gezeichnet hat. Manche Panels hätte er besser nochmal neu angelegt, und es wäre auch besser gewesen, wenn er einen sorgfältigen Inker gehabt hätte.

Williams bringt in dieser Ausgabe neun von zwölf Seiten der neuen „Submariner“-Story und macht damit zwei zusätzliche Seiten für Redaktionelles frei. Remo meldet sich wieder zu Wort und stellt die These auf, daß Jugendliche nun ernsthaft beginnen, Comics zu lesen. Jedenfalls kündigt er Zeichnerporträts, Comic-Kleinanzeigen, Leserbriefe und Hinweise auf Comicevents an, was es in den Comics bis dahin tatsächlich wenig gab und was Williams dann in der Tat kultiviert hat. Gleich daneben die erste Leserbriefseite bei Williams. Man merkt, daß die Leser überwiegend schon die HIT-Comics kannten, manche auch die US-Originalhefte. Vor allem werden Wünsche geäußert: Poster, Abziehbilder, Heftnachbestellungen.

Peter L. Opmann 02.04.2018 21:25

Dies waren Spinne-lastige Osterfeiertage. :D

Wem die Besprechungen auf die Nerven gehen, dem kann ich versichern, daß ich in diesem Tempo nicht weitermachen werde. Wahrscheinlich schaffe ich ähnlich wie Michi Diers im Normalfall ein Heft pro Woche.

Die Spinne (Williams) 8

Erscheinungstermin: 4/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 8
2) Tales to Astonish # 77/78

Story-Titel:
1) Das lebende Gehirn!
2) Der Prinz und die Puppe!

Original-Storytitel:
1)The terrible Threat of the Living Brain!
2) The Prince and the Puppet!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Adam Austin (= Gene Colan) / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45732.jpg

Diese Ausgabe kannte ich relativ früh durch einen Flohmarktkauf. Und es handelt sich um eine ziemlich gute Ausgabe. Allerdings hat Williams hier wieder mal die Storys auf frappierende Weise umgestellt. Zunächst mal macht die Redaktion einen Sprung nach vorn und läßt ASM # 6 und 7 aus. Das hat einen Grund: Es sind ja noch drei Seiten „Submariner“ vom letzten Mal übrig. Die werden nun untergebracht. ASM # 8 hatte die Besonderheit, daß die Hauptstory nur 17 Seiten lang ist. Deshalb wird sie vorgezogen. Beim Submariner bedient man sich eine kleinen Tricks: Die Splashpage von TtA # 78 wird vor die restlichen drei Seiten aus TtA # 77 gestellt, die nun wie ein Rückblick wirken, und dann folgt der Rest von TtA # 78.

Auf der Strecke bleibt der Rest von ASM # 8; dabei handelt es sich um eine fünfseitige Spider-Man-Story, die von Jack Kirby gezeichnet (und Steve Ditko geinkt) wurde. Ist zwar ein Kuriosum, aber inhaltlich nicht so berauschend: Die Teenager Spinne und Fackel stören sich gegenseitig beim Imponiergehabe – die Unsichtbare versöhnt am Ende die Streithähne. Diesen Fünfseiter konnte man erst im Jahrgangsschuber 1964 lesen.

Zum „lebenden Gehirn“: Mr. Petty, Mitarbeiter von „ICM“ (zweifellos eine Anspielung auf das IT-Unternehmen IBM) hat einen lernfähigen Roboter entwickelt und stellt ihn – natürlich – als erstes an Peters Schule vor. Der Blechkopf ist darüber hinaus dank der eingefütterten Daten beinahe allwissend. Die Schüler testen ihn mit der Frage: Wer ist die Spinne? und liefern noch ein paar Daten nach, die nur Fans kennen. Peter wird ausgewählt, das Ergebnis zu ermitteln und bekanntzugeben. Zum Glück für ihn spuckt der Roboter seine Antwort in einer Programmiersprache aus; er soll sie zuhause entschlüsseln.

Zwei Gauner beschließen derweil, den Roboter zu klauen, denn sie erwarten, daß er die Zukunft voraussagen kann, und wollen damit reich werden. Sie werden dabei aber vom (wie schon beim Sandmann) sehr forsch auftretenden Rektor der Schule erwischt. Beim folgenden Gerangel wird der Roboter versehentlich aktiviert und gerät außer Kontrolle. Peter liefert sich gerade mit Flash Thompson, der ihn wieder mal gehänselt und provoziert hat, einen offiziellen Boxkampf. Diesmal hat er keine Bedenken, daß er sich damit als Spinne entlarvt – er will nur ganz sanft zuschlagen. Flash, der berüchtigte Schulhofbulle, geht dabei sofort k.o., doch die Zuschauer werden gleich darauf durch die Nachricht aufgeschreckt, daß der Roboter Amok läuft.

Peter verwandelt sich in der Verwirrung in die Spinne und versucht, den Roboter zu stoppen. Erst stellt er fest, daß der Apparat ganz schön stark ist, dann, daß er sich auf seine akrobatischen Fähigkeiten einstellt und selbst Strategien entwickelt, seinen Gegner zu erledigen. Schließlich bewegt sich der Roboter auf zwei Schüler zu. Die Spinne springt auf seinen Rücken und beginnt, den Aus-Knopf zu suchen. Der Roboter nimmt ihn dabei in seinen eisernen Griff. Als er deaktiviert ist, hat er die Spinne noch immer im Griff und bricht durch ein Fenster, aber mit ihrem Netz bewahrt die Spinne beide vor dem Absturz.

Die Schlußpointe ist nicht schlecht: Flash erwacht aus seiner Ohnmacht und ist verwirrt. Während er seine Schuhbänder zubindet, fallen die beiden Gauner, die den Roboter klauen wollten, über ihn und werden so an ihrer Flucht gehindert. Flash ist wieder der große Held. Peter streut geschickt das Gerücht, Flash sei die Spinne, und lenkt den Verdacht so von sich ab. An die Lösung des Roboters, die er übersetzen sollte, denkt niemand mehr (somit bleibt offen, ob er wirklich enttarnt worden wäre).

Aus heutiger Sicht ergibt die Story beinahe mehr Sinn als 1964, als sie veröffentlicht wurde. Lernfähige Roboter gibt es heute tatsächlich, und Computer sind zwar vielleicht nicht allwissend, haben aber mehr Daten über uns gespeichert, als uns lieb sein kann. Daß auf diese Weise die Geheimidentität der Spinne aufgedeckt werden könnte, erscheint heute absolut denkbar. Die Story besticht aber auch durch ihre humoristischen Elemente. Ihren Kampf mit dem Roboter garniert die Spinne hier mit ansatzweise selbstironischen Sprüchen („Oh, du liebes Netz! Wir schwingen wieder in die gute Stube!“). Höhepunkt der Story ist aber wohl der Boxkampf von Peter und Flash („Das war ein Ulk, Flash! Du mimst den Clown, so daß Parker glaubt, er sei superstark, dann machst du ihn fertig, nicht wahr?“ – „Wie? Ach ja. Ich mach‘ erst ein paar Späßchen!“).

Ditko setzt das Ganze in ordentliche Bilder um. Da, wo die Story lustig wird, liefert er passende Karikaturen der Gesichter. Er hat die Serie nun gut im Griff. Auch Gene Colan zeichnet übrigens den Submariner nun deutlich dynamischer und entfaltet allmählich seinen eigenwilligen Stil. In dieser Spider-Man-Episode gibt es keine Auftritte von Tante May oder Jonah Jameson. Dafür fehlt der Platz. Warum sie kürzer ausgefallen ist, weiß ich nicht. Vielleicht lag in USA die Zweitstory, „Spider-Man tackles the Torch“, schon vor und sollte verwertet werden.

Noch ein Blick aufs Cover: Da hat Williams nach Condor-Art massiv eingegriffen. Die flammende Fackel wurde entfernt, dafür ein Aquarius eingefügt. Er trägt einen schwarzglänzenden Anzug, paßt also eigentlich nicht hierher. Statt der zweiten Spinne-Story (die es nicht gibt) wird sein Abenteuer in einem gezackten Textkasten groß angekündigt. Das ist für meinen Geschmack deutlich zu viel Bearbeitung.

jakubkurtzberg 03.04.2018 20:07

Subby trug das schwarze Jäckchen ab US# 67 (Nov. 1973), soweit kamen die dt. Verlage leider nicht. Mit Sub-Mariner #13 (Mai 1969) war in Deutschland Schluss, immerhin noch zwei Ausgaben beim bsv nach Williams.

FrankDrake 04.04.2018 07:51

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 566458)
Jedenfalls kündigt er Zeichnerporträts, Comic-Kleinanzeigen, Leserbriefe und Hinweise auf Comicevents an, was es in den Comics bis dahin tatsächlich wenig gab und was Williams dann in der Tat kultiviert hat. Gleich daneben die erste Leserbriefseite bei Williams. Man merkt, daß die Leser überwiegend schon die HIT-Comics kannten, manche auch die US-Originalhefte. Vor allem werden Wünsche geäußert: Poster, Abziehbilder, Heftnachbestellungen.

Die Leserbriefe waren für mich genauso ein Highlight wie der Marvel-Markt.
In späteren Heften gab es ja dann auch öfter den Blick über den großen Teich zu Serien die dort gerade schwer angesagt waren.
Ich habe bis zum Schluss gehofft das Conan und Co. es zu uns als Hefte schaffen.

Peter L. Opmann 04.04.2018 08:34

Die Spinne (Williams) 9

Erscheinungstermin: 5/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 6
2) Tales to Astonish # 80

Story-Titel:
1) Der Echse ausgeliefert!
2) Rettungslos!

Original-Storytitel:
1)Fase to Face with the Lizard!!
2) To the Death!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45733.jpg

Daran hatte ich keine Erinnerung: Remo schreibt schon wieder ein Editorial, und wieder kündigt er an, daß das Marvel-Programm erweitert wird; er habe nun „Grünes Licht von der Verlagsleitung“ (von Verleger Klaus Recht ist im Impressum noch nichts zu sehen). Diesmal aber fordert er die Leser auf zu entscheiden, welche Titel sie „wöchentlich, 14tägig und monatlich“ am Kiosk vorfinden wollen. Damit dürften 90 Prozent der Marvel-Leser heillos überfordert gewesen sein. Die meisten wußten sicher gar nicht, daß es sich um amerikanische Comics handelte, geschweige denn, welche Titel es in USA noch gab. Ich habe keine Erklärung, was da vor sich ging.

In der Spinne-Episode sehen wir die erste Begegnung mit der Echse, die sich zu einem der wichtigsten Gegenspieler entwickelte. Die erste Echsen-Story hat aber noch Luft nach oben. Gleich im ersten Bild wird die Echse gezeigt; sie erschreckt in den Everglades brave Bürger. Im Horror-Genre gilt eigentlich die Regel, daß man das Monster möglichst spät, möglichst wenig, am besten überhaupt nicht zeigen sollte. Im fernen New York herrscht jedenfalls Skepsis, ob es so ein Wesen wirklich gibt. J. Jonah Jameson stellt jedoch in „Bild“-Manier eine Verbindung zu Spinne her. Um die Auflage des Daily Bugle zu steigern, fordert er die Spinne auf, sich um die Echse zu kümmern.

Peter Parker hat als Schüler begreiflicherweise nicht das Geld, um nach Florida zu reisen. Also versucht er, Jameson dazu zu bringen, ihm zum Fotografieren eine Dienstreise zu finanzieren. Jameson hält das allerdings – obwohl sich Betty Brant für Peter einsetzt – für rausgeworfenes Geld. Erst muß sich die Spinne daher um zwei Gangster im Naturkundemuseum kümmern: Sie haben einen Edelstein gestohlen, werden entdeckt und nehmen (ausgerechnet) Liz Allen als Geisel. Die Spinne macht die Kidnapper unschädlich, rettet Liz und verabschiedet sich von ihr mit einem Kompliment. Sie ist hingerissen, Flash, der sie begleitet, weniger.

Nachdem Peter in der Maske der Spinne etwas Druck gemacht hat, läßt ihn Jonah doch nach Florida reisen, will aber dabei sein. Dort angekommen, muß Peter ihn also täuschen, um sich in die Spinne verwandeln zu können. Dann will er mit einem Reptilienexperten Kontakt aufnehmen, den er ausfindig gemacht hat: Dr. Curtis Conners. Vorher trifft er auf die Echse, mit der er kaum fertig wird. In Conners‘ Haus trifft er nur dessen – bisher namenlose – Frau an, die ihm erzählt, was passiert ist: Conners hat mit einem Serum experimentiert, das seinen im Krieg verlorenen rechten Arm nachwachsen lassen soll; dabei ist er zur Echse geworden. Seine Persönlichkeit hat sich verändert. Er will nun mit seinen „Artgenossen“ die Welt erobern.

