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user06 28.06.2018 10:27

@ Phantom: kennst Du das hier

Strange and Stranger: The World of Steve Ditko

von Blake Bell

?

Phantom 28.06.2018 11:15

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 571509)
Spinne (Williams) 34

Spinne 34 war das zweite Spinne-Heft, das ich als Kind bekam. Und ich habe ja schon geschrieben, dass sich diese Ausgabe bei mir eingebrannt hat als absoluter Höhepunkt mindestens der Ditko-Ära. Ich schaffe es auch nicht, mir vorzustellen, wie die Story auf mich wirkte, wenn ich sie heute zum ersten Mal läse. Sobald ich das wunderbare Cover sehe, fühle ich wieder als höchstens Zehnjähriger, bewundere den Durchhaltewillen der Spinne, fiebere mit Tante May und freue mich über das Happy End (wie in einem ordentlichen Western!).

Neben den tollen ersten Seiten mit dem ganzseitigen Panel als Höhepunkt finde ich mindestens drei Szenen beeindruckend: die wie in Trance kämpfende Spinne, die nur Tante May vor Augen hat und gar nicht merkt, dass die Gegner schon alle am Boden liegen, das Panel mit Betty, als sie die Verbindung zwischen ihrem Bruder und Peter herstellt, und die letzten vier Bilder der Story, wenn die Lamellen an Tante Mays Fenster langsam nach unten gezogen werden, bis ihr Gesicht friedlich im Dunkeln liegt.

Für mich die perfekte Story und eigentlich ein perfekter Schlusspunkt. Ob Ditko hier schon mit dem Gedanken gespielt hatte, die Spinne zu verlassen?

Ein paar Fragen stellen sich dem erwachsenen Leser natürlich schon: Wie hat Doc Ock eigentlich unbemerkt diese Unterwasserkuppel, die ja offenbar ganz nah an Manhattan ist (es gibt sogar einen Tunnelzugang), bauen können? Und warum musste es überhaupt eine Unterwasserkuppel sein, hätte er nicht einfach einen Keller irgendwo in der Stadt mieten können? Warum treten eigentlich alle Gegner der Spinne immer nur im Faustkampf gegenüber; waren damals Schusswaffen oder Messer noch nicht erfunden?

Seite 16 wurde offenbar wegen schlechter Druckvorlagen wieder ein bisschen nachgezeichnet. Die Seite mit der Ankündigung der Umbenennung von Klinge, Memrod usw. hat mich damals als Kind völlig verwirrt, weil ich ja gerade erst in die Marvels eingestiegen war und diese Figuren nicht kannte. Aus heutiger Sicht verstehe ich das eigentlich noch weniger: warum soll man in der deutschen Übersetzung die Namen nicht eindeutschen? Warum ist "Klinge" schlecht und lächerlich, aber "Blade" (von dem ich als Kind weder wusste, wie man das korrekt ausspricht, noch was das bedeuten soll) gut? Warum ist nicht im Gegenteil z.B. die Verwendung von "Info Point" in einem deutschen Einkaufszentrum lächerlich? Aber gut, anderes Thema.

Phantom 28.06.2018 11:34

Zitat:

Zitat von Eymen (Beitrag 571595)
@ Phantom: kennst Du das hier

Strange and Stranger: The World of Steve Ditko

von Blake Bell

?

Ich hatte das mal irgendwo durchgeblättert. Enthält jede Menge Ditko-Material, aber kaum Fotos. Ditko ließ sich (wie üblich) auch nicht von Bell für dieses Buch interviewen.

Lizard_King 28.06.2018 12:19

Ditko lässt sich generell nicht interviewen, sobald es um Comics geht.
Der Mann beantwortet aber heute noch Fanpost. Man kann ihm jederzeit schreibe und mit ihm über das Weltgeschehen diskutieren. Aber auch in diesen Briefen blockt er beim Thema Comic ab.

Peter L. Opmann 28.06.2018 16:10

Zitat:

Zitat von Phantom (Beitrag 571598)
Für mich die perfekte Story und eigentlich ein perfekter Schlusspunkt. Ob Ditko hier schon mit dem Gedanken gespielt hatte, die Spinne zu verlassen?

Meines Wissens hatte Ditko noch einige Pläne für die Serie. Nach den Meinungsverschiedenheiten mit Stan Lee hat er entwerder die Brocken hingeworfen oder wurde abserviert. Ich sehe gewisse Parallelen zu dem Konflikt zwischen Jerry Siegel und Mort Weisinger bei DC: Ditkos Stil war halt auch etwas altmodisch.

Zitat:

Zitat von Phantom (Beitrag 571598)
warum soll man in der deutschen Übersetzung die Namen nicht eindeutschen? Warum ist "Klinge" schlecht und lächerlich, aber "Blade" (von dem ich als Kind weder wusste, wie man das korrekt ausspricht, noch was das bedeuten soll) gut? Warum ist nicht im Gegenteil z.B. die Verwendung von "Info Point" in einem deutschen Einkaufszentrum lächerlich? Aber gut, anderes Thema.

Als Kind fand ich den Namen "Klinge" auch cool. (Und ich habe ihn verstanden im Gegensatz zu "Blade".) Williams war ziemlich früh dran, aber etwas später machte dann in vielen Lebensbereichen nur noch ein englischer Name etwas her.

user06 28.06.2018 16:55

Zitat:

Zitat von jakubkurtzberg (Beitrag 571448)
Ditko war meist ein Herr der feinen Linien. Deshalb sieht es meist auch nicht gut aus, wenn seine Bleistiftzeichnungen von anderen Künstlern getuscht werden. Er pencilt grob und fügt beim Tuschen Detailiertes hinzu.

Es gibt wohl keinen Zeichner, bei dem der Unterschied dann im Ergebnis so groß ist.
Für mich ist das der Grund dafür, warum ich von Ditko den Großteil seines Gesamtwerkes -
praktisch alles ab den 1970er Jahren - unansehnlich finde.


Zitat:

Zitat von Lizard_King (Beitrag 571608)
Ditko lässt sich generell nicht interviewen, sobald es um Comics geht.

So ist es. Selbst der Ditko Biograph, Blake Bell, hatte seine Schwierigkeiten mit ihm.
Eine neumodische Definition für Ditkos Verhalten hiesse wohl "querulatorische Tendenz" ;).


Zitat:

Zitat von Phantom (Beitrag 571603)
Ich hatte das mal irgendwo durchgeblättert. Enthält jede Menge Ditko-Material, aber kaum Fotos. Ditko ließ sich (wie üblich) auch nicht von Bell für dieses Buch interviewen.

Es handelt sich um eine Mischung zwischen textlastiger Biographie und Artbook. Wer sich für Ditko tiefer interessiert, kommt nicht daran vorbei. Blake Bell hat auch (bisher)sechs sehr schöne Bände mit Ditko Stories aus dessen Vor-Marvel Zeit herausgeben.

jakubkurtzberg 28.06.2018 20:02

Zitat:

Zitat von Eymen (Beitrag 571641)
Es gibt wohl keinen Zeichner, bei dem der Unterschied dann im Ergebnis so groß ist.
Für mich ist das der Grund dafür, warum ich von Ditko den Großteil seines Gesamtwerkes -
praktisch alles ab den 1970er Jahren - unansehnlich finde.

Ja, manches späte DC- und Gespenster-Zeugs sieht schlimm aus. Dagegen waren die frühen Marvel- und Charlton-Sachen gigantisch!

Phantom 28.06.2018 20:15

Zitat:

Zitat von Eymen (Beitrag 571595)

Strange and Stranger: The World of Steve Ditko

von Blake Bell

Zitat:

Zitat von Phantom (Beitrag 571603)
Ich hatte das mal irgendwo durchgeblättert.

Jetzt weiß ich auch wieder, wo ist das durchgeblättert hatte: steht bei mir im Bücherschrank.:D Ob das schon Anzeichen von Demenz sind? Oder habe ich einfach zu viele Bücher? :kratz:

Ich habe nochmal nachgezählt: es gibt genau 4 Fotos von Ditko in dem Buch, eines aus dem High School Jahrbuch und drei am Zeichentisch (genau die Fotos, die auch in Alter Ego und ähnlichen Publikationen immer wieder gedruckt werden, weil wohl keine anderen Fotos im Umlauf sind). Die vielen Bildbeispiele sind natürlich toll, auch die Analysen von Bell sind lesenswert. Man findet nur auch hier nicht sehr viel Privates über Ditko.

Zitat:

Zitat von Eymen (Beitrag 571641)
(...) warum ich von Ditko den Großteil seines Gesamtwerkes -
praktisch alles ab den 1970er Jahren - unansehnlich finde.

Da stimmt ich mit Dir völlig überein. Aber die alten Sachen, auch die für Warren, sehen schon toll aus!

user06 28.06.2018 20:42

Zitat:

Zitat von Phantom (Beitrag 571656)
Man findet nur auch hier nicht sehr viel Privates über Ditko

Schau mal in die "Endnotes" zu Kapitel 9, ganz am Ende.
Da ist mir im Gedächtnis geblieben, wie Ditko Blake Bell für die Gestaltung seiner Website anheuerte und ihn ein paar Monate später wieder feuerte.
Da, und in vielen anderen Stellen im Buch, erfährt man viel Privates über den "schwierigen" Ditko. Aber Du hast Recht, es sind keine autorisierten Einblicke oder gar eine Home Story.

Peter L. Opmann 02.07.2018 20:07

Spinne (Williams) 35

Erscheinungstermin: 6/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 34
2) Tales to Astonish # 98

Story-Titel:
1) Der Zauber der Jagd!
2) …das ewige Reich zu vernichten!

Original-Storytitel:
1) The Thrill of the Hunt!
2) …to Destroy the Realm Eternal!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Werner Roth / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45759.jpg

Wenn ich diese Ausgabe betrachte, würde ich mich der Vermutung, Steve Ditko habe nach dem Dreiteiler mit dem Meisterplaner bereits aussteigen wollen, anschließen. Zeichnerisch ist sie zwar in Ordnung, aber die Story erfüllt nur knapp die Mindestanforderungen. Steve Kups sah das zwar in der Schuber-Ausgabe anders: „So gut wie jedes Grundelement einer typischen Spinne-Story wird hier gekonnt zu einem neuen Abenteuer verwoben.“ Aber der Kampf mit Kraven ist nur ein müder Abklatsch der ersten Begegnung, die wir in „Spinne“ # 17 gesehen haben. Peter Parkers Privatleben bekommt zwar ziemlich viel Raum, aber da tut sich nichts entscheidend Neues. Ein paar Highlights gibt es in dieser Episode sehr wohl, aber die reißen das Ganze nicht heraus.

Von der gesamten 18. Williams-Produktion habe ich anfangs sehr wenig gesehen. „Spinne“ # 36, „FV“ # 35 und 36 sowie „Thor“ # 18 fanden nach und nach durch Superbände den Weg zu mir, aber die übrigen Hefte habe ich erst in den 90er Jahren oder später lesen können, auch dieses hier. Deshalb fällt mir auch jetzt erst auf, daß die Qualität im Vergleich zur Unterseebasis-Story merklich nachläßt.

Immerhin: Kraven bekommt eine schöne Splashpage mit einem Blick auf seine prächtige Trophäensammlung. Aber es ist einfallslos, daß er weiterhin nur einen Spider-Man als Wandschmuck braucht (da hier Kinder mitlesen, will er sich mit der Maske begnügen). Er übt schon mal mit einem wilden Löwen, der Kraven freilich wenig entgegenzusetzen hat. Die nächste Szene wirkt dann doch überraschend: Peter Parker krabbelt vor den Augen von Betty die Wand hoch und grüßt von der Decke. „Ich höre noch auf einen anderen Namen… auf den Namen Spinne!“ sagt er ihr. Es ist aber nur ein Traum von Betty und bleibt völlig ohne Konsequenzen. Etwas merkwürdig, daß sie diesen Traum als Unfug abtut, wenn sie sich schon so genau an ihn erinnert.

Peter hat an der Uni weiter Probleme mit seiner neuen Bekannten Gwen Stacy. Immerhin bekommt er mit, daß die anderen Studenten ihn für arrogant halten, weil er in letzter Zeit nur an seine todkranke Tante denken konnte. Aber er nimmt das nicht ernst. Kraven bereitet sich indes auf die Jagd vor; seine Taktik erschöpft sich aber darin, die Spinne anzulocken, indem er in ihrer Verkleidung herumhüpft und Jonah Jameson Angst einjagt – was den nur dazu bringt, sie wieder zur Bedrohung abzustempeln. Aber die Taktik geht auf: Die (echte) Spinne erscheint auf dem Kampfplatz. Von diesem sich auf sieben Seiten erstreckenden Duell gefällt mir nur die Szene, die Ditko fürs Cover verwendet hat: als Kraven sich vom Dach eines Hochhauses herab auf die Spinne stürzt. Ansonsten gibt es ein bißchen Versteckspiel, wobei die Spinne nebenbei zwei Ganoven ins Reich der Träume schickt, und im übrigen eine deftige Prügelei mit Kraven. Der hat zwar versucht, seinen Gegner durch „Dschungelsaft“ zu lähmen, geht aber einfach etwas schneller zu Boden. Da finde ich den Kampf, bei dem Kraven am Ende in ein aufgespanntes Netz stolperte, doch origineller. Daß er der Polizei dann gesteht, das Spinne-Kostüm getragen zu haben, was mit einem verqueren Moralkodex begründet wird, ist zwar ungewöhnlich, aber doch nur ein kleines Detail.

Am Ende lernen wir eine neue, noch namenlose Sekretärin beim Daily Bugle kennen, denn Betty ist abgereist, um über ihre Gefühle Klarheit zu bekommen. Peter hat Tante May und Mrs. Watson erzählt, er gehe ins Kino, als er sich aufmachte, Kraven gegenüberzutreten. Jetzt kommt er wieder nach Hause und denkt seinerseits deprimiert darüber nach, was in Sachen Betty zu tun ist. Und das war’s. Als nächstes kehrt Metallo (The Molten Man) zurück.

In dieser Produktion wird der erste „Leser des Monats“ präsentiert, der zehnjährige Martin. Er erschien der Redaktion wohl als der ideale Lesertypus, denn er ist ein ganz normaler Junge, der nur außerdem gern Marvel-Comics liest. Was noch auffällt: Die „Aquarius“-Episode in diesem Heft scheint komplett nachgezeichnet zu sein, alle sechs Seiten, was eine Menge Arbeit gewesen sein dürfte. Möglicherweise bekam Williams eine sehr blasse Druckvorlage. Von der Tusche von Dan Adkins ist so gut wie nichts zu sehen. Und noch eins: Die Williams-Redaktion gibt auf der Leserbriefseite ihren Umzug an den Schwanenwik in Hamburg bekannt (noble Adresse direkt an der Alster).

Peter L. Opmann 05.07.2018 15:13

Spinne (Williams) 36

Erscheinungstermin: 6/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 35
2) Tales to Astonish # 98

Story-Titel:
1) Metallo bedauert!
2) ohne Titel (…das ewige Reich zu vernichten!)

Original-Storytitel:
1) The Molten Man Regrets…!
2) …to Destroy the Realm Eternal!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Werner Roth / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45760.jpg

Auch diese Ausgabe zählt wohl nicht zu den Höhepunkten des Schaffens von Steve Ditko. Auf den ersten Blick ist die Story nicht schlecht, aber es ist letztlich ein Remake von „Spinne“ # 30. Was mich betrifft, ich kannte die # 36 deutlich früher als die # 30, so daß mir das erst jetzt so richtig auffällt. Und noch etwas anderes fällt mir auf: Zum wiederholten Mal beginnt eine Episode damit, daß ein Bösewicht aus dem Gefängnis entlassen wird; und wiederum hat er nichts Eiligeres zu tun, als seine Verbrecherkarriere fortzusetzen. Bei den „Fantastischen Vier“, die ich kürzlich gelesen habe, kam das auch mal vor, wurde aber doch etwas differenzierter dargestellt. Der Strafentlassene fand keinen Job und geriet so erneut auf die schiefe Bahn. Lee und Ditko suggerieren dagegen hier: Wer mal ins Gefängnis mußte, sollte am besten lebenslang weggesperrt bleiben. Eine Besserung (Resozialisierung) ist ausgeschlossen.

Ich muß immerhin feststellen: Ditko erzählt und zeichnet jetzt eindeutig wirkungsvoller als in „Spinne“ # 30. Schon das Cover bietet eine ungewöhnliche und sehr dramatische Perspektive. Es gibt größere Panels (auch wieder eine illustrative Splashpage, die Spinne und Metallo im Clinch zeigt), die Spinne ist akrobatischer dargestellt, ihre Suche nach Metallo wirkt spannender. Metallo seinerseits kämpft besser, denn er versucht mehrmals, die Spinne zu überrumpeln. Er nutzt zudem Masken; die Spinne muß erstmal herausfinden, wer ihr Gegner ist. Allerdings geht das Duell genauso aus wie beim letzten Mal: Metallo wird gefesselt und als Paket der Polizei übergeben. Und sonst gibt’s auch wenig Neues.

Peter Parkers Privatleben spielt in dieser Ausgabe eine kleinere Rolle als bisher. Am Anfang sieht man davon überhaupt nichts – die Spinne kommt hinzu, als Metallo gerade einen Juwelier überfällt. Am Ende erfährt er von der noch immer namenlosen neuen Sekretärin von JJJ, daß Betty und Ned Leeds abgereist sind, vermutlich an die Westküste. Peter ist tief getroffen. Sein Bild, das Betty ihm zurückgeben läßt, wirft er tief enttäuscht in den Abfalleimer (obwohl die Trennung von Betty ja das ist, was er zuletzt wollte). Tante May hat diesmal keinen Gastauftritt und darf sich erstmal regenerieren. Am Ende wird für die nächste Ausgabe ein neuer Superschurke vorgestellt, der mit der neuen Sekretärin gemeinsam hat, noch unbenamt zu sein.

Interessanter ist da schon die Leserbriefseite gleich daneben. Leserbriefseite? Überschrieben ist sie: „Hier spricht das MMT“. Wiedergegeben ist ein Leserbrief, in dem Unzufriedenheit darüber laut wird, daß die „Frankenstein“-Episoden so kurz sind. Die Redaktion erklärt das, holt dann aber noch viel weiter aus: Horrorcomics seien in Verruf gekommen. Was nicht erwähnt wird: „Dracula“ und „Frankenstein“ # 5 waren von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert worden. In den USA war kurz vor Anlaufen dieser Serien der Comics Code gefallen, bei uns hatte sich dagegen nichts Vergleichbares getan. Die Redaktion wollte nun ein „Horror-Forum“ ins Leben rufen, in dem sich die Fans kritisch mit den beiden Serien auseinandersetzen sollten. Dazu kam es aber nicht – die Zahl der Leser, die da mitreden konnten, war wahrscheinlich sehr überschaubar.

Phantom 06.07.2018 09:35

Spinne 36 habe ich nie auf Deutsch gelesen. Deswegen noch ein paar Ergänzungen zu Spinne 35.

Spinne 35 war in meinem allerersten Marvel Superband (#12). Leider habe ich keine Erinnerung mehr daran, wie und warum ich zu diesem Band kam, aber fortan kaufte ich die Superbände regelmäßig bei meinem Zeitschriftenhändler (bzw. ließ sie mir anfangs noch von den Eltern kaufen). In diesem Band war u.a. FV 29 ("Tod eines Helden"), und diese Geschichte, in der am Ende Dr. Franklin stirbt, hat mich ziemlich fasziniert. Dagegen hat Spinne 35 keinen so großen Eindruck auf mich gemacht. Erst mit dem nächsten Superband, in dem dann Spinne 34 war, wurde ich damals zum begeisterten Spinne-Leser.

Was mir hier wieder auffällt: Im Original ist der Story-Titel oft am Titelbild und dann nochmal auf der ersten Story-Seite zu lesen (hier: the thrill of the hunt). Bei Williams wird das dann oft auf zwei verschiedene Weisen übersetzt (hier: "Im Taumel der Jagd" am Titelbild und dann "Der Zauber der Jagd"). Ich schließe daraus, dass Titelbild und Story nicht zur selben Zeit übersetzt wurden, vielleicht sogar von verschiedenen Leuten.

Bei den Credits wird Kirsten Isele mit "ea ipsa!" (also "genau die" oder "ja, sie selbst") speziell hervorgehoben. Im Original ist das nicht zu finden. Ich war ungefähr noch fünf Jahre von meiner ersten Latein-Stunde entfernt, als ich das las; ging man bei Williams wirklich davon aus, dass viele Latein-Schüler unter den Lesern waren, oder war das nur ein Gag (oder vielleicht eine verlorene Wette)?

Beim Wiederlesen ist mir auch aufgefallen, dass ein paar Soundwords eingedeutscht wurden. "Thwok" (unterlegt einen Fausthieb der Spinne) wird zu "Zuck", "Wap" wird zu "Flup" - wie bescheuert ist das denn?

Auch wenn ich mich wiederhole: die Übersetzung hat wieder ein paar Mängel. "I don't get it" (auf Deutsch: ich verstehe es nicht) wird übersetzt mit "ich hab's nicht". Dann gibt es folgenden Dialog: Spinne sagt "wenn ich dich nicht schlagen kann, dann heute", worauf Kraven antwortet "Du trägst ja ziemlich dick auf". Was soll das, die Spinne trägt doch gar nicht dick auf? Na ja, im Original steht bei der Spinne "that'll be the day", was eben gerade nicht "heute" bedeutet, sondern genau das Gegenteil, also ungefähr "das wird im Leben nicht passieren". Mit der Übersetzung "It's him" (was von der Spinne als grammatikalisch falsch beanstandet wird) war Hartmut Huff auch überfordert, der hat es mit "Es ist ihr" übersetzt. Aber im Gegensatz zu "it's him" sagt das im Deutschen natürlich keiner. Hier müsste man einfach freier übersetzen; Huff hat immer viel zu sehr versucht, Wort für Wort zu übertragen.

Auf der Leserbriefseite ist mir noch Jürgen Maier aufgefallen. Seinen Namen hatte ich später nochmal in der Comixene (ich glaube im Zusammenhang mit der Incos) entdeckt, dann aber nicht mehr. Ob er noch immer mit Comics zu tun hat?

Peter L. Opmann 06.07.2018 09:51

Danke für die Anmerkungen, besonders zur Übersetzung. Ohne zu vergleichen, habe ich aber doch den Eindruck, daß das Hartmut Huff teilweise auch ganz gut macht. "Ea ipsa" habe ich damals - trotz Latein - auch nicht verstanden, aber als etwa Zwölfjähriger läßt man sich von solchen Ausdrücken beeindrucken. Die freie Übersetzung "Im Taumel der Jagd" finde ich ganz gut, auch wenn das ein bißchen wie eine Parodie klingt.

Peter L. Opmann 07.07.2018 08:09

Laut der englischsprachigen Wikipedia (und Comicforum) ist Steve Ditko am 29. Juni gestorben.

Marvel Boy 07.07.2018 09:14

Ja, hab ich heute mehrfach gelesen.
90 ist ein schönes Alter, aber trotzdem...

Horatio 07.07.2018 09:22

Ja, dem in der englischen Wikipedia referenzierten Artikel des Hollywood Reporter zufolge ist Ditkos Tod vom New York Police Department bestätigt worden. Demzufolge ist er am 29. Juni in seinem Apartment aufgefunden worden und war da seit etwa zwei Tagen tot.
Der Artikel enthält auch ein paar Erinnerungen von Graig Weich, der Ditko in dessen letztem Lebensjahr mehrmals in dessen Studio besucht hat.

https://www.hollywoodreporter.com/he...was-90-1125489

Peter L. Opmann 07.07.2018 19:39

Spinne (Williams) 37

Erscheinungstermin: 7/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 36
2) Tales to Astonish # 99

Story-Titel:
1) Ein Stern fiel vom Himmel!
2) Die Katastrophe naht!

