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Peter L. Opmann 29.08.2018 18:29

Spinne (Williams) 55

Erscheinungstermin: 4/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 54
2) Submariner # 5

Story-Titel:
1) Falle und Fangarme!
2) ohne Titel (Achtung… Tigerhai!)

Original-Storytitel:
1) The Tentacles and the Trap!
2) Watch out for… Tiger Shark”

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45779.jpg

Der zweite Teil eines Vierteilers, aber noch einmal schreibt Stan Lee eine so schöne Einleitung wie beim letzten Mal. Der erste Teil ist ziemlich unbestimmt ausgegangen: Ock gelingt es nicht, den Vernichter (im Original: „Nullifier“) an sich zu bringen, aber die Spinne schafft es auch nicht, Ock zu fassen. Was jetzt passiert, nämlich daß Ock sich unter dem Tarnmantel der Wohlanständigkeit bei Tante May einquartiert, ist zwar ein Motiv, das in dem Film „Ladykillers“ noch brillanter durchgespielt wurde. Hier schöpft die alte Dame zwar keinen Verdacht und bringt den Bösewicht nicht resolut zur Strecke, aber dafür muß Peter Parker erkennen, daß er plötzlich mit einem seiner ärgsten Feinde unter einem Dach lebt (wobei Ock nicht ahnt, daß er es mit der Spinne zu tun hat).

Ock und Tante May begegnen sich wegen der Vermietung eines Zimmers mit ganz altmodischer Höflichkeit. May meint sich zwar zu erinnern, daß der Wissenschaftler mal mit dem Gesetz in Konflikt war, aber Ock schiebt die Schuld sofort auf die Spinne, die Tante May auch nicht leiden kann. In seinem Zimmer angekommen, schmiedet Ock sofort dunkle Pläne. Peter wird derweil in seiner eigenen Bude, während er an seiner Spinne-Ausrüstung werkelt, erneut beinahe von Harry überrascht; der ist verstimmt, daß Peter immer alles vor ihm abschließt. Beim Daily Bugle will man wissen, wo Doc Ock untergetaucht ist – Peter verspricht, ihn aufzustöbern. Noch ein kleiner Flirt mit Gwen und Mary-Jane, dann steht er dem Mann mit den Tentakeln schon unvermutet gegenüber, der gerade formvollendet mit Tante May Tee trinkt. Peter ist geschockt, kann aber seiner Tante natürlich nicht erklären, warum. Ock droht ihm, sie umzubringen, falls Peter ihr verraten sollte, wer er wirklich ist.

Peter gibt klein bei, kehrt aber bei Anbruch der Dunkelheit als Spinne zum Haus von Tante May zurück. Unvorsichtigerweise warnt die Spinne Ock durch ihr Spinnensignal. Er läßt sich nicht aus dem Haus herauslocken, sondern ruft seine Mannschaft zu Hilfe, die noch aus seiner Zeit als Meisterplaner übrig geblieben ist. Die Spinne hat etwas Mühe, mit den Maskierten fertig zu werden. die alarmierten Nachbarn halten sie jedoch für ebenso gefährlich wie die Gangsterbande. Dann dringt sie ins Haus ein und stürzt sich auf Ock. Unvermeidlich kommt jedoch Tante May dazu und wird ohnmächtig. Ock bricht mit seinen Tentakeln durch die Hauswand und hält dabei irgendeinen Kasten im Arm. Die Spinne ist derweil ziemlich verwirrt, demaskiert sich, um Tante May zu signalisieren: Es ist alles in Ordnung. Aber sie wird nicht wieder wach. Sie ruft den Hausarzt Dr. Bromwell zu Hilfe und legt ihr Kostüm ab. Bromwell will wissen, was den Schock bei der alten Dame bewirkt hat. Peter: „Ich… äh, bin nicht ganz… äh, sicher.“ Seltsam: sieht Bromwell denn keine Kampfspuren – zumindest das riesige Loch in der Wand? Über das Loch ärgert sich Peter freilich, denn er muß es nun für viel Geld beseitigen lassen (was er den Bauarbeitern wohl erzählt?). Jedenfalls will er Ock nun ein für allemal unschädlich machen. Die Vorschau verkündet jedoch: „Unheil trifft die Spinne!“

Abgesehen von den Ungereimtheiten am Ende ist das erneut eine gelungene Story. Daß ein Superschurke in die Privatsphäre des Helden eindringt, ist zumindest zu dieser Zeit ein sehr origineller Plot. Es gibt noch einen anderen Film, der dafür Motive geliefert haben kann: „An einem Tag wie jeder andere“, wo sich eine Bande von ausgebrochenen Sträflingen bei einer Durchschnittsfamilie verschanzt. Aber Ock versteckt sich eher hinter einer Maske der Harmlosigkeit, als daß er Tante May bedroht. Klar wird jedoch: Peters Privatleben ist eine Achillesferse, an der ein gewitzter und skrupelloser Feind ihn treffen kann. Und dann vergrößern sich auch seine Probleme, seine Identität geheim zu halten. Hier werden also einige Probleme für Peter Parker angeschnitten, und es ist noch unklar, wie er sie lösen wird.

Nach „Spinne“ # 46 inseriert Kodak hier noch einmal. Die Anzeige will suggerieren, daß man mit einer Instamatic-Kamera mit Stativ in der Schule punkten kann. Es gibt wieder einen Kleinanzeigen-Markt. Darauf geht die Redaktion im Editorial ein, das seit kurzem zur Monats-Checkliste hinzutritt.

Horatio 29.08.2018 19:10

Ohne das Heft nochmal gelesen zu haben: Gibt's im Heft eine Erklärung dafür, dass er jetzt zur Untermiete wohnen will/muss? Vor einigen Ausgaben hatte er noch genug Knete für eine Unterwasserbasis auf dem Grund des Hudson (?) River.

Peter L. Opmann 29.08.2018 20:19

Das ist keine Geldfrage. O-Ton Doc Ock: "Das ist perfekt. Hier wird man mich niemals finden."

Womit er sich verrechnet hat...

Peter L. Opmann 31.08.2018 17:15

Spinne (Williams) 56

Erscheinungstermin: 4/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 55
2) Submariner # 6

Story-Titel:
1) Doc Ock siegt!
2) Und der besiegte den Tod!

Original-Storytitel:
1) Doc Ock wins!
2) And to the Vanquished… Death!

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45780.jpg

Bei diesem Heft sticht gleich das Cover hervor. Einfach nur das Gesicht des Helden oder Schurken in Großaufnahme, das kann es bei Marvel vorher nicht oft gegeben haben. Obwohl John Romita hier nicht die Gabe hat, Ocks Visage in Nahaufnahme durch zusätzliche Falten oder Grübchen realistischer zu gestalten, und der gefletschte Mund anatomisch ziemlich falsch ist, stellt sich die beabsichtigte Wirkung doch ein. Irgendwie schafft er es, die Proportionen so „richtig“ anzulegen, daß es wirklich wie ein extrem bösartiger Ock aussieht, und in seiner Brille spiegelt sich doppelt die Spinne, die mit den Tentakeln größte Mühe zu haben scheint. Abgesehen davon ist dies aber, nach den beiden „Einleitungen“ eine ziemlich schwache Ausgabe. Nun muß der Konflikt Spinne contra Ock ausgespielt werden, und viel mehr tut sich auch nicht. Am Ende wird die Spinne auf recht einfallslose Weise besiegt.

Nachdem Ock das Haus ihrer Tante (eigentlich von Anna Watson) demoliert hat, versucht die Spinne in blinder Wut, ihn zu fassen zu bekommen. Auf ihrer Suche vermöbelt sie zunächst seine Helferbande, wobei sich Ock dann per Bildschirm zu Wort meldet und sie verhöhnt. Inzwischen soll der letztes Mal gerettete Geheimapparat, der „Vernichter“, vor dem Bösewicht in Sicherheit gebracht werden. Colonel John Jameson plant bei einer Strategiesitzung, das Gerät per Transportzug zu Stark Industries zu schaffen, wo dann wohl der Eiserne darauf aufpassen soll. Ein Spion von Ock hört freilich alles mit.

Peter Parker besucht seine Tante am Krankenbett, wo er auch Mary-Jane und Gwen trifft. Aber das war’s auch schon für diesmal mit Soap – der Rest der Episode dreht sich – leider bloß – um den Vernichter und das Duell Spinne gegen Ock. Der Tentakelmann taucht einfach aus der Kanalisation auf, sperrt die Polizeieskorte in ihren Autos ein und reißt sich den Vernichter unter den Nagel (was er mit dem Teil vorhat, ist bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz klar). Nun hat auch Jonah Jameson seinen obligatorischen Auftritt. Am Tatort gibt er seine Überzeugung zum besten, daß die Spinne hinter dem Raub steckt, auch wenn sowohl sein Sohn als auch Joe Robertson energisch widersprechen. Es erhebt sich die Frage: Wo ist Ock mit seiner Beute hin? Er bringt den Apparat dorthin, wo es niemand vermuten würde, nämlich in Tony Starks Rüstungsfabrik, wo er sowieso deponiert werden sollte. Nur die Spinne hat so viel Einfühlungsvermögen, ihm auf die Spur zu kommen. Es kommt zum erbitterten Kampf. Am Ende setzt Ock die Strahlen des Vernichters gegen die Spinne ein, was – aus welchen Gründen auch immer – dazu führt, daß die Spinne ihr Gedächtnis verliert. Ock schaltet blitzschnell und erklärt ihr, sie sei mit ihm im Bunde. Die Spinne glaubt’s offenbar.

Daß die Spinne die Seiten wechselt und mit Ock gemeinsame Sache macht, ist keine so schlechte Wendung zum Schluß, aber durch wiederholte Umpolungen des Ding bei den Fantastischen Vier eigentlich wohlbekannt. Mal sehen, wie Lee diesen Konflikt hier auflöst. Redaktionell gibt es in diesem Heft ein Porträt von Chefredakteurin Kirsten Isele, das sich für mich als Kind ziemlich spektakulär las. Wenn man ein bißchen zwischen den Zeilen liest, stellt man fest, daß sie mit Comics vor ihrem Engagement bei Williams nicht viel zu tun hatte. So ist auch leicht erklärbar, daß sie heute zu dieser beruflichen Station nichts mehr sagen möchte. Was nicht besagen soll, daß sie keinen guten Job gemacht hat. Aber sich darüber zu verbreiten, ist hier nicht der Platz. Zu meiner Überraschung spendiert Kodak noch einmal eine Werbeseite – hatte ich nicht in Erinnerung, daß diese Firma so häufig in den Williams-Marvels auftauchte.

Peter L. Opmann 01.09.2018 16:52

Spinne (Williams) 57

Erscheinungstermin: 5/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 56
2) Submariner # 6

Story-Titel:
1) Unheil!
2) ohne Titel (Und der besiegte den Tod!)

Original-Storytitel:
1) Disaster!
2) And to the Vanquished… Death!

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45781.jpg

Bei dieser Ausgabe fällt mir mein Urteil nicht ganz leicht. Grundsätzlich denke ich, Stan Lees Einleitungen sind wesentlich besser als die Art, wie er solche Geschichten dann zuendeerzählt. Die Sache mit der Amnesie der Spinne, wobei ihr eingeredet wird, sie stecke mit Dr. Octopus unter einer Decke, finde ich nun nicht so schlecht wie befürchtet. Lee und Romita geben sich einige Mühe, sich in das Fühlen und Denken der Spinne hineinzuversetzen. Es ist auch ganz reizvoll, daß sie am Ende ihr Gedächtnis vorerst nicht wiedererlangt. Das zeichnerische Niveau der Serie war in der letzten Ausgabe etwas abgesunken. Es gab wenig Hintergründe, wenig dramatische Perspektiven, und Inker Mike Esposito begnügte sich des öfteren mit einem ziemlich dicken, groben Pinselstrich. Das sieht jetzt aber wieder etwas besser aus.

Und das geschieht: Die Spinne klaut zusammen mit Ock den Vernichter vom Stark-Werksgelände. Dabei grübelt der Netzkopf die ganze Zeit darüber, wer er ist und warum er mit Dr. Octopus zusammenarbeitet – den er insgeheim gar nicht leiden kann und vor dem sie ein inneres Gefühl (ihr Spinnensinn) warnt. Die Zusammenarbeit muß nun noch praktisch realisiert werden. Damit der Vernichter richtig arbeitet, muß noch ein fehlendes Teil eingebaut werden. Das soll die Spinne aus Fort Tyson holen (ließ sich für mich nicht klären, ob es das wirklich in der Nähe von NY gibt). Was sie auch tut – damit wird sie also tatsächlich zu Ocks Komplizen. Dabei läßt sie aber versehentlich eine Art Visitenkarte zurück, die das Versteck von Ock verrät.

Nachdem sie zu Ock zurückgekehrt ist, behandelt der sie ziemlich überheblich. Er hat schon vergeblich versucht, ihre geheime Identität aufzudecken – das ließ die Spinne instinktiv nicht zu. Nun läßt er sie spüren, daß sie für ihn nur ein Hilfsarbeiter ist. Beide geraten miteinander in Kampf. Aber dann braucht Ock die Spinne doch noch einmal. Die Armee hat ihn aufgespürt und umstellt seinen Stützpunkt. Mit einem Rauchgasangriff gelingt es den Soldaten, Ock den Vernichter abzunehmen und ihn gegen ihn einzusetzen. Seine Tentakel werden wirkungslos, Ock steht unter Arrest. Er versucht nun, die Spinne gegen Colonel Jameson und seine Leute aufzuhetzen. Da er ein positives Bild von der Spinne hat, wartet Jameson ab, was sie tun wird. Sie greift auch tatsächlich seine Truppen nicht an, will sich aber auch nicht festnehmen lassen. Sie verschwindet – damit macht sie sich in gewisser Weise endgültig schuldig. Aber Jameson verhindert, daß seine Leute auf sie schießen. Wie gesagt: Ihr Gedächtnis erlangt sie hier noch nicht wieder. Im vorletzten Panel nimmt Peter Parker seine Maske ab und betrachtet sich in einem spiegelnden Fenster – er weiß nicht, wer er ist.

In Peter Parkers Welt tut sich in dieser Episode wieder nicht viel. Allerdings hat eine Figur ihren ersten Auftritt, die in den nächsten Ausgaben noch recht wichtig werden wird: Captain George Stacy, der hier mit Colonel Jameson zusammenarbeitet, der Vater von Gwen. Stasy ist Polizeichef von New York. Gwen ruft ihn an und bittet ihn, nach Peter zu suchen, der schon länger weder in seiner Wohnung, noch an der Uni, noch bei Tante May aufgetaucht ist. Bei dieser Gelegenheit sehen wir auch eine zutiefst besorgte Tante May.

Noch ein paar Beobachtungen am Rande: Es gibt wieder mal ein älteres Miniposter, gezeichnet von Steve Ditko; es zeigt die Echse. Wir erleben gleich das nächste MMT-Porträt, das von Roy Thomas. Es wird besonders hervorgehoben, wie viel er arbeitet – was für den normalen Williams-Leser gar nicht nachvollziehbar ist, denn der Großteil der Storys kam bisher von Stan Lee. Und es gibt auch wieder Anzeigen, diesmal kleinformatige. Einmal für die legendären Sea-Monkeys, zum anderen vom nicht minder sagenumwobenen Marken-Paul. Man muß es wohl Williams hoch anrechnen, daß diese Kleinanzeigen nicht mitten in den Comics platziert wurden (wie etwa bei Bastei), sondern auf der eher unattraktiven zweiten Seite mit der Checkliste. Marken-Paul wurde dann auch nicht Dauerinserent – der Sea-Monkeys-Vertrieb buchte später lieber ganze Seiten zu vermutlich sehr günstigen Bedingungen. Jedenfalls war Williams mit seinen zu diesem Zeitpunkt zwölf Titeln für die werbetreibende Wirtschaft durchaus attraktiv. Die Werbeeinnahmen reichten aber bekanntlich nicht, diese Titelfülle am Leben zu erhalten.

Peter L. Opmann 04.09.2018 14:57

Spinne (Williams) 58

Erscheinungstermin: 5/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 57
2) Submariner # 6

Story-Titel:
1) Ka-Zar ist da!
2) ohne Titel (Und der besiegte den Tod!)

Original-Storytitel:
1) The Coming of Ka-Zar!
2) And to the Vanquished… Death!

Zeichnungen:
1) John Romita / Don Heck / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45782.jpg

Mir ist die Story eines Comics eigentlich wichtiger als die Grafik. Diesmal beginne ich aber mit Anmerkungen zu den Zeichnungen. Hier steigt nämlich Don Heck als weiterer Penciller ein. War offenbar kein Zufall, daß „Spinne“ # 56 wirkte, als hätten sich Romita und Esposito teilweise wenig Mühe gegeben – nicht allein das Inking ließ nach meinen Begriffen zu wünschen übrig, sondern auch die Vorzeichnungen waren teils detailarm und wenig dynamisch. Daß Don Heck nun aushilft, liegt nicht an Urlaub oder Krankheit; Romita war wohl überlastet. Hecks Artwork sehe ich mit gemischten Gefühlen. Er führte bei Marvel oft von Jack Kirby begonnene Serien weiter. Ab der Debütausgabe zeichnete er „Iron Man“, und das sind für mich seine besten Arbeiten. Vielleicht mochte er es nicht, nur als Ausputzer eingesetzt zu werden. Seine Schwächen sind sowohl akademischer Art (im Bereich Anatomie und Licht-Schatten-Verlauf), als auch schludert er immer mal. Seine Darstellung normaler Menschen gefällt mir wesentlich besser als die von Superhelden; insgesamt erinnert sein Stil an die 50er Jahre.

Anscheinend wurde Heck hier so einbezogen, daß Romita nur noch die Spinne zeichnete, vielleicht auch noch den einen oder anderen Charakterkopf von Peter Parker oder Jonah Jameson, und Heck war der Rest überlassen. Inker Mike Esposito hätte dafür sorgen können, daß die Unterschiede im Artwork eingeebnet werden, aber man sieht doch recht deutlich, wo Heck am Werk war. Möglicherweise hat er manches selbst geinkt. Das ist nicht alles schlecht, aber es sind doch etliche schwache Panels dabei. Das Cover dürfte von Romaita sein. Hätte sich die Zusammenarbeit mit Heck auf das vorliegende Heft beschränkt, dann würde ich das vielleicht noch als eigenwillige Ausnahme akzeptieren, aber soweit ich sehe, ist Heck nun bis „Spinne“ # 65 dabei. Dann übernimmt Romita wieder allein, und es kommt der Inker, den ich schon längst erwartet hätte: Jim Mooney.

Die ersten vier Seiten dieser Episode drehen sich um den Gedächtnisverlust der Spinne (sie weiß auch nichts mehr von Peter Parker) und um die Frage, welche Rolle sie beim letzten Auftritt von Dr. Octopus spielte. Darüber diskutieren Stadtspitze und Militärs. Jonah Jameson ist tief enttäuscht, daß die Runde allgemein eher der Ansicht ist, die Spinne sei positiv einzuschätzen. Da landet Ka-Zar in New York, eine Golden-Age-Figur von Marvel, die unverschämt eng an Tarzan angelehnt ist. Als Lord Kevin Plunder, aber mit dem Säbelzahntiger Zabu an der Leine, will er mit seinem Anwalt (mutmaßlich Matt Murdock) über eine Grundstücksfrage reden. Nachdem er die versammelte Presse abgewimmelt hat, kommt als letzter noch Jameson und will Ka-Zar davon überzeugen, der Menschheit einen Dienst zu erweisen, indem er die Spinne besiegt. Ka-Zar spürt eine instinktive Abneigung gegen JJJ, aber da er sich nicht auskennt, läßt er sich schließlich doch überreden.

Die Spinne versucht in der Zwischenzeit verzweifelt herauszufinden, wer sie ist. Sie redet mit Captain Stacy, was Gwen, die zufällig ins Zimmer kommt, einen Schock versetzt, und sie taucht sogar bei Jameson auf, der richtigen Überlegung folgend, sie könnte nachsehen, was über sie in der Zeitung steht. Jameson verstellt sich und versucht, sie dazu zu bringen, ihre Maske abzulegen. In dem Moment platzt allerdings Ka-Zar herein, und die Maske bleibt auf dem Kopf. Jameson hat sich selbst überlistet. Es folgen noch volle sieben Seiten Zweikampf der Spinne mit Ka-Zar und Zabu. Möglicherweise befinden sie sich am Ende im Central Park; jedenfalls springt der Säbelzahntiger die Spinne an, und beide landen in einem Teich. Als Ka-Zar die Spinne herauszieht, ist sie anscheinend ertrunken (aber kann das sein?).

Nachzutragen ist noch eine Begebenheit: Harry versucht, der Geheimniskrämerei seines Zimmergenossen Peter auf die Spur zu kommen, und schnüffelt in seinem Wohnungsteil herum. Dabei findet er einen Spinnenspürer. Zunächst einmal schließt er daraus, daß die Spinne Peter entführt haben könnte. Auch diese Sache wird erst in der folgenden Ausgabe aufgelöst. Insgesamt enthält diese Ausgabe wegen der Amnesie der Spinne ein paar überraschende Wendungen. Der Grundkonflikt mit Ka-Zar ist aber ziemlich unmotiviert. Ka-Zar ist auch in meinen Augen, auch wenn er später zurückkehrt, kein passender Gegner für die Spinne. Wie auch immer: Durch die Grafik war das Heft für mich insgesamt kein Lesevergnügen.

In diesem Heft gibt es ein weiteres Ditko-Miniposter von der Spinne im Kampf gegen den Geier. Es handelt sich hier aber merkwürdigerweise um das Cover von „Spinne“ # 4. Wiederholt wird das Porträt von Roy Thomas. Und dann ist noch eine Leserbriefseite enthalten, auf der zwar wieder mal einiges an Kritik vorgebracht wird, aber im Gegensatz zu den vorherigen diesmal in völlig sachlichem Ton.

Peter L. Opmann 07.09.2018 18:41

Spinne (Williams) 59

Erscheinungstermin: 5/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 58
2) Submariner # 7

Story-Titel:
1) Die Spinne zu töten!
2) Wählt den Mann namens Schicksal zum Präsidenten!

Original-Storytitel:
1) To kill a Spider-Man!
2) For President… the Man called Destiny!

Zeichnungen:
1) John Romita / Don Heck / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45783.jpg

Mir kam in den Sinn: Seit bei der Serie der Cliffhanger eingeführt wurde, geben sich die Gegner der Spinne wirklich die Klinke in die Hand. Fast nie liest man mal: „Einige Monate vergingen, und dann…“ Auch als Peter Parker sein Spinnenkostüm in den Mülleimer warf, hatte er höchstens mal einen Tag Ruhe. Wenn wir die letzten Ausgaben betrachten: In dem Moment, als Doc Ock geschlagen war, landete Ka-Zar in New York und wurde sofort von JJJ gegen die Spinne aufgehetzt. Und jetzt ruft Professor Smythe genau in dem Moment bei Jameson an, als sich Ka-Zar und die Spinne schiedlich-friedlich voneinander trennen. Wenige Stunden später ist schon der „Spinnentöter“ hinter unserem Helden her. Die Zeit ist im Gegensatz zur Erscheinungsweise der Comics ungeheuer verdichtet. Damit wird verständlich, daß es nach Realzeit viele Jahre, ja, Jahrzehnte dauert, bis Peter Parker die Uni verläßt oder endlich Mary-Jane heiratet, und dennoch ist er dann gemäß der Serienzeit immer noch jung. Andererseits kann eigentlich kein Mensch, auch nicht einer mit Superkräften, diese Dauerbelastung aushalten. Als Leser verdrängt man diesen Aspekt aber wohl – man will ja nicht lesen, daß einmal nichts Aufregendes passiert. Nur als heftlange Abenteuer vorherrschten, war offen, wie viel Zeit zwischen den Episoden vergeht.

