Podium beim Comic-Salon: Bibliothek oder Müllcontainer?
Beim Comic-Salon in Erlangen gibt es von Deutsche Comicforschung eine Podiumsdiskussion, die nicht nur Sammler interessieren dürfte:
Samstag, 28. Mai 2016, um 17 Uhr 30 im Großen Ratssaal des Rathauses Erlangen Bibliothek oder Müllcontainer – wohin mit dem Altpapier? Die frühe Comicszene wurde von Sammlern getragen. Es entstanden Sammlungen von hohem Wert, die demnächst vakant werden, wenn ihre in die Jahre gekommenen Urheber sterben. Für die uninformierten und überforderten Erben ist häufig der Papiercontainer der einzige Weg der »Entsorgung«. Die Chance, nach dem Muster anderer Länder ein Comiczentrum zu schaffen, das sich der Sammlungen annimmt und das kulturelle Erbe sichert, scheint verpasst. Podiumsdikussion. Moderation: Dr. Eckart Sackmann (Patrimonium Deutsche Comicforschung). Teilnehmer: Dr. Bernd Dolle-Weinkauff (Institut für Jugendbuchforschung, Universität Frankfurt/M), Dr. Stephanie Jacobs (Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek, Leipzig), Bodo Birk (Comic-Salon Erlangen), Heiner Jahncke, Ralf Palandt, Carsten Laqua (Sammler und Comic-Experten). eck;)rt |
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Ein Thesenpapier/Konzept wäre für diejenigen Interessenten nützlich, die nicht vor Ort sind. |
Ich schätze, die Diskussion wird man sich hinterher irgendwo bei Splashpages oder youtube oder sonstwo ansehen respektive anhören können.
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Ja, habe das Video von der moderierten Diskussion auf dem Münchner Comicfestival 2015 gesehen.
Ich denke nur, wenn es inzwischen etwas Konkretes gäbe, bräuchte man nicht mehr zu "diskutieren". Ist keine Wertung - finde das Thema interessant. |
Wenn es von so großem Interesse ist und sonst keiner mitschneidet, stelle ich gerne eine Videokamera mit Stativ zur Verfügung. Ich selber kann diesmal nicht persönlich in Erlangen sein.
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Den Termin habe ich mir vorgemerkt und werde dort sein.
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Danke für die weiteren Infos!
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Bin insbesondere gespannt auf die Auskünfte der Vertreterin der Deutschen Nationalbibliothek/Deutsches Buch- und Schriftmuseum. Viel Erfolg und gutes Gelingen! |
Ich frage mich, ob für ein Comicmuseum - oder eine Bibliothek - "Mint" das entscheidende Kriterium sein kann. Aber warten wir mal die Diskussion ab.
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Der Müllcontainer wird eher die Ausnahme bleiben....
Ich hatte ja mal ein ähnlich gelagertes Thema eröffnet:
http://www.sammlerforen.net/showthread.php?t=32761 Die Befürchtung, daß viele Comics im Altpapiercontainer landen sehe ich nicht. Anders als in den 70er oder frühen 80er Jahren, ist es mittlerweile Allgemeinwissen, daß die alten Comics auch einen gewissen Wert haben. Auch wenn ein Sammler stirbt, gibt es (fast) immer Partner oder Freunde, die darum wissen und sich um den Abverkauf kümmern. Dann kann ein Sammler dies natürlich auch im Testament festlegen, was mit der Sammlung geschehen soll. Ich sehe eher einen massiven Preisverfall bei durchschnittlichen Comics in durchschnittlichen Zuständen auf uns zukommen, die heutige Leser kaum noch kennen, oder sich dafür auch gar nicht interessieren. Dieser Preisverfall hat in der realen Welt, abseits vom Katalogpreis, bei Serien wie Robinson, Ahoi, sowie Lehning Serien der 2. und 3. Reihe längst eingesetzt. |
Und wohin führt der Preisverfall wenn sich die Durchschnittsware nur mit großem Aufwand oder gar nicht verkaufen lässt ? Möglicherweise doch zum Altpapiercontainer.
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Besonders dieser Teil zeigt mir, dass die Stadt Erlangen garantiert nicht der Nabel des deutschen Comicuniversums ist.
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Kompetenz für Comics ist nirgendwo vorhanden. Außer im Unterentenuniversum.
