Die große Jim-Starlin-Thanos-Retrospektive + Extras

  • Eigentlich habe ich dafür keine Zeit und wird wohl Jahre dauern, bis ich das abschließen kann. Aber warum nicht.

    Wie vermutlich ziemlich viele junge Leser, habe ich als Kind nie wirklich darauf geachtet, wie die Namen der Autoren und Zeichner sind und mich mehr für die Figuren interessiert. Sei es Spider-Man (oder die Spinne, damals), Superman oder Batman (die drei mit denen ich angefangen habe). Geändert hat sich das mit Warlocks "kosmischem Suizid" im Finale der Geschichte, die heute von manchen als "Thanos War 2" bezeichnet wird. Rückblickend weiß ich, dass die Szene hundsmiserabel übersetzt wurde. Das wirft die Frage auf, wie ich in diesem Alter auf eine passende Übersetzung reagiert hätte. Gleichzeitig hat mich auch die Figur des Adam Warlock nachhaltig beeindruckt. Von dem gab es damals nicht so unheimlich viel. Schon gar nicht in Deutschland während der Condor-Ära. Im Grunde waren es die beiden Hefte, die den zweiten Thanos-Krieg beendet haben. Und eine Geschichte mit Spider-Man aus "Marvel Team-Up", hier in "Die Spinne" # 18 erschienen.

    Warum also keine Jim-Starlin-Warlock-Retrospektive wenn Warlock doch zumeist der Titelheld (und vor allem Der Held! war)? Weil der ältere Kain erkannt hat, dass es Starlin in der Hauptsache um den Titanen ging. Der macht unheimlich viel Entwicklung durch. Warlock bleibt dagegen nahezu konstant. Warum das so ist wird sich zeigen. Einige der Entwicklungen hängen mit den verschiedenen Phasen in Jim Starlins Leben zusammen (wird Zeit für eine Biographie).

    Je nach Zählweise unterteilt sich Starlins Schaffen an Thanos in vier oder fünf Phasen. Die letzten beiden könnte man zusammenfassen, da der zeitliche Abstand vergleichsweise gering ist. Anhand dieser ist die Frage zu klären, was hierfür zu lesen ist (und in welche Reihenfolge).

    Phase 1

    Diese umfasst Thanos' ersten Auftritt in "Iron Man" Vol. 1 # 55, Starlins Run an "Captain Marvel" (Vol. 1 # 25 - 34) und "Marvel Feature" Vol. 1 # 12. Diese Geschichten sind allesamt in der schwarzen Sammlung von Hachette als "Leben und Tod von Captain Marvel" in zwei Bänden erschienen. Zusätzlich gibt es das von Steve Englehart verfasste Tie-in aus "Avengers" Vol. 1 # 125.

    Dem folgt Starlins Strecke an Warlock ("Strange Tales" Vol. 1 # 178 - 181, "Warlock" Vol. 1 # 9 - 15, "Avengers Annual" Vol. 1 # 7 und "Marvel Two-in-One Annual" Vol. 1 # 2. Das ganze ist wiederum in zwei Bänden in der schwarzen Hachette-Sammlung enthalten. Zusätzlich gibt es das oben angesprochene Team-Up mit Spidey.

    Abgeschlossen wird die erste Phase von der Graphic Novel "The Death of Captain Marvel", enthalten im zweiten Band über den Captain bei Hachette.

    Phase 2

    Von den 70ern geht es in die frühen 90er. Starlin kehrt zu Marvel zurück - und holt Thanos aus der Mottenkiste. Dies ist letztlich die umfangreichste Phase. Und die mit den wenigsten deutschen Publikationen.

    Los geht diese Phase mit "Silver Surfer: Rebirth of Thanos". Dieser Band enthält "Silver Surfer" Vol. 3 # 34 - 38 und "Thanos Quest" Vol. 1. Außerdem eine Kurzgeschichte mit Thanos und Drax die weder von Starlin noch hierfür sonderlich wichtig ist. Auf deutsch sind nur die beiden Teile von "Thanos Quest" in der "Superschurken-Sammlung" von Hachette erschienen. Die sind allerdings erst etwas später zu lesen.

    Dem folgen "Silver Surfer" Vol. 3 # 40 - 43. Hier versucht Thanos, den Surfer vorzeitig durch einen geschickten Trick aus dem Spiel zu nehmen. Starlin wird dabei von Ron Starlin jr. (Ron Marz) unterstützt.

    Weiter geht es mit der schon erwähnten "Thanos Quest".

    Daraufhin folgen wieder einige Hefte aus der Reihe "Silver Surfer", die Thanos bereits mit dem Handschuh zeigen (Ausgaben 44 - 48, 50, die ersten beiden davon gibt es bei Panini).

    Darauf folgt "Infinity Gauntlet". Mehrfach von Panini gebracht und auch bei Hachette in der schwarzen Sammlung zu finden.