Es ist wohl keine Überraschung, daß die scheinbar ertrunkene Spinne keineswegs tot ist. Immerhin wird hervorgehoben, daß Ka-Zar seine ganze Kunst in Erster Hilfe aufwenden muß, um sie wiederzubeleben. Angenehmer Nebeneffekt ihrer Zeit unter Wasser: Auf irgendeine Weise hat sie durch diesen Schock ihr Gedächtnis wiedererlangt. Mehr Volten zu ihrer Amnesie sind Stan Lee offenbar momentan nicht eingefallen. Ka-Zar bekommt noch einen großen Abgang spendiert: Die Polizei rückt wegen des Säbelzahntigers an, aber er setzt sie außer Gefecht und geht dann ruhig weg. Jonah hat inzwischen auf den Anruf Smythes zwar ablehnend reagiert, steht jedoch kurz darauf vor seiner Tür, um sich den neuen Roboter vorführen zu lassen, der natürlich stark verbessert und mit viel mehr Durchschlagskraft versehen ist als beim letzten Mal. Wiederum darf er ihn selbst bedienen; die Männer treffen sich dafür in Jonahs Büro im Daily Bugle. Die Spinne erhält keine Gelegenheit, sich in ihrem eben wiedergefundenen Leben zu orientieren. Während sie in Peter Parkers Bude vergeblich versucht, Tante May anzurufen (die gerade im Krankenhaus liegt), klettert der Roboter, wiederum mit Jonahs Gesicht auf dem Kopf-Bildschirm, bereits die Außenwand hoch. Wie beim letzten Mal gelingt es der Spinne nicht, ihn abzuschütteln. Aber da Smythes Rachepläne noch in diesem Heft durchkreuzt werden sollen, kommt ihr bald die Idee, wie sie ihn trotzdem stoppen kann.

In einer Telefonzelle sucht sie die Adresse von Smythes Labor heraus. Er meint, sie sitze dort in der Falle und sie habe wohl verkannt, daß er dort gar nicht ist, sondern in Jonahs Büro. Die Spinne hat aber wirklich messerscharf kombiniert: nämlich daß es in Smythes Büro viele Spinnen gibt (die der Wissenschaftler dazu benutzt hat, seinen Roboter auf sie anzusetzen), und zudem, daß, wenn sie diese Spinnen alle dicht zusammenstellt, der Roboter durchschmoren wird. Das ist jedenfalls genau das, was passiert. Eine in meinen Augen ziemlich unglaubwürdige Auflösung. Immerhin läßt Lee die Spinne nicht erneut den Abschaltknopf des Roboters finden – das hätte mich noch mehr enttäuscht.

Immerhin tun sich nebenbei ein paar ganz interessante Dinge: John Jameson (Jonahs mißratener Sohn, der anscheinend überhaupt nichts gegen die Spinne einzuwenden hat) unterhält sich mit Captain Stacy über sie, Jameson erzählt, er werde jetzt nach Übersee versetzt, er wird also offenbar gerade aus der Serie geschrieben. Von seinem Vater kann er sich nicht verabschieden, weil der gerade ein wichtiges Treffen mit Professor Smythe hat. Gwen Stacy und Harry rätseln weiter, warum Peter Parker verschwunden ist. Am Ende fällt Lee noch eine ganz nette Szene ein: Peter legt sein Spinnenkostüm ab und will zu Tante May eilen, da begegnet ihm auf der Straße Ka-Zar mit seinem Kätzchen Zabu. Ka-Zar meint, mit seinen Urwaldinstinkten in dem Jungen die Spinne zu spüren, wird dann aber doch unsicher. Wäre die Spinne von Ka-Zar enttarnt worden, hätte das aber wohl keine gravierenden Folgen gehabt, denn der verschwindet bald wieder in seinem Dschungel.

Die Story scheint mir etwas halbgar. Der Roboter mußte wieder her, aber wie seine Begegnung mit der Spinne ausgeht, dafür hat das Team keine treffende Pointe gefunden. Die ganze Story wirkt etwas bemüht. Bei den Zeichnungen ist mein Eindruck ähnlich. Don Heck tut sein Möglichstes, das grafische Niveau nicht allzu sehr absinken zu lassen, aber so überzeugend wie die Romita-Ausgaben davor ist das nicht. Wir sind gerade in einer weniger begeisternden Phase der Serie.

Dies ist die dritte Ausgabe dieses Monats; der redaktionelle Teil bietet also nichts Neues mehr. Mir fiel nur auf, daß die Monats-Checkliste mit den beiden Anzeigen (Sea-Monkeys und Marken-Paul) nun wieder auftaucht. Wohl weil diese Anzeigen nicht gebucht waren, war sie in der vorherigen Ausgabe ausgefallen. Die Checkliste so umzumontieren, daß sie ohne die Inserate erscheinen konnte, kam für Williams anscheinend nicht in Frage.

Marvelianer 08.09.2018 07:04

Dies ist die dritte Ausgabe dieses Monats; der redaktionelle Teil bietet also nichts Neues mehr.

Seit der Nummer 57 vom Mai 1976 wurde die Erscheinungsweise der Spinne auf alle 14 Tage umgestellt , also jetzt 26 Ausgaben pro Jahr statt nur 24 Ausgaben in der Vorjahren.

Peter L. Opmann 08.09.2018 08:12

Ist eigentlich bekannt, was der genaue Erscheinungstag war?

Jedenfalls sind die Titel offenbar versetzt erschienen. Aber bei der "Spinne" war es so, daß es ihren Erscheinungstag in diesem Monat fünfmal gab, und damit kamen drei Ausgaben. Die "Rächer" erschienen nur zweimal.

Marvelianer 08.09.2018 18:24

Also laut Williams Anzeigenpreisliste war der EVT immer ein Montag bei Feiertagen der folgende Tag, wirklich wurde bei uns im PhasengebietEins aber immer erst am Dienstag ausgeliefert also um einen Tag verzögert. - Dazu gab es folgende Ausnahme ( sollte laut Verlag nicht so sein ) am Donnertag / Freitag der Vorwoche lagen die Hefte z.B. an den Bahnhofskiosken in Lübeck aus , die anderen Kioske in Lübeck wurde aber erst Dienstags darauf mit den Heften beliefert.
Das brachte mich als Marvelsüchtigen dazu wegen der monatlichen Heftvorschau
immer am letzten Donnerstag eines Monats mit dem Rad von Mölln nach Lübeck zustrampeln ( 1 Strecke 32 km ) da habe ich mir echt den Ar... für aufgerissen.

Die Spinne & die Fantastischen Vier erschienen jeweils 3 x im:

Mai 1976 Nr. 57 / 58 / 59
Nov 1976 Nr. 70 / 71 / 72

Mai 1977 Nr. 83 / 84 / 85
Okt 1977 Nr. 94 / 95 / 96

Juni 1978 Nr. 111 / 112 / 113
Okt 1978 Nr. 120 / 121 / 122

ab hier nur noch die Spinne

April 1979 Nr. 133 / 134 / 135

Peter L. Opmann 08.09.2018 18:36

Okay, das dürften dann tatsächlich alle Fälle gewesen sein.

Peter L. Opmann 09.09.2018 21:04

Spinne (Williams) 60

Erscheinungstermin: 6/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 59
2) Submariner # 7

Story-Titel:
1) Das Zeichen des Hirnwäschers!
2) ohne Titel (Wählt den Mann namens Schicksal zum Präsidenten!)

Original-Storytitel:
1) The Brand of the Brainwasher!
2) For President… the Man called Destiny!

Zeichnungen:
1) John Romita / Don Heck / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45784.jpg

Das ist ein ungewöhnliches Cover. Vorne geht die Show weiter, während hinter dem Vorhang die Spinne eine Gefahr für Mary-Jane eindämmen muß. Es bringt die Verschränkung ihrer beiden Identitäten auf eine Weise zum Ausdruck, wie das bei DC-Helden nicht so leicht vorstellbar wäre. Ich habe begonnen, nach der Signatur von John Romita zu suchen, aber hier verzichtet er noch darauf. Innen läßt er sich wie gehabt von Don Heck helfen; ich habe aber das Gefühl, hier hat Romita doch einen größeren Teil selbst gezeichnet. Die Story dieses Hefts, bei der sich der Schurke erst im letzten Panel zu erkennen gibt und vorher alles ziemlich rätselhaft bleibt, ist wieder deutlich besser als die vorherigen Ausgaben; Stan Lee schreibt wieder eine spannende und verwickelte Einleitung.

Zunächst habe ich mich allerdings noch einmal an eine der letzten Ausgaben erinnert: Die von Doc Ock durchlöcherte Hauswand fiel mir wieder ein, die Sorgen, die Peter Parker sich machte, wie er das den Handwerkern erklären sollte. Aber das scheint kein Thema mehr zu sein. Möglicherweise hat er den Schaden einfach so gelassen, oder irgendwelche Leute haben das mit höchster Diskretion für ihn in Ordnung gebracht. Man weiß es nicht. Jetzt ist Peter, verkleidet als die Spinne, auf dem Weg, seine Tante im Krankenhaus zu besuchen, läuft dabei aber einer Polizeieinheit über den Weg, die vergeblich versucht, ihn zu schnappen. Als Tante May ihn zu Gesicht bekommt, geht es ihr unmittelbar besser – wie schön! Peter, der immerhin einige Tage lang vermißt war, meldet sich nun bei der Polizei zurück. Die unterzieht ihn einem sehr unangenehmen Verhör. Peter tischt ihnen die Geschichte auf, er sei von der Spinne entführt worden (wie schon Harry vermutete). Er will aber den Superheld keinesfalls als Gefahr darstellen, also erklärt er alles zu einem Mißverständnis.

Captain Stacy, der trotz Pensionierung noch auffällig aktiv ist, führt Peter seine Sammlung von Filmaufnahmen der Spinne vor. Es wird sofort klar, daß er hart daran arbeitet, die Spinne zu enttarnen. Gwen entspannt jedoch die Situation, die hereinkommt und Peter stürmisch um den Hals fällt. Sie zeigt zum ersten Mal ihre Liebe zu ihm ganz augenfällig. Bei der Polizei hat Peter mitbekommen, daß es Ärger wegen einiger Gangster gibt, die leichtfertig gegen Kaution aus dem Gefängnis entlassen wurden. Kurz darauf sehen wir einen verrückten Wissenschaftler, der wohl dahintersteckt. Als nächstes soll er Mary-Jane manipulieren, die gerade ein Engagement als Go-Go-Tänzerin in einem zweifelhaften Lokal namens „Schwarzer Kater“ ergattert hat (das wird aber hier so gezeigt, wie es ursprünglich gemeint war, ein Vortanzen, das nur die Stimmung beim Publikum heben soll, kein Striptease oder Tabledance). Der Plan der Bande ist, daß Mary-Jane bestimmte Gäste fotografieren und so willenlos machen soll (also im Prinzip die Masche des Zirkusdirektors). Die Fotografierten sind hochgestellte Persönlichkeiten der Stadt.

Am Abend ihres ersten Auftritts sind auch Peter und Gwen in dem Etablissement. Fotografiert wird auch ihr Vater, Captain Stacy, der aber einen starken Willen hat und von Gangstern „nachbehandelt“ werden muß. Obwohl das hinter den Kulissen geschieht, ruft das die Spinne auf den Plan. Auf vier actionreichen Seiten kämpft sie gegen die Finstermänner und befreit schließlich auch Mary-Jane aus ihrer Gewalt. Sie dringt nun zu dem verrückten Wissenschaftler vor, der gerade Captain Stacy einer Gehirnwäsche unterziehen will. Sie will dem Treiben ein Ende bereiten, aber da greift der Kingpin nach ihr.

Alles in allem eine ziemlich gelungene (Teil-)Geschichte, an der man nur bemängeln könnte, daß sich alles wieder in einem sehr engen Kreis von Personen abspielt. Kingpin – Mary-Jane – Captain Stacy – Gwen – Peter Parker. New York ist wieder mal ein Dorf. Jonah Jameson hat hier ausnahmsweise einmal keinen Auftritt; er muß wohl noch die Blamage mit dem Roboter verarbeiten.

Damals habe ich erstmals das erweiterte Williams-Programm richtig mitbekommen, Ich habe mir in diesem Monat „Frankenstein“ # 30 gekauft, eine eigenwillige Erfahrung für einen Elfjährigen. Unter der Checkliste sind wieder die beiden Anzeigen platziert. Dann gibt es in diesem Heft einen Kleinanzeigen-Markt (ich kenne glaube ich keinen der Inserenten) und – endlich – ein MMT-Porträt von Jack Kirby. Anlaß scheint Kirbys Rückkehr zu Marvel zu sein, wobei dem unbedarften Leser nicht klar wird, wo der „King“ eigentlich abgeblieben war. Der Schwerpunkt des Berichts liegt auf Nebensächlichkeiten wie, daß Kirby mit dem Bleistift zeichnet und auch an dem Design der Spinne beteiligt war. Mir eher unbekannt war, daß Kirby in seiner Anfangszeit an „Captain Marvel“ von Fawcett beteiligt war (wenn’s denn stimmt). Es war wieder so ein geheimnisvoll raunender Text, der einen Jungen wie mich schwer beeindruckte.

Rusty 09.09.2018 22:03

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 575282)
Mir eher unbekannt war, daß Kirby in seiner Anfangszeit an „Captain Marvel“ von Fawcett beteiligt war (wenn’s denn stimmt).

Ein Blick ins Kirby-Museum genügt >
https://kirbymuseum.org/blogs/simona.../archives/4162
Es stimmt! :)

Peter L. Opmann 09.09.2018 22:08

Danke.

Wieder was gelernt. :zwinker:

jakubkurtzberg 11.09.2018 16:34

Da gibt es doch die Story, wie Kirby in der Anfangszeit in den Timely-Räumen gezeichnet hat. Als Martin Goodman mal vorbeilief und ihm über die Schulter schaute, hat er Captain Marvel schnell ein Schild hinzugezeichnet und das Cape wegradiert...

Peter L. Opmann 11.09.2018 17:50

Nette Anekdote.

Und weiter geht's:

Spinne (Williams) 61

Erscheinungstermin: 6/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 60
2) Submariner # 7

Story-Titel:
1) Oh, bitterer Sieg!
2) ohne Titel (Wählt den Mann namens Schicksal zum Präsidenten!)

Original-Storytitel:
1) O, bitter Victory!
2) For President… the Man called Destiny!

Zeichnungen:
1) John Romita / Don Heck / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45785.jpg

Eigentlich wäre zu erwarten, daß nach der überlegten Einleitung im vorigen Heft nun, wie schon gewohnt, eine ziemlich geistlose Klopperei von Spinne und Kingpin folgt. Das legt auch das Covermotiv nahe. Aber Stan Lee will inzwischen offenbar höheren Ansprüchen genügen. Die Klopperei kommt zwar tatsächlich, aber sie wird durch ein paar überraschende Wendungen garniert. Das Artwork von John Romita und Don Heck wirkt zudem recht ausbalanciert und ansprechend auf mich.

Kingpin stürzt sich voll Wut auf die Spinne, die seinen Gehirnwäsche-Machenschaften auf die Spur gekommen ist. Er packt sie und schleudert sie auf seine Apparaturen. Die Energieentladung fängt sie ab, indem sie sich zusammenrollt. Dennoch wird sie davon ziemlich mitgenommen und tritt im dichten Rauch den Rückzug an. Kingpin befiehlt, die Gehirnwäsche an Captain Stacy fortzusetzen. Mary-Jane ist beunruhigt vom Auftauchen der Spinne, aber da kehrt Captain Stacy zurück und sagt: „Alles in Ordnung.“ Die Spinne muß feststellen, daß sie nicht mehr klar sehen kann, und schleppt sich nach Hause. Die Sache erinnert an die 24-Stunden-Grippe, unter der sie litt, als sie gegen den Geier kämpfte („Spinne“ # 49). Peter Parker legt sich ins Bett, wird von einem bösen Traum gequält, hat seine Schwäche aber am nächsten Morgen beinahe überwunden.

Peter besucht die Stacys, um mit Gwens Vater über die Vorgänge im Go-Go-Club zu sprechen. Der kommt ihm verändert vor – kalt. Stacy spielt das Geschehen hinter den Kulissen weiter herunter. Peter bricht das Gespräch ab und kündigt an, zur Polizei zu gehen. Stacy will das unter keinen Umständen und versucht, Peter mit seinem Stock niederzuschlagen. Mit den Reflexen der Spinne wehrt der das ab und bringt Stacy zu Fall. In diesem Augenblick kommt Gwen ins Zimmer und sieht nur, daß Peter offenbar gegen ihren Vater handgreiflich geworden ist. Peter versucht, das zu erklären, aber sie wirft ihn raus. Sie will ihm das niemals verzeihen. Als Stacy wieder allein ist, ruft er den Kingpin an und erzählt ihm, daß Peter Parker einen Verdacht hegt. Kingpin schickt sofort seine Leute los, um Peter in die Mangel zu nehmen. Sie protestieren kurz – Gewalt gegen Jugendliche ist zu dieser Zeit noch außerhalb der allgemeinen Moralvorstellungen. Aber Kingpin duldet keinen Widerspruch. Kurz darauf verschaffen sich die Gangster Zugang zu Harrys Bude, zerlegen die Einrichtung und bedrohen ihn. Peter besucht zu dieser Zeit seine Tante May. Als er zurückkehrt und die Bescherung sieht, verwandelt er sich in die Spinne, um den Kingpin auszuschalten. Zunächst stößt er jedoch auf Captain Stacy, der (gehirngewaschen) Mitgliedern der Kingpin-Bande Zugang zu wichtigen Dokumenten im Polizeipräsidium verschafft. Die Spinne greift ein, aber Stacy macht diesmal besseren Gebrauch von seinem Stock. Er zieht ihn der Spinne über den Kopf; er und die Gangster können fliehen. Aber nach alter Gewohnheit hat die Spinne ihren Auftritt mit ihrer Automatikkamera aufgenommen und hat nun einen Beweis, daß Stacy zum Verbrecher geworden ist. Deprimiert bringt Peter die Fotos zum Daily Bugle. Und Gwen entnimmt der Morgenzeitung: „Ex-Polizei-Offizier raubt Verbrecherakten!“

Captain George Stacy (mitunter auch Georg genannt) wechselt vom Lager der Guten in das der Bösen und belastet damit auch die eben begonnene Liebesbeziehung von Peter und Gwen – das ist eine ähnlich gute Idee wie der Einzug von Doc Ock bei Tante May. Wiederum dringt ein Superschurke, nämlich Kingpin, in das Privatleben von Peter Parker ein (einschließlich dem seines Kumpels Harry). Peters Benommenheit nach der Explosion in Kingpins Gehirnwasch-Zentrale ist nichts ganz Neues, aber sie unterstreicht, daß seine Kräfte ihre Grenzen haben, was die Marvel-Welt auf jeden Fall von der DC-Welt abhebt. Eine gute Episode, finde ich, und vielleicht der erste gute zweite Teil eines Mehrteilers. Und die Kingpin-Geschichte geht noch weiter. Redaktionell tut sich in diesem Heft nichts Besonderes.

P.S.: Das Heft ist ja ganz schön teuer, sehe ich gerade. Ist das das mit dem Riß im Cover? Ich habe da jedenfalls einen im Bereich des gezackten Inserts...

Marvelianer 11.09.2018 18:02

Genau das ist die Nummer mit der verfluchten Stanzmarke.

Peter L. Opmann 13.09.2018 15:24

Spinne (Williams) 62

Erscheinungstermin: 7/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 61
2) Submariner # 8

Story-Titel:
1) Oh, welch wirres Netz wir weben!
2) Im Kampfgetümmel!

Original-Storytitel:
1) What a tangled Web we weave…!
2) In the Rage of Battle!

Zeichnungen:
1) John Romita / Don Heck / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45786.jpg

Mal sehen, wie die Kingpin-Story in dieser Ausgabe aufgelöst wird. Vorweg genommen: Nicht so enttäuschend wie bisher bei Mehrteilern gewohnt. Ich bin aber auch nicht gleich in Euphorie verfallen. Grafisch ist diese Geschichte aber in meinen Augen etwas schlechter als die vorhergehenden (gilt auch für das Cover). Man sieht hier und da, daß Don Heck nun mal kein zweiter Romita ist, und teilweise strengt er sich auch nicht besonders an.

Die Splashpage verweist auf alte Ditko-Zeiten zurück. Wir sehen einen sehr nachdenklichen Peter Parker und seine Co-Figuren Gwen, Mary-Jane, Captain Stacy, Harry und Tante May, die sich alle in einem großen Spinnennetz verheddert haben. Peter will dahinterkommen, warum Captain Stacy bei den letzten Begegnungen so verändert war, aber er fürchtet, sich dabei selbst als Spinne zu enttarnen. Stacy kommt inzwischen auch seiner Tochter Gwen verändert vor. Er hat offenbar den Befehl von Kingpin zu verschwinden – sie will aber nicht von seiner Seite weichen. Da Peter Gwen telefonisch nicht erreichen kann, sieht er als Spinne nach dem Rechten. Obwohl der Polizeichef ja unter Kingpins Kontrolle ist, trifft die Spinne in seiner Wohnung drei seiner Leute an, die ihn offenbar abholen sollen. Die Spinne mischt sie auf, kann sie aber nicht zum Reden bringen, da sie offenbar gehirngewaschen sind.

Mary-Jane will in der Go-Go-Bar, in der Kingpins Gehirnwasch-Apparat stand, ihre Gage abholen, aber die Kneipe ist dichtgemacht. Der verrückte Wissenschaftler, der für Kingpin das Gerät bediente, ist an seinen Arbeitsplatz bei Norman Osborn zurückgekehrt. Osborn sucht ihn auf, weil ihn sein eigenmächtiges Agieren stört, beläßt es aber bei einer Rüge. Im Hintergrund hält sich Kingpin selbst auf, der Osborn laufen läßt, da er noch keinen Verdacht geschöpft hat. Allerdings geht dem immer mal der Grüne Kobold durch den Kopf. Osborn rätselt, was ihn mit dieser Gestalt verbindet. Im Moment hat er die Erinnerung daran verloren. Kingpin sendet erneut zwei Gangster aus, um Captain Stacy zu ihm zu bringen. Peter Parker bereitet sich derweil auf seine nächste Begegnung mit dem Unterweltboß vor. Weil er einst durch Betäubungsgas aus Kingpins Krawattennadel geschwächt wurde, legt er nun Atemschutz an. Nach einem kurzen Abstecher bei Jonah Jameson (der nichts über Stacys Verbleib weiß) sucht die Spinne in der Go-Go-Bar nach Spuren. In diesem Augenblick entführen Kingpins Leute Gwen und ihren Vater. Die Spinne entdeckt in der Bar ein Etikett von Osborns Chemiefabrik und weiß nun Bescheid. In dem Werk stößt sie auf Kingpin und seine Gefangenen. Tatsächlich versprüht Kingpin wieder sein Gas, kann aber der Spinne damit nichts anhaben. Er läßt jedoch einen Metallbottich auf Captain Stacy und Gwen stürzen. Die Spinne kann sie im letzten Moment retten. Kingpin verschafft das den entscheidenden Vorsprung, um mit einem Hubschrauber zu fliehen.