Peter mixt kurzentschlossen ein Gegenmittel zusammen. Nach schwerem Kampf mit der Echse gelingt es ihm, ihr diesen Saft einzuflößen. Zunächst scheint er wirkungslos zu sein, aber im letzten Moment, bevor die Echse der Spinne den Garaus machen kann, verwandelt sie sich zurück. Die Familie Conners ist wieder vereint. Nur Jameson ist unzufrieden. Peter hat zwar Fotos von der Echse, aber der Verleger glaubt nach wie vor, dieses Monster gebe es überhaupt nicht.

Die Story ist ganz munter, aber die Echse erweist sich trotz ihrer brachialen Kraft als ein ziemlich zahmes Monster. An Verwicklungen ist die Geschichte recht arm, und Peters Ausweg mit dem Gegenmittel ist mir zu einfallslos. Ungewöhnlich an diesem Plot ist allerdings, daß der Superschurke in seiner menschlichen Identität eigentlich ein „Guter“ ist. Das Muster ähnelt dem des Hulk (er trägt übrigens die gleichen lila Hosen), wenngleich die Echse nicht unverstanden und verfemt, sondern eindeutig böse ist. Das finden wir etwas später auch noch einmal beim Grünen Kobold – Norman Osborn ist jedoch dann ein Schizophrener. Steve Ditko zeichnet akzeptabel, bringt auch das Sumpfland in Ansätzen glaubhaft rüber. Er verwendet aber wieder zu viele kleine Panels.

Erneut gibt es eine Leserbriefseite, wofür auf das „Submariner“-Cover verzichtet wird. Es wird hier allerdings wieder eine TtA-Story ausgelassen (da war erstmals Bill Everett als Inker zu seiner alten Erfolgsserie zurückgekehrt). Die Redaktion versucht, das mit einer knappen Zusammenfassung auszubügeln, aber dem Leser kommt so manches doch spanisch vor. Die Leserbriefe ähneln inhaltlich denen des Vormonats. Auffällig ist nur, daß wiederholt die tollen Zeichnungen gelobt werden. Entweder bezieht sich das auf die letzten Hefte der HIT-Reihen, oder die Briefe sind ein wenig getürkt, denn später erweist sich, daß diejenigen, die die HIT-Comics noch kannten, mit der Grafik in den frühen Williams-Heften gar nicht zufrieden waren.

Phantom 04.04.2018 19:24

So, ich will mich auch mal in diesen Thread (sehr gute Idee!) einklinken. Es geht ja hier auch darum, wie wir die Williams-Zeit erlebt haben, deshalb kurz vorweg meine Williams-Erinnerung: Ich muss 1976/77 als 6- oder 7jähriger zu den Williams-Marvels gekommen sein, genau weiß ich das nicht mehr. Was ich genau weiß: Marvel Superband 12 war mein Erstkontakt. Ich habe damals im Rahmen meiner spärlichen finanziellen Möglichkeiten alles kunterbunt gelesen, Disney, Kauka, Zack, Bastei, DC und eben auch Marvel, natürlich nie komplett (und bevorzugt - des Geldes wegen - als Sammelband oder Remittenden).

Die Marvel Superbände habe ich ab der Nummer 12 aber bis zur 46 vollständig gekauft (auch mehrfach, als ich gemerkt hatte, dass die Inhalte nicht immer identisch waren), parallel manchmal auch einzelne Spinne, Rächer oder FV im höheren Nummernbereich, die eben gerade zeitgleich auslagen. Mein Leseerlebnis war also irgendwas zwischen dem bsv-Erlebnis (Geschichten total unchronologisch, und ohne dass man das als normaler Leser wissen kann) und dem "Williams-Starter" (alles chronologisch): durch die Sammelbände bekam ich die Hefte nicht in der richtigen Reihenfolge und auch nicht von Anfang an (weil ich erst mit Nr. 12 eingestiegen bin), aber ich wusste natürlich immer, welche Hefte fehlten. In meiner Marvel-Hochphase als Grundschüler mit sehr viel Zeit habe ich nach jedem neuen Sammelband die "neuen" 4 Hefte jeweils (gedanklich) einsortiert und diese 4 Serien wieder chronologisch von vorn bis hinten gelesen (und mir dabei immer ausgemalt, was wohl in den noch fehlenden Heften stehen könnte). Der im Original von Stan Lee angeschlagene kumpelhafte Ton in den Marvels schlug bei mir damals voll ein; ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass die Marvels etwas Besonderes waren. Als dann Williams alles einstellte, war ich genauso geschockt wie viele andere. Ich habe anfangs dann auch (wie viele andere Süchtige) die Condor-Marvels gekauft, aber spätestens mit 13, 14 muss ich daran die Lust verloren haben. Mag an Condor gelegen haben, aber sicher auch daran, dass mich Superhelden nicht mehr so richtig interessiert hatten. Habe mich dann vermehrt erwachseneren Sachen zugewandt, z.B. den sprechenden Enten und Mäusen von Barks und Gottfredson :D

Zeitsprung: als ich um die 30 war, wurde ich auf die ersten Marvel Essential Bände aufmerksam. Jeweils um die 20 Hefte für rund 15 Dollar, das fand ich ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. Jetzt konnte ich endlich nachlesen, wie es mit dem Dämon oder dem Eisernen weitergegangen wäre, wenn Williams das damals nicht eingestellt hätte. Als die ersten Bände aus USA eintrudelten, war ich kurzzeitig wieder der Marvel-begeisterte Grundschüler: ich las die alten Geschichten endlich im Original, verglich mit den Williams-Heften (wo wurde gekürzt oder nachgezeichnet, was waren die besten Übersetzungs-Stilblüten ["I am to blame" --> "Ich bin blamiert" und solche Sachen]) usw. Tja, und dann ist die Leidenschaft wieder abgekühlt: als ich Geschichten las, die ich von Williams nicht kannte, war ich meist ziemlich enttäuscht. Wie banal das alles doch war, wie konstruiert, wie schablonenhaft. Immer wieder good guy gegen bad guy, immer wieder villains mit neuen Superkräften. Sorry, das interessiert mich einfach nicht mehr. Macht ja nichts, aber über meine Williams-Hefte lasse ich nichts kommen!

Diesen Thread nehme ich jetzt zum Anlass, meine Williams-Spinnen und die Essential-Bände ebenfalls noch einmal von Beginn an zu lesen. Hoffentlich finde ich die Zeit und halte durch. Ich kann vermutlich keine neuen Einsichten liefern, werde aber auch ab und zu meinen Senf dazugeben (im Sinne von: wie habe ich die entsprechenden Geschichten damals aufgenommen und wie sehe ich das heute).

Was ich jetzt schon sagen kann: damals haben mir die Ditko-Zeichnungen nicht so gut gefallen wie die Hefte von Romita. So wie es damals wohl vielen ging. Heute sehe ich das differenzierter: Die Romita-Sachen sind oft so glatt, ohne Kanten, einfach "schön" gezeichnet und deshalb bisweilen langweilig. Die Ditko-Zeichnungen sind manchmal anatomisch fragwürdig, karikaturenhaft, "krakelig", aber meist interessant anzusehen. Für Spider-Man und Peter Parker einfach ein sehr passender Zeichenstil.

Peter L. Opmann 04.04.2018 20:43

Hey, Phantom - ich finde, Du hättest diesen Thread schreiben sollen. Du hast dich mit dem Marvel-Kram viel intensiver beschäftigt als ich. Aber Deine Erfahrungen mit den Heften entsprechen ansonsten meinen in vielerlei Hinsicht.

Allerdings würde ich mich nicht der Mühe unterziehen, die hundert Hefte plus ein paar zerquetschte nochmal durchzulesen, wenn da nur alles schablonenhaft und konstruiert wäre. Ich habe die Prozedur jetzt schon für die "Fantastischen Vier" (bis # 100) hinter mir, und ich muß sagen: Es stimmt teilweise, manche Storys waren sogar noch wesentlich dümmer und unlogischer, als ich das in Erinnerung hatte. Aber es gab doch meistens auch etwas positiv Überraschendes: die Art, wie die Helden privat geschildert werden, was für psychische Prozesse im Team ablaufen, auch wie die Serie durch kosmische Ereignisse oder wundersame Figuren (wie etwa den Beobachter) immer bombastischer wurde. Ähnliches erwarte ich auch bei "Spider-Man".

Ich würde die Zeichner Ditko und Romita nicht gegeneinander ausspielen. Romita ist schon eindeutig der bessere, versiertere Zeichner, obwohl er sich auch erstmal in die Serie reinfinden mußte. Aber Ditko ist der kreative Kopf, der die gesamte Ikonografie der Serie entwickelt hat. Und das hat er in verblüffend kurzer Zeit geschafft. Ich würde sagen, Jack Kirby hat bei den FV deutlich länger gebraucht, bis die Grafik ihren gültigen Ausdruck erreicht hatte.

Peter L. Opmann 05.04.2018 22:33

Die Spinne (Williams) 10

Erscheinungstermin: 5/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 7
2) Tales to Astonish # 81

Story-Titel:
1) Der Geier kehrt zurück!
2) Der Herrscher ohne Beherrschung!

Original-Storytitel:
1) The Return oft he Vulture!
2) When a Monarch goes mad!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45734.jpg

Kann das Zufall sein? In „Spinne“ # 9 schrieb Leser Gerhard Depoché aus Bad Godesberg: „Lieber Remo, bitte laß den Geier noch einmal gegen die Spinne kämpfen. Ich finde es toll, wenn der Geier, der fliegen kann, auf die Spinne trifft, die nicht fliegen kann.“ Schon ein Heft später ist sein Wunsch erfüllt, und die Story wird mit dem redaktionellen Hinweis eingeleitet: „Niemand soll sagen können, daß wir von Marvel nicht auf die Wünsche unserer Leser eingingen!“ Drei Waschkörbe voll Briefe seien eingegangen, den Geier zurückkehren zu lassen. Das ist aber eine Mitteilung des US-Bullpen, die Williams-Chefredakteurin Sybille van Geem einfach nur übersetzt hat. Also ich tippe darauf, daß der pochierte Gerhard (oder Gerald) eine Erfindung der Redaktion war. Eine Erklärung würde ich mit Abstrichen gelten lassen: Williams wollte möglicherweise die Leser animieren, mehr Briefe zu schreiben. Remo hatte ja auch dazu aufgefordert, sich neue Titel zu wünschen.

Der Geier war der erste richtige Superschurke, und er ist nun auch der erste Rückkehrer in dieser Serie. Kurz wird auf sein erstes Duell mit der Spinne zurückgeblickt, dann verfolgen wir, wie der Geier im Knast heimlich provisorische Flügel baut und beim Hofgang davonfliegt. Wer er eigentlich ist und wie er zum Superbösewicht wurde, erfahren wir wieder nicht. Jedenfalls wird etwas deutlicher, daß er wohl nicht durch Radioaktivität umgestaltet wurde, sondern sich einfach technischer Hilfsmittel bedient. Im Radio hört Peter Parker von der Flucht des Geiers. Er zieht wieder den Spott von Flash Thompson auf sich, weil er Unpäßlichkeit vorgibt, um sich in die Spinne verwandeln zu können. Das ruft bei Peter Frust hervor und den Wunsch, Flash mal die Fresse zu polieren – was in der vorgezogenen Ausgabe # 8 schon passiert ist.

Wieder versucht die Spinne gleichzeitig, den Geier zu fotografieren und ihn zu stoppen. Beim Luftkampf stürzt sie ab; die Spinne schafft es diesmal nicht, sich mit ihrem Netz zu retten und stürzt schwer auf ein Hausdach, wobei sie sich die Schulter prellt. Sie schleppt sich nach Hause. Als Tante May nach Peter sehen will, heftet sie sich an die Decke – ein Trick, den Steve Ditko in den frühen Heften schon öfter verwendet hat. Später wird es selbstverständlich, daß die Spinne auch in großer Höhe in Fenster einsteigt und dann eher an der Decke hängt.

Der Geier glaubt, daß er die Spinne schon besiegt hat, während Peter in der Redaktion des Daily Bugle zumindest noch ein bißchen mit Betty Brant flirten kann. Während er mit Jameson um seine Geier-Fotos feilscht, kommt – wieder so ein unglaubliches Zusammentreffen – der Geier herein und will sich die Lohngelder in Jamesons Safe unter den Nagel reißen. Wenn es um sein Geld geht, zeigt sich JJJ ausgesprochen mutig, und während er sich mit dem Geier streitet, zieht sich Peter um und betritt, trotz lädierter Schulter, als Spinne das Büro. Im Kampf wird es verwüstet, dann verlagert sich das Geschehen in die Druckerei und schließlich ins Freie. Das Duell endet ähnlich wie beim ersten Mal: Die Spinne verklebt die Flügel des Geiers, macht ihn so kampfunfähig, rettet sich selbst mit einem Netz-Fallschirm und überläßt ihn als gut verschnürtes Paket der Polizei.