Original-Storytitel:
1) When falls the Meteor!
2) When falls the Holocaust!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Archie Goodwin

https://www.comicguide.de/pics/medium/45761.jpg

Mit diesem Heft habe ich eine unangenehme Erfahrung gemacht. Es war eine der letzten Ausgaben, die ich nur in einem Superband hatte und noch als Einzelheft erwerben wollte. Ich glaube, ich hab‘ sie dann auf der Börse beim Comic Salon 2012 oder 2014 gekauft. Sie war wirklich schwer zu finden. Überall, wo es die Williams-„Spinne“ gab, fehlte die # 37. Und dann wurde ich doch noch fündig, habe das Heft ganz schnell gekauft und erst zuhause gemerkt, daß ein geldstück-großes Stück aus dem Cover herausgeschnitten war. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Ich habe für das Heft um die fünf Euro bezahlt, aber wert war es damit wohl höchstens 50 Cent. Naja, immerhin habe ich ein unversehrtes Exemplar im Superband.

Hier tritt ein neuer Superschurke auf, der „Knacker“ (im Original: „Looter“, also „Beutemacher“). „Knacker“ ist, wie ich schon vorweg einräume, eine unglückliche Übersetzung. Vielleicht ist die Figur ein Kompromiß, da Ditko gern mit Gangstern arbeitete, Lee aber möglicherweise darauf drängte, Superschurken einzusetzen. Das Duell erinnert mich an die Kämpfe der Spinne mit dem Geier, denn auch hier sind beide am Ende in der Luft und drohen abzustürzen. Aber der Reihe nach.

Dieser Comic wirkt auf mich ziemlich rationell. Lee und Ditko verzichten nun darauf, Dinge auszuerzählen, die früher im einzelnen dargestellt worden wären. Wir erleben zunächst die Origin-Story des Knackers – ein Wissenschaftler, der kein Geld für seine Forschung bekommt und dann auf eigene Faust einen Meteor, auf den der zufällig gestoßen ist, analysiert. Dämpfe, die dem Gestein entweichen, verändern ihn; er wird superstark und beginnt, Verbrechen zu begehen. Er braucht allerdings weiteres Meteorgas, um seine Kräfte zu behalten. Daher bricht er in ein Museum ein. Als nächstes sehen wir die Spinne auf der Suche nach dem Knacker. Wie sie von ihm gehört hat, bleibt unerwähnt. Im Kampf gegen ihn erleidet sie nun nicht zunächst eine Niederlage; vielmehr ist der Knacker zu unerfahren und macht sich davon. Erst als er eine riesige Rakete auf Museumsbesucher stürzen läßt, gibt sie auf und rettet die Leute.

Der Knacker kehrt zurück, um den Meteor doch noch an sich zu bringen. Die Spinne hat aber schon auf ihn gewartet. Er flieht mittels eines Heißluftballons. Die Spinne hängt sich jedoch an ihn dran. In der Luft schlägt sie ihn k.o., läßt die Luft aus dem Ballon und übergibt den Bösewicht der Polizei. Anschließend knipst sie seine Festnahme. Alles schon mal gesehen, hier aber wesentlich kürzer dargeboten. Interessant ist noch Peter Parkers Begegnung mit Gwen. Während er sich daranmacht, an der Uni Freunde zu finden, ist er bei seinen Kommilitonen und auch bei ihr längst untendurch. In dem Museum, das der Knacker gleich überfallen wird, treffen sie sich wieder. Als der Schurke auftritt, läuft Peter weg, um – wie Superman – rasch sein Kostüm anzulegen. Gwen hält ihn für einen Hasenfuß und hat einen Grund mehr, Peter zu hassen. Später an der Uni verhöhnt sie ihn im Duett mit Flash Thompson. Aber man merkt: Ihr Denken dreht sich allmählich nur noch um Peter.

Gezeichnet ist der Comic sehr gut. Steve Ditko ist nun, was die Spinne betrifft, auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Die Story finde ich allerdings teilweise ein bißchen dürftig. Insbesondere der Knacker ist eine reichlich klischeehaft angelegte Figur. Die Kabbeleien von Peter mit Gwen wirken befremdlich, wenn man bedenkt, in welchem Verhältnis sie später standen. Es blieb wohl John Romita vorbehalten, die beiden als Paar zu zeigen – eine Konstellation, die ja für Peter noch schwieriger wurde.

Der zweite "Leser des Monats" heißt Uwe und ist schon 18 Jahre alt. Er ist bekennender Marvel-Sammler – was kann sich die Redaktion Besseres wünschen! Und er fühlt sich auch noch nicht zu alt, Superheldencomics zu lesen. Mustergültig! Der Leserbriefseite ist zu entnehmen, daß Williams entschieden hat, zusätzlich die Serien „Dr. Strange“, „Der Eiserne“, „Grüne Laterne“ (DC) und „Planet der Affen“ zu starten. Als es soweit war, war ja leider nach gut einem Jahr wieder Schluß.

Phantom 08.07.2018 15:01

Die Geschichte aus Spinne 37 wird ja vor allem aus zwei Gründen immer wieder zitiert: zum einen wegen des "Looters", der als direkter Verweis von Ditko auf Ayn Rand gedeutet wird, zum anderen wegen des letzten Panels auf Seite 15, das von Carl Hubbell retuschiert werden musste.

Ich habe immer wieder über den vermeintlichen Einfluss der Philosophie von Ayn Rand auf Steve Ditko gelesen, erst gestern las ich dazu nochmal das entsprechende Kapitel in Blake Bells Buch. So ganz überzeugt bin ich aber noch nicht, dass Ditko wirklich in starkem Maße versucht hat, Rands Ideen in die Spider-Man-Storys fließen zu lassen. Natürlich ist belegt, dass Ditko die Bücher von Rand gelesen hatte. Und klar, der Name "Looter" ist vermutlich eine Anspielung auf Rand (die zwischen den "producers", also den Kreativen, den Unternehmern, den Kapitalisten, und den "looters", also denen, die die Kapitalisten ausplündern (z.B. Verfechter hoher Steuern), unterschied). Aber Bell meint z.B., dass sich in dem zunehmenden Selbstbewusstsein Peter Parkers gegenüber Jameson die Philosophie Rands widerspiegelt, dass nämlich der producer (hier also Peter Parker als Photograph) einen angemessenen Gewinn machen soll. Na ja, genauso gut könnte man die Szene marxistisch interpretieren und von der Ausbeutung des abhängigen Arbeiters (Peter) durch den Kapitalisten (Jameson) sprechen, gegen die sich der Arbeiter endlich auflehnt. Ob da nicht zuviel hineininterpretiert wird?

Die Sache mit dem letzten Panel auf Seite 15 wurde auch oft erzählt: angeblich hat Ditko diese Figur als Looter (vor-)gezeichnet; Stan Lee hat aber, als er den Text in die Sprechblase schrieb, gedacht, dass es sich um Spider-Man handelt. Als Ditko dann das Panel getuscht hat, hat er angeblich Lees Text völlig ignoriert und eben die Figur als Looter getuscht. Daraufhin wäre Stan Lee so verärgert gewesen, dass er Carl Hubbard beauftragte, die Figur in Spider-Man umzuzeichnen. Die Anekdote wird meist als Beleg dafür erzählt, dass Lee und Ditko überhaupt nicht mehr miteinander gesprochen hatten. Was mich nur irritiert: wäre es nicht viel einfacher (und schneller) für Stan Lee gewesen, einfach den Sprechblasentext zu ändern? Aber gut, all diese Sachen werden wir nie mehr aufklären können.

Beim Wiederlesen des Heftes jetzt fiel mir wieder auf, wie langweilig ich heute diese sich wiederholenden Faustkämpfe (a.k.a. Action-Szenen) finde. Als Kind fand ich das vielleicht spannender, das weiß ich nicht mehr genau.

Ich höre jetzt auch mal langsam mit den Übersetzungsfehlern auf, aber weil es so schön ist, hier noch ein Beispiel von Seite 17. Spidey sagt "why anybody would try to make off with a meteor is beyond me" (also ungefähr: ich verstehe einfach nicht, warum irgendjemand einen Meteoriten klauen möchte); Hartmut Huff übersetzt: "warum sollte jemand mit 'nem Meteor verschwinden, der hinter mir steht" :D

Peter L. Opmann 08.07.2018 16:18

Interessante Informationen. Aber "Looter" heißt doch nicht "Ausgebeuteter"? Und soweit ich mich mit Ayn Rand beschäftigt habe, war sie vor allem Vertreterin eines extremen Individualismus, also kein Staat, jeder ist seines Glückes Schmied. Habe allerdings von ihr selbst noch nie etwas gelesen.

Ditko ist ja eher bekannt für sein striktes Gut-Böse-Schema. Das erkenne ich in seinen Storys von Haftentlassenen wieder. Eine Haft verändert niemanden; einmal auf der schiefen Bahn, dann immer.

Ich habe mir nochmal das Panel auf Seite 15 angesehen. Entscheidend für die Story ist das ja nicht. Ob da die Spinne oder der Looter gezeigt wird, macht keinen großen Unterschied. Man hat vielleicht um jeden Preis darauf kommen wollen, wie das Verhältnis zwischen Lee und Ditko war, und deshalb aus Mücken Elefanten gemacht.

Steve Kups schrieb in der Marvel-Deutschland-Ausgabe auf Basis der Erinnerungen von Flo Steinberg, der Betty Brant von Stan Lee: "Stan war ein gutmütiger Kerl und erhielt oft Besuch von seinen Zeichnern. Jeder fand es entspannend, im Büro abzuhängen und sich gegenseitig ein wenig besser kennenzulernen." Natürlich weiß ich nicht, ob Flo Steinberg die Atmosphäre nicht allzu rosig darstellt, aber wenn diese Beschreibung nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, frage ich mich: Warum soll das ausgerechnet bei Lee und Ditko anders gewesen sein?

Naja, mit der nun folgenden "Spinne" # 38 ändert sich der Charakter der Storys nochmal deutlich...

Phantom 09.07.2018 09:35

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 572065)
Interessante Informationen. Aber "Looter" heißt doch nicht "Ausgebeuteter"?

Nein, "Looter" heißt "Plünderer". Bei Rand einerseits die tatsächlichen Plünderer, Gauner, Kriminelle, andererseits eben auch alle, die den "Helden" der Gesellschaft (Unternehmer, Kreative,...) den verdienten Gewinn wegnehmen wollen (Sozialisten, Faule, Arbeitsscheue,...). Ich vereinfache jetzt sicher, da ich von Rand auch nichts gelesen habe; grundsätzlich würde mich "Atlas shrugged" schon interessieren, aber mir ist die Zeit zu schade, mich durch über 1000 Seiten von einer Person zu quälen, die in zentralen Punkten Ansichten vertritt, die meiner ziemlich entgegenstehen.

Was ich nur sagen wollte: Wir wissen, dass Ditko dem "Objektivismus", also der von Rand begründeten Philosophie (oder "Philosophie" in Anführungszeichen, je nach Sichtweise), viel abgewinnen konnte. Wir wissen, dass Ditko nach der Marvel-Zeit vor allem in der Fan-Presse auch Arbeiten veröffentlichte, die explizit diesen Objektivismus vertreten haben (auch hier muss ich wieder sagen, dass ich davon nichts selber gelesen habe).

Jetzt ist es natürlich naheliegend, auch die Spider-Man-Storys nach Spuren von Rands Ideen zu durchforsten, was viele auch schon gemacht haben. Dass der "looter" (deutsch: Knacker; zu dieser Übersetzung sage ich jetzt mal gar nichts) seinen Namen vielleicht Rand verdankt, scheint mir durchaus plausibel. Aber andere Sachen finde ich eben nicht überzeugend. Dass Peter Parker mehr Geld von Jameson für die Bilder fordert, kann man natürlich (wie es eben manche tun) als "Rand-typisch" interpretieren, weil Peter eben auch ein "producer" im Sinne Rands ist und dafür gerechten Gewinn erwarten darf. Aber wenn wir jetzt nicht wüssten, dass Ditko Rand gelesen hat, sondern stattdessen erführen, dass er sich zu der Zeit mit Marx beschäftigt hat, würden dieselben Leute sagen: hier hat Ditko seine Ideen in Spider-Man einfließen lassen, denn Peter ist eindeutig vom Kapitalisten Jameson ausgebeutet worden, und jetzt lehnt er sich endlich gegen ihn auf. Ich behaupte also nicht, dass die Rand-Interpretation falsch ist, ich finde sie nur nicht hinreichend belegt.

Zitat:

Ditko ist ja eher bekannt für sein striktes Gut-Böse-Schema. Das erkenne ich in seinen Storys von Haftentlassenen wieder. Eine Haft verändert niemanden; einmal auf der schiefen Bahn, dann immer.
Das stimmt schon. Andererseits ist dieses strikte Gut/Böse-Schema in der Trivialliteratur doch weit verbreitet. Ohne das jetzt belegen zu können, schätze ich, dass das in der Mehrheit der Superhelden- und Crime-Comics der 40er und 50er Jahre so simplifiziert dargestellt war.

Zitat:

Natürlich weiß ich nicht, ob Flo Steinberg die Atmosphäre nicht allzu rosig darstellt, aber wenn diese Beschreibung nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, frage ich mich: Warum soll das ausgerechnet bei Lee und Ditko anders gewesen sein?
Dass Ditko und Lee ca. ab Spider-Man #25 nicht mehr miteinander geredet haben, scheint schon belegt. Lee hat behauptet, Ditko hätte nicht mehr kommunizieren wollen, Ditko hat das Umgekehrte behauptet.

Peter L. Opmann 09.07.2018 12:22

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 571954)
In den USA war kurz vor Anlaufen dieser Serien der Comics Code gefallen, bei uns hatte sich dagegen nichts Vergleichbares getan. Die Redaktion wollte nun ein „Horror-Forum“ ins Leben rufen, in dem sich die Fans kritisch mit den beiden Serien auseinandersetzen sollten.

Muß mich mal selbst zitieren, denn ein Freund hat mich am Wochenende darauf hingewiesen, daß der Comic Code keineswegs gefallen war. Die Ausgaben von "Dracula" und "Frankenstein" zierte auch das Codesiegel. Was ich meinte, war, daß er nicht mehr so große Bedeutung hatte, vielleicht gar keine mehr, denn in den Horrorserien wurden jetzt Storys erzählt, die ein paar Jahre früher den Code wohl nicht passiert hätten. "Amazing Spider-Man" # 96 bis 98 hatten gezeigt, daß man das Siegel nicht unbedingt brauchte.

Phantom 10.07.2018 10:12

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 572109)
Muß mich mal selbst zitieren, denn ein Freund hat mich am Wochenende darauf hingewiesen, daß der Comic Code keineswegs gefallen war. Die Ausgaben von "Dracula" und "Frankenstein" zierte auch das Codesiegel. Was ich meinte, war, daß er nicht mehr so große Bedeutung hatte, vielleicht gar keine mehr, denn in den Horrorserien wurden jetzt Storys erzählt, die ein paar Jahre früher den Code wohl nicht passiert hätten. "Amazing Spider-Man" # 96 bis 98 hatten gezeigt, daß man das Siegel nicht unbedingt brauchte.

Anfang der 1970er hatte der Code schon noch eine gewisse Bedeutung. Dass die drei ASM-Hefte #96-98 von der Comics Code Authority zurückgewiesen wurden und deswegen ohne Code-Siegel erscheinen mussten, hatte keine Auswirkungen auf die Verkaufszahlen, aber hinter den Kulissen gab es schon Diskussionen. Martin Goodman hätte damals sicher nicht dauerhaft auf das Siegel verzichten wollen; er hätte bestimmt finanzielle Einbußen befürchtet. Unter anderem wegen ASM #96-98 wurde der Code im Lauf des Jahres 1971 ja auch mehrmals verändert, um (wenigstens etwas) mit der Zeit zu gehen. Was z.B. Vampire betreffend vorher so aussah
Zitat:

Scenes dealing with, or instruments associated with walking dead, torture, vampires and vampirism, ghouls, cannibalism, and werewolfism are prohibited.
lautete ab 1971 so:
Zitat:

Scenes dealing with, or instruments associated with walking dead, or torture, shall not be used. Vampires, ghouls and werewolves shall be permitted to be used when handled in the classic tradition such as Frankenstein, Dracula, and other high calibre literary works written by Edgar Allen Poe, Saki, Conan Doyle and other respected authors whose works are read in schools around the world.
Und prompt kam Marvel mit Tomb of Dracula, Frankenstein, Morbius usw. um die Ecke.

(Zur Geschichte des Comics Code siehe z.B. Amy Nyberg: Seal of Approval, The History of the Comics Code, 1998. Kapitelweise nachgedruckt in Alter Ego.)

Peter L. Opmann 12.07.2018 09:15

Spinne (Williams) 38

Erscheinungstermin: 7/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 37
2) Amazing Spider-Man # 1, 2, ?
3) Tales to Astonish # 99

Story-Titel:
1) Es war einmal ein Roboter…!
2) Die Geheimnisse der Spinne
3) ohne Titel (Die Katastrophe naht!)

Original-Storytitel:
1) Once upon a Time, there was a Robot…!
2) Secrets of Spider-Man’s Web
3) When falls the Holocaust

Zeichnungen:
1 und 2) Steve Ditko
3) Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
3) Archie Goodwin

https://www.comicguide.de/pics/medium/45762.jpg

Als hätte Steve Ditko das Gefühl gehabt, daß die letzten drei Hefte nicht so herausragend waren, ändert er nun noch einmal seine Gestaltungsweise und auch das Storytelling. Er erzählt wieder mit mehr Bildern und macht die Geschichte damit etwas komplexer. Eingeführt werden zwei neue Figuren, darunter eine sehr wichtige. Das Ende ist ziemlich ungewöhnlich. Der Band hat mich als Junge angesprochen, aber aus heutiger Sicht würde ich sagen: Zu den ganz großen, unvergeßlichen Episoden zählt der Band trotzdem nicht.

Wieder einmal bietet Ditko seine Spezial-Splashpage, eine Collage aus der Spinne und allen Figuren, die in diesem Heft eine Rolle spielen. Die eigentliche Geschichte beginnt mit einem Muster, das wir schon gut kennen: Ein Häftling, ein gewisser Professor Stromm, hat seine Strafe abgesessen, wird entlassen und plant augenblicklich seine Rache (bloß an wem?). Etwas später erfahren wir, daß Stromm ein Roboterkonstrukteur ist. Die Verbindung zur Spinne wird durch Frederic Foswell hergestellt; er gibt Jonah Jameson den Tip, daß Stromm freigelassen ist, und bietet an herauszufinden, was er vorhat. Peter Parker ist gerade im Raum und praktiziert einen Spinnenspürer in Foswells Hut, damit er von dessen Nachforschungen auch profitieren kann.

Stromm hat inzwischen bereits einen Roboter fertiggestellt, eine knubbelige grüne Kugel mit fünf Beinen. Er läßt das Gerät kybernetisch gesteuert zu einem Labor marschieren und es zerstören. Ein Brand bricht aus. Wem die Räume gehören, wissen wir noch nicht. Aber schneller als die Feuerwehr taucht die Spinne am Schauplatz auf und stellt sich dem Roboter entgegen. Nach anfänglichen Problemen setzt sie die Maschine außer Gefecht, indem sie sie dem Feuer aussetzt. Nun kommt der Laborbesitzer und sieht sich den Schaden an. Es ist der Vater von Peters Studienkollege Harry, Norman Osborn. Beide werden hier als unsympathische Gestalten eingeführt.

Foswell schnüffelt, verkleidet als Kleinganove Patch, herum. Inzwischen hat Stromm bereits einen zweiten Roboter am Start. Der sieht nun eher wie ein Roboter aus und kann, ähnlich wie Zyklop vom X-Team, tödliche Strahlen verschießen. Patch wird von einem Handlanger des Professors entdeckt und eingesperrt. Die Spinne eilt ihm zu Hilfe und befreit sich aus dem Gefängnisraum. Stromms Roboter bedroht da bereits Norman Osborn in seinem Büro. Die Spinne kommt hinzu, um das Schlimmste zu verhüten. Osborn will aber selbst gegen Stromm vorgehen und schlägt die Spinne hinterrücks nieder. Trotzdem gelingt es ihr, den Roboter außer Gefecht zu setzen. Stromm ist in der Nähe (wahrscheinlich, um den Blechkumpel steuern zu können), ergreift den abgeschlagenen Kopf des Roboters und kämpft weiter gegen die Spinne. Jemand, möglicherweise Osborn, zielt durch ein Fenster mit einem Gewehr auf Stromm, damit er nichts ausplaudern kann. Der Spinnensinn versagt (unerklärlicherweise), aber im letzten Moment kann sie Stromm aus der Schußbahn schubsen. Der sackt darauf zusammen und stirbt an einem Herzinfarkt – ein verschenkter Effekt, weil der Leser die Person und Motive Stromms vorher kaum kennengelernt hat.

Erwähnt werden sollte noch, daß Osborn und Jameson durch ihren Herrenclub amigomäßig miteinander verbunden sind. Außerdem hat JJJ schon wieder eine neue Sekretärin (die, die zunächst Betty ersetzte, hat bereits gekündigt). Und dann gibt es noch eine aufschlußreiche Szene mit Peter und Gwen. Sie ist inzwischen wirklich sauer auf ihn, weil er anscheinend alle von oben herab behandelt. Worauf er sie etwas unüberlegt als „Eisblock“ bezeichnet. Sie will ihm eine knallen, aber das pariert Peter auf recht charmante Weise. Flash Thompson kommt dazu und will Gwen vor Peter beschützen. Er zieht sich zurück, treibt dabei aber seinen Spott mit Flash („Bleib mir künftig aus dem Blickfeld, Parker!“ – „Aber sicher doch. Soweit ich weiß, ist Dummheit ansteckend.“). Gwen fällt auf, daß Peter überhaupt keine Angst vor Flash hat.

Die Story weist überraschende Details und Wendungen auf. Ich habe zwar selbst schon bemängelt, daß sich abenteuerliche Handlungen immer im engsten Umfeld von Peter Parker abspielen. Und jetzt kommen Figuren ins Spiel, von denen man nie zuvor gehört hat (Stromm und vor allem Norman Osborn). Aber auf die Dauer kann es nicht funktionieren, daß die wichtigen Akteure Unbekannte sind. Es wäre wohl auch besser gewesen, Osborn gezielt einzuführen, statt ihn aus dem Hut zu zaubern. Aber das ist die Handschrift von Steve Ditko, und Stan Lee muß irgendwann gesagt haben, daß man so eine Serie nicht aufbauen kann. Die Vorschau aufs nächste Heft bringt das deutlich zum Ausdruck: „Dieweil wir mehr vom mysteriösen Mr. Osborn erwarten, hetzten wir euch erstmal 'nen neuen Schurken auf den Hals!“

Außer Checkliste und Vorschau auf die nächste Produktion gibt es in dieser Ausgabe keine redaktionellen Seiten. Stattdessen werden ein Miniposter und zwei Infoseiten aus frühen Spider-Man-Ausgaben ins Heft gerückt, die ich aber einst, in den späten 70er Jahren, äußerst interessant fand.

Phantom 13.07.2018 09:36

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 572197)
Spinne (Williams) 38

2) Amazing Spider-Man # 1, 2, ?

Die Geheimnisse des Spinne'schen Netzes stammen aus Amazing Spider-Man Annual #1.