Gwen erzählt der Polizei vom heldenhaften Einsatz der Spinne. Die hört das aus einem Versteck mit; es bleibt aber wohl dabei, daß sie von Peter Parker wegen seines „Angriffs“ auf ihren Vater nichts mehr wissen will. Wieder mal also ein eher sorgenvoller Schluß. Insgesamt ist das eine recht schwungvolle Story, bei der für mich aber mehrere Fragen offen bleiben: Was hatte der Kingpin mit der Gehirnwäsche von Stadt-Honoratioren genau vor? Captain Stacy hat er benutzt, um Dokumente aus dem Polizei-Präsidium zu stehlen, aber was dahintersteckt, bleibt ebenfalls offen. Außerdem: Warum läßt Kingpin Leute entführen und unter Druck setzen, wenn sie ohnehin gehirngewaschen sind? Wie konnte er sicher sein, daß er beim Auftritt von Mary-Jane in der Go-Go-Bar genau die Richtigen mit seiner Gehirnwäsche erwischen würde? Sicher, für diese Story ist nur wichtig, daß er Captain Stacy erwischte, der wegen des Auftritts einer guten Freundin seiner Tochter da war. Aber wir haben hier auch wieder das Dorf New York: Vermutlich gibt es in der Stadt nur diese eine Bar, in der sich notgedrungen alle wichtigen Leute der Stadt versammeln, und zwar alle am selben Abend. Überraschend fand ich, daß Stan Lee den Grünen Kobold ins Spiel bringt, denn der tritt, soweit ich das sehe, auf absehbare Zeit nicht wieder in Erscheinung. Sollte der Kobold schon früher erneut auftreten, oder wird hier Spannung erzeugt, indem er über viele Ausgaben hinweg wieder und wieder angekündigt wird? Das werde ich ja noch sehen.

Unter der Monats-Checkliste sind wieder die beiden bekannten Anzeigen von Sea-Monkeys und Marken-Paul untergebracht. Es gibt noch ein MMT-Porträt von Neal Adams (von dem zu diesem Zeitpunkt nur in den HIT-Comics und bei Ehapa etwas zu sehen war) und eine Leserbriefseite. Die Redaktion appelliert noch einmal, sachlich zu schreiben (in der Vor-Internet-Ära gab es zumindest die Möglichkeit, Ergüsse von Wüterichen nicht zu veröffentlichen). Die darunter wiedergegebenen Briefe erfüllen diese Anforderung allesamt. Die Schreiber haben verschiedene Kritikpunkte und Anregungen, aber man kann wohl sagen, daß die Zufriedenheit mit den Williams-Marvels allgemein zunimmt.

Lizard_King 14.09.2018 09:17

Der grüne Kobold sollte tatsächlich zurückkehren, allerdings in der Spin Off Serie ,,The Spectacular Spider-Man #2 Magazine, welches im November 1968 erschien und nicht bei Williams erschien.

Das von dir rezensierte Hefte erschien im Juni 1968 und sollte die Rückkehr langsam einleiten.

Später wurde diese Story nochmals veröffentlicht, allerdings auf 18 Seiten getrimmt, und erschien 1973 in Amazing Spider-Man Annual von 1973, das ebenfalls nicht bei Williams erschien.

Peter L. Opmann 14.09.2018 12:09

Danke für die Info.

Vermutlich könnte ich es irgendwo nachsehen, aber: Ist "Spectacular Spider-Man" mal auf deutsch erschienen (das war ja nicht die spätere Heftserie, die sehr wohl bei Condor verwendet wurde)?

Lizard_King 14.09.2018 12:22

Ja, das Heft ist im Panini Jahrgangsschuber aus dem Jahr 1968 zu finden.

Peter L. Opmann 14.09.2018 15:00

Danke. Ich habe die Schuber nur bis 1966.

FrankDrake 14.09.2018 15:16

Immerhin mit Hit Comics 1, wenn auch nur als Nachdruck.

Lizard_King 14.09.2018 16:01

Das habe ich original...mit Signatur von Stan Lee ;)

thetifcat 14.09.2018 16:25

Nicht verwechseln. Es handelt sich wie, Lizard schon sagte, um die The Spectacular Spider-Man Magazine. Davon gab es nur zwei (Beide im Schuber 7 enthalten). Nämlich 1968. Es dauerte bis 1976 dann erschien die Serie The Spectacular Spider-Man. Diese lief bis Ende der 90er und wurde eingestellt (Bei uns Hauptsächlich in den Condor TBs). 2003 versuchte man es erneut 2 Jahre lang (Bei Panini erschien). Seit diesem Jahr gibt es, neben ASM, wieder The Spectacular Spider-Man. Alle Nummern wurden zusammengezählt. Die 300 ist gerade bei uns im neuen Spinne Heft von Panini enthalten.

FrankDrake 14.09.2018 17:18

Zitat:

Zitat von Lizard_King (Beitrag 575574)
Das habe ich original...mit Signatur von Stan Lee ;)

OK, mit Schriftzug dann aber höchstens Zustand 2 :D

Lizard_King 14.09.2018 17:55

Sogar Zustand 3...aber in der Form halt einmalig. Gibt keine zweite Ausgabe mit Signatur die gegradet und die Unterschrift beglaubigt wurde.

http://up.picr.de/33820735je.jpg

underduck 14.09.2018 19:18

EGS?
Sind das nicht die Schoddels?

Lizard_King 14.09.2018 19:27

Was bedeutet Schoddels?

Die Signatur hab ich mir selbst 2014 bei Stan Lee geholt

Marvelianer 15.09.2018 06:47

Und wer hat sich die Signatur von Seidl geholt?

thetifcat 15.09.2018 08:47

Tolles Heft Lizard. Da hast Du was einmaliges :top:

FrankDrake 15.09.2018 09:22

Bin auch ein bisschen neidisch :top:

underduck 15.09.2018 13:17

Zitat:

Zitat von Lizard_King (Beitrag 575587)
Was bedeutet Schoddels?

Die Schoddels

Theo Schoddel ist der Gründer von EGS. Sein Sohn und ein paar angelernte Mitarbeiter bemühen sich um das Grading bei EGS. Eine echte Qualifikation zum Graden hat da wohl keiner.

Zitat:

Willkommen beim European Grading Service (EGS)*

GRADING (Zustandsbewertung) ist unsere Leidenschaft!

Der European Grading Service (EGS) wurde gegründet um die ständig wachsende Nachfrage nach professioneller und neutraler Zustandsbewertung (Grading) von Sammlerobjekten in Europa sicherzustellen.

Insbesondere beim Online-Handel ist es für den Käufer nicht möglich den Zustand des gekauften Sammlerobjektes persönlich zu prüfen. Weiterhin geht das Verständnis über den Zustand eines Sammlerobjektes zwischen Verkäufer und Käufer auch bei persönlicher Begutachtung häufig auseinander. Der Zustand des Sammlerobjektes ist aber wesentlich für den Preis dieses Sammlerobjektes.
Wir stellen unseren Kunden den schnellsten und professionellsten Grading Service für Sammlerobjekte in Europa zur Verfügung. Dieser Service ist in Europa einmalig.
Durch die Zustandsbewertung von EGS können Sammlerobjekte mit einer wesentlich höheren Sicherheit über den Zustand als bisher gekauft und verkauft werden. Die Zustandsbewertung durch EGS macht es auch erheblich einfacher Sammlerobjekte über das Internet, im Versandhandel sowie auf Sammler-Messen zu kaufen und zu verkaufen.
EGS steht für eine hohe Zuverlässigkeit und umfangreiches Know-How bei der Kunst der Zustandsbewertung. Unsere Grading-Spezialisten haben gemeinsam eine mehr als 75jährige Erfahrung in der Zustandsbewertung von Sammlerobjekten.

Lizard_King 15.09.2018 14:26

Achso.
Naja, in meinem Fall liegen sie mit Zustand 3 schon richtig, hätte das Heft so selber eingeschätzt.

underduck 15.09.2018 16:58

Wer hat dir die Richtigkeit der Unterschrift bestätigt? :floet:

Lizard_King 15.09.2018 17:07

Das war recht einfach.

Da ich sie geholt habe, German Spider-Man als Eye Whitness für EGS ab und an tätig ist und damals in London dabei war, und die richtigkeit der Signatur bestätigen konnte.

thetifcat 15.09.2018 17:28

Im Prinzip hat Stan Lee die Echtheit seiner Unterschrift verifiziert.

Peter L. Opmann 16.09.2018 22:50

Spinne (Williams) 63

Erscheinungstermin: 7/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 62
2) Submariner # 8

Story-Titel:
1) Platz für… Medusa!
2) ohne Titel (Im Kampfgetümmel!)

Original-Storytitel:
1) Make Way for… Medusa!
2) In the Rage of Battle!

Zeichnungen:
1) John Romita / Don Heck / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45787.jpg

Diese Ausgabe ist ein Tiefpunkt, ein Schlag ins Wasser. Bei der Story paßt kaum etwas zusammen, sie ist dabei sehr simpel gestrickt, und sie ist augenscheinlich eigentlich zu kurz für 20 Seiten. Die Zeichnungen sehen so aus, als ob ein recht lustloser Don Heck die Hauptarbeit hatte. Allerdings finde ich das Cover sehr gelungen. Aber die Serie läuft gerade nicht gut. Ich bin nicht sehr viel später, mit „Spinne“ # 71, richtig in die Serie eingestiegen, und da war sie deutlich besser, wenngleich ich mich an eine ähnlich schwache Episode erinnere, gleich die # 72, wo die Spinne unter ähnlichen Umständen gegen Quecksilber kämpft wie hier gegen Medusa.

Medusa hat die große Zuflucht verlassen, um in New York zu testen, ob ihre Rasse ohne Probleme und Konflikte unter Menschen leben könnte. Das ist ziemlich kurz gedacht, denn dieses New York wimmelt ja von Superhelden, und die haben fast alle gewaltige Probleme mit ihrem jeweiligen Umfeld, wenngleich die Stadt insgesamt mit den kostümierten Gestalten ganz gut leben zu können scheint. Zu Beginn kreuzt sich ihr Weg gleich mit dem der Spinne, aber richtig los geht es für Medusa erst etwas später, als der Manager eines Haarspray-Herstellers die Dame entdeckt und sofort erkennt, daß sie die ideale Werbefigur für ihn ist. Sie läßt sich dazu überreden, sich für Werbefotos zur Verfügung zu stellen. Nach kurzer Zeit wird ihr das aber doch zu dumm, und sie verläßt das Fotostudio, wobei sie einiges von dem Equipment zu Bruch gehen läßt. Dummerweise gibt es für die Kampagne noch nicht genug Bilder. Der Manager hat aber eine zündende Idee: Er ruft die Spinne zu Hilfe, macht ihr weis, Medusa wolle die Stadt verwüsten, und hetzt die beiden Helden so aufeinander.

Die Spinne will Medusa zur Rede stellen; sie jedoch ist zu stolz, Fragen zu beantworten. So kommt es zum Gerangel. Alles wird natürlich von der Haarsprayfirma in bewegten Bildern festgehalten. Der Kampf war für Marvel möglicherweise angesichts der Zensurbestimmungen gar nicht so leicht darzustellen. Die Spinne darf jedenfalls nur einmal Medusas Beine umfassen und sie einmal in einen Schultergriff nehmen. Der Rest ist eigentlich ein Kampf mit ihrem Haar. Schließlich kommen Spinne und Medusa aber doch ins Reden, und es stellt sich heraus, daß der Haarspray-Manager gelogen hat. Die Spinne verspricht, das in Ordnung zu bringen, während Medusa enttäuscht in die große Zuflucht zurückreist. Die Spinne tut aber gar nichts mehr, sondern die Werbekampagne wendet sich von selbst gegen ihre Macher: Den Leuten ist Medusa zu wild, und sie kaufen deshalb das Haarspray nicht mehr. Der Manager wird darauf gefeuert. Eine hanebüchene Geschichte, die viel zu holzschnittartig und auch zu doof ist, um als Satire auf die Welt der Werbung durchgehen zu können.

Im übrigen versucht Peter, sich mit Gwen zu versöhnen. Sie weist ihn aber von ihrer Tür. Hinterher leiden aber beide unter dieser Aktion; auch Gwen wäre lieber wieder mit Peter zusammen. Lediglich das blöde Skript steht sozusagen zwischen ihnen. Norman Osborn grübelt weiter über den Grünen Kobold und die Spinne nach, was im Club den Argwohn von Jonah Jameson erregt. Er wittert eine sensationelle Geschichte. Dann erleben wir noch ein kurzes Gespräch von Peter und Harry, und am Ende versucht Mary-Jane, sich Peter zu angeln. Er denkt jedoch nur an Gwen und hat auf MJ überhaupt keine Lust. Nächstes Mal kehrt der Geier zurück, und ich habe das Gefühl, das Niveau steigt dann wieder.

Witziges Detail am Rande: Die Zweitstory mit Aquarius läuft im Moment nach dem gleichen Strickmuster ab. Das Ding wird – allerdings von Regierungsleuten – fälschlich auf Prinz Namor angesetzt. Da läuft also ein ähnlicher Fight wie zwischen Spinne und Medusa, allerdings doch ein bißchen besser gemacht.

.

jakubkurtzberg 18.09.2018 13:32

Zitat:

Zitat von Marvelianer (Beitrag 575616)
Und wer hat sich die Signatur von Seidl geholt?

Eines der Pseudonyme von Steve Ditko? :D

Lizard_King 18.09.2018 16:12

Ich weiss übrigens, das ein Hit Comics 2 existiert, das ebenfalls von seidl signiert wurde.
Da bin ich dran...vielleicht kann ich es bald hier präsentieren.

Marvel Boy 19.09.2018 05:57

:D Ein völlig neues Sammelgebiet.

Peter L. Opmann 21.09.2018 21:37

Spinne (Williams) 64

Erscheinungstermin: 8/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 63
2) Submariner # 8

Story-Titel:
1) Schwingen in der Nacht!
2) ohne Titel (Im Kampfgetümmel!)

Original-Storytitel:
1) Wings in the Night!
2) In the Rage of Battle!

Zeichnungen:
1) John Romita / Don Heck / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45788.jpg

Ich kann hier nur meine persönlichen Eindrücke wiedergeben. Die 60er Nummern habe ich überwiegend erst lange nach meiner Jugendzeit gelesen, und vielleicht bin ich deshalb überkritisch. Ein Freund sagte mir gerade, die Ausgabe mit Medusa habe er nicht so schlecht gefunden. Ich dagegen werde auch mit diesem Heft wieder nicht so richtig warm, obwohl das Cover mit den zwei Geiern Appetit macht und die Spashpage mit einem Geier, der batman-artig im Regen auf einem Mauervorsprung über der Stadt kauert, auch vielversprechend aussieht. Aber eins regt mich gleich auf: „Geier! Laut Lexikon: Vogel, Person oder Wesen, das gierig und erbarmungslos zuschlägt.“ Aus welcher Enzyklopädie Stan Lee wohl hier zitiert?

Schön, der Original-Geier ist zurück. Lee weiß, daß regelmäßige Leser sich erinnern, daß er (in „Spinne“ # 49) im Gefängnis im Sterben lag. Also muß er erklären, warum er noch am Leben ist. Mithäftling Blackie Drago hatte dem Todkranken seine Schwingen abgeluchst und war selbst zum Geier geworden. Dieser Treuebruch gab ihm aber nach eigener Aussage seine Lebenskraft zurück, er erhob sich aus seiner Lakengruft und schlich sich, als Polizist verkleidet, aus dem Knast. Diese Story kann man dem Bullpen mit etwas gutem Willen noch abkaufen. Aber warum holt der Geier nun seinen Imitator Drago aus dem Gefängnis? Sonderlich gut leiden können sich die beiden nach wie vor nicht, und es ist auch nicht zu sehen, warum die beiden sich brauchen könnten.

Die Spinne bekommt wieder mal ein Handicap verpaßt. Im Regen klebt ihr Netz nicht, und sie stürzt wieder mal von einem Hochhaus ab und prellt sich übel die Schulter. Während sich die beiden Geier miteinander auseinandersetzen, nimmt Peter Parker sich aus dem Spiel, versucht, ein bißchen zu lernen, und vor allem, seine Beziehung zu Gwen Stacy zu kitten. Aber keine Chance. Wobei Gwen, obwohl sie als Eisblock herumläuft, sich inzwischen eigentlich wünscht, daß Peter sich wieder mit ihr versöhnt. Das ist mir eindeutig zu viel tragische Verstrickung. Peter überlegt zudem, ob er Harry Osborn in sein Geheimnis einweihen soll. Aber er verwirft diesen Gedanken gleich wieder. Es bleibt dabei, daß niemand wissen darf, daß er die Spinne ist. Glücklicherweise erinnert sich Norman Osborn, der Grüne Kobold, nach wie vor nicht, daß er das Geheimnis schon einmal gelüftet hat.

Nun muß die Handlung aber doch wenigstens ein Stückweit vorangetrieben werden. Die beiden Geier geraten erwartungsgemäß in Streit, wer von ihnen die Befehle gibt. Ihr Luftgefecht veranstalten sie eigenartigerweise direkt vor dem Daily Bugle, und, wie es der Zufall so will, genau in diesem Moment schaut Peter Parker bei Jonah Jameson herein. Der zerrt ihn aufs Dach und drängt ihn, das Schurkenduell zu fotografieren. Peter schafft es unbemerkt, seine Minikamera aus dem Spinne-Kostüm zu holen, das er unter seiner Kleidung trägt. Er hört aber mit dem Knipsen auf, als er sieht, daß die beiden Geier ein Kind auf einem Balkon in Gefahr bringen. Jonah meint, er wäre vor Angst geflohen, aber Peter verwandelt sich trotz schmerzender Schulter in die Spinne und rettet den kleinen Jungen. Inzwischen hat der alte Geier den Imitator besiegt, und jetzt stürzt er sich auf die Spinne. Das muß als Cliffhanger für diesmal reichen.

Tut mir leid, aber diese Story überzeugt mich nicht. Sie ist zu konstruiert, teilweise nicht motiviert, und Lees Talent für überraschende Einleitungen von Mehrteilern kommt hier auch kaum zur Geltung. Dafür habe ich diesmal an den Zeichnungen nicht so viel auszusetzen. Heck und Esposito zeichnen zwar gröber und weniger eindrucksvoll als später Romita und Mooney, aber das macht sich diesmal nicht zu negativ bemerkbar. Manche der großen Panels zeigen aber, daß die Zeichner den Raum nicht richtig nutzen können und manchmal auch Details vermissen lassen.

Im redaktionellen Teil sehen wir diesmal ein Porträt von Gene Colan und eine Leserbrief- und Kleinanzeigenseite. Ein Leser schlägt vor, wie in USA nur eine Story pro Heft zu bringen. Die Redaktion rechnet in ihrer Antwort vor, daß ein US-Heft 15 Seiten Anzeigen beinhaltet. Da wäre doch eine Zweitstory besser. Gegen 15 Seiten Anzeigen hätte auch Williams sicher nichts einzuwenden gehabt, aber sie wären wohl kaum zu beschaffen gewesen (wenn auch Eigenanzeigen dabei waren). Allerdings gab es in Deutschland generell keine Comics mit so hohem Reklameanteil. Vorteil wäre aber sicher gewesen, daß die Verlage Comichefte dann für schätzungsweise 50 Pfennige hätten verkaufen können. Weiteres Thema: Warum treten Quecksilber und die Scharlachhexe bei den Rächern als „Gute“ und in Hulk (X-Team) als "Böse" auf? Da versucht die Redaktion zu erklären, daß die Hefte in USA in anderer zeitlicher Folge erschienen sind und zwischen der X-Team- und der Rächer-Episode einige Zeit vergangen ist.

Anzeigen gibt es weiter auf Seite 2. Die Sea-Monkeys nehmen jetzt schon eine halbe Seite ein, während Marken-Paul beim kleinen Format geblieben ist, wie man es auch aus anderen Comics kennt. Die Checkliste muß dafür wieder mal wegfallen.

Peter L. Opmann 24.09.2018 23:20

Spinne (Williams) 65

Erscheinungstermin: 8/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 64
2) Submariner # 9

Story-Titel:
1) Des Geiers Beute
2) Der Zauber der Schlange!

Original-Storytitel:
1) The Vulture’s Prey!
2) The Spell of the Serpent!

Zeichnungen:
1) John Romita / Don Heck / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) Marie Severin / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45789.jpg

In den deutschen Credits sieht es zwar so aus, als ob John Romita den Zeichenstift wieder in die Hand genommen hätte und Don Heck nur gemeinsam mit Mickey Demeo tuschen würde, aber laut der US-Ausgabe ist Heck immer noch der maßgebliche Zeichner. Auch die Story bewegt sich in gewohntem Gefilde: Der Abschluß des Geier-Zweiteilers fällt sehr actionbetont aus. Das sieht man allein schon an den dominierenden großen Panels, oft nur drei pro Seite. Das war 1968 bei Marvel der Trend, und es wirkt hier nicht – im Gegensatz zur vorigen Ausgabe – wie Seitenschinderei. Vielmehr ist das Bemühen erkennbar, den Kampf der Spinne gegen den Geier so dramatisch wie möglich zu gestalten.

Ich sollte vorausschicken: Daß die Spinne dem Geier einen dramatischen Fight liefern muß, liegt zum einen daran, daß ihr rechter Arm nach einem Sturz taub ist, und zum anderen daran, daß der Geier irgendwie elektrisch verstärkt kämpft, was sich erst am Ende klar herausstellt. Man müßte sonst einwenden: Dieser Schurke hat, abgesehen davon, daß er fliegen kann, eigentlich keine Superkräfte. Hier aber doch.

Interessant gemacht wird das Duell außerdem dadurch, daß Jonah Jameson und Joe Robertson in Gefahr geraten, die es aus nächster Nähe vom Dach des Daily Bugle aus verfolgen. Jameson kocht zu Anfang vor Wut, weil sein Fotograf Peter Parker mutmaßlich abgehauen ist und sonst keiner zur Verfügung steht, der das Geschehen festhalten könnte. Robertson schleppt schließlich einen zweiten Bildjournalisten an, dem aber das Filmmaterial ausgeht, bevor die Spinne endgültig besiegt ist. Jameson greift daraufhin persönlich in den Kampf ein und versucht, die Spinne festzuhalten, damit der Geier sie fertigmachen kann. Zur Strafe wird JJJ in ein Netz eingewickelt.

Der Kampf Spinne vs. Geier selbst wird recht detailreich und variabel geschildert. Der Geier ist furios und spürt, daß die Spinne nicht über ihre volle Kraft verfügt. Die wehrt sich verbissen, kann ihn aber nicht abschütteln. Der Geier versucht zunächst, die Spinne aus der Höhe der New Yorker Wolkenkratzer in den Tod stürzen zu lassen. Als sie sich schließlich an seine Beine klammert, schlägt er mit roher Gewalt zu. Darauf stürzt sie tatsächlich, kann den Aufprall aber durch ein Netzkissen dämpfen. Trotzdem sieht es so aus, als habe ihr der Aufprall den Rest gegeben. Als der Geier sich neugierig nähert, greift sie plötzlich auf seinen Rücken und zerstört die „Krafteinheit“, die ihn mit Energie versorgt hat. Sobald das Ding kaputt ist, tritt der Geier den Rückzug an. Die Spinne triumphiert, wird aber nun bewußtlos. Eine Horde Gaffer nähert sich, um sie zu demaskieren. Ende der Episode. Der angekündigte Titel, „Der Mann unter der Maske“, klingt ganz so, als würde es den Leuten gelingen.

Ein bißchen Soap gibt es auch noch. Mary-Jane taucht mit neuer Frisur (eine Dauerwellen-Kurzhaar-Kreation, die sich glaube ich nicht lange gehalten hat) bei Tante May auf, aber Peter Parker ist wieder mal spurlos verschwunden. Gwen spricht inzwischen mit ihrem Vater, der ihr klarmacht, daß Peter an dem Handgemenge unschuldig war, in dem er zu Fall gekommen war; sie kann ihm also endlich, endlich verzeihen. Beim Spazierengehen kommen die Stacys zur Auseinandersetzung der Spinne mit dem Geier hinzu. Ob sie noch da sind, als die Spinne das Bewußtsein verliert, ist hier nicht erkennbar.