Jonah ist für die Rettung seines Safes kein bißchen dankbar, sondern beschimpft die Spinne. Dafür klebt sie ihm den Mund zu. Lee und Ditko wollten offenbar auf diese witzige Szene noch eins draufsetzen, und das gelingt ihnen auch: Betty hat sich vor Angst hinter einem Schreibtisch verkrochen. Peter – nun wieder ohne Kostüm und Maske – setzt sich zu ihr und macht ihr vor, er habe sich auf dem WC verkrochen. Das findet Betty überraschenderweise sehr sympathisch: Sie mag keine Helden, sondern Leute, die zu ihren Schwächen stehen. Ihre Abneigung gegen die Spinne, die später noch sehr bedeutsam wird, zeichnet sich da schon ab. Dann intensivieren die beiden ihren Flirt noch etwas. Die Szene erinnert mich an Chaplins Essanay-Film „Work“ (1915), wo Charlie nach wildem Kampf mit seinem Chef und den Hausbewohnern sich in ähnlicher Weise an Edna Purviance heranmacht.

Die Geier-Story ist kaum mehr als ein zweiter Aufguß. Es ist das Drumherum, das sie doch ganz unterhaltsam macht. Es gibt inzwischen schon ziemlich viel Interaktion zwischen Peter und Flash, Tante May, JJJ oder Betty Brant, und diesen Hauptpersonen hat Steve Ditko bereits jeweils eine markante Persönlichkeit verliehen. Auch der Geier – Reinhard Schweizer hat ihn als ersten Opa-Superschurken bezeichnet – ist eine Type. Das Cover erreicht nicht die gleiche schwindelerregende Dramatik wie in ASM # 2. Im redaktionellen Teil des Hefts fällt nur eine Seite Eigenwerbung auf, die auch schon in „Spinne“ # 9 war. Die Sammelmarken-Aktion scheint abgeschlossen – oder abgeblasen (so genau habe ich das nicht verfolgt). Nun wird für den kommenden Monat ein neues Gewinnspiel angekündigt.

Peter L. Opmann 07.04.2018 16:58

Die Spinne (Williams) 11

Erscheinungstermin: 6/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 9
2) Tales to Astonish # 82

Story-Titel:
1) Er nannte sich Electro!
2) Der goldene Rächer!

Original-Storytitel:
1) The Man called Electro!
2) The Power of Iron Man!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Jack Kirby / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45735.jpg

Die Änderung von Papier und Format in der sechsten Monatsproduktion kam offenbar auch für die Williams-Redaktion überraschend. Erst in der siebten Produktion hat sie das erklärt (ohne Autorenangabe – bisher hatte sich immer Remo großspurig zu Wort gemeldet): „Die wahrlich bereits unübertrefflichen Marvels sind tatsächlich noch besser, noch schöner, noch attraktiver geworden!“ Dennoch hat der Schreiber (oder die Schreiberin) ziemlich daran zu kauen, daß die Hefte nun um vier Seiten dünner sind. Weggefallen sei ja nur Reklame. Papier und Farben seien nun hochwertiger; und hätte man nicht zu der Sparmaßnahme gegriffen, hätte der Heftpreis von 1,20 auf 1,50 Euro angehoben werden müssen. Ja, dann…

Nebenan, in der „Tarzan“-Redaktion, hat das eine gewisse Kirsten etwas eleganter verkauft: „Dieses Heft ist etwas anders, als die Hefte waren, die Ihr bisher gelesen habt. Wir haben daran herumgefummelt und den Extra-Umschlag auf dem dickeren und ein bißchen glänzigen Papier weggelassen. Ehrlich gesagt: Ihr habt jetzt pro Heft vier Seiten weniger in der Hand. Aber gleich genauso ehrlich hinterher gesagt: Eure Helden, die sich hier im Heft austoben, haben immer noch so viel Platz wie vorher…“

In der vorliegenden Spinne-Ausgabe hat der Relaunch aber zwei Seiten „Aquarius“ gekostet, obwohl es sich um eine besondere Episode handelt, in der Jack Kirby den grippekranken Gene Colan vertrat. Begonnen hat die Story in Tales of Suspense # 80, die die Leser erst viel später in der Serie „Rächer“ zu sehen bekamen. Die hatten es schon schwer: In der Anfangszeit hat Williams etliche Seiten und sogar ganze Episoden des Submariner weggelassen.

Die „Spinne“-Story scheint dagegen mit 21 Seiten komplett zu sein. Auf der Splashpage zeichnet Steve Ditko erstmals eine Collage aller Figuren, mit denen es Peter Parker alias die Spinne diesmal zu tun hat. Dieses Stilmittel sah man in der Folgezeit häufiger. Eingeführt wird auch ein neuer Superschurke, nämlich Electro (teils wird er hier „Elektro“ geschrieben), schon wieder einer, mit dem es die Spinne immer wieder zu tun bekam. Auf dem Cover hat er einen Geldsack in der Hand, und die Spinne holt sich bei ihm einen Schlag und bleibt dann liegen. Das kleine untere Bild wird durch eine Kampfszene mit Aquarius und dem Eisernen ersetzt.

Die Entstehungsgeschichte von Electro ist denkbar außergewöhnlich: Er ist Elektriker und holt sich an einer Starkstromleitung einen Schlag, der ihn nicht umbringt, sondern in ein wandelndes Kraftwerk verwandelt. Wie der Geier macht sich Electro nun auf zu zügellosen Raubzügen. Die Auseinandersetzung mit der Spinne verläuft nach dem bekannten Muster: Erst wird sie beinahe besiegt (siehe Cover), dann schützt sie sich durch Gummihandschuhe und schließt Electro durch einen Wasserstrahl kurz. Verkompliziert wird das Ganze allerdings dadurch, daß Jonah Jameson die Theorie streut, die Spinne und Electro seien ein und dieselbe Person. Peter kann am Ende durch seine Fotos das Gegenteil beweisen.

Hinzu kommt: Tante May erkrankt schwer und muß ins Krankenhaus. Diesem Umstand verdankt sich der durchaus originelle Einstieg: Die Spinne kommt zu einer Schießerei zwischen der Polizei und Gangstern hinzu. Die Cops freuen sich schon über die Unterstützung, aber die Spinne schwingt vorbei – sie ist dabei, an Tante Mays Krankenbett zu eilen. Zu allem Überfluß wird Peter (wohl wegen fehlender Krankenversicherung) für die Operation eine Rechnung über 2000 D-Mark präsentiert. In der Not verkauft er JJJ daher zuerst Fotos, die zu belegen scheinen, daß Electro tatsächlich die Spinne ist.

Erstmals tauchen Probleme mit Betty Brant auf: Sie mißbilligt, daß Peter die Gefahr sucht, um die Spinne fotografieren zu können. Offenbar hat sie mit einem Freund, der sich Gefahren aussetzte, schon einmal negative Erfahrungen gemacht. Vorerst erfahren wir jedoch nichts Näheres. Peter reagiert seinerseits verstimmt; er will sich von Betty nicht vorschreiben lassen, wie er leben soll. Am Ende versöhnen sie sich – für den Moment.

Wie schon bei den vorherigen Episoden wird die Story eher durch die Beziehungen der Protagonisten als durch die Action interessant, wenngleich Ditko das Duell mit Electro durchaus überraschend und spannend zu gestalten versucht. Die Aufregung vermittelt sich nicht mehr so recht, weil Electro nach heutigen Maßstäben nur über sehr begrenzte Superkraft verfügt. Allerdings ist das Abenteuer damit auch näher an der Wirklichkeit angesiedelt. Eine schwache Ausgabe ist das in meinen Augen keineswegs.

Peter L. Opmann 09.04.2018 16:11

Die Spinne (Williams) 12

Erscheinungstermin: 6/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 10
2) Tales to Astonish # 83

Story-Titel:
1) Die Vollstrecker
2) Der Aquarius schlägt zu!

Original-Storytitel:
1) The Enforcers!
2) The Sub-Mariner strikes!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Jack Kirby / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

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Zunächst hat mich das Cover beschäftigt. Die Spinne wirkt hier recht ungelenk gezeichnet. Der Big Boss und seine Vollstrecker sind in der Art von Steve Ditko gezeichnet, aber der Held im Vordergrund? In der Marvel-Wikia ist zu erfahren, daß Jack Kirby am Cover mitgewirkt hat. Er hat Mühe mit dem Netzmuster auf dem Kostüm; seine Spinne hält den Netzfaden, an dem sie hängt, auf ungewöhnliche Weise, und die ganze Figur wirkt ziemlich uninspiriert. Kirby hat vermutlich in Ditkos Coverzeichnung eingegriffen und dessen Spider-Man ersetzt, aber ich vermute, auf die Schnelle ist ihm nicht viel Besseres geglückt. Die Williams-Redaktion hat ungelenk eine Sprechblase eingefügt, die die Spinne sagen läßt: „Na, Freunde – wer von euch möchte als Erster behandelt werden?“ Dabei waren ja Sprechblasen auf dem Cover nicht Pflicht.

Unbefriedigend ist das ganze Heft: Wieder fehlen drei Seiten „Submariner“, aber auch zwei Seiten „Spider-Man“. Auf die Idee, die Zweitstory in zwei Teilen zu bringen, war man offenbar noch nicht gekommen. Oder die Spinne-Story lag nur in gekürzter Form vor. Eine Seite mußte auf jeden Fall für das angekündigte Preisausschreiben abgezweigt werden; hier wird Serienwissen abgefragt, und wer sich im Marvel-Universum auskennt (also alle bisherigen Hefte gelesen hat), kann eine Spielfigur gewinnen.

Die vorliegende Spinne-Geschichte zähle ich zu den schwächeren, aber sie ist dennoch nicht ganz uninteressant. Denn sie liefert mit der Gangsterbande, die von einem mysteriösen Unterwelt-Boß mit Geheimidentität angeführt wird, die Blaupause für zahlreiche spätere Storys – auch bei „Daredevil“ gab es das Muster häufiger. Dieser Boß heißt hier einfach „der Boß“ (im Original „Big Man“, was sich nicht direkt übersetzen läßt). Er wird gleich zu Beginn mit einem „raffiniert“ geplanten Einbruch eingeführt. Der Einbrecher wird, bevor ihn die Polizei schnappen kann, einfach mit einem Hubschrauber abgeholt. Die zufällig anwesende Spinne hängt sich zwar an, wird aber abgeschüttelt.

Dann werden die Vollstrecker eingeführt, aus heutiger Sicht eher eine Zirkustruppe: Ein Kraftprotz, ein Lassowerfer und ein Männchen, das Karate beherrscht. Die drei schüchtern jedoch zunächst die anderen Gangsterbosse New Yorks ein und setzen dann Betty Brant unter Druck, die dem Boß Geld schuldet (warum, erfahren wir hier noch nicht). Grund genug für die Spinne einzugreifen. Aber mit den Vollstreckern wird sie nicht so einfach fertig (da hätte ich den Spinnenkräften aber schon mehr zugetraut). Jonah Jameson hat wieder dieselbe Idee wie bei Electro: Der Boß muß mit der Spinne identisch sein. Rasch wird eine neue Figur eingeführt (nicht ohne Grund, wie wir noch sehen werden): Redakteur Frederic Foswell, der für ihn die Sensationsstory schreiben soll. Ein Journalist mit hohem Berufsethos – er würde auch schreiben, daß Richard Nixon der Boß ist, wenn es sein Verleger wünscht (und damit läge er auch näher an der Wahrheit).

Peter Parker hat dagegen Jameson im Verdacht, der Boß zu sein. Die Spinne zieht nochmal los, besiegt die Vollstrecker und übergibt sie der Polizei, während der Boß noch einmal fliehen kann. Die Rätselauflösung ist eine Enttäuschung: Nicht Jameson, sondern Foswell ist der Boß; die Polizei entlarvt ihn, indem sie seine Verkleidung in seinem Auto findet. Als er wieder allein ist, enthüllt Jameson uns Lesern, warum er die Spinne so sehr haßt: Geldverdienen befriedigt ihn nicht mehr – er beneidet die Spinne darum, ein Held und von allen geliebt zu sein. Was ja so nicht stimmt: Mit seiner Pressekampagne ist er dafür verantwortlich, daß viele Bürger sie für eine Bedrohung halten.

Peter Parker steht am Ende – anders als in den vorherigen Ausgaben – mit einigen Problemen da: Tante May ist jetzt zwar zur Erholung in Florida, aber ihr Gesundheitszustand macht immer noch Sorgen. Betty ist verschwunden. Und wir sehen auch sie noch einmal: Untergetaucht in Pennsylvania, in ziemlich labilem psychischem Zustand. Ihr Geheimnis soll nun in der nächsten Ausgabe gelüftet werden.