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Hättest du deinen Beitrag erst nach Erlangen 2016 veröffentlicht, dann hätte ich natürlich noch damit gewartet. :zwinker:
Flächendeckende Fachkompetenz im Unterentenland zum reinen Comicthema findet man hier natürlich nur zum Disney-Comic-Universum. Aber wenn man die Leute der Comicszene der letzten 30 Jahre so eingehend beobachten und studieren konnte wie meinereiner, dann kenn ich mich beim Thema Fachkompetenz der Macher und Möchtegernmacher schon ziemlich gut aus. Das Stimmt. ;) Zum Thema: Bibliothek oder Müllcontainer? Sobald die antiquarischen Comics scantechnisch für die Nachwelt erfasst und gesichert sind, braucht man die Originale nicht mehr wirklich. Das Papier zersetzt sich eh mit der Zeit und nach ca. 100 Jahren sind die meisten alten Comics "brittle & brown". das bedeutet: Sie zerfallen einfach zu Staub und werden wertlos. brittle & brown betrifft nur die Abbildungen des zerfallenden Papiers. Siehe auch: Papierzerfall |
Patrimonium Deutsche Comicforschung - Bibliothek oder Müllcontainer (2016)
Der Ratssaal ist sehr gut besucht.
Auf dem Podium sind: Dr. Eckart Sackmann Heiner Jahncke Carsten Laqua (nicht im Bild) Ralf Palandt |
Seit wann hat Carsten denn einen Bart? :kratz:
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Carsten Laqua saß ganz links.
Bilder und Bericht folgen. |
Angekündigt waren noch: Bodo Birk, Dr. Bernd Dolle-Weinkauff und Dr. Stephanie Jacobs. Sie fehlten teils entschuldigt, teils unentschuldigt. Laut Eckart Sackmann hätten sie möglicherweise etwas dazu sagen können, wie man zu einem deutschen Comiczentrum oder Comicmuseum oder öffentlichen Comicarchiv kommen könnte. Die da waren, konnten nur sagen: Ich habe eine riesige Sammlung und weiß längerfristig nicht, wohin damit.
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Bodo Birk saß hinten im Publikum und "traute" sich scheinbar nicht auf das Podium.
Ob das etwas mit der Kritik an der Preisauswahl und -verleihung zu tun hatte? :kratz: Honi soit qui mal y pense. |
Die Moderation lag bei Dr. Eckart Sackmann
Dr. Sackmann erläuterte, dass die erste Sammlergeneration zwischenzeitlich ein Alter von 60 bis 70 Jahre habe. Deren Sammlungen, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich seien, bergen zum Teil große Schätze für die Kulturgeschichte. Die Nachkommen stehen dann vor dem Problem, "Wohin mit dem ganzen Papier?" Sackmann berichtet von einem ihm aus Leipzig bekannten Sammler, der kürzlich verstorben sei. Dessen Ehefrau konnte sich mit der Sammlerleidenschaft nicht anfreunden. Niemand wisse, was mit dessen Sammlung geschehe. Für die Allgemeinheit, die ein Interesse an der Kultur habe, ergebe sich dadurch ein großes Problem. Daher - so Sackmanns Appell - müsse man man dringend etwas einrichten, das derartige Sammlungen erhalten und auffangen könne. Vorbeugen könne man dadurch, dass eine "wertvolle" (wertvoll nicht im monetären, sondern im kulturellen Sinne) Sammlung nicht in alle Winde zerstreut werde. |
Carsten Laqua berichtete von einem Todesfall eines Sammlers, bei dem die Verwertung nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten stattgefunden habe, also der mit dem ersten Zugriff sich das "beste" (teuerste) habe.
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Da Comics Literatur seien, böte sich nach Sackmanns Auffassung eine Einrichtung an, die mit dem Archivieren und Auswerten von Literatur bereits vertraut sei.
Die Idee, ein eigenes Comiczentrum zu gründen, sei hingegen zu kompliziert und auch von den Folgekosten nicht kalkuliertbar. Als Beispiel nannte Sackmann die Nationalbibliothek in Leipzig. Sein Wusch ist es, dass dort eine Stelle eingerichtet werden könne, die sich speziell auch dem Literaturbereich "Comic" widme, doch nicht nur verwalte, sondern auch die Inhalte nutze, interpretiere, der Forschung zugänglich mache und auch Ausstellungen unterstütze und ermögliche. Er zeigte zwei Beispiele, wie in den Nachbarländern Frankreich und der Schweiz öffentliche Comicsammlungen entstanden seien. Zum einen verwies er auf Angouleme, wo seit 30/40 Jahren eine Sammlung entstanden sei, die mit staatlichen und auch privaten Mitteln ausgestattet sei. In Lausanne sei die städtische Bibliothek vor allem durch den Einsatz von Cuno Affolter und dessen eingebrachte Sammlung enorm gewachsen. In Deutschland sei nichts vergleichbares vorhanden. Problematisch sei einerseits die finanzielle Ausstattung (""Man muss schon überzeugende Argumente parat haben, warum das Sinn macht und dafür Geld ausgegeben werden soll"), zum anderen aber auch die Fachkompetenz. |
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