Zitat:

Der Spinnensinn versagt (unerklärlicherweise), aber im letzten Moment kann sie Stromm aus der Schußbahn schubsen.
Ich verstehe das anders: der Spinnensinn versagt nicht, aber weil die Spinne niemanden finden und sich nicht erklären kann, wie jemand so schnell von diesem einsamen Fenster hoch oben verschwinden könnte, zweifelt sie am Ende an ihrem Spinnensinn. (BTW, wieso baut man eigentlich ein Gebäude mit einem einsamen Fenster hoch oben ohne Zugang, das nur die Spinne und der Grüne Kobold überhaupt erreichen können?)

Weil ich als Kind die Spinne-Hefte nicht in der richtigen Reihenfolge gelesen hatte, kann ich nicht sagen, ob Osborn hier aus dem Hut gezaubert wurde oder nicht. Immerhin war ja Harry schon mehrere Hefte vorher eingeführt worden. Damit ist Osborn der Vater einer schon etablierten Person. Er tauchte auch schon zwei- oder dreimal im Club von JJJ auf, aber ohne Namen und als einer von mehreren; glaube kaum, dass sich da ein Leser noch erinnern konnte. Das Ende finde auch nicht schlecht: auch wenn er nicht gezeigt wird, ist es naheliegend, dass Osborn geschossen hat; aber wie konnte er entkommen? Und welches Geheimnis wollte Stromm ausplaudern? Ob ich damals als "chronologischer" Leser an dieser Stelle vermutet hätte, dass Osborn der grüne Kobold ist?

Ditko hat sich übrigens 2009 in einem Essay geäußert, wonach er schon von Anfang an die Identität des Kobolds als Osborn geplant hatte:
Zitat:

Now digest this: I knew from Day One, from the first GG story, who the GG would be... I planted him in J. Jonah Jameson's businessman's club. I planted the GG's son (same distinct hair style) in the college issues...

Peter L. Opmann 13.07.2018 12:33

Also ich lese den Kram ja jetzt chronologisch, und soweit ich das mitbekommen habe, hat Norman Osborn hier seinen ersten Auftritt. Laut Marvel.wikia war der erste Auftritt in ASM # 14, aber dort wird das im wikia nicht erwähnt.

Die Geheimnisse der Spinne habe ich im Spinne-Schuber in ASM # 1 und 2 entdeckt. Die Startseite, die auch ein Miniposter sein könnte, habe ich nicht gefunden. Im Annual # 1 gibt's nochmal eine ähnliche Erklärseite.

EC-Fan 13.07.2018 17:23

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 572233)
...und soweit ich das mitbekommen habe, hat Norman Osborn hier seinen ersten Auftritt. Laut Marvel.wikia war der erste Auftritt in ASM # 14, aber dort wird das im wikia nicht erwähnt.

Der erste Auftritt des Green Goblin ist in Amazing Spider-Man 14,allerdings achtet Ditko darauf dass man das Gesicht nach der Demaskierung nicht zu sehen bekommt und der Name Norman Osborn fällt auch nicht! Tatsächlich wird Norman Osborn erstmals mit Namen hier erwähnt.

underduck 13.07.2018 17:45

Wie jetzt? Hier im Thema?

EC-Fan 13.07.2018 18:04

Zitat:

Zitat von underduck (Beitrag 572239)
Wie jetzt? Hier im Thema?

In Spinne 38 (Williams),das letzte Heft hier im Thread! :zwinker:

Peter L. Opmann 13.07.2018 18:33

Danke für die Erläuterungen.

Nach meinem Eindruck wird Norman Osborn hier schon "aus dem Hut gezaubert". Er hat einen gewissen Bezug zur Serie durch seinen Sohn Harry (der allerdings als Studienkollege von Peter Parker bisher keine sehr markante Rolle gespielt hat), aber in gewissem Sinn ist er auch ein Unbekannter. Vielleicht war das ein Kompromiß zwischen Lee und Ditko.

Also man kann Norman Osborn in dieser Ausgabe schon neu einführen. Aber er hätte nach meinem Geschmack zunächst ein bißchen vorgestellt werden sollen. Das gilt noch mehr für Professor Stromm. Man nimmt an seinem Tod nur Anteil, wenn man ihn etwas kennt. Aber man weiß weder, warum er im Knast saß, noch wie seine Feindschaft mit Osborn begründet wurde - generell ist unklar, was diesen Mann eigentlich antreibt. Wenn das aber ein "Mann ohne Eigenschaften" ist, dann ist sein Tod ohne Belang.

Horatio 13.07.2018 18:55

Tatsächlich taucht Norman Osborn schon vorher in der Serie auf, als Mitglied in dem Club, dem auch Jonah Jameson angehört (und als Anzeigenkunde des Daily Bugle). Aber eben inoffiziell, denn er ist dort noch nicht als Osborn identifiziert:

http://www.thegreengoblinshideout.co...-norman-osborn

Peter L. Opmann 14.07.2018 17:09

Spinne (Williams) 39

Erscheinungstermin: 8/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 38
2) Tales to Astonish # 101

Story-Titel:
1) Ein Kerl namens Joe!
2) …und Unheil wird winken!

Original-Storytitel:
1) Just a Guy named Joe
2) …and Evil shall beckon!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Archie Goodwin

https://www.comicguide.de/pics/medium/45763.jpg

Ich nehme mal an, daß Steve Ditko noch nicht wußte, als er diese „Spider-Man“-Ausgabe zeichnete, daß es seine letzte war. Ob er möglicherweise dachte: Hoffentlich kann ich nach diesem Heft endlich aufhören, oder ob Stan Lee dachte: Wenn er noch einmal so einen Mist anschleppt wie ASM # 37, dann werfe ich ihn endgültig raus – das weiß wohl niemand ganz genau. Es ist erneut eine von einigen Superhelden-Mustern abweichende Geschichte, und ich bezweifle, daß es für Marvel gut gewesen wäre, wenn Ditko in dieser Art weitergemacht hätte.

Hätten wir die Originalausgabe vor uns, dann könnten wir den Epochenwechsel schon am Cover sehen. Denn es handelt sich um ein lediglich collagiertes Motiv, wahrscheinlich stand Ditko, als es produziert wurde, schon nicht mehr zur Verfügung. Eine Spinne-Figur aus dem Comic ist großgezogen, und unten sind drei Panels aus dem Comic ergänzt, die Spider-Man im Kampf mit „Joe“ und mit Gangstern zeigen. Williams hatte dieses Cover aber schon bei „Spinne“ # 2 verwendet und ließ daher ein neues zeichnen. Das ist nicht schlecht gemacht. Als Junge fiel mir das nicht auf, und heute bemerke ich es zumindest nicht auf den ersten Blick. Es ist ein nachgezeichnetes Panel, aber anatomisch wird Ditkos Version sogar verbessert. Nur werden, wie beim nachgezeichneten Cover von „Spinne“ # 30, Muskeln kaum hervorgehoben.

Dann überrascht, daß Ditko hier auf eine Splashpage verzichtet. Dafür habe ich keine Erklärung. Der Gegner der Spinne wird hier ausführlich vorgestellt. Joe Smith träumt davon, Boxchampion zu werden, ist aber wohl zu untalentiert. Sein Manager vermittelt ihm darauf eine dümmliche Filmrolle: In einem Fantasiekostüm soll er Amok laufen. Joe zertrümmert aus Frust die Kulissen so gründlich, daß eine Filmlampe umkippt und er einen gewaltigen Stromschlag abkriegt. Darauf ist er benommen, hat aber plötzlich Superkräfte. Nun kann er auf den New Yorker Straßen richtig Amok laufen. Die Spinne greift ein, wird aber von Joe locker aus dem Weg geräumt. Sein Manager kommt dazu und hilft ihm, erstmal unterzutauchen. Joe sieht immer noch Sterne und kann nicht richtig denken. Aber er bleibt nur kurz unter Kontrolle. Der Frust muß raus, und Joe will nun richtig losprügeln.

Die Spinne wird zur gleichen Zeit von einigen Ganoven angegriffen, nachdem ein Unterweltboß dem, der sie erledigt, 100 000 Dollar versprochen hat. Während sie ihre Gegner reihenweise umhaut, entdeckt sie Joe in seinem früheren Boxstudio, wo er gerade unter seinen früheren Sportfreunden aufräumt. Sie mischt sich ein, und Ditko läßt zehn Panels Prügelei ohne Dialoge folgen. Am Ende hat Joe einige schwere Treffer der Spinne abbekommen, die eine unerwartete Wirkung entfalten: die Benommenheit ist weg; Joe ist wieder normal. Alle sind glücklich. Joe kann nun Schauspieler werden und den angerichteten Schaden mit seinen Gagen problemlos bezahlen. Die Spinne zieht sich zurück, muß sich aber noch einmal mit den Gaunern befassen, die sich auf sie gestürzt hatten. Die erledigt sie nun gewissermaßen im Vorbeigehen endgültig. Aber zufrieden ist sie mit diesem Erlebnis keinesfalls.

Joe ist eine zwiespältige Figur. Daß jemand ungewollt zum Bösewicht mutiert, finde ich keine schlechte Idee. Das wurde später mit dem „Strolch“ („Prowler“) noch einmal durchexerziert. Aber daß einer durch einen Stromschlag superstark wird, halte ich für ein Indiz dafür, daß Ditko auf das Superheldenkonzept keine Lust mehr hatte. Er hätte die Spinne sicher lieber als Gegenspieler der Unterwelt gesehen. Und anscheinend war er ein Fan von Boxen und Wrestling. Aber für den Leser ist die Story ziemlich unbefriedigend. Joe, der zur Abwechslung mal ein gewisses Profil bekommt, hätte wohl zu einer interessanten Figur ausgebaut werden können, taucht aber offenbar erst spät wieder im Marvel-Universum auf.

Aber es tut sich auch wieder einiges in Peter Parkers Privatleben. Bei Jameson kündigt bereits die zweite Sekretärin (vielleicht auch die dritte, denn die im letzten Heft sah etwas anders aus). Peter begegnet in der Redaktion Ned Leeds. Er dachte, Leeds ist mit Betty an die Westküste gereist, aber es stellt sich heraus, daß auch Leeds nicht weiß, wo Betty steckt. Peter bleibt bei seiner Strategie, die Verbindung zu Betty durch Arschloch-Verhalten zu beenden (weil die Spinne zwischen ihnen steht). Leeds empfindet das als Herzlosigkeit. An der Uni stößt Peter auf demonstrierende Studenten. Hier sind sie noch keine Helden; Peter distanziert sich von ihnen, was ihn allerdings in den Verdacht bringt, Parteigänger von Richard Nixon zu sein (1966 war er noch nicht US-Präsident, hatte aber anscheinend schon einen schlechten Ruf). Jedenfalls: Zu diesem Zeitpunkt war die Protestkultur noch im Zwielicht.

Nachdem Joe seinen Frust los ist, geht er offenbar auf die Spinne über. Aus Wut auf Leeds versetzt sie einer auf der Straße herumstehenden Schaufensterpuppe einen Schlag. (Manche glauben, die Schaufensterpuppe sollte in Wirklichkeit Stan Lee darstellen.) Dann taucht noch Mary Jane Watson bei Tante May auf. Wir sehen von ihr praktisch nur ihren voluminösen Busen und ihre Wespentaille. Als Peter nach Hause kommt, braust sie gerade in einem Sportwagen davon. Er ist enttäuscht, aber nur deshalb, weil er gehofft hatte, es sei Betty. Im Fernsehen wird gemeldet, daß Joe Smith von Hollywood einen hochdotierten Vertrag bekommen hat. Dazu wird verbreitet, daß er die Spinne im Kampf besiegt habe. Peter ist endgültig bedient. Nächste Ausgabe: „Die größte Überraschung der Saison“ – ich glaube, damit ist nicht der neue Zeichner John Romita gemeint.

Im redaktionellen Teil lernen wir den dritten „Leser des Monats“ kennen. Werner ist wiederum ein älterer Marvel-Leser und vertritt die willkommene These, daß Comics nicht Schund, sondern gute Unterhaltung sind. Recht hat er immerhin mit der Behauptung, die Jugendlichen seiner Generation würden als Eltern einmal aufgeschlossener sein. Interessanter ist die Leserbriefseite, aber vor allem die Antworten der Redaktion. Zum einen geht es um die ausgelassene Ausgabe mit dem Skorpion; da wird wahrheitswidrig behauptet, bei dem ausgefallenen Abenteuer hätten die Amerikaner einen Fehler gemacht. Außerdem teilt die Redaktion mit, man wolle in jeder Produktion die Leserbriefe nur einmal pro Serie abdrucken. Deshalb gebe es in „Spinne“ und „FV“ nur alle zwei Ausgaben eine Leserbriefseite. Es gibt immer noch Leser, die nicht verstehen, daß Williams ältere Marvels bringt als zuvor der bsv. Hier heißt es nun seitens der Redaktion lapidar, die Zeichner wechselten in USA öfters, und Williams habe darauf keinen Einfluß.

Letzte Bemerkung: Wieder mal wird eine Episode des „Submariner“ ausgelassen, ausgerechnet „Tales to Astonish“ # 100 mit einem 20 Seiten langen Duell von Aquarius und Hulk. Dafür gibt es nun einen neuen Zeichner, der mir immer gut gefallen hat: Gene Colan.

Peter L. Opmann 14.07.2018 18:34

Was mir noch in den Sinn kam: Vielleicht hat Williams "Tales to Astonish" # 100 bewußt ausgelassen und für die "Hulk"-Serie aufsparen wollen. Die letzte Ausgabe des "Hulk" brachte die Episode aus "TtA" # 95; in "Hulk" # 38 hätte also diese Story gebracht werden können, die ja nicht nur in der Continuity des "Submariner" lag, sondern auch in der von "Hulk". Bekanntlich endete Williams-"Hulk" bereits mit # 33.

thetifcat 15.07.2018 11:43

Nun ist die Steve Ditko Zeit zu Ende und die Zeit von John Romita beginnt. Für mich ist John Romita der Mann der auf den Grund soliderem Fundament von Steve Ditko den Spider Man kreiert hat, den ich bis heute liebe. Auch was die Spannung und Entwicklung der Figuren angeht, so im Besonderen des Grünen Kobolds und SM/Peter selbst und seine Freunde, machten fasst alle einen großen Sprung bei Romita. Auch nach erneuten Lesen hat mich keiner der Grünen Kobold-Hefte überzeugt. Im Gegenteil ich fand diese durchweg langweilige. Peters Hauptgegner war bei Steve ganz klar Doc Octopus. Das sollte sich unter Romita ganz schnell ändern.
Ich habe ja Peters Reise durch Die Spinne Hefte der Williams zum Anlass genommen mitzulesen. Wie schon einmal gezeigt, nutze ich dies auch um meine persönliche Best of Liste zu erstellen. Vor dem Lesen hätte ich die ersten 10 Nummern wohl höher gewertet.
Hier meine 10 best of und das Ende der Liste
1) 33 W34 Doktor Octopus
2) 32 W33 Doktor Octopus
3) 31 W32 Doktor Octopus/Patch
4) 18 W20 Sandman
5) 12 W14 Doktor Octopus
6) 9 W11 Elektro
7) 6 W 9 Echse
8) 29 HIT 1 Skorpion (nicht bei Williams ers.)
9) 25 W27 Spencer Smythe / JJJ
10) 24 W26 Mysterio

34) 38 W39 Joe
35) 36 W37 Looter
36) 30 W31 Cat Burglar
37) 10 W12 Die Vollstrecker / Big Boss
38) 5 W 7 Doktor Doom

Phantom 15.07.2018 13:12

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 572233)
Die Geheimnisse der Spinne habe ich im Spinne-Schuber in ASM # 1 und 2 entdeckt. Die Startseite, die auch ein Miniposter sein könnte, habe ich nicht gefunden. Im Annual # 1 gibt's nochmal eine ähnliche Erklärseite.

Sind die Panini-Ausgaben denn wirklich originalgetreu? Alle Comic-Datenbanken im Netz, auch die von Maxi, sagen, dass es in ASM #1 und #2 keine zusätzlichen Seiten (wie "Geheimnisse des Spinnennetzes") gab und alles aus dem Annual #1 stammt. Aber ist natürlich auch nicht so wichtig.

Peter L. Opmann 15.07.2018 13:40

Man könnte es wohl nur mit den Originalen wirklich feststellen.

Die Panini-Ausgaben bringen auf jeden Fall Anzeigen- und Leserbriefseiten, die nicht in die jeweiligen ausgaben gehören, aber die Comics werden sonst eigentlich schon vollständig und richtig abgedruckt.

Ein Fazit des Ditko-Runs will ich auch noch ziehen. Das dauert aber mindestens bis heute abend.

Phantom 15.07.2018 13:43

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 572278)
Spinne (Williams) 39

Das ist wieder eine Ausgabe, die ich nie auf Deutsch gelesen habe, daher kann ich zur Williams-Ausgabe nichts sagen. Bei manchen Gesichtern hat sich Ditko offenbar keine große Mühe gegeben, insgesamt ist das zeichnerisch kein Höhepunkt. Was mich hier wieder wahnsinnig langweilt, sind die Szenen, in denen die Gangster einer nach dem anderen ohne jegliche Waffen in Faustkämpfe mit der Spinne marschieren (und natürlich verlieren). Diese Szenen muss man wohl als Kind gelesen haben, um sie interessant zu finden.

Zitat:

Peter distanziert sich von ihnen, was ihn allerdings in den Verdacht bringt, Parteigänger von Richard Nixon zu sein (1966 war er noch nicht US-Präsident, hatte aber anscheinend schon einen schlechten Ruf)
Hier wird Ditko ja nachgesagt, sein konservatives Weltbild in die Spinne-Story eingebracht zu haben, denn die Szene ist für die weitere Handlung völlig überflüssig. Die Studenten werden als Protestierer um des Protests willen gezeigt (und um eine Ausrede zu haben, nicht in die Vorlesungen zu gehen). Ich oute mich und gestehe, dass ich hier auf Peters (und Ditkos) Seite bin. Als ich damals an die Uni kam, war ich wahnsinnig dankbar, dass mir der Staat eine kostenlose akademische Ausbildung ermöglichte. Zu meiner Zeit gab es noch die Marxistisch-leninistische Hochschulgruppe, die alle Institute mit Flugblättern überschwemmte und zum Kampf gegen das System aufruf, gegen das Prüfungswesen, für Gleichheit zwischen Studierenden und Professoren usw. Ich habe damals nicht kapiert, wo denn das Problem lag; ich wollte nie gegen das System protestieren, ich fand das System gut, ich wollte einfach nur viel von meinen Professoren lernen. Wäre ich wie Peter Parker in eine Protestgruppe geraten, hätte ich wohl ähnlich reagiert wie er. :zwinker:

Aber die Sache mit Richard Nixon muss Hartmut Huff erdacht haben. Im Original ist von Nixon keine Rede, da wird nur Lawrence Welk erwähnt, der damals eine Fernsehshow hatte, die offenbar für junge Leute als verstaubt galt.

Sowohl der Grüne Kobold als auch Mary Jane wurden ja mehrmals von Ditko so gezeichnet, dass ihre Köpfe verdeckt waren. Vom Kobold behauptet Ditko, er hätte ihn von Anfang an als Norman Osborn geplant; dann ist klar, dass es die Spannung erhöht, sein Gesicht zunächst nicht zu zeigen. Aber was hatte Ditko mit Mary Jane vor? Sollten wir nur neugierig darauf sein, wie sie denn aussieht? Oder sollte es auch eine Überraschung sein, d.h. sollte es eine Frauenfigur sein, die schon mal unter anderem Namen vorkam (oder noch hätte vorkommen sollen)? Ich behaupte mal, hübsche Frauen zu zeichnen, war nicht die größte Stärke Ditkos; also wie hätte MJ aus seiner Feder denn ausgesehen? :kratz:

Phantom 15.07.2018 14:32

Zitat:

Zitat von thetifcat (Beitrag 572298)
Nun ist die Steve Ditko Zeit zu Ende (...)

Ja, sogar in zweifachem Sinne. Ich will da auch nochmal kurz innehalten. Es geht ja bei diesem Thread auch darum, das eigene Erleben der Williams-Hefte mit dem heutigen Leseerlebnis zu konstrastieren. Ich habe einige Ditko-Stories vor etwa 40 Jahren bei Williams gelesen, die restlichen dann vor etwa 20 Jahren (zum Teil oberflächlich) in den Essentials. Jetzt habe ich zum ersten Mal alle Geschichten chronologisch und tatsächlich gründlich gelesen. Können wir uns schon mal verabreden, in 20 Jahren alles noch einmal von vorne durchzugehen? Vielleicht haben wir bis dann ja schon alles vergessen und können "neue" Ditko-Geschichten genießen. :D

Weil ich erst mit Band 12 in die Sammelbände eingestiegen war, hatte ich als Kind sehr wenige Ditko-Hefte gesehen, bis es mit Romita losging. Romita hatte ich dann parallel in den Sammelbänden und den "aktuellen" Einzelheften am Kiosk verfolgt. Ganz selten bekam ich noch alte Ditko-Hefte in die Sammlung. Ich glaube, ich fand als Kind die Zeichnungen von Romita schon schöner, aber die Ditko-Ausgaben waren geheimnisvoller und (wegen der Seltenheit) für mich wertvoller. Dass ich ausgerechnet mit Spinne 34 als zweitem Heft, also (für mich und viele andere) dem Höhepunkt der Ditko-Ära einstieg, kam noch dazu. Ich hatte gedacht, dass die mir noch fehlenden Hefte genauso toll sind (was sich später als falsch herausstellte).

Eine nüchterne Einordnung des Ditko-Runs fällt mir nicht ganz leicht. Ditko ist bei mir einfach mit Williams verbunden, mit dem Geruch und dem Gefühl des rauen Papiers, mit der einzigartigen persönlichen Ansprache durch die Redaktion, mit dem Hochgefühl, an irgendeinem Kiosk in der Provinz einen alten Marvel Superband mit neuen alten Heften entdeckt zu haben.

Aus "erwachsener" Sicht ist da zum einen die große Leistung, zusammen mit Lee einen Superhelden mit ungewöhnlichen Charakteristika geschaffen zu haben, der die Jahrzehnte überdauert hat. Zum anderen sind manche Geschichten aus heutiger Sicht doch recht hausbacken mit immer gleicher Storyline (irgendjemand bekommt durch Zufälle Superkräfte, beschließt sofort, die Welt erobern zu wollen, trifft auf Spider-Man und wird besiegt). Ich bin froh, mich durch diesen Thread aufgerafft zu haben, den kompletten Ditko-Spider-Man am Stück zu lesen, aber bis auf einzelne Geschichten (wie Williams 34) könnte ich einem absolutem Comic-Neuling das Lesen nicht unbedingt empfehlen. Das ist einfach wie mit vielen Schwarz-Weiß-Gangsterfilmen, die den heutigen Sehgewohnheiten auch nicht mehr standhalten können, aber von den Leuten, die sie damals als Kind oder Jugendlicher gesehen haben, für immer wertgeschätzt werden (Dritter Mann, irgendwer?).

Peter L. Opmann 15.07.2018 17:13

So, hier mein Fazit des Stan Lee/Steve Ditko-Runs:

Als Kind habe ich keine Zeichenstile verglichen. Mir wäre nie in den Sinn gekommen zu fragen, ob Steve Ditko besser war oder die Zeichner, die nach ihm kamen. Aber die Williams-Marvels waren vor 1980 die einzigen Comics, in denen Autoren und Zeichner so augenfällig angegeben waren. Es wurde ja ein Kult daraus gemacht. Und mir fiel irgendwann, schon als Jugendlichem, auf, daß die verschiedenen Marvel-Zeichner jeweils ihre eigenen Kennzeichen hatten, etwa Hand-Haltungen, Posen, Faltenwürfe, Arten von Gesichtern. Das half mir, selbst Zeichner zu werden; ich lernte, wie man solche Dinge im Comicstil zeichnet. Der eigenwilligste Stil war der von Jack Kirby, aber ähnlich fiel mir auch Ditko auf.