Lee und Ditko üben hier ein Storymuster. Das merkt man ziemlich deutlich. Die Story ist unbeholfen zusammengezwungen. Manche Dinge sind zwar nicht unlogisch, aber recht unwahrscheinlich, vor allem das Doppelspiel von Frederic Foswell. Aber auch daß er mit seinen drei Zirkuskünstlern die Unterwelt New Yorks beherrscht, ist schwer nachzuvollziehen. Schußwaffen kommen hier praktisch nicht vor, vermutlich wegen des Comics Code. Es sind auch Bösewichte ohne Geschichte, was die Story ziemlich eindimensional macht und den Figuren viel von ihrem Schrecken nimmt.

Horatio 11.04.2018 19:36

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 566940)
[...] er würde auch schreiben, daß Richard Nixon der Boß ist, wenn es sein Verleger wünscht (und damit läge er auch näher an der Wahrheit).

Wobei Nixon – wohl der damaligen Tagesaktualität wegen – vom Williams-Übersetzer eingefügt wurde. Im Original spricht Foswell von "Peter Rabbit".

Peter L. Opmann 11.04.2018 20:41

Die Originale hab' ich leider nicht. Hab' ich vor ein paar Jahren für ein Leseförderprojekt an der Waldorfschule gespendet... :D

Peter L. Opmann 12.04.2018 10:13

Die Spinne (Williams) 13

Erscheinungstermin: 7/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 11
2) Tales to Astonish # 84

Story-Titel:
1) Der Tod von Bettys Bruder mit dem schurkischen Dr. Octopus!
2) Aquarius läuft Amok!

Original-Storytitel:
1) Turning Point
2) Like a Beast at Bay!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45737.jpg

Dieses Heft sieht so aus, wie ich die Marvels aus meiner Kindheit hauptsächlich in Erinnerung habe: Etwas kleineres Format als andere Comichefte, erstmals durchgehendes Handlettering (etwas zittrig, aber alles in allem gut lesbar), die Vorschau auf die kommende Monatsproduktion in der dann lange üblichen Form: die sieben Titel und der Hinweis, daß „Spinne“ und „FV“ 14-tägig erscheinen. Noch nicht gelöst ist das Problem, im Heft zwei Storys auf 32 (netto 29) Seiten unterzubringen. Bei der „Spinne“ fehlt diesmal eine Seite, bei Aquarius sind es wieder drei (und das Cover), was mich bei Williams ziemlich enttäuscht.

Mit „Turning Point“ beginnt der erste Zweiteiler der Hauptserie, noch freilich ohne Cliffhanger. Die zweite Rückkehr eines spektakulären Schurken (nach dem Geier) wird ganz einfach eingefädelt: Doc Ock (siehe „Spinne“ # 5) wird aus dem Gefängnis entlassen, gut geführt hat er sich auch. Man merkt: Er ist intelligent, auch wenn sein Charakter sich durch seinen radioaktiven Unfall verändert und ihn zu einem unberechenbaren Verbrecher gemacht hat. Die Spinne hat vergeblich versucht, den Gefängnisdirektor von der Entscheidung abzubringen. Mittels Spinnenspürer will sie zumindest erhellen, was Ock mit seiner Freiheit anfängt. Hier nimmt die Story eine überraschende Wendung: Dr. Octopus wird von Betty Brant abgeholt – die Welt ist doch klein in einer Stadt wie New York.

Die Spinne kann sich keinen Reim darauf machen, warum sich seine Freundin mit Doc Ock trifft, aber den Lesern wird es sofort enthüllt: Bettys Bruder Bennett, ein Rechtsanwalt, soll Gangsterboß Blackie aus dem Knast holen – allerdings nicht mit legalen Mitteln. Das soll Ock übernehmen (er kehrt also sofort auf die schiefe Bahn zurück). Bennett ist unter Druck, weil er Schulden bei Blackie hat, und Betty hilft ihrem Bruder und bringt Ock zu seinem Job. Kurz darauf trifft sie Peter Parker und beichtet ihm, was sie getan hat. Peter nimmt sich insgeheim vor, Betty seine Geheimidentität zu enthüllen. Aber nun muß er sich zuerst in die Spinne verwandeln, um Blackies Ausbruch zu verhindern. Das gelingt ihr jedoch nicht, da sie der Polizei in die Arme läuft. Sie flieht, während Ock Blackie aus seiner Zelle befreit und zu einem Boot im Hafen bringt.

Das Verhängnis nimmt seinen Lauf: Bennett will sich von den Gangstern lösen, aber Blackie denkt nicht daran, ihm seine Schulden zu erlassen. Die Spinne greift ein, aber verstaucht sich den Knöchel und wird gefangengenommen. Dr. Octopus will sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, sich an ihr zu rächen. Es beginnt eine wilde Rauferei, bei der auch die versammelten Gangster mitmischen. Dabei wird Bennett erschossen – er hatte sich schützend vor Betty gestellt. Sie dreht daraufhin durch und gibt der Spinne die Schuld. Im folgenden Showdown setzt der Netzschwinger zunächst – trotz lädiertem Knöchel – Blackie und seine Bande außer Gefecht, dann auch Ock. Das inzwischen führerlose Boot prallt gegen eine Befestigung; sowohl die Spinne als auch Ock werden ins Wasser geschleudert. Ock nutzt die Verwirrung zur Flucht. Peter steht Betty in ihrem Leid bei, sieht aber keine Chance mehr, ihr zu enthüllen, daß er die Spinne ist. Ein Hinweis auf die nächste Ock-Story fehlt.

Wenn man von den Unwahrscheinlichkeiten absieht, ist das eine ganz ansehnliche Episode. Den Tod von Bennett Brant sieht man als Kenner der Serie mit anderen Augen, wenn man an Captain Stacy und natürlich vor allem Gwen denkt. Doch von solchen Dramen sind wir hier weit entfernt, denn Bennett ist eine ziemlich austauschbare Figur – sein Tod soll vor allem Betty und die Spinne gegeneinander in Stellung bringen. Es fällt auf, daß in dieser Story auf Humor fast völlig verzichtet wird; das verbietet sich offenbar, wenn etwas Tragisches passiert. Aber mehrmals wird Peter Parker als untypischer Held gezeigt: Er kommt als Spinne der Polizei in die Quere und erregt Verdacht, selbst den Gangsterboß befreit zu haben. Und er muß unter Schmerzen kämpfen, weil er über eine Seilrolle gestolpert ist. So etwas kannte man bei Superhelden bis dahin wohl nicht.

Steve Ditkos Zeichnungen werden immer besser, was ich etwa an den oft recht aufwendigen Hintergründen ablese. Die Figur der Spinne wird zudem zunehmend drahtiger und nimmt viele akrobatische Posen ein. Manche dieser Posen bewähren sich nicht, aber etliche sind dann in der Ditko-Phase immer häufiger zu sehen. Negativ fällt noch immer das teilweise nicht sehr akkurate Inking auf. Ditko wird noch wesentlich besser werden, hat aber inzwischen einen annehmbaren Standard erreicht. Am Cover ist diesmal nicht viel auszusetzen, nur ein Textkasten, in dem über die Aufdeckung von Peters Geheimidentität spekuliert wird, wird bei Williams für „Aquarius“-Werbung zweckentfremdet.

Horatio 13.04.2018 20:28

Auch in dieser Ausgabe weicht der Williams-Übersetzer von der Vorlage ab: Spidey kommentiert seine Knöchelverletzung mit drastischen Worten: "Schöne Scheiße!"

Darüber war ich damals als Kind ziemlich verblüfft.

Peter L. Opmann 13.04.2018 22:55

Und wie heißt's im Original?

FrankDrake 14.04.2018 08:47

Pretty crap????

Fauntleroy 14.04.2018 11:30

Moin,
könnte aber auch "Nice Shit" lauten.

:wink:

Horatio 14.04.2018 11:54

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 567207)
Und wie heißt's im Original?

"Of all the times for this to happen!! I sprained it!! Can’t put any weight on it!!"

Peter L. Opmann 14.04.2018 12:39

"I sprained it" heißt aber einfach: "Ich hab' ihn verstaucht." Die Verwünschung ist das "Of all the times for this to happen". Da reichen meine Slang-Kenntnisse aber nicht aus, um zu verstehen, was das genau bedeutet.

Horatio 14.04.2018 14:15

Hier ist die Seite zu sehen:
http://pencilink.blogspot.de/2016/11...ditko-art.html

Peter L. Opmann 14.04.2018 15:26

Die Verwünschung ist "Schöne Scheiße". Übersetzerin bei Williams war damals Sybille van Geem, und ich finde, der Spruch ist okay.

guenkos 15.04.2018 08:11

"Of all the times for this to happen!!" bedeutet
"Ausgerechnet jetzt passiert das!"

Peter L. Opmann 15.04.2018 08:58

Ah, danke. Das ist doch deutlich gemäßigter als "Schöne Scheiße".

Peter L. Opmann 15.04.2018 14:50

Die Spinne (Williams) 14

Erscheinungstermin: 7/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 12
2) Tales to Astonish # 85

Story-Titel:
1) Die Maske fällt
2) Einer wird sterben!

Original-Storytitel:
1) Unmasked by Dr. Octopus!
2) And One shall die

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Bill Everett

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45738.jpg

Durch einen Superband habe ich diese Ausgabe (wie auch „Spinne“ # 8) recht früh kennengelernt. Die Superbände habe ich zu kaufen begonnen, als ich die noch verbliebenen Serien, „Spinne“, „FV“ und „Rächer“, regelmäßig las, also etwa ab 1977. Da war ich zwölf. Mit dem aus der Kindheit stammenden Eindruck kann ich diese Episode nicht distanziert beurteilen, aber daß sie für mich zu den besseren der frühen Folgen zählt, dafür lassen sich auch ein paar Argumente anführen.

Schon in „Spinne“ # 13 hatten Lee und Ditko mit der Geheimidentität wie auch mit Schwächen der Spinne recht effektvoll gespielt. Jetzt nutzen sie diese Themen noch einmal für noch dramatischere, effektvollere Verwicklungen und Höhepunkte. Zunächst kehrt Betty Brant (mit neuer Frisur) nach New York zurück; sie hatte sich wegen der Schande ihres in Kriminalität abgerutschten Bruders in Pennsylvania versteckt. Und auch Dr. Octopus taucht wieder auf, unternimmt an der Ostküste einen Raubzug nach dem anderen und will nicht zuletzt eine Revanche gegen die Spinne. Peter Parker aber wird krank. Schließlich entführt Ock in seinem Beisein Betty aus Jamesons Büro, um so den nächsten Auftritt der Spinne zu erzwingen (wieder werden hier Storylinien gewaltsam verbunden, denn Ock weiß nichts von der Verbindung von Betty und Peter).

Die Spinne soll nach Coney Island kommen, wo Ock Betty als Köder oben im Riesenrad postiert. Trotz eines Schwächeanfalls eilt die Spinne dorthin, nimmt den Kampf auf, aber ist Ock heillos unterlegen. Sie geht k.o., und während Ock sie demaskiert, ist er bereits überzeugt, daß er nicht die echte Spinne vor sich hat. Sowohl die Geisel Betty als auch die Polizei und der ebenfalls an den Schauplatz gekommene JJJ denken, Peter Parker habe nur den Helden spielen wollen. Immerhin: Ock gibt Betty frei und sucht einen anderen Weg, mit der Spinne abzurechnen. Peter wird zuhause bei Tante May ins Bett gesteckt, um schnell wieder gesund zu werden. Bemerkenswert: Im Traum erscheint ihm die Spinne und tadelt ihn dafür, daß er seine Geheimidentität so leichtfertig aufs Spiel gesetzt hat.

Am nächsten Morgen springt Peter mit einem Salto aus dem Bett – er ist offensichtlich wieder auf dem Damm und geht zur Schule. Erstmals wird etwas Scheinwerferlicht auf seine Klassenkameradin Liz Allen geworfen; als Flash sich wie gewohnt über Peter lustig macht, verteidigt sie ihn furchtlos und gesteht ihre Bewunderung dafür, daß er sich Doc Ock entgegengestellt hat. Der versucht weiter alles, um die Spinne auf den Plan zu rufen. Er befreit gefährliche Tiere aus dem Zoo. Es klappt: Die wiedererstarkte Spinne erscheint, hilft der Polizei beim Einfangen und stellt sich Ock zum Kampf. Das Duell läuft ziemlich originell ab: Der „Tintenfisch“ wird mit Netzfaden an einen Wasserbehälter gefesselt, dann greift ihn die Spinne aus einem Schacht heraus an. Schließlich landen die beiden in einem Bildhaueratelier, das in Brand gerät. Ock wird unter einer riesigen Statue begraben. Die Spinne versucht vergeblich, ihn zu retten, und muß sich selbst in Sicherheit bringen. Die Feuerwehr holt Ock dann doch noch aus den Flammen und übergibt ihn der Polizei. Peter taucht wieder auf; Liz will ihn (was noch nie da war) zu einer Party einladen, aber er gibt ihr wegen Betty einen Korb. Das Ganze wird als „Happy End“ verbucht.