Fazit: Das liest sich doch ganz nett. Der Kampf ist nicht bloß eine hirnlose Prügelei, sondern lebt vor allem von der Schwäche der Spinne. Dadurch vermißt man auch nicht so sehr andere Storyelemente, die hier nicht so üppig vertreten sind. Eindrucksvolles Cover übrigens, bei dem sich die Figuren farbig von einem schwarz-weißen New Yorker Panorama (mit Grautönen) abheben. Den Cliffhanger kann ich Lee und Romita nicht so recht abnehmen. Ich glaube nicht, daß die Spinne im nächsten Heft demaskiert wird. Aber wissen möchte ich’s schon…

Die Sea-Monkeys-Werbung wird in dieser Ausgabe durch die Monats-Checkliste ersetzt. Es ist übrigens die vorletzte Produktion mit dem umfangreichen Titel-Programm.

Peter L. Opmann 27.09.2018 17:00

Spinne (Williams) 66

Erscheinungstermin: 9/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 65
2) Submariner # 9

Story-Titel:
1) Flucht unmöglich!
2) ohne Titel (Der Zauber der Schlange!)

Original-Storytitel:
1) The impossible Escape!
2) The Spell of the Serpent!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Marie Severin / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45790.jpg

Aus diesem Grund habe ich die Serie nochmal chronologisch lesen wollen. Nur so bekommt man die Veränderungen, die sie erlebte, richtig mit und gewinnt auf manche Sachen einen neuen Blick. In dieser Ausgabe debütiert Inker Jim Mooney. Ich wußte, daß John Romita und Jim Mooney als maßgebliches Zeichnergespann bei der „Spinne“ gelten, aber ich hatte bisher nicht so beachtet, woran das eigentlich liegt. Außerdem hätte ich vermutet, daß Mooney schon ab etwa # 50 dabei war, was definitiv nicht stimmt. Ab diesem Heft wird Romita nicht mehr von Don Heck assistiert, aber ich muß sagen, so schlecht hat Heck seine Sache gar nicht gemacht. Aber der Wechsel von Mike Esposito zu Mooney macht sich deutlich bemerkbar. Esposito hat in den letzten Ausgaben ziemlich mittelmäßige Arbeit abgeliefert – Mooney holt nun aus Romitas Vorzeichnungen eine Menge heraus.

Wer war Jim Mooney? Er war etwa zehn Jahre älter als die meisten Silver-Age-Zeichner (geboren 1919), begann mit Illustrationen für Science-Fiction-Magazine wie „Weird Tales“ und mischte ab 1940 in New York im Golden Age of Comics mit. Von 1946 bis 1968 zeichnete er für DC, unter anderem Batman, und wechselte dann zu Marvel, wo wir ihm soeben begegnen. Stan Lee hatte ihm bereits Anfang der 40er Jahre ein paar Aufträge gegeben und setzte ihn nun sofort bei Amazing Spider-Man ein, weil er wohl auch das Gefühl hatte, daß die Grafik zu wünschen übrig ließ. Ich habe im Internet nur ein paar Seiten aus Mooneys 40er, 50er und 60er Comics gesehen, aber ihn zeichnet eine Vorliebe für gekonnte Schraffuren und überhaupt für starke Hell-Dunkel-Kontraste aus. Spider-Man wird eindeutig düsterer durch ihn, und durch die Lichteffekte werden die Körper auch plastischer und die Panels insgesamt realistischer. Laut Wikipedia hat er ASM nur bis # 88 geinkt – also als Gil Kane kam, mußte er wohl gehen. Ich hätte angenommen, daß Mooney an mindestens 50, wenn nicht 100 Heften beteiligt war, was dann doch hinkommen kann, denn er kehrte später zu verschiedenen Spider-Man-Titeln zurück. Mit fast 90 Jahren ist er in Florida gestorben.

Bei Mooneys Einstieg ist auch die Story ungewöhnlich und ansprechend. Wir erinnern uns, daß die Spinne nach dem Kampf mit dem Geier bewußtlos auf der Straße liegt. Die schaulustige Menge will ihr die Maske herunterreißen, aber Captain Stacy mischt sich ein und warnt, das könnte Grundrechte der Spinne verletzen. Jonah Jameson ist außer sich und beschimpft ihn: „Sie müssen ein religiöser Fanatiker sein.“ Ich vermute, im Original steht eher, Stacy sei ein verdammter Liberaler, aber am Ende wird die Spinne maskiert ins Lazarett eines Gefängnisses gebracht. Auch Stacy begibt sich dorthin, quasi als ihr Rechtsbeistand. Da wird er plötzlich von ein paar Häftlingen, die ausbrechen wollen, gekidnappt. Mit ihm wollen sie ihren Weg ins Freie erzwingen.

Die Spinne erwacht und erkennt die gefährliche Situation. Sie fühlt sich noch nicht fit genug, die Verbrecher zu überwältigen, ohne Leben und Gesundheit von Stacy zu gefährden. Daher versucht sie, die Häftlinge glauben zu machen, sie wolle sich ihnen anschließen und ebenfalls aus dem Gefängnis abhauen. Das nehmen die ihr zunächst nicht ab, aber die Spinne kann sie dann doch bluffen, indem sie ihnen vorspielt, ihr sei völlig egal, was aus Stacy wird. Die Gauner drängen sie daraufhin dazu, beim Ausbruch voranzugehen. Die Spinne bahnt sich durch ein hohes Fenster ihren Weg ins Freie und gibt vor, einen Weg über die Gefängnismauer zu suchen. Die Häftlinge sollen derweil ihre Geisel einsetzen, um aus dem Gefängnisgebäude herauszukommen.

Die Spinne dringt in einen Wachraum ein, überwältigt das Personal und nutzt die Gelegenheit, Tante May anzurufen. Da sie ihr aber nicht sagen kann, wo sie steckt, gelingt es ihr nicht, sie zu beruhigen. Sie konzentriert sich also wieder auf den Ausbruch. Dazu reißt sie den Sicherungskasten aus der Wand. Überall in dem Knast wird es stockfinster (und Mooney kann mit seinen dramatischen Hell-Dunkel-Kontrasten glänzen). In der Dunkelheit überwältigt die Spinne einen Ausbrecher nach dem anderen. Aber als die Notaggregate anspringen und es wieder hell wird, merkt der Anführer, was los ist, und will sich die Spinne vom Hals halten, indem er Stacy umzubringen droht. Die Spinne überwältigt ihn jedoch, indem sie ihm Netzflüssigkeit in die Augen sprüht. Stacy fordert die Spinne auf, sich einem Gerichtsverfahren zu stellen, aber die macht sich davon. Die Polizei findet den befreiten Polizeioffizier. Jameson kommt hinzu und beschuldigt die Spinne wieder mal aller möglichen Schurkereien. Deren größtes Problem ist: Wie soll sie Tante May erklären, wo Peter Parker gesteckt hat? Und als nächstes kommt Mysterio, ein aus Ditko-Zeiten bekannter Finsterling.

Die Story ist durchweg packend. Die kleinen Ungereimtheiten fallen nicht sehr auf. Trotzdem will ich sie mal nennen: Welche Grundrechte erlauben eigentlich jemandem, eine Maske zu tragen? Ich mußte ein wenig an das heute aktuelle Verschleierungsverbot denken. Ist es üblich, daß das Gefängnishospital nicht geschlossen ist? Die Spinne braucht jedenfalls nur aus ihrem Bett aufzustehen, um sich frei im Gefängnis bewegen zu können. Außerdem: So sehr JJJ bei der Spinne alles zu ihren Ungunsten auslegt, ist Captain Stacy umgekehrt ziemlich vertrauensselig, wenn er ihr sofort abnimmt, daß sie den Ausbrechern nur etwas vorgespielt hat und in Wirklichkeit ihn immer retten wollte. Beinahe überflüssig zu erwähnen, daß Norman Osborn auch in dieser Ausgabe wieder darüber nachgrübelt, was es mit dem Grünen Kobold auf sich hat – ich würde sagen: Hoffentlich erscheint „Spectacular Spider-Man“ nun bald mal…

In diesem Heft bringt die Williams-Redaktion die Diskussion über den „Fall Roter Wächter“ ins Rollen. Es handelt sich um einen kommunistischen Bösewicht, und es geht darum, ob Mitte der 1970er Jahre noch Geschichten aus der Hochphase des Kalten Krieges unbearbeitet erscheinen sollen. Im letzten MMT-Porträt wird Marie Severin vorgestellt, die gerade „Aquarius“ zeichnet. Diese Serie hätte ich gern weiterverfolgt; es wären ja noch unzählige Marvel-Künstler abzuhandeln gewesen, vielleicht auch mal Jim Mooney. Die Monatsvorschau auf der Rückseite zeigt schon das arg zusammengeschrumpfte Programm des kommenden Monats; der Leser erfährt im redaktionellen Teil nichts Weiteres. Auf Seite 2 gibt es statt Checkliste wieder, wie schon gehabt, die Sea-Monkeys- und Marken-Paul-Anzeigen.

Peter L. Opmann 29.09.2018 20:13

Spinne (Williams) 67

Erscheinungstermin: 9/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 66
2) Submariner # 9

Story-Titel:
1) Wahnsinn bringt Mysterio!
2) ohne Titel (Der Zauber der Schlange!)

Original-Storytitel:
1) The Madness of Mysterio!
2) The Spell of the Serpent!

Zeichnungen:
1) John Romita / Don Heck / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) Marie Severin / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45791.jpg

Jetzt blicke ich durch. Ich habe mich nun mal über „Spectacular Spider-Man“, das Magazinprojekt, informiert. Band 1 erschien im Juli 1968, Band 2 (mit dem Grünen Kobold) im November. Zeichner war jeweils John Romita, Inker Jim Mooney. Sicher hatte Romita deshalb wenig Zeit für die Heftserie ASM. Wir sind jetzt bei der „Spider-Man“-Ausgabe, die im November herauskam. Da „Spectacular Spider-Man“ nur zwei Ausgaben erlebte, konnte Romita also zu ASM zurückkehren. Don Heck wurde nicht mehr gebraucht, Esposito (wohl wegen guter Erfahrungen) durch Mooney ersetzt. Hier ist nun aber noch einmal für ein Heft das Team Romita – Heck – Esposito am Werk; wie es dazu kam, weiß ich nicht im einzelnen. Diese „Mysterio“-Nummer kenne ich durch einen Superband. Ich finde, es ist noch einmal eine schwächere Ausgabe – nicht nur, was die Grafik betrifft. Auch die Story überzeugt im Kern nicht.

Das Problem liegt in meinen Augen in der Figur des Mysterio. Mit einem Vernebelungstrick bricht er aus seiner Zelle aus, und er scheint nichts anderes im Sinn zu haben, als Rache an der Spinne zu nehmen. Als Peter Parker zufällig einen Auftritt von ihm mitbekommt (wir erinnern uns: New York ist ein Dorf), fragt er sich zu Recht: „Was will er?“ Mysterio hielt sich schon bei seinem Debüt (in „Spinne“ # 16) für einen Meisterzauberer, ist aber eigentlich nur ein Filmtechniker, der sich mit Spezialeffekten auskennt. Jetzt hat er immerhin einen mit „psychedelischer Kraft“ aufgemotzten Helm, aber eigentlich müßte er wesentlich kleinere Brötchen backen, zumal die Spinne weiß, daß bei ihm alles Trick und Illusion ist. Er behauptet jetzt zwar, er könne in der Stadt ein unbeschreibliches Chaos anrichten, aber wie soll das eigentlich gehen? Am Ende tut er das auch nicht, sondern beeindruckt die Spinne vielmehr mit einer Gaukelei.

Wir haben hier wieder einen Zweiteiler vor uns. Daher läßt Stan Lee viel Raum für Szenen aus Peter Parkers Privatleben. Nach der Beinahe-Niederlage gegen den Geier und seinen Aufenthalt im Gefängnislazarett kehrt er als Spinne auf das Dach des Daily Bugle zurück, wo er seine Kleider und seine Kamera zurückgelassen hatte. Alles glücklicherweise noch da. Dann schläft sich Peter erstmal gründlich aus, bemerkt, daß seine Wunden schon weitgehend verheilt sind, und kehrt zum Bugle zurück, um sein Verhältnis zu Jonah Jameson zu verbessern. Der schmeißt ihn allerdings raus – in seinen Augen hat sich Parker dünne gemacht, als die Spinne gegen den Geier kämpfte, und das ist für ihn unverzeihlich. Kurz darauf werden ihm allerdings die Fotos des Ersatzfotografen geliefert: Vor Angst hat der das Wesentliche nie aufs Bild bekommen. Trotzdem: Peters Honorar ist passé; er sieht sich gezwungen, sein Motorrad zu verkaufen, und das weit unter Wert.

Dann folgt die zufällige Begegnung mit Mysterio. Peter will sich rasch in die Spinne verwandeln und ihn verfolgen, aber dann denkt er sich: Wenn er sich mit Superschurken prügelt, bringt ihm das immer nur Ärger ein – er will jetzt lieber sowas wie Dienst nach Vorschrift machen, also nur eingreifen, wenn konkret Gefahr droht. Darauf kommt es zu einer zweiten, diesmal erfreulicheren zufälligen Begegnung: Gwen Stacy entdeckt ihn in der Menge und erklärt ihm, sie habe ihm alles vergeben. Es folgt eine Seite Süßholzraspeln. Gleichzeitig treffen sich Captain Stacy und der Lokalchef des Bugle, Joe Robertson, und tauschen ihr Wissen über die Spinne aus. Beide vermuten, daß sie denjenigen, der sich hinter der Maske verbirgt, kennen. Peter findet seinen Kumpel Harry in verstörtem Zustand vor. Harrys Vater, Norman Osborn, ist verschwunden. Am Ende sehen wir, daß er sich in den Grünen Kobold verwandelt hat. Direkt in dem Comic wird offenbar nicht darauf hingewiesen, daß dieser Erzählstrang nun in „Spectacular Spider-Man“ weitergeführt wird.

Peter ist beim Haus von Tante May angekommen und will ihr nun erklären, warum er tagelang verschwunden war. Da hört er von außen ihre erregte Stimme und drückt die Haustür ein. Es ist aber gewissermaßen blinder Alarm: Tante May hat einen Fernsehbericht über Mysterio gesehen und sich darüber maßlos aufgeregt; es droht wieder mal der Herzkasper. Das bringt Peter endlich dazu, ihm als Spinne gegenüberzutreten. Sie findet ihn, wie vermutet, in einem alten Filmstudio. Mysterio nebelt den ganzen Raum ein, um sich die Spinne so vom Leibe zu halten. Schließlich beschießt er sie mit einer nicht näher bezeichneten Kanone. Wir haben zu Beginn des Comics bereits gesehen, daß er ein Modell eines Vergnügungsparks gebaut hat. Nun findet sich die Spinne plötzlich in dieser Kulisse wieder und ist anscheinend auf die Größe einer Maus geschrumpft worden und sieht sich einem riesigen Mysterio gegenüber.

Ein starkes Bild, aber diese Story habe ich schon als Jugendlicher den Machern nicht so richtig abgekauft. Denn Mysterio hat nicht die Fähigkeit, Menschen zu schrumpfen, dafür ist er als Illusionist bekannt, eigentlich nur als Tricktechniker. Aber schön, warten wir mal den zweiten Teil ab.

In dieser Ausgabe ist nun die Monats-Checklist abgedruckt; es gibt offenbar nichts Besonderes zu vermelden, abgesehen davon, daß es bald ein Marvel-Riesenposter geben soll. Hinten ist allerdings eine Erklärung der Redaktion abgedruckt, die zugegeben einem Marvel-Fan an die Nieren geht: „Liebe Freunde, niemals zuvor haben wir den Text einer Seite nach so langem Zögern und mit so schwerem Herzen geschrieben. Wir sind von dem, was wir Euch mitzuteilen haben, ebenso überrascht und getroffen wie Ihr. Heute, da wir diese Zeilen schreiben, ist wohl der schwärzeste Tag in der deutschen Marvel-Geschichte. Und sicher ein schwarzer Tag für alle Comic-Fans, gleich welchen Alters. Sechs Marvel-Titel und ,Die grüne Laterne' erscheinen in diesem Monat zum letzten Mal.“

Laut dem Editorial wurden die Hefte zu wenig gekauft; es fällt das Wort von der „chronischen Taschengeldknappheit“. Die Leser hätten „anderen Titeln den Vorzug gegeben“. Immerhin wird noch der Rest von „Submariner“ # 9 gebracht. In anderen Ausgaben endet die Zweitgeschichte nach meiner Erinnerung auch mitten in der Story.

Peter L. Opmann 05.10.2018 21:48

Spinne (Williams) 68

Erscheinungstermin: 10/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 67
2) Journey into Mystery # 116

Story-Titel:
1) Eine Spinne zerquetschen!
2) Zweikampf der Götter!

Original-Storytitel:
1) To squash a Spider!
2) The Trial of the Gods!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://www.comicguide.de/pics/medium/45792.jpg

Actionreich wird der Zweiteiler zuendegeführt. Dabei kann man leicht übersehen, daß die Story keinen rechten Sinn ergibt. Die Spinne wurde auf Westentaschenformat verkleinert und befindet sich in einem Vergnügungspark, den sie vorher als Modell gesehen hat. Mysterio ist hinter ihr her, um sie wie ein richtiges Krabbeltier plattzukloppen, oder er läßt sie in diverse Fallen tappen. Weder wird so richtig klar, was da tatsächlich vorgeht, noch, ob die Spinne die Tricks durchschaut oder nicht. Aber es scheint ohnehin, als habe Stan Lee seinen Helden nur einer Reihe von Gefahren aussetzen wollen, um zu verfolgen, wie sie sich jeweils im letzten Moment in Sicherheit bringt. Am Ende, das ist lange absehbar, durchschaut sie Mysterio und macht ihn unschädlich. Immerhin sind die Zeichnungen deutlich besser als im vorangegangenen Heft, da sie nun wieder von Romita und Mooney stammen.

Bei der Inhaltsangabe kann ich mich kurz fassen. Die Spinne landet in einem Spiegelkabinett, wobei sie die Spiegel nicht zerschlagen darf, weil sie mit Gift präpariert sind; wie in „Grube und Pendel“ wird sie von einem schwingenden Fallbeil bedroht, gerät in die Fänge eines Meeresmonsters, muß einem riesigen Wurfmesser ausweichen und sich zwischendurch immer wieder des für sie riesenhaften Mysterio erwehren. Zunächst fällt ihr auf, daß er sie nicht zu Atem – und offenbar zum Nachdenken – kommen lassen will, aber rätselt doch eine Weile, was Mysterio im Schilde führt. Dann entdeckt sie sein Versteck in einem auffällig beleuchteten (warum eigentlich?) Turm. Als sie sieht, daß der Mysterio am Steuerpult genauso groß ist wie sie, durchschaut sie das Spiel endlich. Wir Leser dagegen nicht. Möglich wäre gewesen, daß Mysterio mit vergrößerten Kulissen arbeitet, um der Spinne zu suggerieren, sie sei winzig klein. Tatsächlich hat er, laut Spinne, „posthypnotische Suggestion“ angewandt, und irgendwas steckte schließlich in seinem Helm, wie im ersten Teil zu erfahren war. Es ist also die von Lee schon des öfteren verwendete Hypnose, begrifflich etwas aufgemotzt, die aber die Spinne durch Überlegung letztlich doch überwunden hat.

Ein bißchen Soap Opera hat die Geschichte auch noch zu bieten: Tante May sorgt sich so sehr – freilich ohne konkreten Grund – um ihren Neffen Peter, daß der Arzt kommen und ihr bescheinigen muß, ein Herzinfarkt stehe unmittelbar bevor, wenn sie sich nicht extrem schont. Jonah Jameson will die Story vom Kampf der Spinne gegen Mysterio. Öffentlich geworden ist davon aber bisher nichts, so daß Joe Robertson beschließt, Captain Stacy um Rat zu fragen. Seinen wohl ersten Auftritt hat Robertsons Sohn Randy, der im nächsten Heft in Studentenproteste, damals noch etwas äußerst Verwerfliches, verwickelt werden wird. Ansatzweise originell ist das Ende. Der besiegte Mysterio fleht die Spinne an, ihn mit ihren Sprüchen zu verschonen. Sie gibt zurück: „Und ich glaubte, ich sei so redegewandt! Oh, ja – man kann nicht alles haben!“ Im letzten Bild schwingt sie über Protestplakate hinweg. Hat dieses Bild 1968 bereits für Dramatik gesorgt? Kaum zu glauben.

Da ich das immer verfolgt habe: Die Marken-Paul-Werbung ist nicht mehr da (wohl weil es nur noch drei Marvel-Titel gibt plus „Horror“ und zum letzten Mal „Planet der Affen“). Dafür kann jetzt die Check-Liste mit einer halbseitigen Sea-Monkeys-Anzeige kombiniert werden. Die Redaktion bringt eine diesmal wieder ziemlich kontroverse Leserbriefseite, die allerdings vor der Einstellung von sechs Titeln zusammengestellt worden ist. Denn ein Leser beschwert sich über die mystisch-verspielte Sprache von Dr. Strange. Das sei in US-Original noch viel schlimmer, heißt es. Sieglinde bemängelt das „billige Papier“ und wirft Williams vor, nur Geld verdienen zu wollen. Christian wünscht sich noch viel mehr US-Titel wie „Sgt. Fury“, „Marvel Team-up“, „Werewolf by Night“ und „Howard the Duck“. In zwei Briefen werden einmal die Kurzgeschichten in Dracula und Frankenstein kritisiert (weil noch aus den 50er Jahren) und einmal gelobt. Schließlich geht es noch um den Phasenvertrieb, der dafür gesorgt hat, daß manche Leute von den Superbänden (von denen sich die Redaktion allerdings distanziert), „Kung Fu“ und dem „Marvel-Kalender“ (letzteren habe ich auch nie gesehen) überrascht wurden. Die Briefe sind wie ein Nachhall auf die glorreiche Williams-Marvel-Zeit.

Peter L. Opmann 07.10.2018 15:47

Spinne (Williams) 69

Erscheinungstermin: 10/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 68
2) Journey into Mystery # 116

Story-Titel:
1) Unruhe an der Uni!
2) ohne Titel (Zweikampf der Götter!)

Original-Storytitel:
1) Crisis on Campus!
2) The Trial of the Gods!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://www.comicguide.de/pics/medium/45793.jpg

Es wird spannend für mich. Hier beginnt der Mehrteiler, den ich zwei Ausgaben später dann auch mitgelesen habe; wie schon erwähnt, stieg ich mit „Spinne“ # 71 endgültig in die Serie ein und verfolgte sie bis zu ihrer Einstellung. Mein Eindruck der „Spinne“ rührte zu dieser Zeit von Heften aus dem 30er oder 40er Nummernbereich her. Das war nun etwas ziemlich anderes. Dabei spielte die Mitwirkung des Inkers Jim Mooney eine wichtige Rolle, was das Artwork von John Romita nicht abwerten soll. Aber neu ist auch, daß Stan Lee hier eine Handlung eröffnet, die sich über acht Ausgaben hinziehen wird. Kein Wunder, daß ich dranblieb.