Wie schon erwähnt, ist Ditkos großes Verdienst, daß er die Spinne mit ihrem drahtigen Körper, ihrer Akrobatik und dem aus dem Rahmen fallenden Kostüm (der Maske mit den leeren Riesenaugen) entwarf. Er hat nach dem Debüt in „Amazing Fantasy“ noch Details hinzugefügt, aber er mußte das endgültige Erscheinungsbild der Figur nicht erst über mehrere Ausgaben hinweg finden. Bei Jack Kirby dagegen haben sich Figuren im Lauf der Zeit manchmal sehr verändert (etwa Ding von den FV).

Ditko war aber ein Zeichner aus den 1950er Jahren. Er hatte bei „Amazing Spider-Man“ wohl das Pech, daß sich die Mode Mitte der 1960er Jahre ziemlich wandelte, er aber nur mühsam und schleppend darauf einging. Peter Parker war zu Beginn ein überzeugender Teenager, schon um Ausgabe # 25 aber nicht mehr. Erst zum Ende hin hat Ditko ihn etwas lässiger gemacht. Mit Jugendkultur hatte er sicher nicht viel Berührung. Es wäre aber wirklich visionär gewesen, wenn Ditko ihm schon 1965/66 lange Haare und Schlabberlook verpaßt hätte. Sehr gut gefallen mir Ditkos Splash-Pages. Die sind ein Markenzeichen von ihm und sind immer sowohl grafisch ansprechend als auch dekorativ. Seine Cover sind dagegen mal gut, mal weniger.

Ditkos Storytelling finde auch ich nicht so gut. Ich möchte behaupten, Stan Lee hätte das besser hingekriegt, wenn er Zeit gehabt hätte, die Episoden richtig zu schreiben und nicht nur zu texten. Anfangs richtet sich die Serie noch an jüngere Leser, ich würde sagen: Zwölfjährige. Auf sie sind die Storys zugeschnitten. Sie sind nicht sehr intelligent gemacht, aber das war wohl Absicht. Man muß „Spider-Man“ zugute halten, daß das Privatleben des Helden eine so große Rolle spielt wie in keiner anderen Marvelserie damals. Aber ich vermute, das war Stan Lees Idee. Ditko kann wohl damit nicht allzu viel anfangen, denn er läßt Peters Beziehungen – zu Betty, zu Liz, zu seiner Tante, zu Flash, zu Jameson – mal in die eine Richtung, mal in eine andere gehen. Manchmal haben diese Figuren eindrucksvolle Auftritte, aber Ditko verfolgt das meistens nicht weiter. Er hatte wohl die Vorgabe, daß sie alle möglichst immer wieder vorkommen mußten, und er ließ sie irgendwie vorkommen, ohne sich gründliche Gedanken darüber zu machen. Meistens waren ja auch die Hefte in sich abgeschlossen; das behinderte die planvolle Entwicklung der Handlung.

Die Gegenspieler: ich stimme zu, daß Doc Ock der eindrucksvollste unter ihnen ist, aber er ist in meinen Augen auch später noch ein Schurke der Spitzenklasse. Ock zog bei Tante May ein, und er verschuldete den Tod von Captain Stacy. Häufig waren die Superschurken in „Spider-Man“ zu Ditkos Zeiten aber tatsächlich nicht so aufsehenerregend. Er hatte eher einen Hang zu verrückten – oder verantwortungslosen – Wissenschaftlern und zu Verbrecherkönigen. Aber ihm ist weder eine Figur wie der verrückte Denker noch jemand wie Kingpin eingefallen. Ich glaube, er dachte wohl, Spider-Man ist ein so ungewöhnlicher Superheld, daß er keine Superschurken braucht. Aber auch hier gilt: Der Held gewinnt Kontur durch die Qualität seiner Gegenspieler.

Seltsam irgendwie: Ich hatte jetzt beim chronologischen Lesen den Eindruck, daß die Qualität der Ditko-Ausgaben sehr schwankt. Ich möchte jetzt zwar keine Favoritenliste aufstellen, aber ich sehe Williams-„Spinne“ # 33 und 34, 25, 13 und 14, 17, 20, 26 und von den frühen Ausgaben die # 8 als die wohl besten an. Dazwischen gibt es auch einige sehr schwache Episoden. Ditko gelingt es einfach nicht, der Serie richtige Kontinuität zu geben (nehmen wir mal an, daß er wirklich immer auch geplottet hat). Man ist versucht zu sagen: Er kann es doch, warum also die Durchhänger? Vielleicht hat es mit seiner Arbeitsweise zu tun – vielleicht hat er „Spider-Man“ mal mehr und mal weniger Priorität gegeben. Kirby dagegen hat sich in die Serien, die er gerade betreut hat, immer voll reingehängt. Aber vielleicht war es auch ganz anders…

Mir fällt gerade noch ein, daß Reinhold Reitberger Ditko zusammen mit Stan Lee im Comics-Handbuch auf Platz 50 der besten Comickünstler (aller Zeiten) sah; Wolfgang J. Fuchs setzte ihn sogar auf Platz 41, aber nur für seine Arbeit an „Doctor Strange“.

Phantom 15.07.2018 19:08

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 572324)
Peter Parker war zu Beginn ein überzeugender Teenager, schon um Ausgabe # 25 aber nicht mehr. Erst zum Ende hin hat Ditko ihn etwas lässiger gemacht. Mit Jugendkultur hatte er sicher nicht viel Berührung. Es wäre aber wirklich visionär gewesen, wenn Ditko ihm schon 1965/66 lange Haare und Schlabberlook verpaßt hätte.

Warum war Peter Parker kein überzeugender Teenager? Er war eben ein guter, interessierter Schüler und später ein guter, interessierter Student. So etwas soll vorkommen. Ich war (20 Jahre später als Peter Parker) als Schüler und Student auch so, ich hatte auch nie lange Haare und hatte mit Jugendkultur, was das auch immer ist, ebenfalls keine Berührung. Für mich war und ist dieser Peter Parker der Ditko-Ära völlig überzeugend. ;)

Peter L. Opmann 15.07.2018 19:24

Zitat:

Zitat von Phantom (Beitrag 572326)
Warum war Peter Parker kein überzeugender Teenager? Er war eben ein guter, interessierter Schüler und später ein guter, interessierter Student. So etwas soll vorkommen. Ich war (20 Jahre später als Peter Parker) als Schüler und Student auch so, ich hatte auch nie lange Haare und hatte mit Jugendkultur, was das auch immer ist, ebenfalls keine Berührung. Für mich war und ist dieser Peter Parker der Ditko-Ära völlig überzeugend. ;)

Also für mich wirkte er zu alt, vor allem als High-School-Schüler. Klar, soviel ich weiß, liefen 17- oder 18-Jährige auch bei uns damals mit Anzug und Krawatte herum und die Mädels mit Kostümen oder Etuikleidern. Aber Ditko war kein so guter Zeichner, daß er hätte verhindern können, daß die Schüler wie mindestens Mitte/Ende 20 aussahen. Das besserte sich etwas mit der gelben Weste, die Peter verpaßt bekam. Aber bei John Romita sah er dann eindeutig jünger aus, obwohl er immer noch ziemlich adrett gekleidet war.

Allgemein hatte ich immer wieder den Eindruck, daß Ditko eine Welt der 50er Jahre zeichnete.

Peter L. Opmann 19.07.2018 20:37

Spinne (Williams) 40

Erscheinungstermin: 8/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 39
2) Tales to Astonish # 101

Story-Titel:
1) Mein Kobold war so grün!
2) ohne Titel (…und Unheil wird winken!)

Original-Storytitel:
1) How green was my Goblin!
2) …and Evil shall beckon!

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) Gene Colan / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Archie Goodwin

https://www.comicguide.de/pics/medium/45764.jpg

Irgendwo habe ich mal gelesen, daß John Romita „Amazing Spider-Man“ anfangs wie Steve Ditko zeichnen mußte. Das ist natürlich Unsinn. Von meiner heutigen Warte aus kann ich Romitas Strich so deutlich erkennen, daß ich mich wirklich wundere, daß Jack Kirby in dieser Williams-Ausgabe als Zeichner angegeben ist. Von Kirby ist hier weit und breit nichts zu sehen. Wie kam man darauf? Wurde der Fehler vielleicht aus der US-Ausgabe übernommen?

Was ich aber beim chronologischen Lesen bemerke, ist, daß hier einige Storyelemente auftauchen, die für die Ditko-Phase typisch waren. Zum Beispiel kämpft die Spinne hier gegen eine Gangsterbande – mit dem Unterschied, daß die Gangster es diesmal schaffen, sie mit einem eigenartigen Gas halb zu betäuben. Ein wiederkehrendes Motiv ist, daß Peter Parker gedankenverloren durch die Uni läuft und von seinen Kommilitonen für arrogant gehalten wird. Neu: Auch Harry Osborn hat große Sorgen, und Peter und Harry schütten einander ihr Herz aus; dadurch erfährt auch Gwen den Grund für Peters Verhalten.

Genau wie bei Ditko ist eine Begegnung von Peter mit Jameson gestaltet. Er hat Fotos vom Kampf der Spinne gegen die Gangster – Jonah will erst später zahlen. Da droht der Fotograf, die Bilder an den Globe zu verkaufen, worauf JJJ lamentiert, er werde von allen ausgeplündert. Wieder zahlt er einen relativ geringen Preis, aber er fragt nicht groß nach, wie Peter an die Fotos gekommen ist. Neu: Peter trifft auch wieder Ned Leeds, und sie versöhnen sich. Peter wünscht ihm, daß er Betty Brant bald findet. Und schließlich wird auch das Ditko-Motiv aufgenommen, daß sich Tante May auf keinen Fall aufregen darf. Nun findet aber direkt vor ihrem Küchenfenster das tödliche Duell mit dem Grünen Kobold statt.

Diese wiederkehrenden Motive werfen für mich Fragen auf: Hat Ditko wirklich seine Storys weitgehend selbst geschrieben? Hat also Stan Lee ihn hier nachgeahmt, oder hatte er an den vorherigen Storys auch immer einen gewissen Anteil? Man kann vermuten, daß Lee die Storyelemente bewußt einsetzt, damit sich der Leser in der Serie weiter heimisch fühlt. Aber es gibt keine erkennbaren Probleme, damit den Ditko-Touch der Serie herzustellen. Mir fällt außerdem auf, daß die Dialoge jetzt umfangreicher und interessanter sind – was wieder eher dafür spricht, daß Lee jetzt mehr für die Serie tut als bisher. Romita hat sicher nur gezeichnet, was ihm Lee vorgab, und selbst das Inking einem Spezialisten überlassen. Dafür sieht sein Artwork um einiges souveräner aus als bei Ditko. Ich will damit nicht sagen, daß Ditko ein schlechterer Zeichner war, aber Romitas Zeichnungen haben Zeitungscomics-Qualität, und er steigert den Realismus der Zeichnungen ein gutes Stück. Bei Ditko war man doch in gewissem Sinn in einer Traumwelt.

Nun, worum geht’s genau in diesem Heft? Der Kobold macht sich auf, die Spinne endgültig zu besiegen. Derweil hat sie ein kleines Problem: einen Schnupfen (das bedeutet hier aber noch nicht, daß sie ihre Kräfte verliert). Beim Hausarzt erfährt Peter, daß es Tante May längst noch nicht so gut geht, wie er glaubte. Zuvor kam Peter aus einer Besenkammer, denn er ist übers Dach ins Haus gestiegen, was den Hausmeister sehr wundert. Es schließt sich die Szene an der Uni an, in der Gwen Peter plötzlich in neuem Licht sieht. Dann kommt die Spinne zu einem Banküberfall und beginnt, die Bande zu verdreschen. Dabei bekommt sie das Gas ab, das ihre Spinnensinne so sehr dämpft, daß sie nicht mehr bemerkt, daß sie vom Grünen Kobold beobachtet und verfolgt wird – auch als sie in einem abgelegenen Winkel ihr Kostüm ablegt. Den Bankraub hat der Kobold vortäuschen lassen; ihm ging es nur darum, die Spinnensinne zu betäuben. Er sieht zunächst verblüfft, daß die Spinne nur ein Halbstarker ist.

Dann folgt er Peter zum Daily Bugle, worauf er sich keinen Reim machen kann, aber er erfährt dabei mithilfe eines Abhörmikrofons seinen Namen. Vor Tante Mays Haus greift er dann Peter an, der völlig überrascht ist (er hatte vorher nur ein unbestimmtes ungutes Gefühl). Hier ist ein kleiner logischer Fehler in der Story: Der Kobold will eigentlich alles über Peter erfahren. An dem Haus überzeugt er sich aber nicht mehr davon, daß das Peters Wohnung ist. Er hätte ja auch einen Freund besuchen können. Peter hat jedenfalls keine Chance, sein Kostüm anzulegen; damit fehlen ihm im Kampf auch seine Netzdüsen. Er darf außerdem nicht richtig kämpfen, damit nicht Tante May einen Schock bekommt. Er wird betäubt, gefesselt und vom Kobold durch die Luft davongezerrt (siehe auch das eindrucksvolle Cover, wo übrigens erstmals nicht nebenbei noch für Aquarius Werbung gemacht wird). Im Schlupfwinkel des Kobolds erfährt dann auch Peter dessen geheime Identität. Es ist Norman Osborn, der Vater seines Studienkollegen Harry.

Irgendwie ist das nicht eben der Knaller, denn Norman Osborn hatte ja erst in „Spinne“ # 38 seinen ersten Auftritt und ist dem Leser noch kaum bekannt. Aber Ditko hatte ja bekanntlich vor, einen völlig Unbekannten als Kobold zu präsentieren, und im Vergleich dazu ist diese Lösung schon etwas besser. Später macht Peter bei Norman Osborn ein Praktikum und kommt mit ihm in näheren Kontakt. Es wäre sicher besser gewesen, wenn es diese Verbindung schon hier gegeben hätte, aber wer sonst hätte der Kobold sein können? Jonah? Leeds? Einer der Wissenschaftler und Roboterkonstrukteure, mit denen die Spinne schon zu tun hatte? Die hatten ja alle schon eigene Funktionen. Die Figur Norman Osborn mußte nun also nachträglich noch ein bißchen ausgebaut werden.

In diesem Heft gibt es noch ein Info-Miniposter, das das Innere von Tante Mays (und Peters) Haus zeigt. Weil es nur eine Seite ist, habe ich es oben nicht mit angegeben. Nicht zum ersten Mal sehen wir eine Werbeseite von Frobenius, auf der Herstellungsleiter Kurt Rebischke („Rebi“) aus einer „geheimen Marvelkonferenz“ kommt und verraten möchte, welche neuen Titel demnächst erscheinen werden. Die Pranke des Ding hält ihn jedoch davon ab. Im Hintergrund sehen wir Dr. Strange und den Eisernen angedeutet – keine Grüne Laterne, keine Affen.

Rusty 20.07.2018 11:38

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 572492)
Diese wiederkehrenden Motive werfen für mich Fragen auf: Hat Ditko wirklich seine Storys weitgehend selbst geschrieben?

Ich dachte immer der Produktions-Prozess lief so ab,
daß Stan Lee den Zeichnern eine Story immer grob vorgeben hat,
also mit einer ungefähren Beschreibung was auf den Seiten stattfinden
muss damit die Story funktioniert
Dann setzen sich die Zeichner an's skizzieren der Seiten,
die Bildaufteilung blieb ihnen überlassen.
Diese skizzierten Seiten gingen wieder an Stan Lee, wurden z.T.
zeichnerisch korrigiert und dann textete Lee die Sprechblasen zu
den Bildern.

Kann mich natürlich auch irren, aber meine das mal so gelesen
zu haben. So würden sich auch die wiederkehrenden Motive
erklären, oder?

Peter L. Opmann 20.07.2018 12:23

Das gilt allgemein schon. Aber bei "Spider-Man" hatte der Zeichner Steve Ditko möglicherweise einen noch größeren Anteil an der Story. Er selbst behauptete, er habe den Plot fast allein erdacht - auch weil Lee wenig Zeit hatte und ihm freie Hand ließ. Er wurde in vielen Ausgaben auch ausdrücklich als "Plotter" angegeben.

Man könnte es sich also so vorstellen, daß Lee und Ditko vielleicht kurz das Thema der Story absprachen, dann Ditko sie in den Einzelheiten allein entwickelte und zeichnete und Lee hinterher nur die Dialoge schrieb. Später kam es dann offenbar zum Streit zwischen Lee und Ditko, weil Lee mit manchem im Storyablauf nicht einverstanden war (etwa daß maskierte Bösewichter sich als bis dato völlig unbekannte Figuren herausstellten, was Ditko für "realistisch" hielt). Aber wie es wirklich war, weiß wohl niemand.

Rusty 20.07.2018 13:26

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 572508)
Man könnte es sich also so vorstellen, daß Lee und Ditko vielleicht kurz das Thema der Story absprachen, dann Ditko sie in den Einzelheiten allein entwickelte und zeichnete und Lee hinterher nur die Dialoge schrieb.

Klingt plausibel und so wird es vermutlich auch gewesen sein.
Ich bin bzgl. Marvel ja aus der HIT-Comics-Generation.
Da ist bei mir heute noch einiges durcheinander. :D

Peter L. Opmann 20.07.2018 14:01

Tja, ich war etwas zu jung für Williams. Ich habe diese Ausgaben zwar so ziemlich von Anfang an mitbekommen, hatte aber zu wenig Taschengeld, um sie mir zu kaufen. Das kam erst so etwa 1977.

jakubkurtzberg 21.07.2018 10:19

Manchmal sagte Stan wohl auch nur, welcher Schurke in der nächsten Ausgabe auftauchen sollte und ließ die Künstler wie Jack Kirby uns Steve Ditko einfach machen. Die "Marvel-Methode" eben.

Peter L. Opmann 22.07.2018 20:45

Spinne (Williams) 41

Erscheinungstermin: 9/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 40
2) Submariner # 1

Story-Titel:
1) Spinne rettet den Tag: Das Ende des Grünen Kobolds!
2) Jahre des Ruhmes… Tag des Untergangs!

Original-Storytitel:
1) The End of the Green Goblin!
2) Years of Glory… Day of Doom!

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45765.jpg

Während es in der vorherigen Ausgabe darum ging, möglichst bruchlos an die Ditko-Ära anzuschließen, wird nun im Seriengefüge gründlich aufgeräumt. Wer ist eigentlich Norman Osborn? Wie kam es zur Feindschaft mit Prof. Stromm (siehe „Spinne # 38)? Wie stabil ist die Gesundheit von Tante May? Und wo steckt eigentlich Betty Brant? Diese offenen Fragen werden nun endlich beantwortet. Daher muß Stan Lee eines der dümmsten Superheldenklischees auswalzen: Der Superschurke hält dem gefangenen Helden einen Vortrag, während der die Zeit nutzen kann, sich zu befreien und zurückzuschlagen.

Lee muß allerdings ein Problem klischeefrei lösen: Was wird aus dem Grünen Kobold? Er und die Spinne kennen nun gegenseitig ihre Geheimidentitäten. Wie läßt sich verhindern, daß sie ausgeplaudert werden? Muß der Kobold sterben und Peter Parkers Geheimnis mit ins Grab nehmen? Der Titel deutet darauf hin: „Das Ende des Grünen Kobolds“. Wobei Williams ja auf dem Cover die differenziertere Aussage wählt: „Der Grüne Kobold kommt zu Fall“. Das ist auch das, was zu sehen ist: Der Kobold liegt wie George Foreman vor Muhammad Ali auf den Brettern. Sehr ungewöhnlich, daß nicht gezeigt wird, wie der Schurke den Helden bedroht oder schon fast besiegt hat. Das ist nur möglich, weil es um das Problem geht: Der Kobold mag ausgeschaltet sein, aber wie geht es mit ihm weiter?

Zunächst wird also alles erklärt: Osborn gesteht, daß er für Harry ein schlechter Vater war. Als Kobold hat er wieder mal eine recht fragwürdige Entstehungsgeschichte (wie „Joe“ zuvor). Hier stiehlt Osborn zunächst seinem Mitarbeiter Prof. Stromm eine Erfindung – eine grünliche Flüssigkeit, von der wir nicht erfahren, wozu sie eigentlich gut sein soll. Sie explodiert und verletzt Osborn. Er überlebt, hat bei dem Unfall allerdings wohl seinen Verstand verloren und verwandelt sich in den Grünen Kobold. Seine Stärke liegt hauptsächlich oder allein in allerlei technischen Gadgets (wie seinem Jetbesen, den Bomben, metallenen Fledermäusen und ähnlichem). Man kann sich vorstellen, daß diese Hilfsmittel dem Hirn eines Irren entsprungen sind, aber warum der Kobold böse ist, läßt sich höchstens dadurch erklären, daß seine Schuld, die Familie vernachlässigt zu haben, schwer auf ihm lastet.

Und dann sehen wir kurz Betty. Sie befindet sich im Mittleren Westen, hat aber inzwischen Heimweh nach New York, will in ihren alten Job zurück und Peter wiedersehen (an Ned Leeds, der ihr einen Heiratsantrag gemacht hat, verschwendet sie merkwürdigerweise keinen Gedanken). Aber sollte Peter irgendetwas mit der Spinne zu tun haben, fügt sie in prophetischer Weise hinzu, könnte sie es niemals ertragen. Der Kobold blickt inzwischen auch noch auf seine früheren Begegnungen mit der Spinne zurück. Damit reicht die Zeit für die Spinne, ihre stahlverstärkten Fesseln zu zerreißen. Es folgt ein Kampf, der anders als bei Ditko nicht bloß eine Prügelei ist; vielmehr setzt der Kobold seine vielfältigen Waffen ein. Schließlich gelingt es der Spinne, ihn gegen eine Stromleitung und Chemikalien zu schubsen, was noch einmal eine gewaltige Explosion ergibt, die den Kobold wieder zur Vernunft bringt. An seinen Kobold-Auftritt erinnert er sich nicht mehr – das Problem, wie Peters Geheimidentität gewahrt werden kann, ist also gelöst.

Dann gibt es jedoch einen Rückschlag: Peter kommt nach Hause und trifft auf den Hausarzt. Der macht ihm heftige Vorwürfe, weil er weg war, ohne Bescheid zu sagen, wo er steckt. Das habe Tante May so aufgeregt, daß sie beinahe gestorben wäre (so klingt’s jedenfalls). Etwas von ihrer verzweifelten Suche nach ihrem Neffen haben wir am Anfang der Story schon mitbekommen. Ich finde diese Reaktion von Dr. Bromwell dennoch ziemlich seltsam. Peter erhält keine Chance, sich zu rechtfertigen. Zudem haben einen Arzt die Umstände, unter denen jemand einen Herzkasper erleidet, nicht zu kümmern. Zu allem Überfluß ist Tante May kurz darauf wieder putzmunter. Aber die nächste Gesundheitskrise kommt bestimmt…

In diesem Heft wird ein Miniposter von Prinz Namor präsentiert, gezeichnet von Jack Kirby (ungenannt). Der Aquarius zeigt einige spektakuläre Unterseefunde vor. "Submariner" wird übrigens ab sofort von John Buscema gezeichnet. Auf der Leserbriefseite finden sich wieder mal ein paar interessante Informationen. Veronika aus Bremen moniert, daß Frauen in den Superheldenserien eine zu passive Rolle haben. Das finde ich gut beobachtet. Die Redaktion weicht aus mit dem Hinweis, Liebesgeschichten (mit Frauen in klassischer Rolle) seien doch gar nicht so schlecht, und dann gebe es ja auch starke Frauen wie Wanda, die Scharlachhexe, oder Madame Medusa. Außerdem verkündet sie, „in zirka drei Monaten“ würden die neuen Serien „Eiserner“, „Doktor Strange“, „Planet der Affen“ und „Grüne Laterne“ (DC) erscheinen. Auf der Vorschauseite tauchen die aber bereits auf – „die Zwei von DC“, „Grüne Laterne“ und „Horror“ werden allerdings vorerst nicht beworben. Schon jetzt hat das Heft ein etwas größeres Format.