Statt verstauchtem Knöchel behindert die Spinne diesmal eine 24-Stunden-Grippe (was ihr noch mehrfach zu schaffen machen wird). Und statt sich zu überlegen, Betty seine Geheimidentität zu offenbaren, wird sie diesmal tatsächlich, jedoch unfreiwillig enthüllt, erscheint aber nicht glaubhaft. Die Story ist also eine verbesserte Variante der vorherigen Ausgabe. Es gelingt Lee und Ditko, die Besonderheiten ihrer Figur (Teenager, verwundbar, in Liebesnöten, aber zugleich als Superheld meist schlagkräftig und smart) innerhalb einer halbwegs logischen Story hervorzuheben. Die Leser dürften angetan gewesen sein. Für mich galt das beim ersten Lesen – und auch jetzt beim Wiederlesen – auf jeden Fall.

Hat der neue Look von Betty eine Bedeutung? Ich weiß es nicht. Jedenfalls weichen ihre kessen Locken einem strengen, glatten Haarschnitt. Sie wirkt im Verlauf der Ditko-Phase immer älter. Als junger Leser hatte ich den Eindruck, sie ist viel älter als Peter. Ob Lee und Ditko aber ihr Image bewußt verändert haben, kann ich nicht sagen.

Eine Seite Spider-Man fällt wieder dem Platzmangel zum Opfer. Dafür fehlen beim Submariner nun vier von zwölf Seiten – und das in der Ausgabe, in der Bill Everett als Inker zu seiner alten Figur zurückkehrt. Das Cover dieses Williams-Hefts gefällt mir gut. Es zeigt die entscheidende Szene, in der Ock die besiegte Spinne in seinen Tentakeln hält und gerade die Maske abgezogen hat. Betty, Jameson und drei Polizisten verfolgen das Geschehen fassungslos. Den Williams-Leser wundert nur, daß die Hintergrundfarbe ursprünglich nicht schwarz, sondern gelb war. Dominierend werden bei Williams stattdessen die Farben Schwarz und Rot, was zugegeben einen schönen Effekt ergibt. Nur die Schraffuren, die Schatten auf dem Boden darstellen und nun gelb erscheinen, sind damit eigentlich überflüssig geworden.

Peter L. Opmann 15.04.2018 16:27

Gerade habe ich mich auch mit einem Freund und DC-Fan über "Spinne" # 14 unterhalten. Er schrieb mir dazu:

Zitat:

Bettys alter Haarschnitt sieht mir nach klassischer "Schema F"-Nebenfigur aus. Wahrscheinlich hat Ditko die Figur erst nachträglich etwas genauer durchdacht. Den Doc Ock-Zweiteiler habe ich in falscher Reihenfolge damals gelesen: Nr. 14 hatte ich als Flohmarktheft, die Nr. davor kam erst mit dem Paperback Reprint. Hier kann man gut erkennen, dass die Spinne in dieser Phase noch eine Art Archie-Superheld ist. Später wird er erwachsener und ist nicht mehr so leicht zu schwächen. Seltsamerweise sind solche Ideen in DCs "Superboy" nie wirklich zum Einsatz gekommen. Das war eigentlich der erste Teenager-Superheld, der dann ja die ganze "Legion of Superheroes" nach sich zog... Ob man bei der Legion eigentlich austreten musste, wenn man das 20. Lebensjahr überschritt? Oder starben die Legionäre jeweils schon vorher? ;) Jedenfalls gab es da nie ältere Teamkollegen.
In falscher Reihenfolge habe ich den Doc-Ock-Zweiteiler auch gelesen.

jakubkurtzberg 15.04.2018 18:11

Zum schwarzen Cover muss ich anmerken, dass bei Williams immer wieder sogenannte "rejected covers" zum Einsatz kamen. Das waren Vorab-Varianten, die für den endgültigen (US-)Abdruck nochmal überarbeitet wurden.

Beispiele wären Spinne 13 mit anderer Fußstellung und Doc Ock mit dünnerem Gesicht. FV 48 mit offener Maske des Schwarzen Panthers und der grinsende Doc Ock auf Hit Comics Spinne 250.

jakubkurtzberg 15.04.2018 18:20

Andersherum wurden aber auch überarbeitete Nachdruck-Cover genommen, was sich bis Panini fortsetzte. In Italien gab es UOMO RAGNO #29 mit Metallo und dem ursprünglichen nicht überarbeiteten Ditko-Titelbild. Für Spinne 30 musste bei Williams komplett neu gezeichnet werden. Keines schönes Kunstwerk.

Peter L. Opmann 15.04.2018 18:36

Bei Williams-"Spinne" fällt aber auf, daß die Cover öfters dunkler erscheinen als im Original. Das war so bei "Spinne" # 3 (= ASM # 1), # 7 (eingeschränkt; da ist der Schriftzug schwarz hinterlegt), # 12 und jetzt 14. Bei "Spinne" # 16 wird's auch so sein - weiter vorausgeblickt habe ich noch nicht. Mir geht's nur um die Farbgebung.

Horatio 15.04.2018 18:44

@Peter L. Opmann:
Dein Kumpel täuscht sich. Superboy war nicht der erste Teenager-Superheld, da ist ihm Fawcett Comics' Captain Marvel jr. (Debüt 1941) definitiv voraus. Und auch Mary Marvel (Debüt 1942) war bei Fawcett als Superheldin ein Teenager.

Das nur so nebenbei. Und auch nur deshalb, weil ich grade die Otto Binder-Biografie von Bill Schelly lese.

Peter L. Opmann 15.04.2018 20:45

War mir nicht bewußt, aber ich weiß, daß Captain Marvels zweite Identität, Billy Batson, sogar ein Kind ist.

Mit Superboy kenne ich mich leider nicht aus. Ich habe nur ein einziges Heft, in dem Superman und Batman auf der Suche nach ihren Supersöhnen sind (sie stehen vor der Tür eines Farmhauses, und hinter der Tür stehen Superboy und Batboy (?), aber in zwei Särgen. Und die Väter fragen: "Haben Sie unsere Söhne gesehen?" Und irgendso ein Farmer sagt: "Nope" (oder so ähnlich).

Das wiederum gab es bei Marvel nicht. Kann mich jedenfalls nicht erinnern, daß Tante May mal beim Kingpin klingelte und fragte: "Haben Sie meinen Neffen gesehen?" Wäre vielleicht mal eine Idee...

FrankDrake 16.04.2018 05:59

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 567401)
Mit Superboy kenne ich mich leider nicht aus. Ich habe nur ein einziges Heft, in dem Superman und Batman auf der Suche nach ihren Supersöhnen sind (sie stehen vor der Tür eines Farmhauses, und hinter der Tür stehen Superboy und Batboy (?), aber in zwei Särgen. Und die Väter fragen: "Haben Sie unsere Söhne gesehen?" Und irgendso ein Farmer sagt: "Nope" (oder so ähnlich).

Das mit den "Supersöhnen" fand ich als Kind sehr geil, ich glaube es waren insgesamt 4 Story´s, entpuppte sich dann als Elseworld Geschichte aber das habe ich erst sehr viel später erfahren.
Hat mit Superboy aber nichts zu tun. Es gab Anfang der 1980er eine Superboy Heftserie bei Ehapa, die reinen Superboy Stories fand ich immer sehr fad, gekauft habe ich die Hefte wegen der LoSh Geschichten, die finde ich heute noch gut.
Dünnes Papier, wenn die nicht ordentlich weggelegt wurden, wird es mit Z 0-1 schon wieder schwierig.

Peter L. Opmann 16.04.2018 07:42

Ah, Superboy ist sozusagen der junge Superman und nicht der Sohn von Superman, oder?

Klar, sich fortpflanzen darf nur Wonderwarthog, nicht Superman.

FrankDrake 16.04.2018 12:50

Genau, dass war der junge Superman.

Ich verfolge die Geschichten nicht mehr aber, meine gehört zu haben, das es jetzt einen Superman Filius gibt :weissnix:

thetifcat 16.04.2018 20:31

Kann auch schon wieder Geschichte sein. DC hat jetzt ihre fünfundneunzig Neustarts alle zusammengepackt. So mussten gleich zwei gleichzeitige Superman zusammenschmelzen, aber die Storys der zig. Neubeginn Superman gleich auch noch gültig sein. Das ist noch schlimmer als der Doc-Spiderman. Da steigst Du nur noch unter Drogen durch oder einfach mit der rosaroten DC Brille. Bin ja mal gespannt wie sie ihre Grüne Laternen Irrsinn da auch nur ansatzmäßig sinnig hinbekommen wollen.

Peter L. Opmann 16.04.2018 20:57

Na gut, deshalb befasse ich mich hier ja mit der "Spider-Man"-Serie von 1963, als die Storys vielleicht noch etwas unbeholfen, dafür aber schön übersichtlich waren.

Bis ich mir "Die Spinne" # 15 anschauen kann, wird's aber wohl ein paar Tage dauern.

Horatio 17.04.2018 01:12

Ich habe diesen ganzen DC-Gültigkeits- und -Ungültigkeits-Quark und diese ganzen "Weltenkrisen" nie kapiert. Das ist doch alles nur Fiktion und da sind Unstimmigkeiten ganz natürlich. Im Silver Age hat man fröhlich wild drauflos fabuliert und das hat auch den Lesern Spaß gemacht. Das alles nachträglich krampfhaft in Einklang bringen zu wollen, ist mMn total bestusst.

Ja, am Anfang ist alles immer schön übersichtlich. Auch bei der SPINNE. Und dann kommen die ganzen Crossover mit anderen Serien, mehrere parallele Spider-Man-Serien, Team-Ups etc. und irgendwann steigt man auch da nicht mehr durch. Macht auch nix.

FrankDrake 17.04.2018 09:44

Zitat:

Zitat von Horatio (Beitrag 567465)
und irgendwann steigt man auch da nicht mehr durch. Macht auch nix.

Es scheint aber immer noch genug Käufer / Leser zu geben die dort zugreifen, bei mir hatte Peter dann ab "Stunde Null" oder wie das hieß dann verloren.

Gebraucht verkaufen lassen sich die Dinger dann auch nur für kleines Geld.

Phantom 17.04.2018 19:35

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 567104)
Die Spinne (Williams) 13

Dabei wird Bennett erschossen – er hatte sich schützend vor Betty gestellt. Sie dreht daraufhin durch und gibt der Spinne die Schuld.

Ich weiß nicht, wie ich das als Kind gesehen hätte, weil ich diese Story erst viel später in die Finger bekam. Aber ich finde, dass Betty hier völlig recht hat. Betty und ihr Bruder werden von bewaffneten Gangstern gekidnappt; jetzt rückt nicht etwa ein SEK an, sondern so ein kostümierter Typ kommt ganz allein und prügelt sich mit den Gangstern, woraufhin im Handgemenge Schüsse fallen und Bettys Bruder stirbt. Ist da die Spinne nicht tatsächlich (wenigstens moralisch) mitschuldig? Mir wird das in der Story ein bisschen zu sehr abgebügelt ("die arme Spinne wird wieder für etwas verantwortlich gemacht, wofür sie nichts kann").

Phantom 17.04.2018 19:42

Zitat:

Zitat von Horatio (Beitrag 567392)
(...) weil ich grade die Otto Binder-Biografie von Bill Schelly lese.

Ist hier etwas off topic, aber ich kann nur ein :top: für die Otto-Binder-Biographie vergeben. Ich kannte Captain Marvel eigentlich nur aus dem Williams-Shazam-Heft (damals am Wühltisch für 30 Pfennige abgegriffen), und das fand ich als Kind sowas von bescheuert. Das Buch von Bill Schelly hat mir richtig die Augen geöffnet, wie bedeutend der ursprüngliche Captain Marvel in der Comic-Historie eigentlich ist.

Peter L. Opmann 17.04.2018 21:25

Zitat:

Zitat von Phantom (Beitrag 567496)
Ich weiß nicht, wie ich das als Kind gesehen hätte, weil ich diese Story erst viel später in die Finger bekam. Aber ich finde, dass Betty hier völlig recht hat. Betty und ihr Bruder werden von bewaffneten Gangstern gekidnappt; jetzt rückt nicht etwa ein SEK an, sondern so ein kostümierter Typ kommt ganz allein und prügelt sich mit den Gangstern, woraufhin im Handgemenge Schüsse fallen und Bettys Bruder stirbt. Ist da die Spinne nicht tatsächlich (wenigstens moralisch) mitschuldig? Mir wird das in der Story ein bisschen zu sehr abgebügelt ("die arme Spinne wird wieder für etwas verantwortlich gemacht, wofür sie nichts kann").