Wie mag das in der zweiten Jahreshälfte 1968 gewesen sein, als dieser Comic in USA produziert wurde? Lee hatte zwei Grundmotive, von denen er wohl nur eins aufs Cover bringen konnte. Zum einen taucht Kingpin wieder auf; er ist mit Hilfe von Spezialisten hinter einer antiken Tontafel her, deren Geheimnis wir noch nicht erfahren. Zum anderen macht Lee eine superhelden-untypische Erscheinung zum Thema: die Studentenproteste, die 1968 die Menschen in den USA ziemlich aufgeschreckt haben müssen. Offenbar so sehr, daß Kingpin (zunächst) vom Cover verbannt wird. Die außer Rand und Band geratenen Studenten waren wohl spannender.

Die Studentenproteste stehen aber nicht am Beginn; davon war ja andeutungsweise im vorigen Heft schon etwas zu sehen. Zuerst blicken wir in die Unterwelt-Zentrale des Kingpin. Der betrachtet ein Bild der erwähnten Tontafel und läßt sich von einem Experten namens Wilson darüber informieren. Auf ihr eingraviert: „das größte Geheimnis aller Zeiten“. Unzählige Männer seien ihretwegen gestorben, fügt Wilson hinzu, aber sie sei noch nicht entziffert. (Woher weiß er also, daß das nicht bloß ein frühgeschichtlicher Einkaufszettel ist?) Und: die Spinne werde aufpassen, daß sie nicht geklaut wird. Kingpin wird wütend und vermöbelt erstmal sechs seiner Leibwächter.

Nun zurück an die Uni. Geschickt knüpft Lee eine Verbindung: Hier ist die Tafel gerade ausgestellt. Das Gebäude soll nach dieser Präsentation zur Luxusherberge für Ehemalige werden. Die Studenten wollen dagegen, daß hier Unterkünfte für Bedürftige entstehen. Darüber wird Peter Parker von einem Mini-Malcolm X namens Josh und Joe Robertsons Sohn Randy aufgeklärt. Die Studenten wollen auf die Straße gehen und ihre Forderung durchdrücken. Peter hat allerdings „keine Zeit“ mitzumarschieren.

Während vor der Halle eine Demo stattfindet, nutzt Kingpin die allgemeine Aufregung, sich die Tafel unter den Nagel zu reißen. Weil er Randy bedroht, verwandelt sich Peter in die Spinne. Als die Studenten mit ihren Protestplakaten auftauchten, wollten die Wachen bereits mit Waffengewalt vorgehen. Kingpin setzt sie nun mit Betäubungsgas außer Gefecht und will mit der Tafel unterm Arm abhauen. Die Spinne stellt sich ihm in den Weg, aber mit einem Energiestoß aus seinem Spazierstock bringt Kingpin eine Wand zum Einsturz, und die Spinne muß alle Kräfte aufbieten, damit Randy nicht erschlagen wird. Der Kingpin kann vorerst fliehen.

Man merkt beim Lesen, daß es noch keine großen Erfahrungen mit dem Umgang mit Demonstrationen gibt. Die Polizisten sind schnell bei der Hand, überhart zu reagieren. Andererseits war die Demo offenbar nicht angemeldet. Stan Lee rückt sie in die Nähe des Verbrechens, denn so hat Kingpin leichtes Spiel mit der Tafel. Es fällt auch auf, daß Peter Parker geflissentlich nicht in Verbindung mit den Studentenprotesten gebracht wird. Und seltsam: die Rädelsführer (wenn ich sie mal so nennen darf) sind Schwarze. Der Gesamteindruck: eine Demonstration wird im Graubereich zu Straftaten angesiedelt – weil das in USA damals wohl allgemeine Meinung war.

Abgesehen von den zeitbedingten Besonderheiten wird das alles recht spannend erzählt. Nebenbei geht die Versöhnung von Peter und Gwen weiter. Nachdem Norman Osborn von der Bühne abgetreten ist, baut Lee in einer Szene einen Gegensatz zwischen Jonah Jameson und Joe Robertson auf. Robertson verteidigt Peter Parker, der vom Kampf der Spinne gegen Mysterio wieder mal keine Fotos geliefert hat, und sorgt sich um seinen Sohn Randy. Am Ende beteuert er die Unschuld der Studenten, die nun erstmal in den Knast wandern (wegen des Diebstahls der Tafel, nicht primär wegen der Demo – immerhin).

Marken-Paul hat doch noch nicht das Feld geräumt. Nun ersetzt seine Mini-Anzeige wieder die größere der Sea-Monkeys. Anscheinend hatte Williams Spielräume, die Anzeigen über den Monat verteilt zu platzieren. Die Checkliste wird nicht geopfert. Es gibt auch wieder die Monatsvorschau auf dem Backcover. Sonst fehlen aber redaktionelle Seiten in diesem Heft.

P.S.: Zum ersten Mal entdecke ich auf dem Cover eine Romita-Signatur - etwas versteckt auf einem Protestplakat.

Marvelianer 08.10.2018 08:00

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 576761)
Schließlich geht es noch um den Phasenvertrieb, der dafür gesorgt hat, daß manche Leute von den Superbänden (von denen sich die Redaktion allerdings distanziert), „Kung Fu“ und dem „Marvel-Kalender“ (letzteren habe ich auch nie gesehen) überrascht wurden. Die Briefe sind wie ein Nachhall auf die glorreiche Williams-Marvel-Zeit.

Der Marvel-Kalender (Postkarten) erschien Ende Sept. 1975 zeitgleich mit dem Tarzan - Kalender und Dick & Doof - Kalender die drei Kalender waren für das Jahr 1976, die Kalender wurden gleichzeitig an ausgewählten Kiosken bundesweit ausgeliefert, also kein Phasenvertrieb. - Hier ist der Dick & Doof Kalender 1976 kurios der auch der Seltenste dieser Drei ist denn die Comicserie endete im Nov.1975.

Ebenso unterlagen die Kung Fu und die Tarzan Taschenbücher nicht dem Phasenvertrieb.

FrankDrake 08.10.2018 08:14

Mein Lieber, das mit dem zitieren musst Du noch üben.

Peter L. Opmann 08.10.2018 08:21

Aber sonst ist der Beitrag ganz brauchbar. Danke!

Peter L. Opmann 10.10.2018 10:02

Spinne (Williams) 70

Erscheinungstermin: 11/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 69
2) Journey into Mystery # 117

Story-Titel:
1) Den Kingpin vernichten!
2) Schlachtgetümmel – Kampfestoll

Original-Storytitel:
1) Mission: Crush the Kingpin!
2) Into the Blaze of Battle!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://www.comicguide.de/pics/medium/45794.jpg

Der Kingpin hat die geheimnisvolle antike Tafel. Die Spinne versucht, sie wiederzubeschaffen – was allerdings den Vorwurf der Justiz, die demonstrierenden Studenten hätten dem Gangsterboß bei seinem Überfall geholfen, keineswegs entkräften würde. Aber die Sache läuft auf einen erneuten Fight von Kingpin und der Spinne hinaus, und darum geht es natürlich. Trotzdem gibt es in dieser Story ein paar interessante Aspekte. Aufgefallen ist mir auch, daß laut Credits John Romita diesmal nur die Storyboards angefertigt und Jim Mooney das Ganze im Wesentlichen allein gezeichnet und geinkt hat. Vielleicht hat Romita Urlaub genommen. Ich habe ein paar von Mooney gezeichnete Horrorstorys gelesen, wo er mich nicht so überzeugt hat. Ich dachte: Als Inker ist er eindeutig besser. Hier bemerke ich kaum, daß Romita an den Zeichnungen wenig beteiligt war. Mir fällt lediglich auf, daß die Spinne in einigen Panels muskulöser wirkt als üblich. Ein Brustkorb wie bei Superman paßt zu dieser Figur nicht.

Die Spinne stöbert Kingpin und seine Leute nach kurzer Suche auf. Der hat die Tafel erstmal in seinem Tresor versorgt – ein Safe, der nicht abgeschlossen ist; vielmehr ist die Stahltür so schwer, daß niemand außer Kingpin sie öffnen kann. Eine Frage, die mich sonst relativ kalt läßt, hat mich diesmal schon ein bißchen beschäftigt: Wie stark ist der Kingpin eigentlich? Kann er sich mit einem Superhelden (Peter Parker besitzt definitionsgemäß die proportionalen Kräfte einer Spinne) tatsächlich messen? Daß die Proportionen nicht mehr ganz stimmen, wird wenige Ausgaben später bei „Menschenberg Marco“ deutlich, der ein lediglich großgewachsener und gut trainierter Gangster ist und trotzdem angeblich der Spinne schwer zusetzen kann. Aber was soll’s? Rein optisch wirkt die Spinne hier dem jedenfalls übermenschlich feisten Kingpin unterlegen und verlegt sich darauf, ihn mit gewitzter Akrobatik zu bekämpfen. Das sieht schon ganz ansprechend aus.

Auffällig: Anders als in der Ditko-Zeit ziehen die Gangster hier ihre Pistolen, um die Spinne zu erschießen. Marvel trägt wohl der zunehmenden Brutalisierung in Kinofilmen Rechnung. Freilich wird niemand verletzt. Kingpin bekommt im Zweikampf irgendwann die rechte Hand der Spinne zu fassen und drückt so kräftig zu, daß sie beinahe ohnmächtig wird. Das ist auch das durchaus eindrucksvolle Titelmotiv. Trotz tauber Hand ist die Spinne aber nicht besiegt, und Kingpin muß Zuflucht zu seinem Spazierstock nehmen. Den verklebt die Spinne aber blitzschnell mit Netzflüssigkeit, so daß der Schuß nach hinten losgeht. Nun ist der Kingpin k.o. und wird von der Polizei festgenommen. Trotz all seiner Kraft ist er offenbar von Handschellen zu halten. Die Spinne nimmt derweil den Inschriften-Spezialisten Wilson hops und öffnet Kingpins Tresor, um die Tafel an sich zu bringen. Beim Verlassen von Kingpins Hauptquartier wird er von der Polizei entdeckt, die sofort messerscharf schließt, daß die Spinne mit Kingpin unter einer Decke steckt. Sie wird wütend und kündigt an, sie wolle nun wirklich eine Gefahr für New York werden, wie ihr das immer wieder unterstellt wurde. Da sind wir doch mal gespannt.

Zu Beginn der Story bekommen wir noch ein paar andere Dinge mit: Joe Robertson diskutiert mit seinem Sohn Randy über den Sinn von Demonstrationen. Dabei wird deutlich, daß sich Randy als Schwarzer diskriminiert fühlt. Ihm geht es also gar nicht um falsche Entscheidungen an seiner Uni, es geht um die Rassenfrage. Gleichzeitig setzt sich Gwen Stacy mit anderen (weißen) Demonstranten auseinander. Sie beschuldigen Peter Parker, sich gedrückt zu haben. Aber Gwen verteidigt ihn wie eine Löwin. Als sie kurz darauf ihren Vater trifft, erkundigt er sich besorgt, ob sie sexuell belästigt worden ist. Aber sowas ist zu dieser Zeit glücklicherweise – zumindest in US-Comics – noch kein Thema.

Es ist wieder mal eine sehr actionbetonte Ausgabe, die die Story um die Tontafel genau betrachtet nur ein kleines Stück voranbringt. Und doch wirkt sie dicht und mitreißend. Es zeigt sich wieder mal, daß in einer Comicstory auf Logik nicht unbedingt großer Wert gelegt werden muß. Über die Grafik habe ich mich ja schon geäußert. Was nach wie vor in erster Linie überzeugt, sind Mooneys gekonnte Schwarz-Weiß-Kontraste. Seit er an der Serie mitwirkt, sind etliche Szenen in relative Dunkelheit getaucht. Die Schatten machen die Szenerien realistischer.

In dieser Ausgabe gibt es – neben Checkliste und Programmvorschau – wieder mal eine Leserbriefseite, die mit netten Karikaturen von Thor, Namor und Dämon aufgemacht ist. Es gibt ein paar Kleinanzeigen; unter anderem sucht ein gewisser Hajo F. Breuer nach einem Zeichner, um mit ihm einen „druckreifen Comicstrip“ zu produzieren. Daraus scheint nichts geworden zu sein. Die Briefe stammen immer noch aus der Zeit vor der Einstellung etlicher Serien. Ein Leser bemängelt, der Hulk sei zu brutal. Weiter geht es um die Frage, ob die Zweitserien mehr Raum bekommen sollen oder weiter öfters redaktionelle Seiten erscheinen. Insgesamt wird Williams viel Lob gespendet.

Peter L. Opmann 10.10.2018 22:52

Fazit der „Spinne“-Ausgaben bis # 70:

Jetzt möchte ich nochmal zurückblicken, denn „Spinne“ # 70 ist die letzte Ausgabe der Phase, in der ich die Serie nur sporadisch und ausschnittsweise gelesen habe. Durch die Superbände habe ich zwar doch noch einiges von dem, was ich beim ersten Erscheinen verpaßt hatte, mitbekommen, aber es fehlte das chronologische Lesen, das bei einer Serie wie dieser sehr wichtig ist.

Oder doch nicht? Der Eindruck, den ich schon von der Ditko-Phase gewonnen habe, daß nämlich die Qualität der Hefte ziemlich schwankt, setzt sich in der Romita-Phase im Prinzip fort. Generell gehen die Macher wohl allmählich von einer etwas älteren Leserschaft aus und versuchen auch, von in einem Heft abgeschlossenen Storys wegzukommen. Aber wenn man wirklich kontinuierlich liest, fällt auf, daß teils auf eine interessante Handlungsentwicklung, teils auch nur auf Action Wert gelegt wird.

Soweit Peter Parkers Privatleben erzählt wird, bemerkt man eine Schwäche, die sozusagen aus der Ditko-Zeit nahtlos übernommen wurde: Die Figuren um Peter herum verändern sich nicht folgerichtig, sondern sprunghaft. Zum Beispiel: Mal bahnt sich eine Beziehung von Peter und Gwen deutlich an, dann wieder zeigt sie ihm wegen eines Mißverständnisses die kalte Schulter. Ähnlich ist es bei Betty Brant, Harry Osborn, Mary-Jane Watson und anderen. Das wirkt so – wie schon zu Ditkos Zeiten –, als ob bestimmte Figuren in der Geschichte einfach auftauchen sollten, man sich aber nur kurz Gedanken machte, welche Rolle sie dabei spielen sollen. Was Jonah Jameson betrifft: Sein kompromißloser Haß auf die Spinne ist eigentlich ein schöner Einfall und fungiert wie ein running gag, aber man fragt sich bisweilen doch: Woher kommt dieser Haß? Das ist nie erklärt worden. Teilweise wirkt JJJ einfach nur verbohrt, und es irritiert, daß dieser Mann so überhaupt nicht lernfähig ist.

Der Wechsel von Ditko zu Romita war wichtig, weil der neue Zeichner aus der „Spinne“ eine Serie der 60er Jahre machte, aus damaliger Sicht: eine Serie von heute. Mir ist aber jetzt erst aufgefallen, welch wichtigen Beitrag Jim Mooney leistete, Romita begann ziemlich stark, seine Grafik verflachte aber zunehmend, auch durch Inker Mike Esposito, der in Routine verfiel. Und auch die Arbeit von Don Heck machte es nicht besser. Mit Jim Mooney machte die Optik dann einen großen Sprung nach vorne. Die Konturen wurden schärfer, die Zeichnungen durch markante Schatten realistischer und auch düsterer. Jetzt war ASM auch grafisch eine Serie für Ältere geworden.

Und auch ich war älter, wenn auch im November 1976 – anders als ich das in Erinnerung hatte – erst elf. Aber ich war nun zumindest auf eine höhere Schule gewechselt. Und ich hatte deutlich mehr Taschengeld – jetzt reichte es für die gesamte Williams-Monatsproduktion und auch noch ab und zu für einen Superband. Wäre die Serie noch so gewesen wie in Ditko-Zeiten, hätte ich wohl nicht wieder zu lesen angefangen.

Marvel Boy 11.10.2018 07:29

Zu JJJ, es gibt verbohrte und nicht lernfähige Menschen.

Peter L. Opmann 11.10.2018 07:37

Meinst Du, Du kennst solche Typen wie JJJ im wirklichen Leben?

FrankDrake 11.10.2018 07:48

So ein Typ ist gerade Präsident der USA

Peter L. Opmann 11.10.2018 08:15

Trump tut im wesentlichen das, was seine Wähler wollen. Wäre vielleicht reizvoll gewesen zu zeigen, daß JJJ vielleicht das schreibt, was seine Leser erwarten und womit er seine Zeitungen verkaufen kann. Aber dieser Aspekt taucht nie auf.

Marvel Boy 12.10.2018 08:06

Trump ist das beste Beispiel für die Gattung und der macht was er will. Die Wähler interessieren ihn nur bedingt, genauso wie den Rest der Menschheit.
Ich will hier aber nicht politisch werden, das gehört hier nicht hin.

Und JJJ ist da genau so.

Peter L. Opmann 12.10.2018 18:14

Ein Freund wies mich darauf hin, daß es zu dieser Zeit wirklich noch ziemlich unüblich war, daß Comicgeschichten fortgesetzt wurden. Und eine Rolle mag auch gespielt haben, daß nur einmal im Monat ein Heft erschien. Man mußte also wohl erst einüben, eine kontinuierliche Geschichte über mehrere Ausgaben hinweg zu erzählen.

Marvel Boy 13.10.2018 07:14

Da brauchst du dir nur DC Geschichten anzuschauen die zur Gleichen Zeit erschinen sind, dann weißt du wie riesig der Unterschied war.

thetifcat 13.10.2018 16:05

DC hat das von 1939 bis in die 90zier so gemacht. Da kannst Du ohne Probleme jedes x beliebige Heft ziehen und brauchst keine Angst zu habe irgendeine hefteübergreifende wichtige Storyline zu verpassen- die gab es nicht. Da war Stan Lee schon in den ersten Stunden seiner Marvel Hefte (FV) Äonen weiter. Einer der Gründe warum mir DC Comcis auch nie viel gegeben. Obwohl ich sie mitgesammelt habe.

Peter L. Opmann 13.10.2018 19:08

Im US-Fernsehen waren aber Seifenopern mindestens seit den 1950er Jahren gang und gäbe. Und vorher gab es solche Serien schon im Radio. Weiß jemand, ob sich die Stan Lee zum Vorbild genommen oder ob er doch etwas anderes probiert hat - mit vielleicht anderen Gesetzen?

Marvel Boy 14.10.2018 06:21

Die Seifenopern im TV hatten aber auch kaum Entwickelung, da kannst du auch problemlos einzelne Folgen schauen.
Vorbild währen da schon eher die Kinoserials ( 1920iger-1950iger ) mit fortlaufender Handlung.
Die liefen ja vor dem Hauptfilm und damit wollte man Leute natürlich zum Kinobesuch animieren weil die sehen wollten wie es weitergeht.

Peter L. Opmann 14.10.2018 06:55

Ich kenne da leider kaum etwas. Bei einer Westernserie wie "Zorro rides again" kann man sicher problemlos einzelne Folgen anschauen; bei "Flash Gordon" geht zumindest die Handlung immer weiter, und man kann nicht so gut mittendrin einsteigen. "Springfield Story" und andere bekannte TV-Serien vor 1970 kenne ich leider nicht.

Peter L. Opmann 14.10.2018 08:51

Spinne (Williams) 71

Erscheinungstermin: 11/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 70
2) Journey into Mystery # 117

Story-Titel:
1) Gesucht: Die Spinne!
2) ohne Titel (Schlachtgetümmel – Kampfestoll)

Original-Storytitel:
1) Spider-Man Wanted!
2) Into the Blaze of Battle!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://www.comicguide.de/pics/medium/45795.jpg

Dies war mein erster genauerer Blick auf die Serie seit längerem. Schon die größere lila Manschette auf dem Cover signalisierte, daß sich etwas geändert hatte. Das Covermotiv machte mich sehr neugierig: Die Spinne wird offenbar von der Polizei gejagt, aber warum? Sie klebt an einer Ziegelmauer, grell beleuchtet von einem Suchscheinwerfer. Mehrere bewaffnete Polizisten drängen hinzu – ein Gewehr zielt auf sie. Mit dem (wenigen), was ich bisher gelesen hatte, ließ sich das nicht in Einklang bringen. Ungewohnt ebenfalls: In einem Kasten unten wurde für Thor geworben. Hatte er etwa bei der Spinne einen Gastauftritt?

Sicher ungut berührt hat mich das geschrumpfte Monatsprogramm. Ein Mitglied des X-Teams illustriert die Checkliste, aber die X-Men hatten bei Williams keine Heimat mehr. Höchst interessant dagegen die „Spinne“-Story in vielerlei Hinsicht. Die Splashpage wirkte allein dadurch schon ungewöhnlich, daß eine aufgeschlagene Zeitung den Hauptteil des Raums einnahm. Daß die Spinne zusammen mit Kingpin ein Verbrechen begangen haben sollte, mußte man ja nicht einfach so glauben. Aber was hatte es mit der Tontafel auf sich? Wer war Kingpin? Hier wird man ohne Zusammenfassung der vorangegangenen Ereignisse in die Geschichte hineingeworfen. Das machte die Sache aber auch spannend.

Die Kraft des Kingpin ist hier deutlich heruntergefahren. Gitterstäbe des Gefängnisses stellen zunächst einmal ein Hindernis für ihn dar. Auf mich wirkte er nicht wie ein Superschurke, aber jemand mit seiner Visage, der im Knast sitzt, ist ein glaubwürdiger Verbrecher. Immerhin hofft Kingpin, die Gitterstäbe herausreißen zu können. Dann kann man die Spinne und ihre Befindlichkeit ein wenig kennenlernen. Sie hat tatsächlich die mysteriöse Tafel, will sie aber loswerden. Während sie aber grübelt, wie sie das anstellen soll, wird sie von einem Polizisten beschossen. Auf jeden Fall hält sie offenbar heißes Diebesgut in den Händen. Sie löst das Problem vorerst, indem sie in Peter Parkers Privatleben untertaucht, und die Tafel wird in seinem Kleiderschrank versteckt. In einem Alptraum tauchen Peters aktuelle Bezugspersonen auf – für mich ein guter Überblick. Am Morgen wird Peter auf dem Weg zur Uni von Gwen zur Rede gestellt – sie hält ihn für einen Feigling. Peter erkennt, daß sie ihn liebt, kann sich ihr aber nicht offenbaren. Derweil verhandelt eine Studentengruppe mit dem Unirektor. Ihre Forderungen werden erfüllt. Jetzt ist schon fast die Hälfte der Story vorbei, aber Kingpin hat endlich seine Gitterstäbe so sehr gelockert, daß er ausbrechen kann – sehr zur Überraschung seiner Kumpane, die ihn zuvor verspottet hatten.

Die Spinne wird weiter von der Polizei verfolgt. Sie ist gerade auf den Gedanken gekommen, es werde sie einen Schritt weiterbringen, wenn die Tafel entziffert werden kann. Als sie zu diesem Zweck aber einen Spezialisten aufsuchen will, wird sie erneut aufgespürt und muß den Rückzug antreten. Sie hat mitbekommen, daß der Kingpin entkommen ist, und will nun mit ihm die Sache mit der Tafel klären. Sie will alle Gangster, die ihr über den Weg laufen, aufmischen, um ihn so aus seinem Versteck zu locken. Schließlich hat sie damit Erfolg. Während sie einen Überfall vereitelt, nähert sich eine verspiegelte Limousine, und heraus klettert der Kingpin. Die Spinne setzt ihn mit einem mächtigen Fußtritt außer Gefecht, aber da rauscht eine zweite Limousine heran, und eine Frauenstimme fordert Kingpin auf einzusteigen, was er sich nicht zweimal sagen läßt. Außerdem vor Ort: Ein Reportagewagen des „Daily Bugle“ mit Jonah Jameson und Ned Leeds, der die Spinne ungewollt daran hindert, die Flucht des Kingpin zu verhindern. Die Spinne packt Jameson am Kragen und droht, ihm eine Abreibung zu verpassen. Da wird JJJ bewußtlos – hat er einen Schlaganfall erlitten? Das erfahren wir zunächst nicht. Aber die Spinne setzt sich auf ein Hochhausdach ab und fragt sich: Ist sie tatsächlich eine Gefahr für die Öffentlichkeit, wie Jameson immer behauptet hat?