Peter L. Opmann 27.07.2018 14:52

Spinne (Williams) 42

Erscheinungstermin: 9/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 41
2) Submariner # 1

Story-Titel:
1) Rhino rast rum!
2) ohne Titel (Jahre des Ruhmes… Tag des Untergangs!)

Original-Storytitel:
1) The Horns of the Rhino!
2) Years of Glory… Day of Doom!

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45766.jpg

Dies scheint mir noch einmal eine Ausgabe zu sein, die nahe an der Ditko-Welt angesiedelt ist. Im Kern tritt hier wieder mal ein physisch ziemlich starker Gegner der Spinne auf, nämlich Rhino, der beim Kräftemessen dann aber doch in die Knie geht. Vorbereitet wird ein Duell mit John Jameson, dem heldenhaften Sohn Jonah Jamesons, der hier plötzlich aus der Versenkung auftaucht (in „Spinne“ # 2 haben wir ihn schon einmal erlebt). Privat stellt Peter Parker fest, daß ihn Betty Brant nach längerer Abwesenheit nun überhaupt nicht mehr anmacht. Und Tante May, eben von einer tödlichen Herzkrankheit genesen, hat nichts eiligeres zu tun, als ihn endlich mit Mary Jane Watson zu verkuppeln. Aber Gwen Stacy spielt auch eine gewisse Rolle.

Was gleich an Steve Ditko erinnert, ist die Splashpage, wo Rhino im Zentrum eines riesigen Spinnennetzes steht und die Spinne von hinten auf ihn zukrabbelt. Ein reines Schmuckbild also, wie es Ditko bevorzugte. Peter kauft sich zu Beginn ein Motorrad – sicher ein Versuch, ihn weiter zu verjüngen; ein Motorrad ist zu dieser Zeit ein wichtiges Utensil eines Halbstarken. Das heißt, er kauft es nicht, sondern schließt einen Ratenvertrag ab, also braucht er einen Bürgen, und da fällt ihm Jonah ein. Dem liegt zwar nichts ferner, als für irgendwen zu bürgen, aber er denkt sich: Damit habe ich Parker in der Hand und kann ihn für mich schuften lassen – was aber dann nicht so kommt.

Jameson hat zufällig gerade seinen Sohn John zu Besuch. Über die Spinne haben sie konträre Ansichten – John erinnert daran, daß die Spinne ihn einst bei einer Erdumrundung in einer Raumkapsel rettete. Aber John hat vor allem eine Neuigkeit für seinen Vater: Bei seinem Flug wurde er mit Weltraumsporen kontaminiert; niemand weiß, was sie bewirken, aber bisher hatten sie wohl keine Wirkung auf ihn. Unvermittelt wird nun auf Rhino übergeblendet, der irgendwo in der Wüste („an der Südgrenze der USA“) Amok läuft. Er brabbelt etwas von einem „Auftrag“. Nach seiner enttäuschenden Begegnung mit Betty wird Peter auf dieses brachiale Wesen aufmerksam. Während er überlegt, wie er dort hinkommen soll, wo Rhino wütet, kommt der nach New York, und nicht nur das: Er will ausgerechnet zu Vater und Sohn Jameson und nimmt den sporenverseuchten Sohn mit.

Nun ist es Zeit für Action. Wie bei Ditko prügeln Rhino und die Spinne lediglich aufeinander ein (viel mehr kann Rhino aber auch nicht). Die Spinne weicht immer wieder blitzschnell aus. Mit einer Art Judogriff bringt sie ihren Gegner schließlich zu Fall, und er ist erledigt. Jonah erscheint und will die Spinne sofort als Betrüger verhaften lassen. John ergreift wieder Partei für sie. Peter fällt inzwischen ein, daß er vergessen hat, Fotos von Rhino zu machen (was ihm JJJ aufgetragen hatte), aber sein neues Motorrad läßt ihn das schnell vergessen. Peter knattert zur Uni, wo Gwen aber von der Maschine wenig begeistert scheint. Gegenüber Flash verteidigt sie ihn aber weiter. Und dann versucht Tante May, endlich Peters erstes Date mit Mary-Jane festzuklopfen. Laut Vorankündigung wird sie im kommenden Heft nun erstmals richtig auftreten.

Es fehlt ein Hinweis auf das Woher und Wohin und den Auftrag von Rhino. Diese Dinge bleiben aber wohl auch in der nächsten Ausgabe ziemlich im Dunkeln. Das ist der Schwachpunkt dieser Episode. Rhino ist ein ziemlich austauschbarer Superschurke ohne Profil und ohne Motivation. Wir haben die Vorbereitung der Auseinandersetzung mit John Jameson und diverse Anekdoten aus Peters Privatleben. Diese Dinge bleiben aber so bruchstückhaft, wie sie es schon zu Ditkos Zeiten oft waren. Man muß wohl zugestehen, daß Lee und Romita das Konzept der Serie nicht innerhalb von drei Ausgaben völlig umkrempeln konnten. Später werden solche Leerstellen in der Story durchaus vermieden (wenn ich mich recht erinnere).

Redaktionelles fehlt hier. Da sich „Submariner“ in USA nun auf 20 Seiten ausbreitete, wurden hier acht Seiten plus collagiertes Titelbild für den „Helden von Atlantis“ verbraten. Da blieb gerade noch Platz für die Checkliste und die Monatsvorschau.

Peter L. Opmann 29.07.2018 15:43

Spinne (Williams) 43

Erscheinungstermin: 10/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 42
2) Submariner # 1

Story-Titel:
1) Geburt eines Superhelden!
2) ohne Titel (Jahre des Ruhmes… Tag des Untergangs!)

Original-Storytitel:
1) The Birth of a Super-Hero!
2) Years of Glory… Day of Doom!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45767.jpg

In dieser Ausgabe spielt eine Überlegung eine Rolle, die zum Marvel-Konzept der Superhelden eigentlich sehr gut paßt – leider aber nur am Rande. Marvel-Superhelden erhalten ihre besonderen Kräfte oft wider Willen und leiden darunter, anders als die anderen zu sein. So ist das auch bei John Jameson, der in der vorigen Ausgabe bereits auftauchte. Die Art, wie er zum (allerdings namenlosen) Supermenschen wurde, erinnert an die Infektion mit einer bösartigen Krankheit: Im All kam er mit Weltraumsporen in Kontakt, die ihn zu einem superstarken Hünen gemacht haben. Er will aber lieber ganz normal Soldat und Raumfahrer bleiben. Und vor allem für seinen Vater, J. Jonah Jameson, ist es ein schwerer Schlag, daß sein Sohn zum Supertypen wurde, eine der Gestalten, gegen die er täglich in seiner Zeitung zu Felde zieht. Also bekommt John Jameson einen Spezialanzug verpaßt, der ihm Bewegungen erschwert und ihn fest auf dem Boden hält. Seine Kräfte werden neutralisiert.

Diese Idee verfolgen Lee und Romita aber nur ein paar Seiten lang. Dummerweise wurde auch Johns Gehirn angegriffen (er ähnelt darin dem Supertypen Joe aus „Spinne“ # 39, der letzten Ditko-Ausgabe). Also ist er nicht zu halten und will – quasi aufgehetzt von seinem Vater – die Scheiße aus der Spinne herausprügeln. Damit kehrt die Story schnell in die altvertrauten Bahnen zurück. Genau wie bei Joe und ähnlich auch beim Grünen Kobold schafft es die Spinne, John einen schweren elektrischen Schlag zu verpassen. Danach ist er wieder normal, und seine Superkräfte sind verschwunden. Happy End. Die Spinne-Geschichten um # 40 sind sich in Bezug auf die Super-Duelle ziemlich ähnlich; das sehe ich erst jetzt.

Immerhin beginnt die Story etwas ungewöhnlich: Die Spinne klaut (anscheinend) eine Geldtasche aus einer Bank. Sofort heißt es: Wir haben es doch immer gewußt, daß sie böse ist. Von der Queensboro Bridge wirft sie die Tasche ins Wasser und entschärft damit eine Bombe. Aber auch John Jameson glaubt mit seinem benebelten Hirn nun plötzlich, daß er die Spinne bekämpfen muß. Außerdem schauen wir noch einmal kurz bei Rhino vorbei, der im Gefängnis kaum zu halten ist. Will er ausbrechen, so kann er mit einem Betäubungsgas gestoppt werden – aber wie lange noch? Auf dieses Thema wird das folgende Heft zurückkommen.

Im Privatleben von Peter Parker geht auch nicht so recht etwas voran. Betty Brant kehrt nun nach New York zurück, im Schlepptau ihren Beinahe-Bräutigam Ned Leeds, der in der letzten Ausgabe bereits vergessen schien. Der Spinne gegenüber ist Betty diesmal wieder positiv eingestellt und ist eine der wenigen, die an den Verdacht des Bankraubs nicht glauben. Man hat fast den Eindruck, daß Lee und Romita zu dieser Zeit noch nicht nachgesehen haben, wie sie ihre Figuren zuvor angelegt hatten. Peter, der Betty diesmal nicht begegnet, wird von Gwen zu einer Party eingeladen, muß aber absagen, weil er sich zur selben Zeit – seiner Tante zuliebe – mit Mary-Jane treffen soll. Gwen ist zwar sauer, läßt aber nicht zu, daß Peter von Flash heruntergemacht wird. Am Ende taucht dann Mary-Jane auf, und wir sehen erstmals, daß sie ausnehmend hübsch ist – was auch Peter niemals erwartet hätte.

Die Prinz-Namor-Episode ist diesmal mit dem Originalcover von „Submariner“ # 1 ausgestattet. Auf Redaktionelles wie eine Leserbriefseite müssen wir wieder verzichten, weil aus gegebenem Anlaß zwei Eigenanzeigen eingeklinkt werden: eine bewirbt „Doktor Strange der Magier“, die andere „Planet der Affen“ („Millionen haben die Filme gesehen, Millionen die Romane gelesen. Höhepunkt ist aber das Marvel Comic“.) Die Redaktion war, wie wir gesehen haben, über die neuen Titel nicht gut informiert, und die Werbung kommt nun eigenartigerweise auch in letzter Minute.

Marvelianer 29.07.2018 16:08

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 572946)
Spinne (Williams) 43

Erscheinungstermin: 10/1975

Auf Redaktionelles wie eine Leserbriefseite müssen wir wieder verzichten, weil aus gegebenem Anlaß zwei Eigenanzeigen eingeklinkt werden: eine bewirbt „Doktor Strange der Magier“, die andere „Planet der Affen“ („Millionen haben die Filme gesehen, Millionen die Romane gelesen. Höhepunkt ist aber das Marvel Comic“.) Die Redaktion war, wie wir gesehen haben, über die neuen Titel nicht gut informiert, und die Werbung kommt nun eigenartigerweise auch in letzter Minute.

Das sehe ich etwas anders, Produktionsvorlauf war immer 6-8 Wochen, in der 20. Produktion vom August 1975 wurde indirekt bei der Werbung : HIER SPRICHT DAS MMT auf den Eisernen und Dr. Strange hingewiesen, diese Anzeige wurde ca. während der 18. Produktion also im Juni 1975 erstellt.

Peter L. Opmann 29.07.2018 17:04

Aber wäre es nicht besser gewesen, wenn man die Serien schon, sagen wir: einen Monat vorher konkret beworben hätte?

Ich kann da nichts aus eigener Erfahrung sagen. In dieser Phase habe ich kaum Marvels gekauft (Ausnahme: FV # 43), und für mich wären noch mehr Serien finanziell ohnehin nicht drin gewesen. Aber ich denke, es hätten sich wohl mehr Leute die neuen Serien gekauft, wenn sie nicht erst auf sie aufmerksam geworden wären, als sie schon am Kiosk angekommen waren.

Marvelianer 29.07.2018 18:01

Die Marvelianer sind doch schon im September 1975 teils schon am letzten Donnerstag im August1975 ( beim Kauf am Bahnhofskiosk ) als die ersten Hefte der 21. Produktion dort am Kiosk auslagen darauf aufmerksam geworden und zwar durch die Covervorschau auf der letzten Seite der Hefte.
Diese Vorschau verstärkte und förderte das Marvelfieber, ich z.B. bin jeden letzten Donnerstag 35km hin und 35km zurück nach Lübeck zum Bahnhof geradelt um die ersten Marvels des kommenden Monats zukaufen und mich an der Vorschau zu erfreuen und dort die Marvel Superhelden Bände zu erwerben die es ja nur am Bahnhof gab.

Peter L. Opmann 29.07.2018 18:08

Stimmt, die Vorschau gab es, und die habe ich auch stark beachtet, obwohl ich mir die Hefte nicht kaufen konnte.

Ich bezog mich darauf, daß die Redaktion noch im vorherigen Monat schrieb, in "etwa drei Monaten" werde es neue Titel geben. Bei Kirsten Isele und Hartmut Huff kam die Information schon recht spät durch. Im Umkehrschluß dachte ich, der Verlag habe die neuen Serien etwas überstürzt auf den Markt geworfen.

Marvelianer 29.07.2018 19:22

Unvorbereitet kamen nur die Tödlichen Hände des Kung Fu , Krieg der Sterne und die Marvel Sonderausgaben auf den Markt, da diese bundesweit und nicht im Phasenvertrieb verkauft wurden. - Diese Hefte fand man dann unvorbereitet am Kiosk was bei den Preisen immer ein Loch ins Taschengeld riss, aber schön war es doch.

Peter L. Opmann 29.07.2018 19:42

Kann ich mir vorstellen.

Von den erwähnten Sonderausgaben habe ich mir später "Der weiße Hai 2" gekauft (gezeichnet von Gene Colan in von mir bis dahin noch nicht gesehener Qualität) und dann "Krieg der Sterne", ein Sammelband mit Heft 1 bis 3 (ebenfalls beeindruckend, obwohl ich vom "Star Wars"-Virus nie erfaßt worden bin).

Aber ich bleibe dabei: die Markteinführung von "Eiserner", "Doktor Strange", "Planet der Affen" und "Grüne Laterne" war nicht optimal. Es wäre besser gewesen, wenn diese Veröffentlichungen früher und intensiver angekündigt worden wären. Ich denke, als Williams die HIT-Serien zuende führte und dann neu startete, war es so. Über Monate hin wurde in der "Spinne" immer für die FV geworben und umgekehrt. Vielleicht war das Problem, daß man nun nur noch 32 statt 36 Seiten zur Verfügung hatte.

Marvelianer 29.07.2018 21:06

Ich finde die 4 neuen Titel im Otober 1975 wurden sehr gut beworben es gab dafür ja sogar das Hellblaue Ankündigungsplakat, Titel: Die Neuen sind da!

Peter L. Opmann 01.08.2018 21:00

Spinne (Williams) 44

Erscheinungstermin: 10/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 43
2) Submariner # 2

Story-Titel:
1) Rhino rast rum!
2) Schrei… Triton!

Original-Storytitel:
1) Rhino on the Rampage!
2) Cry… Triton!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45768.jpg

Irgendwann kamen bei Marvel zwei statt drei Panelreihen in Mode. Vielleicht kann man den Anfang bei „Amazing Spider-Man“ an dieser Ausgabe festmachen. Diese Seitenaufteilung taucht zwar hier nicht absolut zum ersten Mal auf, aber John Romita hat sie bei zwei Seiten gewählt, auf denen er die Action im Zweikampf der Spinne mit Rhino betonen will. Die „Aquarius“-Story ist in USA etwa ein Jahr später erschienen; da arbeitet John Buscema beinahe schon selbstverständlich mit zwei Panelreihen. Um 1968 erschienenen zahlreiche von ihm gezeichnete Comics, in denen er fast nur noch so zeichnet, in der Regel vier Bilder pro Seite. Romita verwendet bei „Spider-Man“ hier jeweils fünf Bilder pro Seite, aber man hat das Gefühl, diese großzügigere Seitenaufteilung muß er an anderer Stelle ausgleichen, denn mehrere Seiten bieten neun Panels (in drei Reihen).

Die drei Ausgaben, in denen erst Rhino auftritt, dann der zum Superschurken mutierte John Jameson und dann noch einmal Rhino, sehe ich nicht als richtigen Dreiteiler an. Sie hängen zwar miteinander zusammen, aber können gut jeweils einzeln gelesen werden. Wenn man den dritten Teil verpaßt, weiß man lediglich nicht, wie Rhino entstanden ist und warum er Jameson kidnappen will/soll. Hier also Teil drei des unechten Dreiteilers.

Rhino ist im Knast nicht zu halten – er bricht durch die Mauer. Peter hat gerade sein erstes Date mit Mary-Jane und ist hingerissen von ihr. Im Fernsehen wird über Rhinos Ausbruch berichtet. Die unternehmungslustige MJ ist sofort bereit, mit Peter auf dem Motorrad dorthin zu fahren, wo er wütet (eine ganz neue Erfahrung für ihn). Nun muß er sich nur irgendwie in die Spinne verwandeln, ohne daß sie es mitbekommt. Vielleicht weil Romita diese Serie auch einige Zeit gezeichnet hat, werden kurz Matt Murdock („Der Dämon“) und sein Compagnon Foggy Nelson eingeblendet; Foggy ist Rhinos Anwalt.

Nun wird es aber höchste Zeit für Rhinos origin story, die allerdings nicht übermäßig aufregend ist. Ein Geheimdienst verpaßte dem tumben Schläger durch "Molekularkleber" seine widerstandsfähige Nashornhaut und die übermenschliche Kraft. Als er realisiert (gar nicht so dumm), daß er superstark ist, wendet er sich gegen seine Befehlshaber und will nur noch auf eigene Rechnung vorgehen. Aber Moment mal: Hat nicht Rhino versucht, im Auftrag der Organisation John Jameson zu entführen? Richtig erklärt wird das nicht. Egal – jetzt treffen Rhino und die Spinne erneut aufeinander. Und es wird wieder ein altes Muster wiederholt: Beim ersten Duell wird die Spinne beinahe besiegt (ein Polizist rettet ihr gerade noch das Leben). Rhino verschwindet. Aber die Spinne hat nun eine Idee, wie sie ihren Gegner ausschalten kann.

Vorerst macht sich Peter über seinen Beinahe-K.O. nicht viele Gedanken. MJ ist begeistert, den Kampf miterlebt zu haben. Er bringt sie nach Hause und dann seine Fotos zu JJJ. Dabei bekommt er mit, daß Jonahs Sohn John im Krankenhaus liegt. Er kombiniert blitzschnell, daß Rhino dort auftauchen wird, um ihn endlich in seine Gewalt zu bekommen. Bevor die Spinne in die Klinik eilt, schaut sie aber noch bei Dr. Curt Conners vorbei (der Echse, die hier nicht zufällig wieder ins Spiel kommt). Als die Spinne mit einem eilig zusammengemixten Serum an Jamesons Krankenbett auftaucht, bricht auch Rhino eben durch die Tür. Die Spinne beschießt ihn mit ihrem Netz. Es ist gewissermaßen mit dem Serum getränkt, das bewirkt, daß Rhinos Anzug sich auflöst. Ungeschützt kann er aber leicht umgehauen werden.

Am Ende begegnet Peter Flash, Harry und Gwen; er erfährt, daß Flash eine Einberufung zum Vietnamkrieg erhalten hat. Und zuhause merkt er, daß die Medikamente von Tante May längst alle sind. Um Geld verdienen zu können, sagt er seine Verabredung mit Mary-Jane ab. Sie nimmt’s leicht. Und dann heißt es: „Nächste Ausgabe: Die Echse kraucht wieder!“

Wieder fehlen redaktionelle Seiten; es gibt nur ein Miniposter von Peter und der Spinne (gezeichnet von Steve Ditko; ungenannt). Wieder sehen wir zwei Seiten Eigenwerbung, diesmal für den Eisernen und Grüne Laterne.

Peter L. Opmann 03.08.2018 16:57

Es wird nun ein paar Tage dauern, bis ich mir den Echsen-Zweiteiler vornehme. Ich bin gerade verreist und wollte die beiden Hefte mitnehmen, habe sie aber zuhause liegengelassen.

Kleine Anmerkung noch zu "Spinne" # 44: Der Titel "Rhino rast rum" scheint dem Übersetzer (oder der Redakteuse) so gut gefallen zu haben, daß er zweimal verwendet wurde. Ich glaube, das gab's sonst nicht noch einmal, daß ein Titel zweimal vorkam. - Höchstens vielleicht bei "Thor", "Die Pracht und die Herrlichkeit". :D

Peter L. Opmann 08.08.2018 10:05

Spinne (Williams) 45

Erscheinungstermin: 11/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 44
2) Submariner # 2

Story-Titel:
1) Wo die Echse kriecht!
2) Schrei… Triton! (Teil 2)

Original-Storytitel:
1) Where crawls the Lizard!
2) Cry… Triton!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia

https://www.comicguide.de/pics/medium/45769.jpg

Spinne (Williams) 46

Erscheinungstermin: 11/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 45
2) Submariner # 2

Story-Titel:
1) Die Spinne schlägt zu!
2) ohne Titel (Schrei… Triton!)

Original-Storytitel:
1) Spidey smashes out!
2) Cry… Triton!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45770.jpg

Diese beiden Ausgaben habe ich in den Marvel-Superbänden # 14 und 15 kennengelernt und damit wie vorgesehen nacheinander lesen können. Das war auch gut so, denn es gibt einige Fortschritte im Vergleich zu den vorhergehenden Nummern. Zunächst haben wir es hier erstmals nicht bloß mit einer Prügelei zu tun; die Echse verfolgt einen Plan und wird am Ende auf recht originelle Weise gestoppt. Außerdem reizen Lee und Romita die Tatsache, daß sich hinter der Echse ein mit Peter Parker befreundeter Wissenschaftler mit liebenswerter Familie verbirgt, effektvoll aus. Und in Peters Privatleben tun sich ein paar wichtige Dinge; es ist nicht wieder ein sinnloses Hin und Her mit Betty, Gwen und Mary-Jane. Die Story profitiert im übrigen eindeutig davon, daß sie auf 40 Seiten ausgebreitet werden kann.

Gleich der Auftakt läßt aufhorchen: Tante May hat sich überreden lassen, Urlaub „an der Küste“ (also wohl nicht sehr weit entfernt von New York) zu machen. Peter bringt sie zur Bahn. Gleichzeitig hält sich Dr. Curt Conners am Bahnhof auf und bemerkt erste Anzeichen, daß er sich wieder in die Echse verwandelt. Er will eigentlich seine Frau und seinen Sohn abholen, aber da er den Verwandlungsprozeß nicht mehr kontrollieren kann, flieht er in eine U-Bahn-Röhre. Peter bemerkt die besorgte Mrs. Conners; nachdem er sich von seiner Tante verabschiedet hat, verwandelt er sich in die Spinne und verspricht ihr, sich nach ihrem Mann umzusehen. Dabei erinnert er sich auch an seine erste Begegnung mit der Echse („Spinne“ # 9). Das Monster kann er im Untergrund aber nicht entdecken.