Das darf man, denke ich, nicht mit so realistischen Maßstäben messen. Hier sind Seriengesetze der damaligen Zeit wirksam. Nebenfiguren, die vom Pfad der Tugend abweichen, müssen das oft mit ihrem Leben bezahlen, aber können sich damit auch ein Stückweit rehabilitieren. Den gleichen Fall hatte ich vor kurzem in FV # 29. Da stirbt Sues und Johnnys Vater, ebenfalls eine zwielichtige Figur.

Horatio 17.04.2018 22:55

Die Spinne 13 war mein allererster Spider-Man-Comic.

Zitat:

Zitat von Phantom (Beitrag 567497)
Ist hier etwas off topic, aber ich kann nur ein :top: für die Otto-Binder-Biographie vergeben. Ich kannte Captain Marvel eigentlich nur aus dem Williams-Shazam-Heft (damals am Wühltisch für 30 Pfennige abgegriffen), und das fand ich als Kind sowas von bescheuert. Das Buch von Bill Schelly hat mir richtig die Augen geöffnet, wie bedeutend der ursprüngliche Captain Marvel in der Comic-Historie eigentlich ist.

Stimmt!

Das Williams-Shazam-Heft hatte ich auch seinerzeit erstanden.

Ich hatte zudem 1977 in einem Frankreich-Urlaub auch ein französisches Shazam-Taschenbuch gekauft (Nr. 13, Collection Flash). Dank Schellys Buch kenne ich nun die Entstehungsgeschichte des dort auftauchenden "Mr. Mind".

Das Comiclettering in diesem Taschenbuch ist bemerkenswerterweise in der gleichen Schrift wie im deutschen Williams-Shazam-Heft und in den ersten Williams-Marvels.

Peter L. Opmann 18.04.2018 22:11

Die Spinne (Williams) 15

Erscheinungstermin: 8/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 13
2) Tales to Astonish # 86

Story-Titel:
1) Die Missetaten von Mysterio!
2) Der Zorn des Kriegsfürsten Krang

Original-Storytitel:
1) The Menace of Mysterio!
2) The Wrath of Warlord Krang

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Jerry Grandenetti / Bill Everett

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45739.jpg

Jetzt meldet sich Remo (Reinhard Mordek) wieder zu Wort. Anlaß seines recht wirren Editorials ist, daß aufgrund der Reduzierung von 36 auf 32 Seiten etliche redaktionelle Seiten bei den Marvels weggefallen sind. Remo erklärt das wolkig mit technischen Gründen – ab der zehnten Produktion sollen sie aber alle wieder erscheinen. Irgendwie geht es aber auch darum, daß er mehrmals neue Serien angekündigt hatte. Das mußte, wie er sagt, auch wegen der technischen Probleme verschoben werden, obwohl die Fans bergeweise Briefe geschrieben hätten. Zum Trost gab’s nun ein neues Preisausschreiben – na super. Ganz zum Schluß rückt er damit heraus, daß der Verlag über seine Kunden gern etwas mehr erfahren möchte: Alter, Bildung, Beruf des Vaters, finanzielle Verhältnisse, Anzeigenaffinität. Damit kommen wir doch gleich einen großen Schritt weiter…

Mysterio ist eine Figur, die nach dem ersten Eindruck besser ins Umfeld von Dr. Strange als in die Nachbarschaft der Spinne zu passen scheint. Schon bevor er erstmals auftritt, gibt es in dieser Story bereits Mysterien: Die Spinne scheint Einbrüche und Raubüberfälle zu begehen. Peter Parker ist verunsichert: Begeht er diese Verbrechen tatsächlich, vielleicht im Schlaf? Er will psychologische Hilfe in Anspruch nehmen, schreckt aber dann doch davor zurück, weil er dem Psychiater am Ende vielleicht seine Geheimidentität enthüllen müßte. Dann stellt sich aber heraus: Mysterio war im Spinnenkostüm unterwegs.

Mysterio hütet seinerseits eine Geheimidentität. Er ist damit zwar nicht der erste in der Serie (vorher gab es das Chamäleon, Dr. Doom, Electro und auch den Boß), aber der erste, der das thematisiert. Angeblich will er seine Familie vor der Unterwelt schützen, tatsächlich aber wohl verschleiern, daß er über keine magischen Kräfte verfügt, sondern vielmehr eine Art FX-Spezialist ist. Das stellt sich aber erst nach den schon traditionellen zwei Begegnungen mit der Spinne heraus. Zuerst entkommt die Spinne nur knapp den unheimlichen Waffen Mysterios (wieder eine gefühlte Niederlage), dann geht sie besser vorbereitet in den Kampf. Es läuft darauf hinaus, daß Mysterio zwar den Spinnensinn „abschalten“ kann, die Spinne ihm aber diese Fähigkeit nimmt und ihn darauf niederringt. Zwischendurch bringt sie ihn dazu, ihr einen Vortrag zu halten (klassischer Fehler von Superschurken), wodurch wir erfahren, daß er Kinotricks perfektionierte, um damit als Zauberer zu erscheinen. Später bleiben seine Tricks nach meiner Erinnerung undurchschaubarer.

Ansonsten erleben wir ein paar originelle Szenen aus der Alltagswelt mit. Peter macht Betty klar, daß er sich von ihr seinen Lebensstil nicht vorschreiben läßt. Sie wollte ihn dazu bringen, mit dem Fotografieren der Spinne aufzuhören. Liz Allen hat eine neue Frisur, schäkert mit Peter und erteilt Flash eine Abfuhr. Jameson versucht schon wieder, sich mit dem Gegner der Spinne zu verbünden, um sie zu erledigen (was schon einige Male schiefgegangen ist). Die Schlußszene finde ich nur mäßig witzig: Jameson tröstet sich durch Peters Fotos darüber hinweg, daß die Spinne erneut nicht den Kürzeren gezogen hat. Er will ihm großzügig „die Hälfte dessen zahlen, was die Bilder wert sind“. Aber die Spinne erscheint in seinem Büro und hängt JJJ an der Decke auf. Die Soap-Elemente bringen hier kaum etwas Neues; das haben Lee und Ditko noch nicht im Griff.

Wiederum hat die Redaktion stillschweigend bei der „Spinne“ eine Seite gekürzt und bei „Aquarius“ vier. Auf dem Cover sind der Submariner sowie sein Gegner Krang recht prominent eingefügt. Ein paar Dinge sind also noch verbesserungsfähig: Neben den empfindlichen Kürzungen und dem Umbau der Cover auch der Mangel an redaktionellen Nachrichten (wie auch von Remo angesprochen). Auch wenn es damals noch nicht üblich war, im letzten Bild das nächste Abenteuer anzukündigen, hätte ich das an der Stelle der Williams-Redaktion getan, denn es steht die Premiere des Grünen Kobold bevor.

Peter L. Opmann 23.04.2018 16:36

Die Spinne (Williams) 16

Erscheinungstermin: 8/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 14
2) Tales to Astonish # 87

Story-Titel:
1) Der Grüne Kobold
2) Der Augenblick der Wahrheit!

Original-Storytitel:
1) The Green Goblin
2) Moment of Truth

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Bill Everett / ungenannt: Marie Severin und die Inker John Romita, Frank Giacoia, Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45740.jpg


Ausgerechnet beim Debüt des Grünen Kobolds, des wohl wichtigsten Gegenspielers der Spinne, erlaubt sich die Redaktion eine Kürzung von drei Seiten. Allerdings wird wieder sinnwahrend gekürzt, weggelassen werden nur Details des Kampfs gegen den Kobold und gegen den Hulk. Das spricht nicht für eine ungemein gehaltvolle Story, ist aber dennoch ärgerlich. Dafür erleben wir diesmal die „Aquarius“-Episode in voller Länge. Ob die Redaktion immer noch darüber nachdachte, wie man 21 Seiten Haupt- und elf Seiten Zweitstory auf 32 Seiten inklusive Umschlag unterbringt? Vermutlich war tatsächlich auch diese Ausgabe schon produziert, als die Entscheidung fiel, den Heftumfang zu reduzieren. Ab der zehnten Produktion ist Besserung versprochen.

Wir sehen zu Beginn eine dunkle Gestalt, die allerlei technisches Equipment zusammenbastelt, um zum Grünen Kobold zu werden. Auch aus der wahren Identität des Bosses (Foswell) hatte Marvel ja ein großes Geheimnis gemacht, wie überhaupt das Thema in dieser Phase sehr wichtig ist – denken wir an die Gefahr, dass Peter in den beiden Octopus-Ausgaben enttarnt wird. Der Kobold holt nun zunächst die drei Vollstrecker ins Boot, und er hat einen irren Plan: Er will Hollywood dazu bringen, einen Film über die Spinne, die Vollstrecker und ihn zu drehen, wobei die Spinne nicht merken soll, dass sie es mit echten Supergangstern zu tun hat.

Die Spinne begegnet dem Kobold zufällig beim Herumschwingen, und statt einer Prügelei wird sie in das Filmprojekt eingeweiht und beißt an, weil sie die Gage gut gebrauchen kann. Natürlich bekommt Peter auch wieder einen Fotoauftrag vom Daily Bugle. Als sich die Kostümierten auf dem Set treffen, wird klar, dass die Spinne in eine Falle getappt ist. Sie flieht in eine Höhle. Der Ochse, einer der Vollstrecker, verschließt den Eingang mit einem Felsbrocken. Der Kampf geht weiter, und die Spinne zieht die Vollstrecker im Dunkeln einen nach dem anderen aus dem Verkehr. Aber jetzt mischt sich der Hulk ein, der sich just in dieser Höhle versteckt hält. Es sieht so aus, als hätte die Spinne gegen ihn keine Chance, aber in Wirklichkeit lenkt sie ihn so, dass er den Höhleneingang freisprengen kann. Das Duell mit dem Kobold wird also vertagt.

Aus der Filmgage wird freilich nichts: Der Produzent hat vom Auftauchen des Hulk erfahren und will nun lieber ihn unter Vertrag nehmen (eine satirische Volte). Peter wird mit Spesen abgespeist. Der Kreis schließt sich: Der geheimnisvolle Grüne Kobold kehrt in seinen Unterschlupf zurück und nimmt die Maske ab (aber so, dass der Leser sein Gesicht nicht erkennen kann). Er schmiedet neue Pläne gegen die Spinne. Der ganzen Geschichte fehlt es allerdings sehr an einer nachvollziehbaren Motivation. Die Vollstrecker wollen sich an der Spinne rächen, klar. Aber sie sind zu Nebenfiguren degradiert. Der Grüne Kobold ist einfach durch sein Auftreten ein neuer Gegner der Spinne. Bei ihm wird ständig signalisiert: Wir erklären euch alles später. Zwischendurch wird immerhin die Liebesgeschichte mit Betty weiterverfolgt. Liz Allen macht beim Peter-Bashing nicht mehr mit und bewundert ihn für sein Wissen und seinen Fleiß, was Flash Thompson natürlich auf die Palme bringt. Betty wittert ihrerseits sofort Gefahr von einer Nebenbuhlerin. Tante May und Jonah Jameson haben ihre üblichen Auftritte – er als Knauser, sie als besorgte Übermutter.

Aller Anfang ist schwer, könnte man sagen. Stan Lee und Steve Ditko könnte man bescheinigen, dass sie einen Riecher für das Potenzial der Figurenkonstellation Spinne – Kobold haben. Das muss aber noch fast ganz entwickelt werden. Bemerkenswert ist immerhin, dass der Grüne Kobold vom ersten Panel an seinen gültigen Look hat; es fehlen höchstens noch die Kürbisbomben. Das Cover gehört zu den wenig aussagekräftigen. Die Spinne hängt unvorteilhaft an der Decke der Tropfsteinhöhle, und der Kobold ist zu sehr an den Rand gerückt. Ganz im Hintergrund sieht man noch die Vollstrecker herumkrabbeln. Die Williams-Redaktion hat den eingeblendeten Hulk durch Aquarius ersetzt. Dieser spektakuläre Gaststar wird hier nur durch eine kleine Bemerkung auf der Splashpage unter den Credits angekündigt..

Peter L. Opmann 23.04.2018 22:16

Danke fürs Einfügen!

Peter L. Opmann 26.04.2018 21:05

Die Spinne (Williams) 17

Erscheinungstermin: 9/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 15
2) Tales to Astonish # 88

Story-Titel:
1) Memrod der Jäger!
2) Ein Fremder aus dem All schlägt zu!