Ziemlich viele offene Fragen, auch für jemanden, der die Figur Spinne schon ein wenig kannte. Die Episode enttäuscht mich auch mehr als 40 Jahre, nachdem ich sie zum ersten Mal gelesen habe, nicht. Ich habe jetzt nur etwas mehr Erfahrung mit der Serie und weiß, daß sich offene Fragen meist nicht so spektakulär auflösen, wie sie aufgeworfen wurden. Aber das Heft finde ich noch heute recht gelungen. Man blickt in unterschiedliche Bereiche der Handlung und wird dort überall animiert weiterzulesen. Ähnlich erging es mir auch mit „Thor“. Zum ersten Mal agiert er hier vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs. Das war für mich allein deshalb ziemlich undurchschaubar, weil ich über diesen Krieg nichts wußte. Redaktionelle Seiten gibt es in diesem Heft, abgesehen von Checkliste und Vorschau, nicht.

Horatio 14.10.2018 12:31

Zitat:

Zitat von thetifcat (Beitrag 577069)
DC hat das von 1939 bis in die 90zier so gemacht. Da kannst Du ohne Probleme jedes x beliebige Heft ziehen und brauchst keine Angst zu habe irgendeine hefteübergreifende wichtige Storyline zu verpassen- die gab es nicht. Da war Stan Lee schon in den ersten Stunden seiner Marvel Hefte (FV) Äonen weiter. Einer der Gründe warum mir DC Comcis auch nie viel gegeben. Obwohl ich sie mitgesammelt habe.

Ich erinnere mich spontan an eine in den Superman-Episoden Anfang der Siebzigerjahre sich über mehrere Hefte hinziehende Geschichte mit einem Doppelgänger für Morgan Edge – was man auch erst nach einigen Heften erfährt: Zunächst taucht nur wiederholt ein mysteriöser unsichtbarer Beobachter auf. Dann stellt sich heraus, dass es der echte Edge ist, der von seinem Doppelgänger gefangen gehalten wird.

thetifcat 14.10.2018 16:24

Horatio: Selten, aber ja. Dann können wir noch die 5 Superhelden Söhne Storys dazunehmen. Aber auch die funktionieren einzeln. Viel war es nicht. Erst die Grüne Laterne bzw. Leuchte entwickelte sowas ähnliches mit den legendären Grüner Pfeil und Grüne Laterne Hefte die bei uns unter bei dem BSV-Verlag unter Top Comics liefen.


Peter: Die zahllosen Western Serien Bonanza und co., die ebenfalls zahllosen Krimi Serien Lee Marvins oder Chicago 1930 und co alles Einzelfolgen. Auch die 70er Serien waren alle so gestrickt. Auch unsere Enterprise Serien, erst mit DS9 änderte sich das. Nee Stan Lee war da eher Vorbild für das was dann kam. Heute sind Serien GOT, TWD und co. sehr lange Filme. Da kommen die alten Serien nicht mit. Und der soap opera Effekt entsand ende der 70er mit Dallas. Da war Gwen schon lange tot und Parker hat mehr erlebt als so mache wirre Dallas Story.

Peter L. Opmann 14.10.2018 16:34

Daß "Dallas" eine wichtige Neuerung war, habe ich auch gelesen. Habe den Kram - auch "Denver Clan" - nie gesehen.

Horatio 14.10.2018 18:06

Betr. "Morgan Edge": Ja, diese Ausnahme bestätigt wohl, was bei DC eher die Regel war. Übrigens war Morgan Edge (und Darkseid bzw. damals bei Ehaps anfangs noch SATUNAS genannt) eine Erfindung von Jack Kirby, dieser Handlungsbogen also so 'ne Art "Marvel"-Einfluss.

Ich würde in Dallas keine wichtige Neuerung sehen. Das war nicht die erste erfolgreiche TV-Seifenoper, nicht mal im deutschen Fernsehen.


Bei Interesse nachschlagbar:

Familie Schölermann (im TV 1954-1960; im Radio 1947-1961); bis zu 90 % Einschaltquote! (okay, es gab damals nur ein Fernsehprogramm…)
und
Die Hesselbachs (im TV zwischen 1960 und 1967; im Radio 1949-1956); plus: 4 Kinospielfilme

und so weiter … z. B. diverse Vorabendserien mit Inge Meysel (Gertrud Stranitzki oder so).
Auch z. B. Salto Mortale enthielt Seifenoper-Elemente.

*

Die engl. Wikipedia zum Thema „Seifenopern“:

„Soap operas quickly became a fixture of American daytime television in the early 1950s, joined by game shows, sitcom reruns and talk shows.

The first long-running prime time soap opera was Peyton Place (1964–1969) on ABC. It was based in part on the eponymous 1957 film (which, in turn, was based on the 1956 novel).

The structure of Peyton Place, with its episodic plots and long-running story arcs, set the mold for the primetime serials of the 1980s when the format reached its pinnacle.“

Stan Lee war mMn bestimmt nicht der erste, der Soap-Elemente in Fantasy/SF-Serien eingebaut hat. Aber womöglich derjenige, der eine inhaltliche Entwicklung innerhalb solcher Serien eingeführt hat.

Horatio 14.10.2018 18:19

Es gibt noch ein weiteres Beispiel bei DC:
Bei den frühen Supergirl-Stories (Ende der Fünfziger und Anfang der Sechziger) gab es auch seifenopernmäßig eine inhaltliche Entwicklung: Sie kommt auf die Erde und muss ihre Existenz anfangs geheim halten. Supie verspricht ihr: Eines Tages, wenn sie gelernt hat, mit ihren Superkräften umzugehen und sich bewährt hat, wird er sie der Welt vorstellen. Was dann auch geschieht, aber erst nach einiger Zeit.

Ein Soap-Element bei Superman war ja Lois' fortgesetztes, aber erfolgloses Anschmachten bei Superman.

Frage: Wie sinnvoll ist es, bei Serien eine inhaltliche Entwicklung einzuführen? Und ist das nicht auch riskant?
Viele Leute haben heute scheinbar Schwierigkeiten, in eine Serie einzusteigen, weil sie durch die ganzen Ent- und Verwicklungen nicht durchsteigen.

Peter L. Opmann 14.10.2018 19:35

Zitat:

Zitat von Horatio (Beitrag 577155)
Frage: Wie sinnvoll ist es, bei Serien eine inhaltliche Entwicklung einzuführen? Und ist das nicht auch riskant?
Viele Leute haben heute scheinbar Schwierigkeiten, in eine Serie einzusteigen, weil sie durch die ganzen Ent- und Verwicklungen nicht durchsteigen.

Das sieht man ja daran, daß heute immer wieder Leute in Foren anfragen: Ich interessiere mich ganz neu für Spider-Man. - Wo soll ich einsteigen?

Bei den Marvel-Serien wurde zweifellos der Bogen mächtig überspannt.

Meine Frage wäre: Wie wünschenswert ist es, daß man eine Soap Opera quasi sein ganzes Leben lang begleitet? Ich war von elf bis - großzügig gerechnet - 25 Jahren von dieser Soap Opera fasziniert, dann ließ das deutlich nach. Darin sehe ich aber kein Manko. Die Interessen ändern sich auch mal.

Horatio 14.10.2018 21:45

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 577156)
Das sieht man ja daran, daß heute immer wieder Leute in Foren anfragen: Ich interessiere mich ganz neu für Spider-Man. - Wo soll ich einsteigen?

Darauf beziehe auch ich mich.


Dass das Erzählen mit Handlungsbögen im TV populär wurde – da halte ich Twin Peaks für deutlich einflussreicher als Dallas oder Stan Lee.

Peter L. Opmann 14.10.2018 21:56

Ich wäre äußerst überrascht gewesen, wenn jetzt herausgekommen wäre: Stan Lee ist der eigentliche Erfinder der Soap Opera.


Meine Betrachtungsweise war immer: Wo hat er sich was abgeschaut? Vielleicht noch: Wie hat er auf welche Zwänge reagiert? Man muß immer im Auge behalten, wie er gegebenenfalls auf Leserreaktionen reagiert hat. Und wie hat er gegenüber der Selbstzensur agiert?


Man kann aber wohl annehmen, daß er experimentierfreudig war und den Lesern auch mal etwas zugemutet hat. Wenn ich allerdings jetzt sehe, daß die Story mit der antiken Tafel durch den Gaststarauftritt von Quecksilber und die Ausgabe mit dem Schocker praktisch unterbrochen wird, frage ich mich: Wollte er die Leser doch nicht zu sehr mit dieser recht verwickelten Hauptstory strapazieren? Oder wußte er vielleicht selbst noch nicht, wie die Geschichte mit der Tafel weitergehen sollte, und hat versucht, Zeit zu gewinnen?

Horatio 14.10.2018 22:13

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 577163)
Wo hat er sich was abgeschaut?

Ich glaube nicht, dass er sich das dort abgeschaut hat, aber dass mehrere Serien im selben Universum spielen und die Charaktere der einen auch als Gast in den anderen auftauchen, das gab es im US-TV schon 1959 bei den Detektivserien 77 Sunset Strip, Hawaiian Eye, Bourbon Street Beat und Surfside Six.

Marvel Boy 15.10.2018 06:17

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 577087)
Ich kenne da leider kaum etwas. Bei einer Westernserie wie "Zorro rides again" kann man sicher problemlos einzelne Folgen anschauen; bei "Flash Gordon" geht zumindest die Handlung immer weiter, und man kann nicht so gut mittendrin einsteigen. "Springfield Story" und andere bekannte TV-Serien vor 1970 kenne ich leider nicht.

Im Grunprinzip wurde vor jeder Folge eines Serials eine Zusammenfassung geliefert was bisher geschehen war, damit man einigermaßen reinkam.
Genauso wie in den Marvel Heften in den Anfangsjahren.

Marvel Boy 15.10.2018 06:25

Zitat:

Zitat von Horatio (Beitrag 577155)

Frage: Wie sinnvoll ist es, bei Serien eine inhaltliche Entwicklung einzuführen? Und ist das nicht auch riskant?
Viele Leute haben heute scheinbar Schwierigkeiten, in eine Serie einzusteigen, weil sie durch die ganzen Ent- und Verwicklungen nicht durchsteigen.

Warum bin ich hauptsächlich Marvel Leser geworden und weniger DC Leser?
Weil das ganze eine Entwickelung durchmacht.
Warum macht mir das heute nicht mehr den gleichen Spaß wie früher?
Weil es keine konsequenten Entwickelungen mehr gibt.

Marvel Boy 15.10.2018 06:29

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 577156)

Meine Frage wäre: Wie wünschenswert ist es, daß man eine Soap Opera quasi sein ganzes Leben lang begleitet? Ich war von elf bis - großzügig gerechnet - 25 Jahren von dieser Soap Opera fasziniert, dann ließ das deutlich nach. Darin sehe ich aber kein Manko. Die Interessen ändern sich auch mal.

Das währe es was ich mir gewünscht hätte das Peter mich das ganze Leben begleitet.
Also, das Baby verschwindet nicht und heutzutage hätten wir halt kein Spider-Man mehr sondern eine Spider-Girl Serie, so wie die sehr gute die im MC2 gelaufen ist.

Peter L. Opmann 15.10.2018 06:45

Zitat:

Zitat von Marvel Boy (Beitrag 577172)
Das währe es was ich mir gewünscht hätte das Peter mich das ganze Leben begleitet.

Das galt für mich auch - zwischen 11 und 25 Jahren. Ich habe den Wechsel von Ditko zu Romita mitgemacht (naja, ein bißchen wenigstens) und den von Lee zu Conway. Aber der Tod von Gwen war für mich schon der Ansatz zum Ausstieg, und die Art ihrer späteren Rückkehr (ich meine jetzt nicht Spider-Gwen) wäre garantiert nichts für mich gewesen. Eine Serie wird aber nun einmal niemals so geschrieben, daß gerade ich immer dabei bleibe.

Peter L. Opmann 17.10.2018 16:43

Spinne (Williams) 72

Erscheinungstermin: 11/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 71
2) Journey into Mystery # 118

Story-Titel:
1) Der Schnelle und die Spinne!
2) Den Donnergott zu töten!

Original-Storytitel:
1) The Speedster and the Spider!
2) To kill a Thunder God!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://www.comicguide.de/pics/medium/45796.jpg

In dieser Ausgabe wird die Geschichte um die antike Tafel erstmal wieder auf Null gestellt. Die Spinne entschließt sich, sie Captain Stacy zu übergeben. Damit könnte diese Story zuende sein – man weiß nur noch nicht, was die Inschrift besagt. Für mich wäre sowohl denkbar, daß Stan Lee bisher auch noch nicht weiß, was das Geheimnis dieser Tafel sein könnte. Oder er meinte, die endlosen Kämpfe mit dem Kingpin könnten die Leser allmählich ermüden, und führte deshalb einen neuen Gegner ein, einen klassischen Gaststar: Quecksilber, damals Mitglied der Rächer. Grundsätzlich könnte auch ein laufendes Crossover den Themenwechsel erfordert haben, aber dagegen spricht, daß es eigentlich schon einige Zeit zurücklag.

Lee und Romita lassen sich aber gut zehn Seiten, also mehr als die Hälfte des Hefts, Zeit, zunächst die Sache mit der Tafel abzuschließen. Für mich als Neuleser war das sehr wichtig. Ich merkte, daß die Dinge hier fortlaufend miteinander zusammenhängen und ich tunlichst am Ball bleiben mußte. Zu Beginn sitzt Peter Parker, noch halb mit seinem Spinnen-Kostüm bekleidet, in seinem Studentenapartment und denkt über die jüngsten Ereignisse nach. Insbesondere beschäftigt ihn, was aus Jonah Jameson geworden ist. In diesem Augenblick platzt sein Kumpel Harry Osborn herein. Peter schafft es knapp, das Superhelden-Oberteil verschwinden zu lassen. Die langen Unterhosen bedeckt er mit einem Bademantel, wobei die netzverzierten Strümpfe unten herausschauen. Harry merkt aber glücklicherweise nichts.

An dieser Stelle wird zu Quecksilber und seiner Schwester, der Scharlachhexe, übergeblendet. Hier handelt es sich um einen Handlungsstrang, der offenbar in „X-Men“ startete und sich in „Avengers“ fortsetzte. Quecksilber wird hier sozusagen aus der Versenkung geholt, denn in USA ist die Veröffentlichung schon ein Dreivierteljahr her. Bei uns wurde der erste Teil nur bei Hit-Comics und der zweite erst ein paar Monate später veröffentlicht. Für mich damals eher verwirrend, obwohl sich die Redaktion redlich mühte, die Vorgeschichte zu erklären. Jedenfalls hatte sich Quecksilber als mißverstandener Mutant dem bösen Magneto angeschlossen Nach dem Angriff der Rächer flog die Insel, auf der er residierte, in die Luft, was Magneto offenbar das Leben kostete. Quecksilber, Wanda und Magnetos einstiger Diener, die Kröte, konnten sich absetzen.

Quecksilber will sich und seine Begleiter rehabilitieren und sich zu diesem Zweck an die Rächer wenden. Doch die sind gerade in Afrika unterwegs („Avengers“ # 62). Da wird er auf eine typische „Bugle“-Schlagzeile aufmerksam, die die Spinne zum Verbrecher stempelt. Er kommt auf die Idee, seine gute Gesinnung zu beweisen, indem er sie an die Justiz ausliefert. Dafür muß er sie natürlich erstmal fangen. Das bedeutet sechs Seiten Duell. Nachdem die Spinne anfangs den schnellsten Mann der Welt – von Flash wohl abgesehen – kaum zu fassen bekommt, kann sie ihn letztlich doch ausschalten, indem sie ihn gegen ihren ausgestreckten Arm rennen läßt. Quecksilber versichert, er betrachte sie nicht mehr als Feind, und die Spinne schwingt davon, ohne sich für seine Probleme zu interessieren. Naja, wir sind auch schon auf der letzten Seite.

Zwischendurch erleben wir Joe Robertson, den Lokalchef des „Daily Bugle“, zuerst am Krankenbett von JJJ und dann als frei schaltenden und waltenden Zeitungsmann. Er kauft Peter seine Fotos vom Kampf der Spinne gegen den Kingpin für eine großzügige Summe ab und verwertet sie dann als Belege für die Unschuld der Spinne. Was natürlich bei JJJ im Krankenhaus einen Wutanfall auslöst. Nachdem ich inzwischen in derselben Branche arbeite, denke ich mir: wie konnten diese beiden Typen jemals konfliktfrei zusammenarbeiten? Und warum hat Jonah noch nie versucht, seinen quertreibenden Mitarbeiter rauszuwerfen? Ich weiß, daß Robertson auch Jahre später noch in leitender Position beim „Bugle“ arbeitete.

Das Crossover von Quecksilber und der Scharlachhexe kann man wohl schwerlich als Marvel-Meisterwerk bezeichnen. Warum der Speedster zwischen den Fronten hin- und herwechselt, wird nie so recht begründet, geschweige denn plausibel gemacht. Das ist aber hier nur ein Schönheitsfehler. Die Tafel-Story wird relativ elegant zur Seite gelegt, und Quecksilber taugt durchaus für eine kurze Action-Einlage. Für mich wäre freilich der Besuch der Spinne bei Captain Stacy eher der Höhepunkt des Hefts und hätte aufs Cover gehört; da hätte man ja Quecksilber durchaus schon im Hintergrund auftauchen lassen können. Aber es wird eben eher darauf gesetzt, daß die Leser an der alten Frage: Wer ist stärker…? interessiert sind.

Auch in diesem Heft beschränkt sich das Redaktionelle auf die Checkliste und die Programmvorschau.

Peter L. Opmann 19.10.2018 18:04

Wieder mal eine Anmerkung meines Freundes, des DC-Fans:

Zitat:

Quicksilver ist übrigens viel langsamer als der Flash. Flash hat Quasi-Lichtgeschwindigkeit, Quicks gerade mal Schallgeschwindigkeit. Ein Wettrennen der beiden, wie man es im gefloppten "JLA vs. Avengers" vorhatte, müsste also auch einen arg geschwächten Flash voraussetzen.

jakubkurtzberg 20.10.2018 16:56

Interessant.

Peter L. Opmann 20.10.2018 21:26

Ja, das bedeutet, auf seine Weise ist Flash wohl genauso unbesiegbar wie Superman. Die einzigen nicht allmächtigen DC-Helden, die mir gerade einfallen, sind Green Arrow und Hawkman (Batman spielt eine Sonderrolle).

Nun zur nächsten "Spinne"-Ausgabe:

Spinne (Williams) 73

Erscheinungstermin: 12/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 72
2) Journey into Mystery # 118

Story-Titel:
1) Zerschlagen vom Schocker!
2) ohne Titel (Den Donnergott zu töten!)

Original-Storytitel:
1) Rocked by the Shocker
2) To kill a Thunder God!

Zeichnungen:
1) John Romita / John Buscema / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://www.comicguide.de/pics/medium/45797.jpg

Eine neue Erkenntnis meines Wiederlese-Projekts ist, daß John Romita sich erstaunlich lange beim Pencillen helfen ließ. Und das lag wohl doch nicht nur an der Doppelbelastung durch „Spectacular Spider-Man“. In dieser Phase mußte, wie wir gesehen haben, Don Heck mit ran. Hier nun zeichnete John Buscema mit (auch wenn Williams ihn in den Credits als „Co-Autor“ bezeichnet). Zwischendurch hat auch mal Jim Mooney nicht nur geinkt, sondern auch Romita beim Zeichnen unterstützt. Ich weiß nicht, wie das kam. Der „Spider-Man“-Zeitungsstrip, den er anfangs zeichnete und der ihn, wie man weiß, sehr belastete, kam meines Wissens erst später.

Buscema war jedenfalls auch ein hervorragender Spider-Man-Zeichner. Es folgen ja noch ein paar Ausgaben, bei denen er die Pencils komplett übernahm, und da freue ich mich schon aufs Wiedersehen. Inhaltlich überzeugt die Ausgabe weniger. Es ist einfach ein Kräftemessen zwischen Spinne und Schocker, mühsam in das Epos mit der antiken Tafel eingepaßt. Nach wie vor wissen wir nicht, was da eingraviert ist – es ist nur alles äußerst geheimnisvoll, und die Tafel ist offenbar mindestens so wertvoll wie die britischen Kronjuwelen. Deshalb dachte sich Lee wohl: Lassen wir den Schocker einfach das gute Stück klauen – klar, daß die Spinne etwas dagegen hat.

Nehmen wir mal an, daß der Schocker durch die Ausstellung auf die Tafel aufmerksam geworden ist. Nun soll er durch Zeitungsmeldungen erfahren haben, daß sie im Safe von Captain Stacy ruht. Er weiß aber nicht, daß der Kingpin an ihr interessiert ist und, weil er von der Spinne zurechtgestutzt worden ist, die ganze Unterwelt von dieser Hehlerware lieber die Finger läßt. Die Frage, wieso der Schocker nicht mehr im Knast sitzt, läßt Lee lieber gleich beiseite. Peter Parker erfährt durch eine Radiodurchsage in der Straßenbahn, daß der Schocker wieder unterwegs ist, und verwandelt sich in die Spinne. Das erste Duell endet Unentschieden, was Peter ganz recht ist, denn er muß Tante May in den Zug zur Sommerfrische in Florida setzen. Ein Blick in die Zeitung zeigt ihm, daß sich Dr. Curt Conners ebenfalls gerade in Florida aufhält.

Das spricht dafür, daß Lee mit der Tafel eventuell nicht mehr viel vorhatte. Tatsächlich kommen jetzt aber noch drei Ausgaben, in denen sich alles um sie dreht, bevor Conners, beziehungsweise sein Alter Ego, die Echse, auftaucht. Wohl weil der Schocker mit der gestohlenen Tafel nichts anfangen kann, überfällt er nun wieder Geldtransporte. Dabei mischt sich die Spinne wieder ein. Einerseits ist der Ausgang dieses Kampfs ziemlich einfallslos und enttäuschend: die Spinne verklebt die Maske ihres Gegners mit Netzflüssigkeit und nimmt ihm darauf seine Vibrations-Prothesen ab. Andererseits zeichnen das Buscema und Romita (inwieweit er beteiligt ist, ist nicht so genau auszumachen) sehr dynamisch und mitreißend. Ich kann zwar manche Posen eindeutig als Buscema-like identifizieren; wo Romita aber nicht im Spiel ist, kann ich nicht so genau erkennen.

Unvermeidlich gibt es zwischendurch zwei Einlagen: Jonah Jameson wütet weiter im Krankenhaus, nachdem er in seiner eigenen Zeitung lesen muß, daß die Spinne ein Held sei. Eigenartig, daß er selbst im Krankenbett pausenlos Zigarren raucht. Eine resolute Schwester verpaßt ihm schließlich eine Beruhigungsspritze. Außerdem treffen sich Peter und Gwen zu einer Aussprache. Gwen gesteht zwar, daß die Spinne für sie faszinierend ist, aber gleich darauf entdeckt sie Flash Thompson – schon wieder im Heimaturlaub – und begrüßt ihn überschwänglich, was Peter eifersüchtig macht und einen Streit zwischen den beiden einstigen Schulkameraden hervorruft. Gwen stellt sich auf Flashs Seite, der schließlich im Dienst fürs Vaterland ist – die alte Schwäche der Frauen für Uniformen. Mit Peter und Gwen bleibt es also schwierig.