Erstmal tritt die Echse mit einer zweifelhaften Aktion in Erscheinung. Sie raubt einen Juwelierladen aus, der sich in einem oberen Stockwerk eines Hochhauses befindet (für sich genommen schon sehr merkwürdig – sind diese Läden nicht immer im Erdgeschoß?). Der Verdacht fällt, wie geplant, sofort auf die Spinne (als wäre sie das einzige Wesen in New York, das diese Höhe erreichen kann). Die Echse will sie dadurch dazu zwingen, sich zum Duell zu stellen (das hätte sie auch einfacher haben können). Bei diesem Zweikampf geschieht jedoch etwas Originelles: die Echse zertrennt mit einem Schwanzhieb das Netz der Spinne; sie stürzt aus größerer Höhe ab und verletzt sich dabei die linke Schulter. Ein Arzt ist glücklicherweise in der Nähe, stellt fest, daß es sich nur um eine schmerzhafte Prellung handelt, und verbindet den Arm. Der Ärmel des Superheldenkostüms wird abgerissen. Das Problem: Die Spinne hat jetzt nur noch einen Arm, um die Echse zu besiegen, und es muß erklärt werden, warum Peter Parker gleichzeitig mit der Spinne einen verletzten linken Arm hat. Fürs erste sagt Peter eine Verabredung mit Mary-Jane lieber ab. Der erste Teil ist zuende, und Peter ist wieder mal hochgradig frustriert.

Zu Beginn des zweiten Teils läuft die Spinne über eine Netzbrücke, weil sie mit einem Arm lieber nicht durch die Straßenschluchten New Yorks schwingen möchte. Wie früher bei Steve Ditko vermöbelt sie erstmal zwei Gangster, die einen Lastwagen ausräumen wollen. Damit verschafft sie sich etwas Kampfesmut. Die Echse versucht derweil im Labor von Dr. Conners, die Chemikalie zusammenzumixen, die sie einst verwandelt hat. Sie will nun Massen von Kriechtieren zu Echsenmonstern machen, aber in ihrem Zustand fehlt ihr der wissenschaftliche Sachverstand, die Formeln umzusetzen. Egal, sie kann dennoch Legionen von Alligatoren und Schlangen aktivieren, um die Welt zu erobern. Im Nebenzimmer zittern Frau und Sohn, auch wenn Mrs. Conners überzeugt ist, daß die Echse sie nie angreifen würde (wie kann sie so sicher sein?).

Kurzer Blick in die Redaktion des Daily Bugle, wo Betty und Ned Heiratspläne schmieden; anschließend sehen wir Peter bei einer Begegnung mit seinen Studienkollegen. Harry erfährt von Peters finanziellen Problemen und bietet ihm einen Job bei seinem Vater (der als Grüner Kobold von sich reden machte) an. Anschließend macht sich die Spinne wieder auf die Suche nach der Echse (von deren Vorhaben, die Spinne auszuschalten, ist keine Rede mehr). Sie wird auf eine große Reptilienschau aufmerksam und kombiniert messerscharf, daß die Echse sich diese Tiere unter den Nagel reißen will. Die Reptilien sind in Zugwaggons eingesperrt, und die Spinne kommt eben hinzu, als die Echse sie befreit. Mit einem Arm muß sie nun diese Tiere einfangen, gegen die Echse kämpfen und sie unschädlich zu machen versuchen. Immerhin: Diesmal wird nicht nur geschlägert – die Spinne lockt die Echse in einen Kühlwaggon, wo sie als wechselwarmes Wesen in Starre verfällt.

Gut in Netz eingewickelt, wird die Echse in Conners‘ Labor gebracht, wo es der Spinne gelingt, sie in einen Menschen zurückzuverwandeln. Was für eine Freude! Aber seine privaten Probleme holen Peter Parker ein. Mary-Jane hat sich inzwischen mit Harry getröstet. Und nach wie vor weiß er nicht, wie er sich mit seinem verletzten Arm in der Öffentlichkeit zeigen soll. Er hat schon lange mit Fotos kein Geld mehr verdient – die Echse hat er auch nicht fotografiert. Und an der Uni ist er mit dem Lernstoff stark im Rückstand. Der Kern des Problems, erkennt Peter, ist die Spinne.

Diese Ausgaben weisen ausnahmsweise mal eine bezahlte Werbung eines Markenartiklers auf. Es handelt sich um eine ganz schön gestaltete Anzeige von Kodak für eine „Instamatic“-Kamera. Deshalb gibt es diesmal keine Vorschau auf die nächste Produktion. In „Spinne“ # 45 wird die erste „Leserin des Monats“ vorgestellt, Veronika aus Bremen, die mir schon aufgefallen war. Ihr Brief bringt aber außer Lobhudelei für Marvel nichts Besonderes. In „Spinne“ # 46 ist wieder mal eine Leserbriefseite. Erwähnt wird hier die „Marvel-Bibel“, in der die Redaktion nachschaute, wann Doktor Octopus das nächste Mal auftaucht. Leser Günter wirft die Frage auf, warum auch Soundwords eingedeutscht werden. Die Redaktion stellt das zur Diskussion.

Marvelianer 08.08.2018 17:15

Erwähnt wird hier die „Marvel-Bibel“, in der die Redaktion nachschaute, wann Doktor Octopus das nächste Mal auftaucht.
Diese Marvel-Bibel gibt es wirklich, sie schlummert jetzt in meinem Marvelarchiv.

Peter L. Opmann 08.08.2018 17:38

Hier gibt's Näheres zur Marvel-Bibel:

http://www.wmca.de/bsv_williams/marv...l_bibel_01.htm

Peter L. Opmann 09.08.2018 21:16

Spinne (Williams) 47

Erscheinungstermin: 12/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 46
2) Submariner # 3

Story-Titel:
1) Der schlimme Schocker!
2) An einem klaren Tag seht ihr… Leviathan!

Original-Storytitel:
1) The sinister Shocker!
2) On a clear Day you can see… the Leviathan!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia

https://www.comicguide.de/pics/medium/45771.jpg

Diese Ausgabe hatte ich als ziemlich schwach in Erinnerung. Beim Wiederlesen fand ich sie gar nicht so übel. Es gibt aber einen unzweifelhaften Schwachpunkt: Die Story mit dem Schocker steht recht unverbunden neben dem, was sonst noch passiert. Die einzige Verbindung stellt Frederic Foswell dar, der in seiner Verkleidung als Patch Peter Parkers Doppelidentität beinahe aufdeckt, aber dann durch einen Trick doch in die Irre geführt wird. Dadurch, daß der Schocker mit Peters übrigem Leben fast nichts zu tun hat, wird aber schnell klar, daß er eher ein Durchschnitts-Superschurke ist, zudem einer ohne ausgeprägte Persönlichkeit.

Gut scheint mir, daß die Geschichte gleich mitten im Geschehen losgeht. Die Spinne wird quasi von der Wand geschüttelt; allerdings ist es unverständlich, warum ihr Spinnensinn hier nicht anschlägt. Durch das Schütteln wird sie überhaupt erst auf den Schocker aufmerksam, der gerade einen Banktresor geknackt hat. Die beiden beharken sich ein wenig, dann setzt der Schocker die Spinne mit einem Doppel-Fausthieb außer Gefecht und macht sich mit seiner Beute davon. Wieder mal wird die Spinne beim ersten Aufeinandertreffen mit ihrem Gegner besiegt – aber es gibt ja immer ein zweites Mal…

Jetzt tut sich eher Ungewöhnliches: Harry bietet Peter an, in seine neue Wohnung mit einzuziehen. Miete entfällt – alles zahlt Vater Norman Osborn. Diese Wohngemeinschaft wird ja noch öfters eine Rolle spielen. Aber vorerst muß Peter die Sache erst mit Tante May klären, die dann in ihrem Haus allein bleiben würde. Peter verkauft Jonah Jameson seine Fotos vom Schocker. Dabei kommt Foswell auf den Gedanken nachzuforschen, warum er immer Exklusivfotos mit der Spinne anschleppt. Eingeblendet wird die Entstehungsgeschichte des Schockers, die aber nichts Besonderes zu bieten hat: Er war ein Knastbruder, der im Gefängnis unbemerkt ein Vibrationswellen-Gerät entwickelte, mit dem er sich zunächst befreite, dann zum Superschurken wurde, um fürderhin nur noch Tresore auszuräumen.

Peters Gespräch mit Tante May verläuft erfreulich. Die alte Dame hat nämlich selbst vor, ihr Haus zu verkaufen und zu ihrer Freundin Anna Watson zu ziehen. Nebenbei macht sich Peter ein wenig Gedanken darüber, ob er die impulsive, flatterhafte Mary-Jane oder die kühle, ernsthaftere Gwen lieber mag. Als er sich wieder in die Spinne verwandelt, um beim Schocker Revanche zu nehmen, klebt Patch an seinen Fersen, und auch wenn er nicht direkt Augenzeuge ist, fällt es ihm wie Schuppen von den Augen: Peter Parker muß die Spinne sein! Hier ist aber Verlaß auf den Spinnensinn. Peter merkt, daß er beobachtet wird, und spielt Patch hinter einer Mauer ein „Gespräch“ mit der Spinne vor, dann läßt er eine aus Netz geformte Spinnen-Puppe davonschwingen. Patch kommt zu dem Schluß, daß er sich geirrt hat.

Nun wird der Schocker eingemacht. Ist am Ende gar nicht so schwer, denn die Schock-Kräfte werden durch eine Handsteuerung ausgelöst. Die Spinne hindert ihn mit ihrem Netz daran, die Knöpfe zu drücken, und damit ist der Schocker kein Gegner mehr für sie. Es ergibt sich beinahe so etwas wie ein Happy-End, denn nun kann Peter in seine neue Bude einziehen. Er mutmaßt, an dem Tag, als er seine Spinnenkräfte bekam, habe er wohl die Fähigkeit verloren, glücklich zu sein. Mit anderen Worten: Irgendwas ist immer… Als nächster Gaststar wird Kraven der Jäger angekündigt.

Redaktionell erfährt man in diesem Heft das eine oder andere Interessante. Die Erscheinungsweise von „Spinne“ und „FV“ wird von zweimal im Monat auf 14tägig umgestellt; damit kommen die beiden Titel nun regelmäßig. Außerdem werden die „Rächer“ nun auch auf 14tägiges Erscheinen umgestellt. Die Redaktion weist deutlich darauf hin, daß es den Marvel-Paß nur gegen Einsendung von sieben verschiedenen Coupons gibt – das zeigt für mich, daß es nicht viele Leute gab, die sich mehrere Hefte pro Monat kaufen konnten.

Auf der Leserbriefseite hält Peter aus Mannheim nochmal ein flammendes Plädoyer für den Marvel-Neustart bei Williams; es sei klar, daß die Zeichner am Anfang noch nicht so gut waren. Dennoch sei es toll, die Serien von Anfang an erleben zu können. Markus aus Köln hat einen eigentlich berechtigten Einwand: „X-Team“ sollte ein eigenes Heft bekommen. Kann sein, daß beim Williams-Start noch nicht so deutlich abzusehen war, wie erfolgreich die Serie werden würde. Die Redaktion sagt dazu aber (etwas unverständlich): Die Zweitserien seien nunmal festgelegt.

„Leser des Monats“ ist diesmal ein 13jähriger, der seine Freizeit offenbar nur mit Fernsehen und Comicsammeln verbringt („… sah ich in einem Geschäft die Spinne Nr. 1. Ich kaufte sie sofort…“) Eine fragwürdige Wahl. Auf dem Backcover gibt es noch einmal eine bezahlte Werbung, diesmal für Spielzeughäuser aus Pappe, angeboten von einer „Markt-Kommunikation GmbH“ – auch etwas fragwürdig.

Marvelianer 11.08.2018 07:28

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 573431)
Spinne (Williams) 47

Erscheinungstermin: 12/1975

Auf dem Backcover gibt es noch einmal eine bezahlte Werbung, diesmal für Spielzeughäuser aus Pappe, angeboten von einer „Markt-Kommunikation GmbH“ – auch etwas fragwürdig.

25.07.1974 berichtet der Kress-Report:

Als"erste Spezialagentur für Werbung im Kinder- und Jugendmarkt" empfiehlt sich die Münchner "Markt-Kommunikation" von Hans-Joachim Ehlers, der seine
einschlägigen Erfahrungen in mehreren Jahren der Zusammenarbeit mit dem Münchner Kauka-Verlag (Comics) und dem Institut für Jugendforschung gesammelt hat.
Ehlers' Credo: "Jeder vernünftige Mensch vertraut Kinder und Jugendliche
Spezialisten an,wenn es darum geht, Probleme zu lösen. Einzige Ausnahme: die
Werbung..." Er meint, das müsse anders werden. Die komplette Firmierung der
Agentur lautet Markt-Kommunikation Gesellschaft für Werben & Verkaufen mbH & Co. Zielgruppenwerbung KG.

Diese Agentur war seit 1974 bei Williams als Anzeigen-Agentur tätig. - Hans-Joachim Ehlers ist mittlerweile verstorben und die Firma erloschen, Unterlagen zu dieser Agentur gibt es leider nicht mehr, wie mir Frau Ehlers vor Jahren schrieb.

Peter L. Opmann 11.08.2018 08:03

Diese Werbung kam aber nur in einer Monatsproduktion vor, oder? Wirkte auf mich wie Nepp.

Ein Freund schrieb mir dazu:

Zitat:

Zu den Werbungen: ich denke, da war Williams angekommen. Das Etablieren "normalerer" Werbung ist immer ein gutes Zeichen für Comichefte.

Marvelianer 11.08.2018 10:28

Ja, war zum Glück nur in dieser Produktion. - Warum Klein-Kinderspielzeug auf Superhelden Comics, keine Ahnung.

Horatio 11.08.2018 16:29

Zitat:

Zitat von Marvelianer (Beitrag 573477)
25.07.1974 berichtet der Kress-Report:

Als"erste Spezialagentur für Werbung im Kinder- und Jugendmarkt" empfiehlt sich die Münchner "Markt-Kommunikation" von Hans-Joachim Ehlers, der seine
einschlägigen Erfahrungen in mehreren Jahren der Zusammenarbeit mit dem Münchner Kauka-Verlag (Comics) und dem Institut für Jugendforschung gesammelt hat.

Ja, bei einem der in dieser Anzeige beworbenen Spielhäuser, der "Villa Wanderlust", handelt es sich um das zuvor schon in Kauka-Heften beworbene Fix-und-Foxi-Haus. Steht auch auf der Tür drauf, das ist auf dem Foto zu sehen.

Peter L. Opmann 11.08.2018 17:10

Spinne (Williams) 48

Erscheinungstermin: 12/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 47
2) Submariner # 3

Story-Titel:
1) In den Händen des Jägers
2) ohne Titel (An einem klaren Tag seht ihr… Leviathan!)

Original-Storytitel:
1) In the Hands oft he Hunter!
2) On a clear Day you can see… the Leviathan!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia

https://www.comicguide.de/pics/medium/45772.jpg

Zugegeben, bei mir kommen in der Regel die Ausgaben besser weg, die ich schon als Kind gelesen habe. Ich kann das zwar argumentativ untermauern, aber das wird sicher auch damit zusammenhängen, daß die Hefte größeren Eindruck hinterlassen haben, wenn ich sie mir früher zu Gemüte geführt habe. Man kann eben nie objektiv sein. Aber hier liegt nun eine Ausnahme vor: Diese Episode habe ich erst irgendwann nach meinem 30. Geburtstag zu Gesicht bekommen, aber sie gefällt mir ziemlich gut. Kraven wird zwar wieder nicht so spektakulär in Szene gesetzt wie einst in Spinne # 17, aber er ist alles in allem überzeugend, und der Fehler der vorigen Ausgabe wird vermieden, das Duell und Peter Parkers private Probleme ohne Bezug zueinander ablaufen zu lassen.

Die Grundidee dieser Story erinnert mich an den Krimi „Point Blank“: Kraven ist beim letzten Mal vom Grünen Kobold engagiert worden, um die Spinne auszuschalten. Dafür wurden ihm 20 000 Dollar versprochen, die er aber nicht erhalten hat. Nun will er sie sich vom „Verbindungsmann“ des Kobold, Norman Osborn, holen. Merkwürdig ist: Laut marvel.wikia soll sich das in ASM # 34 (also „Spinne“ # 35) abgespielt haben, war aber nicht so. Vielleicht wollte Stan Lee das in der Story haben, Steve Ditko hat’s aber nicht gemacht. Die Williams-Redaktion schreibt zumindest, diese Szene sei nicht gezeigt worden. Aber wenn wir mal annehmen, daß es mit den 20 000 Dollar seine Richtigkeit hat, ist die Ausgangssituation ganz nett. Ausnahmsweise will ein freigelassener Superschurke mal nicht bloß Rache, sondern geht gemäß einem altmodischen Ehrenkodex vor (was bekanntlich dem Wesen von Kraven entspricht).

Jetzt hängt alles schon ziemlich eng miteinander zusammen, ohne daß die Handlungsfäden zusammengezwungen wirken: Peter teilt sich inzwischen eine Bude mit Harry, Norman Osborns Sohn. Kraven dringt zunächst in die Villa des Wirtschaftsmagnaten ein, trifft ihn aber nicht an. Also hält er sich an dessen Sohn Harry. Die Clique, Peter, Harry, Gwen, Mary-Jane und andere, feiern soeben irgendwo in einem Saal Abschied von Flash Thompson, der bekanntlich zur Armee eingezogen worden ist (nebenbei: Es ist schon bemerkenswert, wie leicht der Vietnamkrieg hier noch genommen wird; der Einberufung ist nicht der geringste bittere Beigeschmack hinzugefügt). Peter, der später mit Flash beinahe Freundschaft schließt, beschäftigt sich wieder mit seinem Luxusproblem, ob ihm Gwen oder MJ besser gefällt. Da platzt Kraven in die Feier und schnappt sich Harry. In der allgemeinen Verwirrung verschwindet Peter und verwandelt sich in die Spinne. Als sie auftaucht, läßt Kraven von Harry ab.

Die Spinne scheint ihren Gegner dank ihrer Wendigkeit und Schnelligkeit gut im Griff zu haben. Währenddessen sind Norman Osborn und auch Jonah Jameson alarmiert und eilen zu der Feier. In diesem Moment packt Kraven eine neue Waffe aus: Aus seinem Löwen-Umhang verschießt er Lähmstrahlen. Die Spinne wird getroffen und kann sich nicht mehr richtig bewegen. Mit einem Hieb auf den Solarplexus schlägt er sie zu Boden. Dann bringt er Norman Osborn in seine Gewalt. Er muß jedoch feststellen, daß Osborn nichts von den 20 000 Dollar weiß (bekanntlich hat er die Erinnerung an alles, was mit dem Grünen Kobold zusammenhängt – glücklicherweise – verloren). Immerhin hat Kraven, der nun von der Szene abtritt, die Spinne besiegt. Sie kann nur noch eines tun, nämlich den benommenen Osborn, der von einem Gerüst stürzt, aufzufangen und ihm das Leben zu retten. Die Episode ist zuende. Wird die Spinne erst am Ende einer Folge besiegt, dann wissen wir, daß wir es mit einem Mehrteiler zu tun haben. Es wird zwar nun der Geier angekündigt, aber Kraven wird noch einmal mitmischen.

Noch eine Anmerkung zu John Romita: Seit „Spinne“ # 41 inkt er selbst, wie das auch Ditko zuvor gemacht hat. Es war zu dieser Zeit (wir sind jetzt im Jahr 1967) zweifellos ungewöhnlich. Keine Ahnung, ob das so gewollt war (und wenn ja, warum), oder ob Mangel an Inkern herrschte. Es war jedenfalls für Romita sicher eine große Belastung.

Wir finden in diesem Heft außer dem wiederholten „Leser des Monats“ den Beginn eines Interviews mit Stan Lee, auf das ich aber erst eingehen will, wenn es vollständig ist. Nach wie vor gibt es die Checkliste, und auf dem Backcover kehrt die Monatsvorschau zurück.

Peter L. Opmann 13.08.2018 11:23

Ein paar Bemerkungen über das Stan-Lee-Interview möchte ich nun gesondert ablassen. Zu meiner Überraschung habe ich nämlich festgestellt, daß der zweite Teil in der „Spinne" gar nicht auftauchte. Die Redaktion ging offenbar davon aus, daß die Leser sich tatsächlich alle oder zumindest einen Großteil der Titel einer Monatsproduktion kaufen, was auf mich jedenfalls nicht zutraf. Ich habe den zweiten Teil nun in „Thor“ # 25 gelesen.

Die Fragen sind mit „H“ gekennzeichnet; ich tippe mal auf Hartmut Huff, der offenbar in New York war und Meister Lee persönlich interviewen durfte. Das Interview war als Auftakt der Porträt-Reihe von Marvel-Zeichnern gedacht, was der Aussage zu entnehmen ist, man wolle das Versprechen einlösen, „alles Wissenswerte“ über Autoren, Zeichner und Verleger zu bringen. Folgende Porträts wurden ab der 26. Produktion gebracht: John Romita, John Buscema, Kirsten Isele, Roy Thomas, Jack Kirby, Neal Adams, Gene Colan, Marie Severin und Bill Everett.

Zurück zu Stan Lee. In der siebten Produktion gab es bereits einen Artikel mit dem Titel „Wer ist Stan Lee?“ Hier nun soll er eigentlich nicht vorgestellt werden, weshalb das Interview auch nicht so recht zu der Porträt-Reihe paßt. Was Hartmut Huff vorhatte, ist seiner ersten Frage zu entnehmen: „Wie steht es um die Comic-Szene von heute?“ Als erstes fällt auf, daß da vom „Goldenen Comiczeitalter“ die Rede ist, das Lee für die Marvels ab 1961 in Anspruch nimmt. Entweder war da der Begriff „Silver Age“ noch nicht eingeführt, oder Huff kannte ihn nicht. Lieblingsfiguren hat Lee nach eigenem Bekunden nicht, nennt dann aber doch die Spinne und den Silberstürmer.

Damit sind wir schon beim zweiten Teil des Interviews, das etwas länger ausfällt. Lee soll sich nun zur Comicszene in Deutschland äußern, die er garantiert nicht kannte. Er tut auch nicht so, als ob, zeigt sich nur überzeugt davon, daß Comics ein ur-amerikanisches Medium sind, aber Zeichner in anderen Ländern sie nachahmen und ebenfalls Profis werden. Das könnte auch in Deutschland passieren. Zur Frage, ob Comics Kunst sind, äußert er sich vorsichtig, meint dann aber, daß es bei Kunst hauptsächlich um Kommunikation geht und er Comics gern benutzt, um mit anderen Leuten darüber zu reden. Die offene Abschlußfrage („Hast du deinen deutschen Lesern etwas zu sagen?“) nutzt Lee, um das Credo zu wiederholen, das auch von der Williams-Redaktion immer wieder angestimmt wird: Comics sind Unterhaltung, auch wenn sie vielleicht ein bißchen zum Denken anregen können. Er wolle aber vor allem Freude und Entspannung bereiten.

Ein routiniertes Gespräch, in dem es Huff nicht gelingt, seinen Gesprächspartner aus der Reserve zu locken. Vielleicht hatte er die Schere im Kopf, indem er daran dachte, daß das Interview letztlich vor allem eins sein soll: Werbung für Williams. Die anschließenden Zeichner-Porträts fand ich gelungener, denn bei aller Kürze brachten sie manches Wissenswerte über die Leute. Selbst über bekannte Namen wie John Buscema oder Neal Adams wußte man damals ja kaum etwas.

Marvelianer 13.08.2018 11:52

Marvel Stan Lee Interview schaut man hier:

HIER SPRICHT DAS MMT

http://www.wmca.de/cover_galerien/re..._interview.htm

http://www.wmca.de/cover_galerien/re..._interview.htm

FrankDrake 13.08.2018 12:29

Jedesmal wenn ich dort die alternativen Cover sehe muss ich ein bisschen weinen, was hätte es noch alles geben können.....................