Original-Storytitel:
1) Kraven the Hunter!
2) A Stranger strikes from Space

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Bill Everett

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45741.jpg

Das war meine allererste „Spinne“-Ausgabe. Wenn sie mir nicht gefallen hätte, würde ich heute wohl kaum darüber schreiben. Ich vermute, daß es eine spontane Entscheidung war, das Heft zu kaufen. Aber das Cover übt durchaus eine kauffördernde Wirkung aus: Die Titelfigur ist im Vordergrund, verstrickt in ein Netz, und ihr ziemlich exotisch kostümierter Gegner stürmt bedrohlich auf sie zu. Stan Lee schreibt eine kurze Einführung, die wie für mich gemacht scheint: „Für alle Leser, die während der letzten Jahre in einer anderen Galaxie gelebt haben, erklären wir, daß dies die Spinne ist…“ Remo schreibt auch wieder ein Editorial, aber dazu später.

Wir sehen die Spinne kopfüber an einer Hauswand hängen und von oben in ein Zimmer blicken, in dem gerade ein Gangster-Treffen stattfindet. Ich bekenne frei: Sowas hatte ich noch nie gesehen. Drei der Gangster gehen ihr ins Netz, ein vierter bringt sich durch einen Sprung aus dem Fenster in Sicherheit (was den Spinnensinnen überraschenderweise völlig entgeht). Der Mann färbt blitzschnell seinen Anzug um und verwandelt sich mit ein paar Utensilien in einen harmlosen Greis. Es handelt sich um das Chamäleon (siehe „Spinne“ # 3). Seine Aufgabe besteht freilich nur darin, einen neuen Gegner für die Spinne aufzutreiben. Eigentlich ist die Figur für die Story unnötig, aber sie erlaubt einen unkonventionellen Einstieg, bei dem die Spinne sowohl spektakulär inszeniert als auch düpiert wird.

Das Chamäleon bestellt Memrod, den Jäger, nach New York. Er ist Großwildjäger, allerdings ohne Jagdgewehr; er tritt auf wie der große Zampano und fängt passenderweise gerade ausgebrochene wilde Tiere allein mit Körperkraft und Geschicklichkeit wieder ein. Die Spinne braucht nicht einzugreifen. Nach getaner Arbeit verkündigt Memrod, die Jagdbeute, die ihm in seiner Trophäensammlung noch fehlt, ist die Spinne. Er bereitet sich auf diese Jagd minutiös vor und beobachtet zunächst das Kampfverhalten des Wandkletterers. Kurz darauf treffen Memrod und seine Beute aufeinander. Dabei zertrümmert er der Spinne beinahe die Schulter und verabreicht ihr anschließend ein Betäubungsmittel. Die Spinne flieht. Am nächsten Morgen fühlt sich Peter Parker besser, aber seine Hände zittern noch von dem Schlag auf die Schulter.

Kurz darauf lauert Memrod der Spinne auf. Durch ein Double (gegeben vom Chamäleon) lockt er sie an und verpaßt ihr Eisenmanschetten am rechten Arm und Bein, die sich gegenseitig anziehen und die Spinne stark behindern. Sie bringt sich in Sicherheit und schaltet die Manschetten durch Netzflüssigkeit aus. Dann macht sie einfach Memrod per Spinnensignal zum Gejagten. Kopflos rennt er in ein aufgespanntes Netz. Das war’s. Memrod und das Chamäleon werden verhaftet und müssen per Schiff die USA verlassen. Der Kurs ist Südamerika, Memrod will aber in den Kongo – dieser kleine Widerspruch ist mir beim ersten Lesen wahrscheinlich entgangen.

Jameson spielt in dieser Ausgabe seine übliche Rolle; Betty wird erstmals richtig eifersüchtig auf Liz Allen und macht Peter eine Szene. Später – als sie wohl ihr „Frauengold“ genommen hat – entschuldigt sie sich bei ihm für ihr schlechtes Benehmen. Außerdem wird in dieser Episode erstmals eine Nichte von Tante Mays Freundin Mrs. Watson erwähnt (also Mary-Jane Watson), die Peter mal treffen soll. Nachdem er mit Betty und Liz genug Ärger hat, ist er froh, daß sie das Date wegen Kopfschmerzen absagt. Aber nun haben Betty und Liz beide keine Zeit…

Diese Story läßt zwar an Folgerichtigkeit und Einfallsreichtum zu wünschen übrig, aber das wird durch einzelne starke Motive ziemlich geschickt überdeckt: Der wirklich zirkusreife Auftritt von Memrod, seine Planung, bevor er die Jagd auf die Spinne eröffnet, die originellen Hilfsmittel, mit denen er seinem Gegner Handicaps verpaßt. Daß Memrod keine Superkräfte besitzt und der Spinne damit klar unterlegen ist, kommt erst am Ende zum Tragen. Das ist einer der Widersprüche in der Story. Sehr amüsant finde ich (auch heute noch) Peters Probleme mit den Frauen, die ihm umschwärmen. Man sieht, daß er mit Liebesgeschichten noch ziemlich unerfahren ist, fragt sich aber auch, was die Damen so toll an ihm finden (wegen Betty hat er immerhin gegen Doktor Octopus gekämpft, aber der Sinneswandel von Liz ist eigentlich unerklärt, und was Mary-Jane von ihm will, wird – wie sie selbst – absichtlich noch im Dunkeln gelassen).

Im Editorial preist Remo das nächste Preisausschreiben an (so sollen die Fans bei Laune gehalten werden). Außerdem philosophiert er ein wenig über den Sinn von Comics. Kurz gefaßt: Sie sind „nur Unterhaltung“, aber da er überzeugt ist, daß sie den Machern Spaß machen, ist es ja nur logisch, daß sie auch den Lesern gefallen müssen. Entweder wollte Remo eigentlich etwas ganz anderes sagen, oder er hat Mühe, seinen schlichten Gedanken die Anmutung von Tiefsinn zu verleihen. Dazu paßt auch die Einsendung von Leserin (!) Ursula Schüller aus Aachen: „Wer Marvel nicht kennt, der pennt!“ In meinen Augen haben die redaktionellen Beiträge seit den ersten Ausgaben deutlich an Aussagekraft und Esprit eingebüßt. Wenn ich mich recht erinnere, ist Remo auch nicht viel länger dabei geblieben.

Interessanterweise habe ich das Heft zwar geschätzt, aber die Geschichte nie zu imitieren versucht. Hauptsächlich bei den „Rächern“, weniger bei „Thor“ habe ich damals viel abgepaust – das waren offenbar aus meiner damaligen Sicht Superheldenstorys, wie sie sein sollen. Bis ich mit # 71 richtig einstieg, habe ich auch kaum „Spinne“-Hefte gekauft, nur durch die Superbände bekam ich ein bißchen mit, was sich dort so tat.

Peter L. Opmann 29.04.2018 15:26

Die Spinne (Williams) 18

Erscheinungstermin: 9/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 16
2) Tales to Astonish # 89

Story-Titel:
1) Duell mit dem Dämon
2) Der Prinz und die Macht!

Original-Storytitel:
1) Duel with Daredevil!
2) The Prince and the Power!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Bill Everett

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45742.jpg

Diese Story ist bemerkenswert klar aufgebaut, wirkt aber dadurch auch etwas mechanisch. Hier soll der neue Superheld „Daredevil“ durch einen Gastauftritt bekannter gemacht werden. Er trägt noch sein altes gelbes Kostüm mit schwarzem Muskelshirt. Alles paßt sehr gut zusammen: Weil Peter sich nicht mit Mary-Jane verabreden will, verläßt er das Haus von Tante May. Draußen wird er als Spinne Zeuge, wie vier Ganoven einen Blinden bedrohen – das ist niemand anders als Matt Murdock, der dank seiner hypersensiblen Sinne zum Superheld ohne weitere Superkräfte werden kann. Zunächst mal läßt er sich von der Spinne retten; es wäre schwierig gewesen, sich in dieser Situation in sein Kostüm zu werfen. Der Herzschlag der Spinne verrät ihm einiges über die Spinne – die Geheimidentität kann er aber so natürlich nicht aufdecken.

Nun kommt der Zirkusdirektor mit seiner Truppe nach New York. Seine Masche ist dieselbe wie in „Hulk“ # 3 (das war möglicherweise mein erstes Marvel-Heft überhaupt): Er hypnotisiert das Publikum und nimmt ihm alle Wertsachen weg – hinterher können sich die Leute an nichts erinnern. Um möglichst viele Opfer ins Zelt zu bekommen, wirbt er mit einem Auftritt der Spinne. Peter Parker durchschaut den Trick noch nicht und beschließt, wirklich aufzutreten, denn angeblich soll der Erlös der Vorstellung gespendet werden. Jameson und Betty müssen sich diesmal mit einem Mini-Auftritt zufriedengeben: Jonah verkündet, er werde keine Fotos der Spinne mehr bringen, was Peter aber nicht daran hindert, trotzdem in den Zirkus zu gehen. Betty bemerkt seine Eintrittskarte und vermutet, Peter nehme ein anderes Mädchen mit. Beide Konflikte werden nicht weiterverfolgt.

Der Zirkusdirektor läßt sich vom Auftauchen der Spinne nicht von seinem Plan abbringen. Die Spinne wird einfach ebenfalls hypnotisiert. Und auch Matt Murdock ist mit seinen Kollegen Foggy und Karen im Zirkus; er kann als Blinder als Einziger nicht hypnotisiert werden. Der Zirkusdirektor hetzt jedoch die willenlose Spinne auf ihn. Der Kampf läuft nicht besonders spektakulär ab, denn die Spinne braucht dauernd neue Befehle, und so kann ihr der Dämon mühelos ausweichen. Er schnappt sich den Hut des Zirkusdirektors, mit dem er die Spinne aus ihrer Trance holt. Jetzt bekommen es die beiden Helden mit der gesamten Zirkustruppe zu tun. Aber die Auseinandersetzung wirkt etwas müde, weil diesmal drei der 22 Seiten geopfert werden. Dadurch bleibt von den Trapezbrüdern kaum etwas übrig, und der Kanonenkugelmann ist bei Williams überhaupt nicht zu sehen. Die Schlangenfrau gibt es offenbar noch nicht – möglicherweise aus Jugendschutzgründen.

Der Dämon hat den Kampfplatz vorzeitig geräumt und klatscht der Spinne am Ende als Matt Murdock Beifall. Sie weiß, daß er es ist, kann ihn aber unter den hunderten Besuchern nicht ausfindig machen. Matt läßt Foggy und Karen noch einmal kurz allein, um dem verhafteten Zirkusdirektor seine Anwalts-Visitenkarte zu überreichen. Richtig originell wäre, wenn Matt die Superschurken dann vor Gericht rauspauken würde; das hat man aber in den frühen Jahren nach meiner Erinnerung so nicht erlebt.

Diesmal wäre es besser gewesen, wenn die gekürzten Action-Seiten drin geblieben wären, denn dieser Story mangelt es ohnehin schon an Spannung. Stan Lee hat das offensichtlich gewußt, denn häufig waren ihm große Konflikte und zugespitzte Verwicklungen wichtiger als das logische Gefüge. Das Zusammentreffen mit der Spinne in „Daredevil“ # 16 ist mir viel lebhafter in Erinnerung geblieben, obwohl dahinter nur ein übliches Mißverständnis der Helden steckte. Auch das Cover dieser Ausgabe ist nicht besonders gut gelungen. Steve Ditko hatte offenbar keine Zeit – oder keine Lust -, das Zirkuspublikum oder wenigstens ein paar Mitglieder der Zirkustruppe zu zeichnen. Letzte Bemerkung: Das Williams-Lettering ist zu allem Überfluß diesmal auch ziemlich schlecht.

Peter L. Opmann 01.05.2018 21:06

Die Spinne (Williams) 19

Erscheinungstermin: 10/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 17
2) Tales to Astonish # 90

Story-Titel:
1) Die Rückkehr des Grünen Kobolds!
2) Und siegen wird Byrrah!

Original-Storytitel:
1) The Return of the Green Goblin
2) To be beaten by Byrrah!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Bill Everett

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45743.jpg

Hier gibt es nun eine Änderung, die mir als Erstleser garantiert nicht aufgefallen ist. Im Impressum taucht erstmals die Klaus Recht GmbH als Verlag auf („mit Genehmigung von Transworld Feature Syndicate Inc.“). Das ist von Bedeutung, weil Remo ab der zehnten Produktion eine Rückkehr der redaktionellen Seiten angekündigt hatte. Wie vermutet, hat sich die Redaktion den Spielraum geschaffen, indem sie „Aquarius“ ab sofort zweiteilt. Trotzdem werden immer noch zwei „Spinne“-Seiten gekürzt. Denn bei den redaktionellen Seiten wird jetzt wieder richtig hingelangt: Es gibt wieder die Checkliste, ein Remo-Editorial, eine Leserbrief- und eine Rätselseite sowie die Vorschau auf die elfte Produktion auf dem Backcover. Sonst ist aber erstmal alles beim Alten geblieben. Chefredakteurin ist Sybille van Geem, Redakteur Reinhard Mordek; Hartmut Huff ist unter „Typografie“ genannt. Für die Herstellung ist Kurt Rebischke angegeben.