Eine sehr mäßige Story, der man das aber beim ersten Lesen nicht anmerkt. Formal wird sehr auf Qualität geachtet (vielleicht wurde Buscema ja deshalb ins Boot geholt); auch die Story liest sich zumindest verwickelt und durchaus spannend, wenn auch nicht viel dahintersteckt. Was sonst noch auffällt: In der Checkliste werden erstmals die Originalausgaben und ihre Titel angegeben („damit Ihr Eure Unterlagen vervollständigen könnt“). Die Anzeigen sind wohl kurzfristig durch eine Eigenanzeige („Die Fantastischen Vier“) ersetzt worden. Auf einer Extra-Seite informiert die Redaktion recht gut über den „Beruf Comiczeichner“.

Marvel Boy 21.10.2018 10:01

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 577391)
Wieder mal eine Anmerkung meines Freundes, des DC-Fans:

Ich fand JLA vs. Avengers recht unterhaltsam.

Peter L. Opmann 21.10.2018 12:45

Er sagt ja nur, daß die Serie gefloppt sei, nicht, daß sie ihm nicht gefallen hat. :wink:

Peter L. Opmann 21.10.2018 23:03

Spinne (Williams) 74

Erscheinungstermin: 12/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 73
2) Journey into Mystery # 119

Story-Titel:
1) Das Netz ist dicht!
2) Der Tag des Vernichters!

Original-Storytitel:
1) The Web closes!
2) The Day of the Destroyer!

Zeichnungen:
1) John Buscema / John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://www.comicguide.de/pics/medium/45798.jpg

Als ich dieses Heft am Kiosk kaufte, war die Welt der Spinne für mich noch relativ neu. Manches an dieser Story kam mir daher etwas seltsam vor. Jetzt verstehe ich die Dinge etwas besser – oder kann zumindest ein bißchen darüber spekulieren.

Der „neueste Supergegner der Spinne“, der in der letzten Ausgabe großspurig angekündigt wurde, ist „Menschenberg Marko“. Marko ist einfach ein Gangster; überraschenderweise gehört er nicht zur Bande des Kingpin, sondern steht auf der Gehaltsliste des Mafiabosses Silbermähne. Was hat das zu bedeuten?

Zunächst mal läßt Stan Lee den Kingpin in der Versenkung verschwinden – warum, erkläre ich später. Ich stelle mir vor, daß er ein wenig hin- und hergerissen war. Einerseits will er einen anständigen Gegner für die Spinne, einen namhaften wie Quecksilber oder einen starken Widersacher wie den Schocker. Andererseits will er aber zu der Geschichte mit der geheimnisvollen Tafel zurückkehren, denn ihm ist – möglicherweise – eine gute Story rund um den Steinbrocken eingefallen. Diese Story spielt aber im Gangstermilieu. Gangster gehen planvoller vor als Superschurken, und sie haben langfristigere Ziele. So kam wohl Marko ins Dasein. Er soll beides verbinden: den Gangster und die Statur eines Superschurken. Ich habe mir aber schon 1976/77 gedacht: Ein Typ ohne Superkräfte soll es mit der Spinne aufnehmen? Das wirkt tatsächlich nicht überzeugend.

Die Figur von Silbermähne fand ich beeindruckend, aber ich war auch verwirrt: Wo kommt denn dieser Typ nun her? Er hat hier seinen allerersten Auftritt. Und er hat mit der Tafel ganz bestimmte Pläne. Das spielt hier zunächst noch keine Rolle. Jedenfalls wird Marko losgeschickt, um sie ihm zu bringen. Was nämlich letztes Mal – für mich – etwas unterging: Der Schocker wurde zwar von der Spinne geschlagen und zurück ins Gefängnis geschickt. Aber die Tafel hat er sozusagen noch. Er hat sie jedenfalls vorher noch rechtzeitig verschwinden lassen.

Zu Beginn aber stattet die Spinne Captain Stacy einen Besuch ab. Auch sie will die Tafel wiederbeschaffen. Stacy rügt sie zwar fürs Eindringen in sein Schlafzimmer, gibt ihr aber doch einen heißen Tip: Der Schocker hat eine Freundin. Die Spinne findet sie, bemerkt jedoch, daß Marko von der Mafia sie schon vor ihr gefunden hat. Das Mädchen ist ziemlich tough. Obwohl Marko ihre Wohnung zerlegt, tut sie so, als wisse sie von nichts. Die Spinne greift ein, und nun beginnt ein ziemlich unglaubwürdiger Kampf – wenn man denn einen Superhelden a priori für glaubwürdig hält. Aber die Spinne ist nun mal superstark und müßte mit Marko spielend fertigwerden. Lee und Romita/Buscema wollen aber einen Fight bieten, der sich gewaschen hat. Marko erinnert auch ein wenig an einen Supertypen, denn er trägt einen schwarzen Ganzkörper-Lederanzug. Vielleicht ist er ein wenig ein Prototyp für Luke Cage.

Marko erringt sogar zumindest einen Punktsieg: Er schmettert die Spinne gegen eine Wand, wodurch ein Safe sichtbar wird. Marko greift zu und hat die Tafel. Die Spinne rappelt sich zwar wieder auf, aber Marko droht nun, das Mädchen aus ihrer Hochhauswohnung auf die Straße stürzen zu lassen. Spidey rettet die gefallene Dame, aber in der Zwischenzeit verschwindet Marko mit der Tafel.

Silbermähne hat inzwischen Wilson – Kingpins Experten für die Entzifferung der Tafel – mit halblegalen Mitteln aus dem Gefängnis geholt. Das hat für ihn Caesar erledigt, ein durchtriebener Gangster, der Ambitionen auf Silbermähnes Chefsessel hat. Dadurch werden wir auf Silbermähnes Problem aufmerksam: Er ist der unumschränkte Boss (auch wenn Kingpin das ebenfalls von sich behauptet), aber er ist schon sehr alt. Noch hat er alle Macht in seinen Händen, aber das Problem wird sich für Caesar bald biologisch lösen. Die Spinne schwingt indessen nach Hause. Peter Parker fällt ein, dass er ein Praktikum bei Dr. Curt Conners machen wollte, und ruft ihn an. Er erfährt aber von seiner Frau, daß ein paar seltsame Männer ihn abgeholt hätten. Conners wird zu Silbermähne gebracht. Der braucht ihn irgendwie im Zusammenhang mit der Tafel. Er ahnt nicht, daß Conners sich jederzeit unkontrolliert in die Echse verwandeln kann. Das heißt, Lee schafft es, die sich anbahnende Echsen-Story mit dem Tafel-Mehrteiler zu verzwirbeln. Nicht schlecht!

Ausgelassen habe ich die Rückkehr von Jonah Jameson ins Büro, wo er sich Joe Robertson vorknöpft. Der Angestellte zeigt sich aber unerschrocken: Sollte JJJ von ihm verlangen, Hetzartikel gegen die Spinne zu schreiben, wird er kündigen. Und Jameson steckt zurück. Robertson hält ihn, wie wir erfahren, nur für einen „lärmenden Aufschneider“, also eine Witzfigur. Damit wäre das auch mal geklärt.

Mir geht’s eigentlich immer noch so wie vor gut 40 Jahren: Alles von der Geschichte habe ich nicht gekauft. Marko ist kein richtiger Gegner für die Spinne (und er taucht auch längere Zeit nicht wieder auf). Silbermähne ist eine eigenartige Figur: quasi allmächtig und zugleich altersschwach. Aber immerhin werden jetzt ernsthafte Schritte unternommen, das Geheimnis der Tafel zu lüften. Silbermähne kennt es offenbar schon, obwohl auch er darauf angewiesen ist, dass sie entziffert wird. Aber wie auch immer, die Spannung steigt. Die grundlegende Mechanik der Story funktioniert. Fälschlich wird allerdings am Ende suggeriert, daß auch die Echse ins Spiel kommt – das dauert noch etwas.

Unter der Checkliste ist jetzt wieder die halbseitige Sea-Monkeys-Werbung. Dieser Karlsruher Versand bleibt den Williams-Marvels offenbar bis zum Ende treu.

Peter L. Opmann 24.10.2018 22:24

Spinne (Williams) 75

Erscheinungstermin: 1/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 74
2) Journey into Mystery # 119

Story-Titel:
1) Ein Tollhaus!
2) ohne Titel (Der Tag des Vernichters!)

Original-Storytitel:
1) If this be Bedlam!!
2) The Day of the Destroyer!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://www.comicguide.de/pics/medium/45799.jpg

Manche suchen gern nach Anschlußfehlern in Filmen. Hier gibt es etwas Ähnliches in einer Comicserie. In der letzten Ausgabe telefonierte Peter Parker mit Mrs. Conners und erfuhr, daß ihr Mann abgeholt wurde. Jetzt wird Dr. Curt Conners dazu gezwungen, die antike Tafel zu entschlüsseln – dadurch, daß Mafiaboß Silbermähne seiner Frau und seinem Sohn, die ebenfalls gefangen sind, Gewalt androht. Könnte natürlich sein, daß Silbermähnes Männer erst Conners kidnappten und kurz darauf – weil sie etwas vergeßlich sind – auch Frau und Kind. Wahrscheinlich hat sich Stan Lee aber einfach darauf verlassen, daß die Leser sich an das letzte Heft, das einen Monat zuvor erschienen war, nicht mehr so genau erinnerten.

Manches andere in dieser Geschichte erscheint ebenfalls etwas unlogisch. Aber in ihren Grundzügen ist sie fesselnd und auch etwas unheimlich. Ein Freund von mir, der dieses Heft ebenfalls bei Erscheinen gelesen hat, fand sie zu gruselig. Mir ging das mit Zwölf nicht so. Mir gefiel das viel besser als die zu dieser Zeit erscheinenden „Bessy“-Abenteuer, so daß ich umstieg und die „Spinne“ lückenlos las – was bei „Bessy“ nicht unbedingt nötig gewesen war.

„Menschenberg“ Marko setzt zu Beginn Conners unter Druck. Am liebsten würde er ihn so richtig verprügeln – nicht ahnend, daß sich Conners, wenn er in Aufregung gerät, in die fürchterliche Echse verwandeln kann. Aber auch Silbermähne will das nicht. Er ohrfeigt Marko, auch wenn ihm das beinahe einen Herzinfarkt einträgt. Aber Silbermähne macht Marko klar, daß nach wie vor er die Macht hat. Conners wird zusammen mit dem Kingpin-Gefolgsmann Wilson in ein Labor eingesperrt, um Ergebnisse zu liefern. Wilson gesteht jetzt, er sei mit seinem Latein am Ende. Aber Conners, der Biologe, kann offenbar das Rätsel lösen. Seltsam übrigens, daß Kingpin, der ja auch auf die Tafel absolut scharf war, seit # 72 völlig von der Bildfläche verschwunden ist.

Die Spinne will Marko wiederfinden, um abschließend zu klären, wer der Bessere ist. Sie erfährt, daß Caesar Cicero, Silbermähnes ehrgeiziger Rechtsvertreter, Wilson aus dem Gefängnis geholt hat. Sie beschließt, Caesar einen Besuch abzustatten, um herauszufinden, was dahintersteckt. Unbeabsichtigt verraten ihr Caesars Leibwächter in der folgenden Rangelei, daß Martha und Billy Conners in der Gewalt der Mafia sind – wie auch Curt. Caesar gelingt es jedoch, zusammen mit seinen Geiseln zu fliehen. Die Spinne wird bei der Verfolgung beinahe durch eine Bombe getötet, bleibt aber unverletzt. Damit hat sie allerdings erstmal die Spur von Silbermähne und seinen Leuten verloren.

Die Spinne hat in den letzten Ausgaben schon des öfteren nach Leuten gesucht – nach der Freundin des Schockers, nach Marko und anderen. Manchmal gibt sie die Suche nach einer Weile auf, manchmal beschließt sie, New York zu durchstreifen, bis sie den Gesuchten gefunden hat. Lee dreht das so, wie er’s gerade braucht – egal, ob man es nun für glaubwürdiger hält, daß sie mithilfe ihres Spinnensinns unter acht Millionen jeden Beliebigen finden kann, oder nicht. Hier bricht sie nun die Suche ab, weil noch ein paar private Probleme von Peter Parker in die Story gerührt werden müssen. Aber schauen wir zunächst, wie es mit Silbermähne weitergeht. Conners hat es tatsächlich geschafft: Er kennt das Geheimnis der Tafel. Halten wir uns fest: Auf der Tafel stehen keine Schriftzeichen, sondern chemische Formeln (das Periodensystem der Elemente muß schon in der Antike allgemein bekannt gewesen sein). Man kann vorerst nur erahnen, daß es sich wohl um ein Verjüngungsmittel handelt. Silbermähne drängt jedenfalls zur Eile. Er will, da er seinen Tod bedenklich nahen fühlt, das von Conners zusammengemixte Elixier (woher hatte er eigentlich die Ingredienzen?) so schnell wie möglich runterkippen. Marko warnt ihn, es könne sich um Gift handeln, aber der Greis sagt etwas sehr Wahres: „Was habe ich in meinem Alter zu verlieren?“

Lee schließt diese Szene mit einem netten Kunstgriff ab: Silbermähne trinkt das Reagenzglas aus, stößt einen gräßlichen Schrei aus und bricht zusammen. Marko will Conners für diesen Mord bestrafen (der damit der Verwandlung in die Echse wieder gefährlich nahe kommt), aber dann hört er hinter sich eine Stimme: „Marko! Du brauchst deinen starken Arm nicht länger einzusetzen!“ Da steht Silbermähne, nur jetzt ohne graue Haare, sondern um die 30 Jahre jünger. Es folgt: „Die Spinne langt zu – und der Tod schlägt zurück!“

Was aber geschieht in der Pause, während der die Suche der Spinne unterbrochen ist? Man fühlt sich in Ditko-Zeiten zurückversetzt. Peter Parker schleicht wieder mal tief in Gedanken über den Unicampus: Er vernachlässigt sein Studium, er hat Tante May schon ewig nicht mehr angerufen, er kann seine Beziehung zu Gwen nicht in Ordnung bringen. Seine Bekannten und vor allem Harry zerreißen sich den Mund über ihn. Nur Gwen verteidigt Peter – er brauche nicht Häme, sondern Hilfe.

Merkwürdigerweise wird John Romita in den Credits als „Co-Autor“ und Jim Mooney als Zeichner bezeichnet. Laut dem Original ist Romita jedoch wie gewohnt der Penciller und Mooney der Inker. Warum Williams diese Information veränderte, weiß ich nicht. Es kann aber nach meiner Einschätzung sein, daß Romita in dieser Ausgabe Mooney die eine oder andere Zeichnung überließ. Es ist jedenfalls stellenweise eine grafisch ziemlich düstere Ausgabe (siehe auch das Cover), was ich aber – im Gegensatz zu meinem oben erwähnten Freund – schon 1977 recht anziehend fand.

jakubkurtzberg 26.10.2018 14:55

Das dt. Cover wurde von Marlies Gerson nachgezeichnet, vermutlich wg. schlechter oder nicht druckfähiger Vorlage. Später auch in Skandinavien wiederverwertet:
http://komikken.dk/uploads/komikken_...2_1978_001.jpg

Peter L. Opmann 26.10.2018 15:39

Aha. Mir war nur aufgefallen, daß die Hintergrundfarbe statt tiefblau wie in USA hier dunkelblau bis blauviolett ist. Wirkt etwas horrormäßiger.

Weißt Du, was es mit "Co-Autor John Romita" auf sich hat?

jakubkurtzberg 26.10.2018 16:08

Hmm "Script Writer" (Lee), "Innovator" (Romita), "Illustrator" (Mooney)…

Daran könnte es vielleicht liegen.
https://comics.ha.com/itm/original-c...a/7099-92319.s

Peter L. Opmann 26.10.2018 16:27

Das klingt ja tatsächlich so, als ob nicht alle Pencils von Romita waren. Warum er sich 1968/69 der Serie aber nicht voll gewidmet hat, läßt sich wohl nicht mehr klären.

Peter L. Opmann 27.10.2018 09:14

Spinne (Williams) 76

Erscheinungstermin: 1/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 75
2) Journey into Mystery # 120

Story-Titel:
1) Tod ohne Warnung!
2) Mit dem Hammer in der Hand!

Original-Storytitel:
1) Death without Warning!
2) With my Hammer in Hand…!

Zeichnungen:
1) John Romita / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://www.comicguide.de/pics/medium/45800.jpg

Zur allgemeinen Überraschung zeigt sich nun, daß diese Geschichte eigentlich eine Horrorgeschichte ist. Sie würde auch ohne die Spinne funktionieren. Daß wir jetzt bei der US-Nummer # 75 angekommen sind, bringt mich noch auf einen anderen Gedanken: Die eingeschoben wirkenden Storys mit Quecksilber (Williams # 72) und dem Schocker (Williams # 73) bedeuten womöglich nicht, daß Stan Lee noch überlegte, wie die Geschichte ausgehen soll, sondern sollten vielleicht gewährleisten, daß sie mit der Quasi-Jubiläumsnummer 75 endet. Auf jeden Fall läßt sich feststellen, daß die Verschränkung von verschiedenen Handlungsfäden hier im Vergleich zu früheren Ausgaben einen guten Schritt vorangekommen ist. Zu bemängeln wäre nur, daß der Kingpin, mit dem das Epos startete, am Ende überhaupt keine Rolle mehr spielt.

Die Spinne sucht nach wie vor nach Silbermähne und seiner Bande. Recht unproblematisch bringt sie zwei kleine Ganoven zum Reden. Im gesuchten Mafia-Hauptquartier ist Silbermähne zu diesem Zeitpunkt schon am Ziel: Er ist mutmaßlich nur noch um die 50 und verfügt wieder über die Durchschlagskraft, die er als Boß braucht. Marko ist noch unsicher, wen er vor sich hat. Caesar Cicero wird von dem lauten Wortwechsel angelockt, erschrickt, schafft es aber, Marko gegen Silbermähne aufzuhetzen. Aber für den ist selbst ein Schrank wie Marko kein Gegner mehr. Und: Silbermähne wird immer noch jünger. In diesem Moment platzt die Spinne herein. Marko will sie nun endlich aufmischen, zieht aber zum zweiten Mal den Kürzeren. Die Spinne steht Silbermähne gegenüber, der fasziniert beobachtet, wie er sich nun dem Jünglingsalter nähert.

Dr. Curt Conners, der die antike Tafel entschlüsselt hat, nutzt sie allgemeine Verwirrung, um zu fliehen. Aber nun kann er die Transformation nicht mehr aufhalten: Er wird zur Echse. Während Caesar versucht, die Lage wieder unter Kontrolle zu bekommen, macht sich der etwa 25 Jahre alte Silbermähne daran, die Spinne abzukochen. Sie wehrt den Angriff aber ab, weil er gleich darauf nur noch ein Teenager ist. Darauf stürzt sie sich auf Caesar und seine Leute. Silbermähne beginnt derweil nachzudenken: „Mit jedem Herzschlag… werde ich jünger… aber…- wo wird das enden?“ Während die Spinne die letzten Mafia-Gangster fertigmacht, rennt ein kleines Kind vorbei. Sie folgt ihm und langt schließlich bei einem Kleiderbündel an, aus dem noch ein Wimmern zu vernehmen ist, aber immer leiser. Das ist zugleich das Covermotiv; ich habe es schon ein paarmal als Wandschmuck gesehen.

Es bleiben noch zwei Seiten für die endgültige Überleitung zur Echse: Die Spinne befreit Mrs. Conners und Sohn Billy. Die Echse ringt nicht weit entfernt noch kurz mit sich: Conners versucht, die Kontrolle über sich wiederzugewinnen – vergeblich.

Der große Schwachpunkt dieses Mehrteilers ist für mich das Verschwinden von Kingpin. Hier hat Lee wohl umgesteuert. Kingpin ist ein Bösewicht in vollem Saft; er hätte mit der Verjüngungsformel der Tafel wenig anfangen können. Und Lee wollte ihn gewiß nicht opfern. Silbermähne ist für diese Geschichte die ideale Figur: alt, verbraucht, dringend angewiesen auf einen Jungbrunnen. So clever, wie er präsentiert wird, überrascht es dennoch, daß er die ewige Jugend so vorbehaltlos ergreift, ohne eine Minute nachzudenken. Doch eigentlich ist es ein typisches Märchenmotiv, daß jemand rücksichtslos ein Ziel verfolgt und schließlich für seine maßlose Gier bestraft wird. Immerhin: ein starkes Motiv. Allerdings, wie schon angedeutet: Die Spinne spielt hier gar keine zentrale Rolle. Sie ist eher Beobachterin des Geschehens; die Tafel-Story hätte auch ohne sie in einem von Marvels Horror-Magazinen erscheinen können.

Bemerkenswert, daß es in dieser Ausgabe keine Spur der Peter-Parker-Soap-Welt mehr gibt: keine Gwen, kein Jameson, keine Tante May, kein Harry. Im Siebenteiler kommen sie aber insgesamt ausreichend zu ihrem Recht. Hier bauen sich fortlaufende Storys noch wenig auf; wir sehen einen sich anbahnenden Konflikt zwischen Peter Parker und Flash Thompson; Joe Robertson ist eine interessante Figur, vielleicht im Zusammenwirken mit Captain Stacy. Jedenfalls sind die Zeiten aber vorbei, als solche Figuren einfach nur vorkamen und die erzeugten Probleme beliebig wirkten. Alles in allem beginnt hier eine fortlaufende, in sich verwobene Serienentwicklung – etwas, was es bei DC so nicht gab.

Auf einer redaktionellen Seite beginnt Williams damit, neue und ungewöhnliche Marvel-Serien in USA vorzustellen. Ob man anfangs vorhatte, diesen Titeln in Deutschland den Boden zu bereiten? Die Titel sind sehr unterschiedlich und hätten sich auch sicher unterschiedlich gut für eine deutsche Ausgabe geeignet: „Howard the Duck“ wäre sicher eine sehr interessante Serie gewesen. Jack Kirbys „Eternals“ hätte vielleicht auch funktionieren können. Aber „The Invaders“ und „The Champions“ setzten Kenntnisse der schon weiter entfalteten Marvel-Welt voraus, „Omega the Unknown“ war eine exotische Serie, die auch in USA nicht gut lief.

Marvelianer 28.10.2018 12:33

Diese Werbung trieb mich soweit diese und andere Neuheiten der US Comics im Abo zu sammeln, viel davon war aber echter Schrott und ist zurecht nicht auf deutsch erschienen.

Peter L. Opmann 28.10.2018 12:44

Als Werbung würde ich das nicht bezeichnen. Das war eine weitgehend sachliche Information.

Mir erschienen diese Serien sehr fremdartig und paßten kaum in die Marvelwelt der 60er Jahre, die ich durch Williams allein kannte. Meine Reaktion war, daß ich meinen Onkel bat, der 1980 eine USA-Reise machte, mir bestimmte Marvel-Comics mitzubringen, dabei war dann aber auch "Howard the Duck".