Rusty 13.08.2018 15:43

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 573610)
Ein routiniertes Gespräch, in dem es Huff nicht gelingt, seinen Gesprächspartner aus der Reserve zu locken. Vielleicht hatte er die Schere im Kopf, indem er daran dachte, daß das Interview letztlich vor allem eins sein soll: Werbung für Williams.

Bist du sicher dass das ein exklusives Interview von Stan Lee mit Huff war?
Ich könnte mir vorstellen da kam vorgefertigtes PR-Material aus den USA was einfach übersetzt wurde. Für mich liest es sich jedenfalls so.

Peter L. Opmann 13.08.2018 15:52

Naja, da steht: "Vor einigen Wochen traf ich Stan in New York. Und was lag näher, als ihn für euch zu interviewen?"

Muß natürlich nicht stimmen. Aber wenn das Interview so gar nicht stattgefunden hätte, hätte es Möglichkeiten gegeben, das elegant zu umschreiben. Außerdem war Reinhard Mordek (Remo) auch mal in der Marvel-Redaktion; er hat seine Eindrücke damals jedenfalls so lebhaft beschrieben, daß ich daran eher nicht zweifle.

Also gegen die These, daß das einfach PR-Material aus USA war, spricht, daß sich Lee zur Comicszene in Deutschland äußern soll. Das hat er sicher nur getan, weil er von Huff danach gefragt wurde. Aber natürlich kann das Interview auch schriftlich stattgefunden haben.

Peter L. Opmann 15.08.2018 09:43

Spinne (Williams) 49

Erscheinungstermin: 1/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 48
2) Submariner # 3

Story-Titel:
1) Die Schwingen des Geiers!
2) ohne Titel (An einem klaren Tag seht ihr… Leviathan!)

Original-Storytitel:
1) The Wings of the Vulture!
2) On a clear Day you can see… the Leviathan!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia

https://www.comicguide.de/pics/medium/45773.jpg

Diese Ausgabe schließt nur locker an die vorherige an. Ich sehe dennoch ein Bemühen, Geschichten weiterzuerzählen. Es ist nicht mehr so wie in der Ditko-Phase, als offenbar nur Vorgaben zu erfüllen waren wie: Betty, Gwen, JJJ und Tante May müssen vorkommen. Die Spinne sucht zu Beginn nach ihrem letzten Gegner, Kraven, der aber erst etwas späte wieder auftauchen wird. Lee und Romita haben eine neue Möglichkeit gefunden, die Spinne mit ihrem nächsten Gegner zu konfrontieren. Oft schon war zu sehen, wie ein Superschurke seine Gefängnisstrafe abgesessen hat und freigelassen wird. Hier wird das mal deutlich interessanter erzählt.

Der Geier hatte in der Gefängniswerkstatt einen Unfall und liegt offenbar im Sterben. Mir hätte auch ein natürlicher Tod eingeleuchtet, denn er ist ja ein alter Mann, physiognomisch tatsächlich an einen Geier erinnernd. Er verlangt, vor seinem Tod noch einen jüngeren Häftling, Blacky Drago, zu sprechen. Dem verrät er, wo seine Geierschwingen versteckt sind. Blacky soll für ihn die Rache an der Spinne vollenden. Blacky hat sich die ganze Zeit verstellt: Er hat immer darauf spekuliert herauszufinden, wo sich diese Flügel befinden – an einer Revanche gegen die Spinne ist er nicht interessiert. Lee schreibt, daß der alte Geier zum letzten Mal seine Augen schließt, aber er wird später doch noch einmal ein Comeback haben.

Blacky gelingt relativ leicht die Flucht aus dem Knast; er findet die Schwingen und übt das Fliegen. Als die Polizei, die die Verfolgung aufgenommen hat, ihn erreicht, fliegt er eben davon. Er beginnt, sich als Kleinkrimineller zu betätigen: Er nimmt Geschäftsleuten oder Boten ihre Geldtaschen weg. Damit fühlt er sich als König der Stadt. Aber es ist ganz angenehm, daß es hier nicht um die Welteroberung geht. Immerhin wird über den Geier im Fernsehen berichtet, und so kommt Peter Parker endlich ins Spiel. Er sieht einen TV-Bericht und will eingreifen – dumm nur, daß er gerade unter einer heftigen Erkältung leidet. Es geht ihm so schlecht, daß er bereits aus der Uni nach Hause geschickt worden ist, um sich auszukurieren.

Peter will den Dämon bitten, sich für ihn um den Geier zu kümmern. Das ist ein interessantes Detail. Zum einen werden damit die Verbindungen innerhalb des Marvel-Universums angesprochen. Zum anderen fragt man sich jedoch: Vielleicht sieht auch der Dämon fern und hat ohnehin beschlossen, gegen den Geier zu kämpfen. Es scheint aber so zu sein, daß jeder Marvel-Superheld seine ganz eigenen Sparringspartner hat; wer einmal mit dem Geier zu tun hatte, muß sich auch künftig immer um ihn kümmern – es sei denn, der Geier sollte mal als Gastschurke in einer anderen Serie auftauchen. Bemerkenswert auch: Peter hält Matt Murdock für den „Verbindungsmann“ des Dämon. Eine Kommunikation der Superhelden ist also durch die jeweiligen Geheimidentitäten erschwert. Wenn sie sich als Superhelden begegnen, könnte man hinzufügen, ist die Kommunikation darüber hinaus oft durch irgendein Mißverständnis behindert.

Wie auch immer: Peter entschließt sich dann doch, den Geier selbst zu bekämpfen. Ab Seite 11 zeichnet Romita nun in auffallend großen Panels. Vielleicht tut er das notgedrungen, weil die Story bis zum Cliffhanger zu dünn ist. Aber es geschah sicher nicht aus Zeitnot, denn er gestaltet die Auseinandersetzung sehr eindrucksvoll. Schon zu Ditko-Zeiten war es so, daß bei den Duellen mit dem Geier das Agieren in den New Yorker Straßenschluchten besonders dramatisch zur Geltung kam. Ein wichtiger Schauplatz ist die George-Washington-Brücke, deren Pfeiler Hochhäusern ähneln (man kann dabei an „Spinne“ # 123 denken, als Gwen von dieser Brücke in den Tod stürzt). Peter dachte, beim Herumschwingen als Spinne werde er sich besser fühlen – leider ein Trugschluß. Während er gegen den Geier kämpft, wird ihm schwarz vor Augen. Der Geier kickt ihn von der Wand; die Spinne landet bewußtlos auf einem Hochhausdach. „Fortsetzung folgt?“ (Dieses Fragezeichen finde ich doch etwas übertrieben.)

Zwischendurch gibt es ein paar kurze Auftritte von Gwen, Mary-Jane, Harry, Tante May und Anna Watson. Jonah Jameson spricht einen Kommentar im Fernsehen. Aber insgesamt spielt das Soap-Element in diesem Heft nur eine untergeordnete Rolle.

Noch eine Randbemerkung: In dieser Story herrscht Winter, was auch Peters Erkältung erklären dürfte. Die Spinne liegt am Ende im Schnee. Der Geier triumphiert: „Wenn der Sturz nicht ihr Ende war, wird sie erfrieren!“ Erscheinungsdatum des Hefts ist Mai 1967. Es war zwar so, daß die Auslieferung der Marvel-Titel schon Monate vorher begann, aber der Winter 1966/67 dürfte doch vorbei gewesen sein. Ich schätze, es ging nicht darum, den Eindruck zu erwecken, die Handlung spiele gegenwartsnahe. Die Williams-Ausgabe erschien dagegen tatsächlich im Winter (1975/76), aber wegen des Phasenvertriebs hat das auch nicht so genau hingehauen. Redaktionelle Seiten: diesmal Fehlanzeige (abgesehen von Checkliste und Vorschau).

Peter L. Opmann 17.08.2018 14:29

Spinne (Williams) 50

Erscheinungstermin: 1/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 49
2) Submariner # 4

Story-Titel:
1) Nach der Niederlage…!
2) Wer kämpft für Atlantis?

Original-Storytitel:
1) From the Depths of Defeat!
2) Who strikes for Atlantis?

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia

https://www.comicguide.de/pics/medium/45774.jpg

Diese Ausgabe überschreitet für mein Empfinden an einigen Stellen die Grenze zur unfreiwilligen Selbstparodie. Wenn sich zwei Schurken gegen den Helden zusammentun, ist das ja meist konfliktbeladen. Hier beharken sich Kraven und der Geier erst eine ganze Weile gegenseitig, bevor sie sich gemeinsam auf die Spinne stürzen. Dabei steht beider Macht in keinem Verhältnis zu ihrem Geltungsbedürfnis; die Spinne kann beide zum Schluß relativ mühelos erledigen. Liest sich streckenweise wie „Clever & Smart“, wobei das vermutlich nicht in der Absicht von Lee und Romita lag.

Zunächst passiert aber erstmal das Unvermeidliche: Die Spinne, die, geschwächt von einem 24-Stunden-Virus, auf ein Hochhausdach stürzte und den Tod vor Augen hat, berappelt sich doch wieder (die Kälte hat sie vorgeblich wieder zur Besinnung gebracht), zittert sich über eine Feuerleiter herunter und wankt nach Hause. Sie schafft es gerade so ins Bett, bevor Harry Osborn ins Zimmer platzt. Dieweil bekommt auch Kraven via TV mit, daß der Geier der neue Star unter New Yorks Supertypen ist. Er will allen zeigen, daß immer noch er, der mächtige Jäger, an der Tabellenspitze steht. Schon das wirkt belustigend: Kraven hat keine eigentlichen Superkräfte, der Geier kann nur fliegen. Eigentlich müßten sich beide etwas in Bescheidenheit üben. Während Peter Parker das Bett hütet und der Geier einen Hubschrauber angreift, um sich wieder mal einen wertvollen Koffer anzueignen, lauert Kraven dem Flattermann auf und versucht, ihn mit einer Art Lasso einzufangen.

Damit beginnt der Wettstreit der dicken Hosen. Erneut wird Peter Parker durch einen Fernsehbericht auf den Zweikampf Kraven versus Geier aufmerksam. Da es ihm schon viel besser geht, verwandelt er sich in die Spinne und eilt zum Ort des Geschehens. Gemütlich in einem Netz sitzend verfolgt er das Gerangel seiner beiden Feinde, bis die schließlich seine Anwesenheit bemerken. Kraven und Geier bringen es nicht so recht fertig, sich gegen die Spinne zusammenzutun. Die ist aber inzwischen wieder in Hochform und nimmt es mit beiden gleichzeitig auf. Dieser Kampf fällt relativ kurz aus: nur fünf Seiten. Der Geier wird durch einen Lähmstrahl Kravens außer Gefecht gesetzt, dem die Spinne geschickt ausgewichen ist; Kraven seinerseits wird durch einen gezielten Fausthieb der Spinne niedergestreckt, einen, mit dem sie nach eigener Aussage einst den Hulk gefällt hat (das war in „Amazing Spider-Man King-Size Special“ # 3; die Williams-Redaktion kann nur anmerken: „…bringen wir in einer späteren Ausgabe“).

Zuhause stellt Hausarzt Dr. Bromwell nochmal offiziell fest, daß Peter völlig gesund ist. Der beschließt, mit seiner Tante ins Kino zu gehen. Marvel kündigt noch einmal die nächste Ausgabe so an, als ginge es mit der Spinne zuende. Letztes Mal hieß es: „Fortsetzung folgt?“, diesmal: „Keine Spinne mehr?“ Man befürchtete wohl nicht, daß die Leser diesen Trick durchschauen würden. Nachzutragen bleibt ein Besuch von Gwen und Mary-Jane in Harrys und Peters Apartment; sie dürfen den „Schwerkranken“ aber nicht besuchen und ziehen darauf gemeinsam mit Harry ab.

Von Interesse ist die Leserbriefseite, die hier die Checkliste auf der Umschlaginnenseite ersetzt. Hier haben wir zwei kritische Briefe und einen, der nach Hintergründen im Williams-Verlag fragt. Da schreibt jemand unter Pseudonym und mit „gefälschter Adresse“, und zuerst wird angemerkt, solche Briefe landeten sonst im Papierkorb. Er wird aber wohl doch bewußt veröffentlicht. „Willy Becker“ ist der Meinung, die Marvels seien in jeder Hinsicht schlechter als Ehapas „Superman/Batman“, und die Marvelzeichner würden alles von DC kopieren. Nicht ungeschickt ruft die Redaktion dazu auf, darüber zu diskutieren; mit einem kleinen Seitenhieb wirft sie „Willy“ Geltungsbedürfnis vor. Nebenbei: Gab es bei Ehapa mal Vergleichbares? Ich habe nur eine Handvoll dieser Hefte – Leserbriefe gab es da nach meinem Eindruck generell nur ganz selten.

Sehr sachlich fällt dagegen die Kritik von Christian Holl aus (in der Szene nicht unbekannt), worauf die Redaktion ausführlich antwortet. Zum dritten Brief wird mitgeteilt: Redakteure für Marvel sind Kirsten Isele und Hartmut Huff, Jani Büsing beantwortet Leserbriefe und beteiligt sich an den Übersetzungen, ebenso Erika Bergmann und „Herr Buck“ (?). H. J. Lührs ist Grafiker. Reinhard Mordek habe sich „anderen Aufgaben zugewendet“. Es heißt, es sollten titelbezogene Leserbriefseiten eingeführt werden, es gebe aber zu wenig heftbezogene Briefe (wie sie in USA üblich sind). Und es wird gefragt, ob die Reihe „Leser des Monats“ weitergeführt werden soll. Diesmal schmückt sich der 15jährige Peter mit diesem Ehrentitel; er liest Comics, obwohl ihm sein Vater das verbietet (näher führt er das allerdings nicht aus).

Letzte Anmerkung: Das Cover wirkt nachgezeichnet, wenn auch das diesmal nicht schlecht gemacht ist. Es ist sicherlich nicht Romitas Strich, aber die sich durchs Bild windenden Urwaldbaumstämme sehen sogar besser aus als im Original.

Peter L. Opmann 19.08.2018 07:41

Mein oben erwähnter Freund, der diesen Thread auch mitliest, hat mir wieder mal ein paar sachdienliche Hinweise zu "Spinne" # 50 gegeben:

Zitat:

An Leserbriefe in "Superman/ Batman" erinnere ich mich kaum. Ich weiß noch, dass die Redaktion mal eine Diskussion zum Thema "Wer ist der beste Zeichner? Curt Swan?" ankurbeln wollte, aber das brachte wohl nicht viel. Der Brief von "Willy Becker" ist übrigens entschärft. Gegenüberstellungen a la "Aquaman - Aquarius, Atom - Ameisenmann, Grüner Pfeil - Hawkeye" hätten schon Zündstoff geboten. ;)

jakubkurtzberg 19.08.2018 08:40

Arend Buck wird in den späten Williams-FV öfter als Übersetzer genannt. H.J. Lührs hat wohl keine Cover gezeichnet. Die meisten, wie oben gezeigtes Spinne 50, stammen eindeutig von Marlies Gerson. Den "waldigen" Hintergrund kann man evtl. mit Dschungel Boy Nr. 3 vergleichen. Und das ist definitiv von Marlies. Kann man u.a. an der Schrift erkennen.

Rusty 19.08.2018 10:01

Hier ein interessantes Interview von Daniel Wamsler mit Marlies Gerson >
http://www.marvelcomics-online.de/ma...es-gerson.html

underduck 19.08.2018 10:58

Für die, die es tatsächlich nicht wissen:
Daniel Wamsler ist jakubkurtzberg in der nichtvirtuellen Welt. :zwinker:

Anton 19.08.2018 21:31

Was?! Echt jetzt?!

Man lernt ständig hinzu.

Peter L. Opmann 19.08.2018 22:52

Spinne (Williams) 51

Erscheinungstermin: 2/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 50
2) Submariner # 4

Story-Titel:
1) Spinne ade!
2) ohne Titel (Wer kämpft für Atlantis?)

Original-Storytitel:
1) Spider-Man no more!
2) Who strikes for Atlantis?

Zeichnungen:
1) John Romita (Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

https://www.comicguide.de/pics/medium/45775.jpg

Dies ist die erste „Spinne“-Jubiläumsausgabe (bei „Amazing Spider-Man“ # 25 hat man daran offenbar noch nicht gedacht). Im Kern wollte man die Origin-Geschichte nochmal ins Gedächtnis rufen, das heißt, einen besonderen Aspekt: Nicht den Moment, in dem Peter Parker von einer radioaktiven Spinne gebissen wird, sondern als ihm nach dem Tod von Onkel Ben klar wird, daß er seine Superkräfte für das Gute einsetzen muß. Herausgekommen ist aber eine Ausgabe, die noch wesentlich mehr bietet: Im Grunde genommen ist das eine Episode fast ohne Spinne; sie hat nur auf den ersten drei Seiten einen Auftritt; danach sehen wir, abgesehen von ein paar Rückblenden, nur noch Peter Parker. Und einer der wichtigsten und markantesten Gegner der Spinne (später auch des Dämons) feiert hier ohne richtige Ankündigung sein Debüt, nämlich Kingpin. Endlich mal ein Gangsterboß, der mehr ist als ein Gangster, ein wirklich ernstzunehmender Kontrahent.

Etwas bemängeln würde ich, daß Peter Parker hier wie ein Borderliner wirkt. Das ist kein ganz neuer Befund, aber hier wird es doch ganz augenfällig: Ist er als Spinne im Einsatz, dann besitzt er grenzenloses Selbstvertrauen und sprühenden Witz. Als Peter Parker ist er dagegen tief deprimiert, bemitleidet sich selbst und tut unüberlegte Dinge wie etwa, seine Superheldenexistenz an den Nagel zu hängen. Allerdings muß ich zugeben, daß die Story von diesem Gegensatz lebt, und nur so läßt sie sich auf 20 Seiten erzählen.

Zu Beginn räumt die Spinne mal wieder bei einem Banküberfall auf. Es handelt sich um normale Gangster, die trotz Schußwaffen nicht den Hauch einer Chance haben. Allerdings stellt sie am Ende fest, daß die Angestellten, die sie eben gerettet hat, auch von ihr nichts Gutes erwarten. Das setzt wieder die kreisenden Gedanken in Gang: „Je mehr ich ihnen helfe, desto mehr hassen sie mich.“ Es folgen weitere Tiefschläge: Tante May ist wieder ernsthaft erkrankt. An der Uni wird er ermahnt, endlich mehr zu lernen. Peter will sich mit Gwen verabreden, aber die hat schon ein Date mit Harry und Flash. Schließlich taucht Jonah Jameson wieder im Fernsehen auf und läßt eine Tirade gegen die Spinne ab. Peter kommt plötzlich der Gedanke: Und wenn JJJ recht hat? Ist nicht die Spinne eine Bedrohung? Wäre nicht alles besser, wenn es sie nicht mehr gäbe? Und dann kommt die auch schon im Film zitierte Szene, in der Peter in einer regnerischen Nacht sein Kostüm achtlos in einen Mülleimer wirft (das ist andeutungsweise auch auf dem Cover verewigt).

Am nächsten Morgen liefert ein Junge das aufgestöberte Kostüm bei JJJ ab und bekommt dafür eine dicke Belohnung: ein Gratisexemplar des „Daily Bugle“. Ich möchte zwar einwenden: Beweist ein weggeworfenes Kostüm tatsächlich bereits, daß es die Spinne nicht mehr gibt? Jedenfalls kommt sofort eine öffentliche Diskussion in Gang. Lee und Romita karikieren treffend den Talkshow-Wahn, bei dem lauter selbsternannte Experten ihren unmaßgeblichen Senf zum Thema beisteuern (sowas kam bei uns erst etwa 20 bis 25 Jahre später). Und auch in die New Yorker Unterwelt kommt Leben. Ohne die Spinne kann sich das Verbrechen ungestört entfalten. (Was ist eigentlich mit all den anderen New Yorker Superhelden?) Frederic Foswell, Reporter beim „Daily Bugle“, will an seine Aktivitäten als Big Boß (ab „Spinne“ # 12) anknüpfen und noch einmal versuchen, das organisierte Verbrechen unter seiner Führung zu vereinen. Aber inzwischen gibt es einen Unterweltboß anderen Kalibers, nämlich Kingpin, mit dessen Skrupellosigkeit und Brutalität Foswell nicht mithalten kann. Kingpin weist schon hier gewisse Ähnlichkeit mit einem Nilpferd auf, wirkt aber auch von vorneherein höchst gefährlich.

Bei Peter läuft jetzt erstmal alles besser: Zunächst kündigt er seinen Fotografen-Job beim „Daily Bugle“ (denn Fotos von der Spinne wird es nicht mehr geben). Dann unternimmt er mit Gwen eine Spritztour auf seinem Motorrad. Etwas später hört er im Radio von einem Überfall und will reflexhaft sein Kostüm anlegen. Doch dann fällt ihm ein, daß es die Spinne nicht mehr gibt, und er vertieft sich zufrieden in ein wissenschaftliches Buch. Als er jedoch kurz darauf als Passant mitbekommt, wie jemand auf einem Hochhausdach von zwei Gangstern bedroht wird, eilt er ohne Kostüm zu Hilfe und erledigt die Ganoven so schnell, daß sie ihn nicht erkennen können. Der überfallene Wachmann erinnert ihn an den ermordeten Onkel Ben, und unvermittelt fällt ihm ein, warum er all die Jahre immer wieder zur Spinne wurde: weil er niemals wieder tatenlos zusehen wollte, wenn Unrecht geschieht. Bleibt nur eines zu tun: Peter klettert in JJJs Büro und holt sich sein Kostüm zurück – für Jonah eine Katastrophe, denn jetzt sind seine Schlagzeilen vom Ende der Spinne Fake News (hab‘ ich’s nicht gleich gesagt?). Vermutlich wird die Spinne auch dringend gebraucht, weil nun der Kingpin die Stadt übernehmen will. Ende der insgesamt guten, weil ziemlich gegen den Strich gebürsteten Episode.

Die Monats-Checkliste erscheint hier erstmals in geänderter Form. Weil es nun elf Williams-Superheldentitel gibt (plus „Horror“), wird die Liste wirklich zur Liste; zu jedem Heft gibt es nur noch ein paar Stichworte, die Zweitserien fallen unter den Tisch. Weitere Neuerung: Der „Leser des Monats“ ist auf Eis gelegt, weil wohl etliche Leser diese Rubrik nicht mochten. Dafür gibt es das erste Zeichnerporträt, und zwar interessanterweise von John Romita. Er ist wohl als „Spinne“-Künstler der Zeichner der Stunde, nicht Jack Kirby, der ja in USA Marvel zwischenzeitlich sogar verlassen hatte, auch nicht John Buscema. Und ebenfalls neu: Statt Leserbriefen gibt es nun eine Seite mit Kleinanzeigen (Fanclubs, Kauf- und Verkaufsofferten von Marvels). Da hatte sich schon einiges angesammelt. Mir ist kein bekannter Name aufgefallen, aber ich kenne auch nicht alle.

Marvelianer 20.08.2018 07:01

Auf Seite 2 ( Marvel-Intern ) steht doch explizit dass die Komet-Seite entfällt da
die Leser diese für überflüssig halten.

Bekannte beim Marvel-Mini-Markt: Ich selbst suchte dort 4 Frankenstein Ausgaben , weil meine von meinen Eltern beschlagnahmt wurden und der
bekannte Peter Stangenberg aus Lübeck suchte Leser für einen Spider-Man Fan-Club.

Peter L. Opmann 20.08.2018 07:41

Was die "Komet"-Seite ("Leser des Monats") betrifft, habe ich etwa dasselbe gemeint, nur anders formuliert.