Zur Rückkehr des Grünen Kobolds: Das geschieht ziemlich schnell – erst in „Spinne“ # 16 war er erstmals aufgetaucht. Man hielt ihn also für ein großes Zugpferd. Bemerkenswert, da er nach wie vor eine Figur ohne jegliche Geschichte ist. Warum er überhaupt gegen die Spinne kämpft, bleibt weiter offen. Für den nächsten Kampf rüstet er auf, aber am Konzept der Figur ändert sich kaum etwas. In diesem Heft ist mir deutlich aufgefallen, daß die „Spinne“-Episoden aus Versatzstücken bestehen, also es wird im Kern immer wieder die gleiche, nur leicht abgewandelte Geschichte erzählt. Flash will einen Spinne-Fanclub gründen. Es gibt ein bißchen Geplänkel, weil er Peter Parker nicht im Club haben will und Liz dagegen energisch protestiert. Die Spinne will er aber haben und verkündet in Zeitungsanzeigen einfach, daß sie bei der Gründungsversammlung anwesend sein wird. Und der Grüne Kobold kommt natürlich auch, um mit der Spinne abzurechnen – das ist der gleiche Plot wie beim Zirkus des Schreckens im vorigen Heft.

Betty wird wieder eifersüchtig, weil sich Liz so für Peter einsetzt – wie gehabt. Jameson hat seinen Entschluß vergessen, keine Fotos der Spinne mehr in seiner Zeitung zu bringen. Er treibt Peter wieder zum Fotografieren an. Es sind alles Klischees, die jedesmal vorkommen müssen. Unterschlagen wird uns wegen der Kürzungen die kupplerische Tante May, die Peter unbedingt dazu bringen will, sich mit Mary-Jane zu verabreden.

Neu beim Kampf gegen den Kobold ist, daß die Spinne Schützenhilfe von der menschlichen Fackel erhält. Spinne und Fackel wurden damals zu einer Art frühem Marvel Team-up aufgebaut – zwei Teenager, die grundsätzlich einander schätzen, aber auch hitzköpfig beharken. Dieses Modell wurde aber bald darauf aufgegeben, wohl als beide feste Beziehungen eingingen, Peter zu Gwen, Johnny zu Crystal. Eine noch nicht so abgegriffene Komplikation wird eingebaut: Liz fällt auf, daß Peter bei Auftritten der Spinne nie da ist und macht sich so ihre Gedanken. Er unterbricht daher sein Duell mit dem Kobold, um sich Liz als Peter zu zeigen.

Am Ende versuchen Lee und Ditko, die Spinne einmal eine richtige Niederlage erleiden zu lassen. Bisher war es ja immer so, daß die Spinne eine zweite Chance bekam und dann auch ihren Gegner niederrang. Diesmal hört sie mitten im Getümmel davon, daß Tante May nach einem Herzanfall ins Krankenhaus gekommen ist. Sie bricht den Kampf ab und eilt ans Krankenbett. Für die Leute sieht es allerdings so aus, als würde sie vor dem Kobold davonlaufen. Die Fackel regelt den Rest. Wer flieht, ist der Grüne Kobold, natürlich nicht, ohne seine baldige Wiederkehr anzudrohen. Jedenfalls ist dies das erste typische Spinne-Storyende: Peter steht tief enttäuscht da, weil Jameson ihn zum Feigling gestempelt hat, und fragt sich, warum das ausgerechnet ihm passieren muß.

Also schon wieder eine recht mäßige Ausgabe. Negativ fällt gleich auf, daß die Splashpage von Williams ausgebessert werden mußte. Unten fehlt ein Streifen (keine Ahnung, woran das liegt) und wurde von einem Amateur nachgezeichnet. Und noch ein Blick auf Remos Editorial: Er war in der Marvel-Redaktion in New York zu Gast und schwärmt vom House of Ideas. Und schon wieder fängt er von neuen Serien an, die er starten möchte. Er verspricht ein Williams-Marvel-Programm, „das die verwöhntesten Comicfans vom Stuhl reißt“. Was wohl dahinter steckte? Hat der Verlag vielleicht von einer Marvel-Mania in Deutschland geträumt? Williams hat „Superman/Batman“ von Ehapa wohl nie ernsthaft Konkurrenz machen können. Hatte Transworld Feature mehr in Deutschland vor? Ich dachte immer, Verkaufszahlen außerhalb der USA haben Marvel immer kaum interessiert. Oder sind das nur Sprüche? Das könnte wohl nur ein Kenner der Williams-Verlagsgeschichte beantworten.

user06 03.05.2018 11:36

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 568197)
Hatte Transworld Feature mehr in Deutschland vor? Ich dachte immer, Verkaufszahlen außerhalb der USA haben Marvel immer kaum interessiert. Oder sind das nur Sprüche? Das könnte wohl nur ein Kenner der Williams-Verlagsgeschichte beantworten.

Der gigantische Werbeaufwand beim Übergang von bsv zu Williams spricht zumindest dafür, dass man eine Menge mehr vorhatte.
Schon nach wenigen Monaten war man aber so ernüchtert, dass Klaus Recht die Serien übernehmen konnte. Und selbst der hat später, in einem noch unveröffentlichten Interview mit Peter Gensmantel, gesagt, dass seine Marvels ein reines Nischenprodukt waren.

Peter L. Opmann 03.05.2018 12:04

Ist ja interessant. Das Muster kenne ich häufiger aus der Fanszene: Ein Comicmacher ist von seinem Material absolut begeistert, stellt sich schon vor, wie er sein Magazin bundesweit in die Kioske bringen wird und die Verkaufszahlen alle Vorstellungen sprengen werden. Und dann verkauft er mit großer Mühe und viel Überredung binnen eines Jahres 237 Exemplare.

Williams als überdimensioniertes Fanprojekt - das hat doch was!

thetifcat 03.05.2018 15:24

Was die breite Masse wirklich will, erleben wir doch gerade in diesen Zeiten, auf allen Sektoren. Die breite Masse bekamm damals genau das was es wollte - C ON D O R. Und der machte dann Geld mit Marvel.

Peter L. Opmann 03.05.2018 17:00

Vielleicht kann man's so sehen, daß Williams damals schon in Ansätzen etwas versucht hat, was erst vor kurzem in Mode gekommen ist: Gesamtausgaben.

thetifcat 03.05.2018 17:46

Das passt gut Peter :top: Und dann noch in der richtigen Form. Das hat bei Marvel niemals wieder ein Verlag versucht. Da haben Wäscher Fans es wirklich besser.

Peter L. Opmann 05.05.2018 10:46

Die Spinne (Williams) 20

Erscheinungstermin: 10/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 18
2) Tales to Astonish # 90

Story-Titel:
1) Das Ende der Spinne
2) ohne Titel (Und siegen wird Byrrah!)

Original-Storytitel:
1) The End of Spider-Man!
2) To be beaten by Byrrah!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Bill Everett

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://www.comicguide.de/pics/medium/45744.jpg

„Diese Geschichte ist wahrlich der Knüller der Marvel-Saison.“ Solche und ähnliche Sprüche liest man in praktisch jeder Ausgabe. Doch ich muß sagen: Bisher ist mir diese Episode zwar nicht besonders aufgefallen (obwohl ich sie irgendwann auch mal gelesen habe). Doch Lee und Ditko tun hier tatsächlich einiges, um gewohnte Superhelden-Klischees in Frage zu stellen. Offiziell kämpft die Spinne hier gegen den Sandmann (tauchte erstmals in „Spinne“ # 6 auf), aber eigentlich gerät Peter Parker hier von einer Schwierigkeit in die andere. Er steht so unter Druck, daß er hier kaum als Spinne auftritt; das Konzept „Superhelden mit Problemen“ wird erstmals richtig ernst genommen. Ich sehe die Ausgabe als Gegengewicht zu „Spinne“ # 8; im Kampf gegen den lernfähigen Roboter war das humoristische Potential der Serie voll ausgeschöpft worden, jetzt wird alles herausgeholt, um tragische Verstrickungen zur Geltung zu bringen.

Tante May ist schwer herzkrank. Sie ist zwar aus dem Krankenhaus zurückgekehrt, braucht aber Peters pflegerischen Beistand und teure Medikamente. Das bedeutet, daß Peter dringend Geld auftreiben muß (ein amerikanisches Problem, wo viele Menschen zu dieser Zeit nicht krankenversichert waren), und er wagt nicht mehr, als Spinne auf Verbrecherjagd zu gehen, weil Tante May außer ihm niemanden hat (das stimmt freilich eigentlich nicht; es gibt ja die fürsorgliche Anna Watson, die hier seltsamerweise Watkins heißt – aber völlig unglaubwürdig ist die Sache nicht).

Zunächst wird die Situation der vorherigen Ausgabe aufgegriffen: Die Spinne war vor dem Grünen Kobold abgehauen (in Wirklichkeit war sie ins Krankenhaus zu Tante May geeilt). Das war ein gefundenes Fressen für J. J. Jameson. Das ganze Heft hindurch weidet er sich an diesem Versagen und ist so guter Laune, daß ihn seine Angestellten kaum wiedererkennen. In der Öffentlichkeit wird breit diskutiert, was mit der Spinne los ist, aber die meisten neigen dazu, Jameson zu glauben. Inzwischen bleiben die Bemühungen der Spinne, an Geld zu kommen, erfolglos. Ein Sammelbildproduzent hat kein Interesse an einer Bilderserie, und die Industrie kauft auch nicht das besonders reißfeste Netz, weil es sich nach kurzer Zeit von selbst auflöst. Was nun? Tante Mays Arznei ist beinahe erschöpft.

Eingestreut werden die Probleme zwischen Peter und Betty Brandt. Betty ist nun soweit, daß sie mit Peter Schluß machen will (was allerdings nicht richtig erklärt wird). Als er sich mit ihr aussprechen will, geht sie nicht ans Telefon. Stattdessen beginnt sie, einen anderen Typen zu daten (der dem Leser allerdings nicht näher vorgestellt wird). Und hinzu kommen auch noch Probleme mit Flash Thompson. Er faßt den Plan, noch einmal als Spinne aufzutreten (wie schon in „Spinne“ # 7) und sich von der echten Spinne retten zu lassen, wenn einer der Supergegner auftauchen sollte. Klingt wie: Ich nehme jetzt Strichnin, und dann gehe ich zum Arzt. Aber Flash ist ein solch hirnrissiger Plan durchaus zuzutrauen.

Flash legt sich zwar nur mit drei Autoknackern an, wird aber von ihnen übel verdroschen, und Peter überläßt es zwei Polizisten, ihn zu retten. All die Probleme enden erst, als der Doktor Tante May bescheinigt, wieder gesund zu sein. Peter hatte das Spinne-Kostüm schon in den Mülleimer geworfen (ein Motiv, das später noch häufiger vorkommt); jetzt zieht er es wieder an. Er hat erkannt, daß er die Pflicht hat, seine Superkräfte zum Guten zu nutzen (siehe die allererste Episode: „Mit großer Kraft kommt große Verantwortung“), und will das nun wieder entschlossen tun. Die nächste Ausgabe wird aber nur in wolkigen Worten angekündigt.

Eine Spinne-Episode ohne großen Kampf (wenn auch nicht ohne Action). Der Sandmann tritt eher alibihaft auf und hat auch nur eine Nebenrolle. Woher er kommt und was er vorhat, spielt hier keine Rolle. Ansonsten nichts als Querelen wegen Tante Mays Krankheit, mit Betty, mit Flash, mit Jameson – hier sind das keine bloßen Versatzstücke, sondern man spürt das Bemühen, das äußerste an Tragik aus der Story herauszuholen, wenn auch nicht alles wirklich logisch aufgebaut und gut erzählt ist. Es war für die damalige Zeit sicher ein Wagnis, eine solche Geschichte zu präsentieren, die so manche Erwartungen unterläuft und düpiert.

Noch ein Blick auf die Leserbriefseite dieses Monats. Bemerkenswert fand ich schon als Kind den Brief eines 14jährigen, der sich an der sensationsheischenden Sprache der Marvels stört, was er für eine reine Marketingmasche hält. Ansonsten fünfmal Lob und einmal Kritik (wieder ein Leser, der die Hefte mit den alten HIT-Comics vergleicht).

jakubkurtzberg 06.05.2018 12:04

Marvel Gesamtausgaben in halbwegs vernünftiger Form kriegen leider nur die Franzosen hin...

Für mich wäre das (un-)vernünftigste eine Hardcover-Reihe mit je einer Seite aus der Marvel Masterworks-Softcoverserie und der dazugehörigen Hit Comics-Version gegenüber. Das Gleiche dann nochmal mit Williams und aufgefüllt mit jeweiligen Erstausgabe (Condor/Panini/Hachette, je nachdem).


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