Peter L. Opmann 30.10.2018 15:59

Ich finde immer interessant, was mein Freund, der DC-Fan, anmerkt. Leider möchte er aus irgendwelchen Gründen generell nicht in Foren schreiben, aber ich gebe Euch mal seine letzten Anmerkungen zur Kenntnis:

Zitat:

"Champions" brauchte eigentlich kaum Vorwissen: es war einfach ein Team-Book. Das Team bestand z.T. aus Mutanten , z.T. aus anderen Helden und - kam nicht an. ;)
"Invaders" hätte wegen des historischen Hintergrunds in Deutschland Probleme verursacht. Bei youtube kann man diverse dieser Stories abgefilmt sehen, unter anderem auch den schönen Zyklus mit "Masterman" und "Frau Rätsel" (gerne auch Mam "Ratzel" oder ähnlich falsch geschrieben...), ich glaube, Invaders #16-18.
"Howard" hätte man sich wegen Disney-Ehapa hier nie getraut, zumal die Geschichten auch von ihrer satirischen Aussage her schwierig sind...
Ich denke schon, daß die "Champions" Mitglieder hatten, die man als durchschnittlicher Williams-Leser nicht kannte, und die "Invaders" griffen aufs Golden Age zurück, von dem man ebenfalls nichts wußte. Wie genau da die Nazizeit thematisiert wurde, weiß ich allerdings nicht. Schade, daß man sich an "Howard the Duck" nicht rantraute; der hatte faktisch mit Disney kaum etwas zu tun.

jakubkurtzberg 31.10.2018 05:49

Howard hätte ich mir in Spirit-Aufmachung beim Unterlabel "Nelson" gut vorstellen können. Oder s/w á la MAD.

Peter L. Opmann 31.10.2018 20:26

Spinne (Williams) 77

Erscheinungstermin: 2/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 76
2) Journey into Mystery # 120

Story-Titel:
1) Die Echse lebt!
2) ohne Titel (Mit dem Hammer in der Hand)!

Original-Storytitel:
1) The Lizard lives!
2) With my Hammer in Hand…!

Zeichnungen:
1) John Buscema / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

http://comicguide.de/pics/medium/45801.jpg

Nach der Tafel-Saga wird nun die Komplexität der Story ein gutes Stück reduziert. Dr. Conners ist wieder zur Echse geworden und will Revanche für die letzte Niederlage gegen die Spinne (in Williams # 46). Der Großteil des Hefts ist dieser Auseinandersetzung gewidmet. Am Ende dieses ersten Teils verkompliziert sich die Sache dadurch, daß die menschliche Fackel in den Kampf eingreift. So könnte man die Handlung schon beinahe zusammenfassen. Aber die Echse ist diesmal etwas anders angelegt als bei ihren früheren Auftritten.

Zwar will dieser monsterartige Bösewicht wie schon zuvor auf lange Sicht eine Weltherrschaft der Reptilien herbeiführen, aber alles in allem ist die Echse nun animalischer und auch brutaler angelegt als früher. In # 45 und 46 plante sie noch Verbrechen und führte sie teilweise auch durch. Jetzt ist sie tatsächlich ein Amok laufendes Monster. Zudem arbeiten Stan Lee und John Buscema stärker heraus, daß die Spinne ihrerseits gehemmt ist, sich mit aller Kraft zu wehren, weil sich unter den Echsenschuppen eben der Wissenschaftler Dr. Curt Conners verbirgt, mit dem sie befreundet ist und der auch eine Familie hat. Er muß also unschädlich gemacht werden, ohne dabei in irgendeiner Weise Schaden zu nehmen.

Hauptsächlich halte ich es aber Buscema zugute, daß diese Konfrontation mitreißt. Sicher haben wir es nicht mit einer seiner besten Arbeiten zu tun. Aber er gibt der Echse ihre Gefährlichkeit, läßt sie in höherem Maß echsenartig wirken als vorher, zeigt ihre Kraft, von der gesagt wird, daß sie derjenigen der Spinne ebenbürtig ist (was freilich vorher selbst für Mopedrocker wie Marko galt). Buscema arbeitet gern mit vier hochformatigen Panels pro Seite, kann aber mit den größeren Bildern grafisch auch etwas anfangen. Auch Blicke in die Straßenschluchten oder an Wolkenkratzern entlang nach oben gelingen ihm sehr gut (wie auf dem Cover zu sehen). Eines nur enttäuscht mich heute: Die Echse hat keine Zähne, nicht mal eine herausschießende Zunge, wie man das bei dieser Spezies erwarten würde. Erinnert mich an den Skorpion, dem sein Stachel fehlte. So viel Detailtreue war den Lesern wohl doch nicht zuzumuten.

Ich weiß noch, daß mich beim ersten Lesen das Auftauchen der Fackel irritiert hat. Ich wußte nicht, daß sie mehr als ein Gaststar, sondern in der Ditko-Zeit beinahe Teil der Spinnen-Welt war. Spinne und Fackel waren zwei Teenager im Superheldenkostüm, die ihre pubertären Konflikte austrugen. Hier ist die Fackel zunächst einfach ein weiterer Player, der „schicksalhaft“ (so Stan Lee) eingreift. Das Problem, die Echse auszuschalten, ohne ihr ein Leid anzutun, verschärft sich also damit.

Auf drei Seiten wird zwischendurch die Soap-Welt von Peter Parker auf den neuesten Stand gebracht. Gwen fühlt nun, daß Peter etwas vor ihr geheimhält, und sieht das als schwere Belastung ihrer Liebe. Joe Robertson und Captain Stacy treffen sich, um dem Geheimnis von der anderen Seite her auf die Pelle zu rücken. Sie wollen Peter dafür gewinnen, ihnen zu helfen, die Identität der Spinne zu lüften.

Detail am Rande: Die Redaktion gibt in ihrem wieder sehr kurzen Editorial bekannt, daß sich die Arbeit im Marvelhaus wieder normalisiere. Gemeint ist: Nach der abrupten Verkleinerung des Programms. Leider verrät sie nicht, was zuletzt nicht normal lief. Womöglich mußte aber einfach geklärt werden, wer in der Redaktion nun welchen Job macht und wer vor die Tür gesetzt wird. Allerdings ist von außen her nichts Ungewöhnliches zu sehen: Hartmut Huff ist immer noch Übersetzer und Kirsten Isele Redakteurin der „Spinne“. Wer lettert, wird nach wie vor nicht mitgeteilt.

Marvel Boy 02.11.2018 06:30

Zitat:

Zitat von jakubkurtzberg (Beitrag 578011)
Howard hätte ich mir in Spirit-Aufmachung beim Unterlabel "Nelson" gut vorstellen können. Oder s/w á la MAD.

Na ja, Spirit ist ja nun auch nicht weit gekommen und die Aufmachung mit einer Ente im Disney gewohnten Deutschland währe da mit Sicherheit genauso verendet.

Peter L. Opmann 02.11.2018 08:23

Spinne (Williams) 78

Erscheinungstermin: 2/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 77
2) Journey into Mystery # 121

Story-Titel:
1) Im Kampfgetümmel!
2) Die Kraft! Der Zorn! Der Stolz!

Original-Storytitel:
1)In the Blaze of Battle!
2) The Power! The Passion! The Pride!

Zeichnungen:
1) John Buscema / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://comicguide.de/pics/medium/45802.jpg

„Echse! Fackel! Flammen! Kampf!“ Besser als Hartmut Hoff auf dem Cover kann man den Inhalt dieses Hefts eigentlich nicht zusammenfassen. Für mich als Zwölfjährigen genügten diese Storybestandteile auch voll und ganz. Aus heutiger Sicht finde ich diese Story relativ dünn. Aber sie ist, wie schon der erste Teil dieses Zweiteilers, von John Buscema atemberaubend in Szene gesetzt. (Irgendwie soll laut Credits auch John Romita an dem Werk beteiligt gewesen sein.)

Die Fackel schlägt die Echse in die Flucht, wird aber gleich darauf von der Spinne an weiteren Aktionen gehindert. Auf der Flucht stürzt die Echse sogar von einem Hochhaussims, wird aber von der Spinne, beinahe wie später Gwen Stacy, gerettet. Sie will nun in die Nähe von Wasser, an den Hafen, wo sie Spinne und Fackel zu besiegen hofft. (Ähnlich wie der Sub-Mariner ist sie angeblich im Wasser stärker.) Dort angekommen, richtet sie erstmal auf einem Schiff Chaos an, während sich Spinne und Fackel weiter herumstreiten. Schließlich taucht die Fackel am Schauplatz des Geschehens auf. Die Echse versucht, ins Wasser zu entkommen, aber die Fackel setzt sie noch unter Wasser mit einem Flammenstoß außer Gefecht. Die Spinne versucht, sie zu retten, wird aber von ihr in die Tiefe gezogen. Sie befreit sich und bringt die Echse an die Wasseroberfläche.

Endlich gelingt es der Spinne, die Fackel loszuwerden, indem sie vorgibt, sie habe unter Wasser einen Alarmruf der Fantastischen Vier gehört. (Was genau betrachtet überhaupt keinen Sinn ergibt.) Die Spinne hat nun eine Idee, wie sie die bewußtlose Echse unschädlich machen kann, und schleppt sie zu einer Chemiefabrik. Dr. Conners‘ Sohn Billy (der hier mitunter auch Bobby genannt wird) ist zum Kampfplatz gekommen, um seinem Vater irgendwie zu helfen. Die Echse stürzt sich auf den Jungen, bringt es aber wegen verschwommener Erinnerungen nicht fertig, ihn zu töten. Nun nähert sich die Spinne und kippt über der Echse ein Faß Kalziumchlorid aus, ein Trocknungsmittel. Die abenteuerliche Hypothese: Indem der Echse so Flüssigkeit entzogen wird, wird die Rückverwandlung in Dr. Conners ausgelöst – was in der Gedankenwelt von Stan Lee einwandfrei funktioniert. Happy End! Die Spinne verabschiedet sich mit den Worten: „Verknotet eure Netze nicht!“ Was im Original der berühmte Spruch „Keep your Webs tangled!“ sein könnte.

Wer sagt, daß eine simple Story nicht wirkungsvoll sein kann? So wirkungsvoll, daß man sich nicht einmal an wirren Erklärungen stört. Heute kann ich die Echsen-Story aber leider nicht mehr ganz so unbefangen lesen. In diesem Heft gibt es wieder mal eine Leserbriefseite. Es werden die Reaktion auf die Einstellung von Hulk, Dracula, Frankenstein, Der Eiserne, Dr. Strange und Grüne Laterne zusammengefaßt abgedruckt. Manche Leser reagieren mit Trauer, andere sogar mit Wut (drohen Kaufboykott und sogar einen Sprengstoffanschlag an). Einer schlägt etwas vor, was an Condors „Marvel Comic Stars“ erinnert: ein Magazin, in dem auch neue Serien vorgestellt werden sollten. Wäre vielleicht einen Versuch wert gewesen.

Peter L. Opmann 02.11.2018 20:27

Spinne (Williams) 79

Erscheinungstermin: 3/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 78
2) Journey into Mystery # 121

Story-Titel:
1) Die Nacht des Strolchs!
2) ohne Titel (Die Kraft! Der Zorn! Der Stolz!)

Original-Storytitel:
1) The Night oft he Prowler!
2) The Power! The Passion! The Pride!

Zeichnungen:
1) John Buscema / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://comicguide.de/pics/medium/45803.jpg

Was mir mit zwölf jedenfalls nicht aufgefallen ist: Die „Spinne“-Ausgaben sind in letzter Zeit sehr unterschiedlich. Es geht mir nicht um Niveauschwankungen, aber es wird immer wieder etwas anderes ausprobiert: erst die doch recht verwickelte, zudem auf sieben Folgen gestreckte Tafel-Story, dann die simpel gestrickte Begegnung mit der Echse, und jetzt kommt ein quasi sozialkritischer Superschurke namens Strolch, sicher nicht zufällig ein Schwarzer. Es hat meines Erachtens nichts damit zu tun, daß an einer endlosen Fortsetzung gearbeitet wird, bei der jede Folge etwas mit der vorhergehenden zu tun hat. Vielmehr gibt es anscheinend nicht das etablierte Rezept für „Spinne“-Storys, was ich aber eigentlich gut finde. Es glückt nicht alles, was Stan Lee und seine Zeichner versuchen, aber die Serie wirkt lebendig (wenn auch der Comics Code noch in Kraft war und sie nicht alles tun durften, was sie vielleicht gern mal ausprobiert hätten).

Zunächst wird unserem Helden nun doch eine kleine Verschnaufpause gegönnt. Es kommt nicht gleich der nächste Spinne-Gegner um die Ecke, sondern sie kommt auf die Idee, Gwen anzurufen, um ein paar Beziehungsfragen zu klären. Schön altmodisch: Die Spinne betritt eine Telefonzelle, angelt sich eine Münze aus dem Abflußschacht und schlägt einen Raufbold in die Flucht, der ebenfalls telefonieren möchte. Gwen ist zwar zu Hause, wimmelt Peter aber ab, weil sie mit Flash Thompson verabredet ist (was sie ihm aber nicht sagt). Die Spinne seilt nach Hause, kann aber nicht ins Apartment, weil Harry dort – endlos lange – telefoniert. Dann will sich Peter an seine Bücher setzen, muß aber dauernd an Gwen denken. Um sich abzulenken, geht er spazieren – und sieht Gwen und Flash in einem Lokal. Könnte er die beiden hören, wüßte er jedoch, daß Gwen nur zu klären versucht, warum Peter bei Gefahr immer verschwindet.

Peter ist dagegen überzeugt, daß sie ihn betrügt. Völlig in Gedanken versunken läuft er schon wieder zwei Schlägern in die Arme, die er aber einfach beiseitefegt. Er erkennt, daß er sich damit womöglich als Spinne enttarnt hat, und läuft weg. Dabei sieht er kurz an einer Hochhausfassade einen Fensterputzer und denkt sich: Na, der hat keine Sorgen! Aber weit gefehlt. Hobie Brown, so heißt der junge Schwarze, fühlt sich eigentlich als Erfinder, schafft aber den Aufstieg nicht. Sein Chef interessiert sich nicht für seine verbesserten Arbeitsgeräte, nur für ausbeuterische Arbeitsbedingungen. Und dann nimmt Jonah Jameson Hobie auch noch zum Anlaß, sich über die angeblich schlechten Leistungen der Reinigungsfirma zu beschweren. Als sein Chef darauf Hobie feuern will, ergreift Jameson eigenartigerweise für ihn Partei. Aber Hobie hat genug. Er geht nach Hause und arbeitet seine Erfindungen so um, daß er mit ihnen zu einer Art Super-Einbrecher werden kann, zum Strolch. Allerdings hat er vor, später seine Beute zurückzugeben und dafür Ruhm zu ernten.

Die nötige Publicity will sich der Strolch verschaffen, indem er beim Daily Bugle einbricht. Hier wiederholt sich gerade die Ausbeutungs-Szene: Jameson lehnt einen Vorschuß für Peter Parker ab. Als Peter das Büro verläßt, steht er dem Strolch gegenüber, der soeben den Bugle-Safe geplündert und einen Wachmann niedergeschlagen hat. Aber Peter ist nicht im Spinnenkostüm. Er will trotzdem den Kampf aufnehmen, aber da kommt Jameson herein – Peter kann nicht kämpfen, ohne sich zu verraten.

Der Cliffhanger ist nicht übel konstruiert. Am spannendsten ist es immer, wenn die Geheimidentität von Peter Parker aufgedeckt zu werden droht. Reichlich dick aufgetragen und unglaubwürdig wirkt dagegen der soziale Touch der Story. Im Grunde ähnelt sie sehr der letzten Ditko-Ausgabe mit dem gescheiterten Boxer Joe, der eher wider Willen zum Bösewicht wird. Dabei fällt mir auf: Ditko wollte ja mehr Alltagsmenschen, mehr Alltagswirklichkeit in der Serie, zerstritt sich darüber aber mit Lee so heillos, daß er die Arbeit an der „Spinne“ einstellte, möglicherweise sogar gehen mußte. Jetzt kommt sein Konzept zurück. Schon im Tafel-Epos hatte es die Spinne mit Gangstern und keinem Superschurken zu tun. Auch Hobie ist ein nahe an der Wirklichkeit angesiedelter Bösewicht, der keine Superkräfte hat. Ich denke aber nicht, daß Ditko mit seinem Konzept letztlich doch recht behalten hat. Lee bezieht es auf der Suche nach der optimalen „Spinne“-Formel nur mit ein.

Die Figur des Strolchs ist allerdings ziemlich unglücklich und ungeschickt angelegt. Im Kern ist er ein Benachteiligter, der dadurch auf die schiefe Bahn gerät. Es wird recht unverblümt gezeigt, daß Schwarzen Erfolg verwehrt wird, weil sie schwarz sind. Möglicherweise die Realität 1969 in USA. Lee wollte aber nicht schwarze Verbrecherlaufbahnen rechtfertigen. Das hätte man auch so lesen können, daß Schwarze immer als Kriminelle enden. Also will Hobie hier nur einen Schurken spielen. Das ist aber Kokolores. Strolch räumt Tresore aus – Hobie bringt das Geld zurück und wird dafür belobigt: Hätte das klappen können (wenn die Spinne nicht eingegriffen hätte)? Dieses Denken scheint mir ziemlich gestört. Man muß aber wieder sagen: John Buscema setzt die Geschichte so dramatisch in Szene, daß einem jüngeren Leser die Unstimmigkeiten nicht auffallen. Übrigens: Den Strolch hat laut Credits John Romita entwickelt – er ist aber nicht zu einem der großen, unvergeßlichen Marvel-Schurken geworden. Und: Romita-Signaturen an den Coverbildern sieht man jetzt häufiger.

Peter L. Opmann 03.11.2018 19:25

Spinne (Williams) 80

Erscheinungstermin: 3/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 79
2) Journey into Mystery # 122

Story-Titel:
1) …und strolcht nie mehr!
2) Wo Sterbliche vor Furcht zittern!

Original-Storytitel:
1) To prowl no more!
2) Where Mortals fear to tread!

Zeichnungen:
1) John Buscema / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee

https://comicguide.de/pics/medium/45804.jpg

Der zweite Teil der Strolch-Story gefällt mir deutlich besser als der erste, wenngleich manches daran kurios erscheint. Die Auflösung des Cliffhangers kommt mir vor wie eine Erzählung von Baron Münchhausen. Da Peter Parker beim Kampf mit dem Strolch von Jonah Jameson überrascht wird, läßt er sich so ungefähr im zehnten Stock aus dem Fenster fallen. Kein Netz kann den Sturz in die Tiefe verhindern, aber seine akrobatischen Fähigkeiten helfen ihm. Er bremst, indem er immer wieder Hände und Füße gegen die Wand schlägt und kann schließlich einfach auf seinen Füßen landen. Physikalisch wohl ebenso möglich, wie sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf zu ziehen.

Einschub: Die US-Redaktion teilt auf der Splashpage mit, es sei eigentlich ein Strolch-Dreiteiler geplant gewesen, aber da sich die Leser dagegen ausgesprochen hätten, habe man sich mit zwei Teilen begnügt. Vielleicht eine Spätfolge der Tafel-Story, die manchem eventuell zu unübersichtlich war. Deutsche Leser hatten mutmaßlich eher keine Meinung zu Fortsetzungsstorys. Auf jeden Fall mußte man aber am Ball bleiben, da man sonst die neuesten Entwicklungen in Bezug auf Gwen, Harry, Flash, Jameson, Tante May oder Mary-Jane (die allerdings schon länger nicht mehr aufgetaucht ist) nicht mitbekam.

Der Strolch erschrickt über Peters Sturz und wird von Jameson sofort des Mordes beschuldigt. Er flieht. Peter hat sich aber inzwischen in die Spinne verwandelt und nimmt ihn draußen in Empfang. Der Strolch weiß sich aber zu wehren und setzt seinem Gegner so sehr zu, daß die Spinne schließlich benommen zurückbleibt, während der Strolch sich endgültig davonmacht. Peter Parker läßt sich nochmal beim Daily Bugle blicken und schwindelt Jameson vor, die Spinne habe ihn aufgefangen. JJJ ist freilich verärgert darüber, daß er wieder mal keine Fotos gemacht hat. Peter wankt nach Hause und wälzt vielerlei Sorgen.

Auch Hobie Brown überdenkt die letzten Erlebnisse. Er kommt zu dem Schluß, daß er aus dieser Geschichte nur noch gut herauskommen kann, wenn er die Spinne zur Strecke bringt und doch noch zum Held wird. Auf dem Weg zur Uni trifft Peter Gwen. Sie möchte wissen, was mit ihm los ist. Er läßt durchblicken, daß er von ihrer Beziehung zu Flash weiß, und läßt sie stehen. Tief deprimiert erfährt er am Abend aus dem Fernsehen, daß der Strolch wieder raubend in der Stadt unterwegs ist (was nicht seinen Plänen entspricht), und er versucht, sich auf andere Gedanken zu bringen, indem er zur Spinne wird und ihn fängt. Diesmal will er auch seine Kamera schußbereit haben.

Erneut durchkämmt die Spinne die ganze Stadt - nun auf der Suche nach dem Strolch. Es bleiben noch etwa zwei Seiten für den entscheidenden Fight. Diesmal läßt die Spinne ihrem Gegner keine Chance, fängt ihn und verklebt seine Waffen mit ihrem Netz. Dann demaskiert sie den Strolch und erkennt, daß er ein junger Bursche ist. Sie macht ihm klar, daß er sich noch nichts hat zuschulden kommen lassen und noch problemlos in ein normales Leben zurückkehren kann. Sie selbst, fügt sie mit reichlich blumigen Worten hinzu, kann das nicht mehr: „Wir beide reiten auf einer Rakete ins Nichts… nur daß du Glück hattest, …weil du ausgestiegen bist.“

Dieser doch eigentlich recht sinnfreie Spruch ist durchaus geeignet, einen jüngeren Leser zu beeindrucken. Aber die Story ist nicht reines Blendwerk. Den Umgang der Spinne mit dem Strolch finde ich recht überlegt, den Schluß angemessen. Es wäre weder befriedigend gewesen, wäre der Strolch lediglich besiegt worden und hätte Rache geschworen, noch, wenn die Spinne ihn ins Gefängnis gebracht hätte – beides ein Standard-Schluß für Superheldengeschichten. Nicht überzeugend finde ich nach wie vor, wie der Strolch überhaupt entsteht. Natürlich muß es in einem Superheldencomic Supergegner geben, sonst sehe ich aber keine Motivation, daß Hobie zum Strolch wird. Und sein Plan, Geld zu rauben und anschließend den Raub wiedergutzumachen, bleibt hirnrissig. Möglicherweise war der Punisher, einige Jahre später, der erste halbwegs realistische Bösewicht, jedenfalls in der Marvel-Welt.

Ebenfalls verständnislos stehe ich der Infoseite über US-Kriegscomics, speziell die Serie „Blue Tracer“ gegenüber. Soweit ich jetzt gegogelt habe, war das ein Kriegscomic von vielen, entwickelt im Verlag Quality Comics, der dann später in DC aufging. Man kann eine gewisse Verbindung zur Serie „Die schwarzen Falken“ herstellen, die beim bsv gelaufen war. Aber mit Marvel hat das alles nichts zu tun. Dabei hatte auch dieser Verlag im Zweiten Weltkrieg etliche Kriegscomics am Start. Aber vielleicht wollte die Williams-Redaktion bei diesem heiklen Thema auch gerade Verbindungen zu Marvel möglichst vermeiden. Hatte es zuvor schon Informationen über Kriegscomics gegeben, wie hier behauptet wird? Da fällt mir höchstens „Der Fall Der Rote Wächter“ ein, eine jedoch ziemlich anders gelagerte Sache.

Peter L. Opmann 05.11.2018 19:09

Noch 'ne Anmerkung:

Zitat:

Zum "Blue Tracer": das wirkt für uns heute so ähnlich wie alte John Wayne-Kriegsfilme. Ich sehe durchaus gerne, wenn die Nazis was auf die Nase bekommen, aber diese Sachen wirken einfach naiv und irgendwie auch zu kindlich. Ich glaube, ich habe schon mal die "Captain Marvel Jr."- Episode erwähnt, in der sich Captain Nazi in Amerika als Eisverkäufer tarnt, um US-Kinder zu schädigen. Klar, dazu verwendet man den einzigen Top-Agenten mit Superkräften. Das hat was von Bugs Bunny...


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