Ich hätte Dich gern erwähnt, wenn ich Deinen Namen beim Mini-Markt entdeckt hätte.

thetifcat 20.08.2018 12:36

ASM 50 Ein faszinierendes Stück Comics Geschichte. Wurde immer wieder mal thematisiert.

Meine Top Ten der ersten 50 ASM


1) 33 W34 Doktor Octopus
2) 39 W40 Der Grüne Kobold
3) 50 W51 Kingpin / Foswell
4) 45 W46 Echse
5) 44 W45 Echse
6) 32 W33 Doktor Octopus
7) 31 W32 Doktor Octopus/Patch
8) 40 W41 Der Grüne Kobold
9) 18 W20 Sandman
10) 12 W14 Doktor Octopus

Mir fällt diesmal bei wiederholten Lesen, und erstmals seit langer Zeit wieder kontinuierlich, auf wie sehr doch die Spinne durch John Romita den Kinderschuhen entkam und besser wurde. Zur der Spinne die mich auch heute noch fasziniert.

Peter L. Opmann 20.08.2018 14:53

Ich finde, Kingpin ist ein Fortschritt. Daß Peter Parker plötzlich sein Kostüm in den Müll schmeißt (aber auch sich nach kurzer Zeit wieder anders entscheidet), finde ich nicht so ganz überzeugend. Auch Kingpin macht erst eine Entwicklung durch vom Kraftprotz zum Planer. Aber seine Qualität wird in ASM # 51 schon in Ansätzen sichtbar. Das Heft lese ich gerade.

Peter L. Opmann 21.08.2018 20:37

Spinne (Williams) 52

Erscheinungstermin: 2/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 51
2) Submariner # 4

Story-Titel:
1) In den Klauen des Kingpin!
2) ohne Titel (Wer kämpft für Atlantis?)

Original-Storytitel:
1) In the Clutches of the Kingpin!
2) Who strikes for Atlantis?

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45776.jpg

Etwa ab der Rückkehr von Kraven („Spinne“ # 48) hat sich nun eine mehr oder weniger durchgehende Storyline eingestellt. Man kann zwar noch beinahe jedes Heft einzeln lesen und verliert in der Serie nicht gleich die Orientierung, aber man sieht auch Entwicklungen, die sich über etliche Episoden hinwegziehen: das angeschaffte Motorrad, Peters Verbindungen zur Familie Osborn, das Hin-und-Hergerissensein zwischen Gwen und Mary-Jane. Aus Peter Parkers Entscheidung, seine Superhelden-Identität aufzugeben, ergibt sich die vorliegende Geschichte.

Ich war zunächst versucht zu schreiben, die Serie wird mit dem Kingpin realistischer. Das ist nicht richtig. Kingpin ist ein neuer Typus Schurke mit Intelligenz und krimineller Energie, einer, der nicht Amok läuft, der nicht nur von Rache getrieben ist und der nicht völlig lächerliche Welteroberungspläne verfolgt. Aber natürlich ist er trotzdem ein Klischee. An der Kingpin-Episode wird zudem deutlich, daß New York hier nur eine Kulisse ist. Eigentlich handelt es sich hier noch um ein Dorf. Wenn die Spinne unterwegs ist, sinkt die Verbrechensrate quasi auf Null (und wenn sie nicht da ist, können Gangster machen, was sie wollen – ich frage mich, was mit all den anderen Marvel-Superhelden los ist, die ja auch alle in NY sitzen). Wenn Jameson einen Leitartikel schreibt, ist der König der Unterwelt beinahe enttarnt (andere Zeitungen tappen völlig im Dunkeln oder existieren vielleicht gar nicht). Und wenn Kingpin zu einer Unterwelt-Konferenz einlädt, ist die Verbrecherszene der Stadt vollzählig versammelt. Dementsprechend kann dieses New York höchstens 1000 Einwohner haben.

Aber die Story muß sich nun einmal auf 20 Seiten runden. Kingpin hat das Gefühl, Jameson weiß zuviel und schreibt das dummerweise auch noch in seine Zeitung. Er befiehlt, ihn zu entführen; er will ihn auf Linie bringen. Frederic Foswell hat er schon in seiner Gewalt. Überraschend bringt er ihn nicht um die Ecke, sondern macht ihn zu seinem Adlatus. Von der Spinne wird noch allgemein angenommen, sie sei von der Szene verschwunden. Ein paar Gaunern, die wieder mal einen Geldkoffer geklaut haben (Inbegriff des Verbrechens im Dorf New York), leuchtet sie gehörig heim. Kurz darauf mischt sie sich in eine Mafiaaktion ein, bei der ein Clubbetreiber unter Druck gesetzt wird. Die Gangster setzen eine Granate ein; die Spinne verhindert jedoch, daß der Club einstürzt.

Dadurch wird Kingpin auf sie aufmerksam. Sein Interesse gilt aber zunächst vor allem Jameson – der wird am hellichten Tag aus seinem Büro entführt und mit verbundenen Augen zu Kingpin gebracht. Zunächst versucht er im Guten, den Zeitungsmann von seinen Artikeln abzubringen, Jameson erweist sich aber als furchtlos. Eigentlich ein guter Mann… Der Leser ist in Kingpins Pläne noch nicht so richtig eingeweiht; vielleicht erweisen sie sich auch noch als nicht so raffiniert, wie wir denken sollen. Jedenfalls platzt nun die Spinne in die Szene. Sie hat über die Gangster im Club die Spur Kingpins zurückverfolgt. Mit verbundenen Augen bekommt Jameson offenbar nicht richtig mit, was um ihn herum passiert. Im Kampf erweist sich Kingpin als ähnlich stark wie die Spinne. Wir erfahren, daß er wegen seiner Fettleibigkeit oft unterschätzt wird. Was wie Fett erscheint, sind offenbar in Wirklichkeit alles Muskeln. Seinen Stock, mit dem er Schockstrahlen verschießen kann, entwindet ihm die Spinne, bevor er ihn einsetzen kann, aber aus seiner Krawattennadel verschießt er ein Betäubungsgas, dem die Spinne zum Opfer fällt. Letztes Bild: Die Spinne ist am Boden; Jameson sagt, das habe er sich immer gewünscht, aber „nicht so!“ Hauptmotiv der folgenden Ausgabe wird also wohl sein, daß Jameson gegen seinen Willen gerettet werden muß, vielleicht auch Foswell.

Mir scheint es, als seien die Dialoge in diesem Heft umfangreicher und vielschichtiger als früher. Man muß aber noch sehen, ob Kingpin wirklich verzwickte Pläne verfolgt oder dann doch nur die Spinne, Jameson und Foswell umbringen will. Jedenfalls: Die Episode hat was. Das aus dem Rahmen fallende Jubiläumsheft („Spinne“ # 51) hat offenbar einen Impuls gegeben, der nun weiterwirkt.

Über die redaktionellen Seiten ist nicht viel zu sagen. Aber auf der vorletzten Seite ist ein Miniposter abgedruckt, das mir ziemlich gut gefällt. Es stammt noch von Steve Ditko und zeigt Peter Parker einst in der Schule, bietet aber eine hübsche Szene: Zwei von seinen Lehrern beratschlagen, ob sie ihn für ein Studienstipendium vorschlagen sollen. Flash Gordon ist derweil von Mädchen umringt und präsentiert seinen Bizeps. Rechts oben ist Peter in ein Buch vertieft. Links unten schwärmt ein Mädchen ungeachtet von Flashs Gockelei ganz insgeheim von ihm.

(Anmerkung: Bei den letzten Besprechungen habe ich versehentlich die Texter von Spider-Man und Submariner nicht angegeben; es waren aber jedesmal Stan Lee und Roy Thomas.)

Peter L. Opmann 22.08.2018 22:00

Spinne (Williams) 53

Erscheinungstermin: 3/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 52
2) Submariner # 5

Story-Titel:
1) Um als Held zu sterben!
2) Achtung… Tigerhai!

Original-Storytitel:
1) To die a Hero!
2) Watch out for… Tiger Shark”

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45777.jpg

Vorweg: Daß Kingpin ein strategisch denkender Superschurke ist, erweist sich eher als Behauptung von Lee und Romita, als daß man das aus seinen Handlungsweisen wirklich ableiten könnte. Kingpin will König der Unterwelt New Yorks sein; Jonah Jameson ist ihm dabei mit seinen kritischen Artikeln im Weg und muß daher ausgeschaltet werden. Foswell wird dagegen nicht aus dem Weg geräumt, weil er Kingpin noch irgendwie nützlich sein könnte. Das war’s. Aber ziemlich gekonnt wird Kingpin als Bösewicht neuen Typs präsentiert. Vermutlich ist er deshalb kreiert worden, weil er eine Mischung aus Gangster und Superschurke darstellt. Daß er Verbrechen begeht, läßt ihn relativ realistisch erscheinen; die Spinne kann ihn aber nicht einfach mit einem Fausthieb erledigen.

Die aktuelle Ausgabe präsentiert – wie auf dem Cover dargestellt – als Clou die bizarre Begegnung der Spinne mit Jameson. Sie muß ihren ärgsten Widersacher in der „Normalwelt“ aus höchster Gefahr retten, und natürlich dankt Jameson es ihr nicht einmal – was aus meiner heutigen Sicht so widersprüchlich erscheint, daß man es kaum glauben mag. Aber es ist recht amüsant gemacht.

Kingpin hat sich eine so komplizierte Methode ausgedacht, die Spinne und Jameson um die Ecke zu bringen, daß das einfach nicht klappen kann. Er sperrt sie in einen fensterlosen Kellerraum, den er dann mit Wasser flutet, um sie zu ersäufen. Man fragt sich, warum er sie nicht einfach erschießt – das wäre einfacher und sicherer, nur das Problem, die Leichen zu beseitigen hätte er dann ebenfalls (auch wenn er sagt: „Die Einzelheiten langweilen mich.“). Vielleicht würde er sie irgendwie in Säure auflösen, aber darüber muß der Leser nicht nachdenken, denn so weit kommt es nicht. Nett liest sich immerhin, wie Jameson nach und nach dahinterkommt, was Kingpin vorhat („Aus dem Rohr dort strömt Wasser! He, ihr müßt uns losbinden! Hier könnten wir doch ertrinken!“).

Die Spinne ist vorläufig noch ohne Bewußtsein. Die beiden werden in der Überflutungskammer an einen Block gekettet und sich selbst überlassen. Jameson, bisher bemerkenswert cool, wird nun Rücken an Rücken mit seinem Lieblingsfeind Spinne hysterisch. Die Spinne wird wach und kann relativ schnell ihre Handfesseln sprengen. Dann beginnt sie, was JJJ nicht gleich kapiert, einen Kokon zu spinnen, in dem Atemluft erhalten bleibt. Als Kingpins Leute das Wasser ablassen und die Kammer betreten, springt sie heraus und fordert Jonah auf zu fliehen. Der stößt sich jedoch schon nach kurzer Strecke den Kopf an einem Rohr und sinkt besinnungslos hin. Kingpin weiß vom Scheitern seines Plans noch nichts; er muß sich zunächst mit Foswell auseinandersetzen, der mit der Ermordung von Jameson und der Spinne ganz und gar nicht einverstanden ist. Kingpin erkennt, daß er auch Foswell töten muß, aber die Spinne mischt sich ein und ist nun, beim zweiten Kampf, auf ihren Gegner wesentlich besser eingestellt. Kingpin zieht sich in einen Geheimgang zurück. Durch eine gezielte Explosion wird die Spinne daran gehindert, ihm zu folgen. Foswell, einstiger Bugle-Redakteur und aus der Gewalt des Unterweltkönigs befreit, macht sich auf, um Jameson aus Kingpins Hauptquartier herauszubringen.

Als beide Kingpins Leuten in die Arme laufen, wird Foswell durch einen Pistolenschuß lebensgefährlich verletzt. Er hält die Gangster aber noch davon ab, Jameson wieder gefangenzunehmen, bis die Spinne zu Hilfe kommt. Dann stirbt er. Ein damals gängiges Muster, daß ein Mann, der sein Leben verpfuscht hat, durch eine letzte heroische Tat noch alles wiedergutmachen kann. Jameson erkennt Foswells Heldentum sofort anstandslos an, an seinem Haß auf die Spinne hat sich dagegen nichts geändert, was der wieder eine Menge Stoff zum Nachdenken gibt.

Wenig Soap-Anteile in dieser Ausgabe. Wir erleben, wie Flash Thompson aus dem Vietnamkrieg zurückkehrt (nur auf Urlaub). Was er dort erlebt hat, wird mit keiner Silbe erwähnt. Gwen und Mary-Jane freuen sich gleichermaßen, ihn zu sehen. Gwen läßt andeutungsweise erkennen, daß ihr Peter Parker jedoch viel mehr am Herzen liegt als Flash. Eine Figur taucht in diesem Heft zum ersten Mal auf, die, obwohl sie nur in zwei Panels zu sehen ist, gleich vertraut aussieht: Joe Robertson, der zweite Mann beim Bugle.

Mike Esposito ist alles in allem kein schlechter Inker. Vor allem Jameson gelingt ihm aber nicht so gut. Und Ned Leeds und Flash Thompson sind bei ihm nicht ganz einfach auseinanderzuhalten. Im zweiten MMT-Porträt wird nun John Buscema vorgestellt, das zu dieser Zeit (1976) sicher größte Zugpferd bei Marvel. Eine Seite bleibt wiederum übrig für ein Mini-Poster. Wieder gezeichnet von Steve Ditko, diesmal mit Spinne und Geier.

Peter L. Opmann 26.08.2018 15:51

Spinne (Williams) 54

Erscheinungstermin: 3/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 53
2) Submariner # 5

Story-Titel:
1) Grüß Gott: Dr. Octopus
2) ohne Titel (Achtung… Tigerhai!)

Original-Storytitel:
1) Enter: Dr. Octopus
2) Watch out for… Tiger Shark”

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas

https://www.comicguide.de/pics/medium/45778.jpg

Ich habe Stan Lee mal in Zusammenhang mit den Fantastischen Vier als Meister der Exposition bezeichnet, Hier, am Beginn des ersten „Spinne“-Vierteilers, wenn ich das richtig sehe, kam mir das wieder in den Sinn. Die Geschichte beginnt ganz allmählich, aber doch ziemlich unterhaltsam. Doc Ock taucht erst auf der siebten Seite erstmals auf, und dann völlig überraschend. In dieser Ausgabe bringt er nicht, wie schon häufig ähnlich gesehen, erst einmal der Spinne eine Niederlage bei, sondern er zieht sich zurück und taucht dann im zweiten Teil auf noch frappierendere Weise wieder auf.

Als in Bayern lebendem Zeitgenossen amüsiert mich schon der Titel: „Grüß Gott…“ Die Spinne hängt gegenüber von Jonah Jamesons Bürofenster in ihrem Netz und mokiert sich über den Daily Bugle, in dem die Ereignisse des vorigen Bandes völlig verdreht werden. So werden also die Folgen lose miteinander verbunden. Jameson fordert sie wütend auf zu verschwinden. Kleines, aber witziges Detail: Die Spinne setzt sich vor eine Turmuhr und wird beim Läuten beinahe von der Mauer gefegt. Sie schwingt über den Uni-Campus, was einen kurzen Schwenk zu Gwen, Harry und Flash erlaubt. Wieder mal nimmt Gwen Peter Parker vor Spott in Schutz. Die Spinne will sich in der Uni-Turnhalle schnell umziehen, wird dabei aber von Prof. Warren ertappt, der freilich angeblich stark kurzsichtig ist. Warren weist Peter sogar darauf hin, daß sein Unterhemd aus der Hose hängt – dabei handelt es sich um einen Zipfel des Spinnenkostüms.

Warren lädt Peter zu einer wissenschaftlichen Vorführung ein. Gwen willigt ebenfalls ein mitzukommen, angeblich aus echtem Interesse. Gezeigt wird dort ein echtes Stan-Lee-Gerät, ein „Vernichter“, Bestandteil einer Abwehrrakete – näher erklärt wird da nichts. Aber Peters Spinnensinn beginnt zu klingeln, und gleich darauf steht ein Mann mit Umhang im Publikum auf und bringt das Gerät an sich. Es ist Doc Ock, und unterm Cape hat er seine Tentakel verborgen. Mich hat immer verblüfft, wie die Stahlarme bei Bedarf auch eng am Körper oder unter etwas weiter Kleidung getragen werden können und niemand etwas von ihnen sieht. Mit den Tentakeln läßt Ock niemanden an sich heran und schützt sich auch gegen Tränengas. Peter hat allerdings die allgemeine Verwirrung genutzt, sich im Nebenraum in die Spinne zu verwandeln und Ock Paroli zu bieten. Schließlich gelingt ihm das, indem er dessen Brille mit Netzflüssigkeit verklebt. Ock läßt hoch oben an der Hauswand den Vernichter fallen, und die Spinne muß von ihm ablassen, um Schaulustige zu schützen, die von dem Metallkasten verletzt werden könnten.

Ock macht sich davon, aber die Spinne hat ihm zuvor einen Spinnenspürer angeklebt. Der Schurke erinnert sich an die letzte Begegnung mit der Spinne in den legendären Ausgaben # 33 und 34. Dabei wird er auf den Spürer aufmerksam, erfaßt, daß die Spinne ihn so verfolgt, und will ihr eine Falle stellen. Gwen ist sehr erleichtert, Peter wiederzusehen. Zusammen gehen sie in die Studentenkneipe „Kaffeebohne“ (die bisher „Silberner Löffel“ hieß). Gwen läßt sich hier bewußt mit Peter sehen. Offenbar ist ihr nach der Wissenschaftsshow klar geworden, daß sie mit ihm zusammen sein möchte. Auch Tante May und ihre Freundin Anna tauchen – merkwürdigerweise – in der Kneipe auf. Die beiden Damen verkünden, daß sie sich einen Untermieter nehmen wollen; eine unauffällige Verbindung zur nächsten Ausgabe.

Doc Ock bereitet derweil eine Falle für die Spinne vor. Er will sie in sein Hauptquartier locken und sie dort durch eine Explosion umbringen. Die Spinne folgt tatsächlich ihrem Signalgeber dorthin, ist aber mißtrauisch, insbesondere, als sie im Hintergrund Doc Ock sieht, der sich aber überhaupt nicht bewegt (Kunststück – es ist eine Attrappe). Aus sicherer Entfernung löst sie die Explosion aus und setzt sich nun von neuem auf Ocks Spur. Im Vorschaubild sehen wir, wie Ock sich bei Tante May nach dem freien Zimmer erkundigt. Eine sehr schöne Geschichte, finde ich. Es bleibt aber abzuwarten, ob der Vierteiler das einlöst, was die Einleitung verspricht. In dem Heft gibt es noch eine Leserbriefseite, die aber bei weitem nicht so kontrovers ausfällt wie die letzte.

thetifcat 26.08.2018 20:08

Wenn man bedenkt das Warren im Prinzip die wahre Nemesis in Peters Leben wird - mehr eigentlich noch als Norman oder Otto - wenn wir mal weglassen das Otto Peters Körper in diesen jetztigen Jahrzehnt übernommen hat -dann war der Aufbau Warren über ca. 100 Hefte um ihn dann loslegen zu lassen, wohl die längste Ouvertüre eines Superschurken.

Peter L. Opmann 26.08.2018 21:36

Ha - mir als 60er/70er-Jahre-Fan ist gar nicht bekannt, daß Prof. Warren später noch eine wichtige Rolle spielte. Aber ich find's gut, wenn so etwas zu meinen Betrachtungen ergänzt wird. Vielen Dank!

jakubkurtzberg 26.08.2018 21:47

Zitat:

Zitat von underduck (Beitrag 573947)
Für die, die es tatsächlich nicht wissen:
Daniel Wamsler ist jakubkurtzberg in der nichtvirtuellen Welt. :zwinker:

Zitat:

Zitat von Anton (Beitrag 573979)
Was?! Echt jetzt?!
Man lernt ständig hinzu.

Dann ist ja gut, dass es jetzt alle wissen ;)

underduck 26.08.2018 23:52

Wie jetzt? ... du kennst dich auch ... :kratz:

jakubkurtzberg 27.08.2018 05:58

Manchmal (er-)kenne ich mich nicht wieder... ;)

Lizard_King 28.08.2018 00:05

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 574339)
Ha - mir als 60er/70er-Jahre-Fan ist gar nicht bekannt, daß Prof. Warren später noch eine wichtige Rolle spielte. Aber ich find's gut, wenn so etwas zu meinen Betrachtungen ergänzt wird. Vielen Dank!

Er ist der Schakal, der in Williams 130 seinen Erstauftritte hatte.

Peter L. Opmann 28.08.2018 07:46

Bei "Spinne" # 130 werde ich vermutlich schon ausgestiegen sein. Ich mochte Ross Andru nicht.

jakubkurtzberg 28.08.2018 17:47

Ich fand den Übergang zu Ross Andru nicht tragisch. Mir gefallen seine Zeichnungen, auch wenn er oft ähnliche Perspektiven, Körperhaltungen und Gesichtsausdrücke verwendete. Da war Sal Buscema aber noch krasser mit seinen immergleichen Mundwinkeln.

Vielleicht fiel es aber auch nicht so auf, dass Gil Kane und Ross Andru übernahmen, solange John Romita Sr. tuschte. Und sie orientierten sich an seinem Stil.

Die 1970er und 1980er Jahre hatten solch einen hohen Output, dass eben mehr auf Masse als auf Klasse bei Marvel gesetzt wurde. Viele Talente, aber auch viel halbgares...

Peter L. Opmann 28.08.2018 18:19

Gil Kane hat mir gut gefallen. Er hat einige neue Posen der Spinne entwickelt, und er verwendet die für ihn typischen extremen Blickwinkel und besonderen Seitenaufteilungen. Peter Parker, Gwen, Mary-Jane und all die zivilen Figuren sahen bei ihm anders aus als bei Romita, das hat mich aber nicht gestört.

Ross Andru hat die Superhelden oft in eckigen, irgendwie verspannten Körperhaltungen gezeichnet, und sie hatten bei ihm klobige Füße. Bei der Darstellung New Yorks und der normalen Menschen stand er Romita nicht viel nach, aber ich konnte mich an seinen Stil wirklich nur schwer gewöhnen. Ist vielleicht einfach Geschmackssache.

thetifcat 28.08.2018 21:00

So unterschiedlich sind die Geschmäcker. Ich mochte Gil Kane für Peter gar nicht. Bei Ross Andru fühlte sich es wieder richtig an. Er traf vorallem Peter besser. Gil Kanes Spider-Man war oft sehr verdreht.

Peter L. Opmann 28.08.2018 22:24

Wir sehen die Stärken und Schwächen von Kane und Andru offenbar ähnlich, aber ziehen unterschiedliche Schlüsse daraus. :wink:

Marvel Boy 29.08.2018 06:48

Bei Kane kommt es immer auf die Schaffensphase an. in den Spider-Man Heften bei Williams gefiehl er mir meist nicht sonderlich.

jakubkurtzberg 29.08.2018 07:28

Zitat:

Zitat von underduck (Beitrag 573947)
Für die, die es tatsächlich nicht wissen:
Daniel Wamsler ist jakubkurtzberg in der nichtvirtuellen Welt. :zwinker:

Hat mich jemand angeschrieben, der hier mitliest? Ja, die Mailaddi auf web.de ist noch aktiv. Leider ist die Mail aber im Spam gelandet und als ich "kein Spam" geklickt habe verschwunden...
Also evtl. einfach nochmal schicken.

Zur Frage:
Beim Terence-Hill DVD-Bonus-Material dürfte mein alter Kumpel Uwe Huber das Interview geführt haben, ich war nur mit anwesend und vielleicht beratend tätig.


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