    Das ganze geht dann nahtlos in "Warlock and the Infinity Watch" über. Hier wird es dann etwas unübersichtlich. Zunächst sind die ersten 6 Nummern dieser Reihe dran. Die Reihe stellt insofern ein kleines Problem dar, als dass Thanos nicht in jedem Heft auftritt bzw. manchmal im Hintergrund agiert. Der Einfachheit halber nehme ich mal alle mit auf.

    Darauf folgt dann "Infinity War" zusammen mit WatIW # 7 - 10 (die Tie-ins nur bei Hachette. Außerdem Kurzgeschichten aus "Marvel Comics Presents" Vol. 1 108 - 111 (ebenfalls bei Hachette enthalten).

    Daraufhin folgt die nicht auf deutsch vorliegende Kurzgeschichte aus "Marvel Holiday Special (1992)" bevor es mit WatIW # 11 - 17 weitergeht.

    Nun kommt das Finale der ersten "Infinity-Trilogie". Das wäre also "Infinity Crusade" und die Tie-ins aus WatIW 18 - 22 und "Warlock Chronicles" Vol. 1 1 - 5. Davon ist nicht alles bei Hachette erschienen.

    Alle nun folgenden Ausgaben sind noch nie auf deutsch erschienen. Direkt nach "Infinity War" gibt es ein Crossover mit "Thor" und "Silver Surfer". Beide Reihen wurden damals von Ron Marz verfasst. Namentlich sind das "Thor" Vol. 1 # 468 - 471, "Silver Surfer" Vol. 3 # 86 - 88, WatIW Vol. 1 # 23 - 25 und "Warlock Chronicles" Vol. 1 # 6 - 8.

    Und abgeschlossen wird Phase 2 mit "Warlock and the Infinity Watch" Vol. 1 # 26 - 31. Der Rest der Serie wurde nicht mehr von Starlin geschrieben. Leider blieb seine aktuelle Handlung unvollendet bzw. Aspekte davon wurden fallengelassen und der Hauptstrang von John Arcudi beendet.

    Hierfür nicht relevant ist die Mini "Silver Surfer/Warlock: Resurrection" und ihr Vorgänger "Silver Surfer: Homecoming".

    Phase 3

    Der große Retcon bestehend aus drei Sechsteilern. Alle drei sind in der Reihe "Marvel Exklusiv" erschienen. Es handelt sich um:

    - Infinity Abyss
    - Marvel Universe: The End
    - Thanos Vol. 1 # 1 - 6

    Phase 4/4a

    Hier ist zunächst die Reihenfolge zu klären. Ich halte mich an eine Aussage, die Starlin mal auf Facebook getätigt hat und beginne mit "Thanos vs. Hulk". Erschienen ist es eigentlich später. Vom Lesefluss macht es keinen Unterschied. Alle folgenden Ausgaben sind auf deutsch in der Reihe "Marvel Exklusiv" erschienen.

    - Thanos Annual 1
    - Thanos vs. Hulk
    - Thanos: The Infinity Revelation
    - Thanos: The Infinity Relativity
    - The Infinity Entity
    - Thanos: The Infinity Finale

    Phase 5/4b

    Und dann die letzten drei. Alle bei Panini.

    - Thanos: The Infinity Siblings
    - Thanos: The Infinity Conflict
    - Thanos: The Infinity Ending

    2 Mal editiert, zuletzt von Kain (2. November 2023 um 19:39)

  • Ich habe es tatsächlich geschafft, mit der Sache anzufangen. Meine ungelesenen Sachen werden sich zurecht beklagen … Wenn ich Aussagen von Starlin zitiere oder paraphrasiere, dann werden die sämtlich aus "Jim Starlin: A Life in World and Pictures" (2010).

    Daher gleich ein paar Worte zum Hintergrund. "Iron Man" Vol. 1 # 55 war Starlins erster vollständiger Comic. Davor hat er z. B. Cover gezeichnet oder mal eine Geschichte in einem Magazin wie "Savage Tales" (vgl. die erste "Savage Sword of Conan Classic Collection"). Der reguläre Zeichner, George Tuska, ist ausgefallen und er war gerade im Büro von Marvel, als ein Ersatz gesucht wurde. Wie es der Zufall will, wohnten und der Autor der Reihe - Mike Friedrich - damals zusammen. Sie verständigten sich darauf, einen Plot zu entwickeln. Als Friedrich in der WG ankam, hatte Starlin schon drei Seiten fertiggestellt. So wurden Drax und Thanos geschaffen. Von letzterem sagt Starlin, dass er seine populärste Schöpfung ist und sich dies wohl nicht ändern werde. Er bezeichnet das so, dass er seine Karriere auf ihrem Gipfel begonnen hat und sich seitdem auf dem absteigenden Ast befindet.

    Alles was mit Thanos folgt, wollte er ursprünglich in "Iron Man" bringen. Die nächste Ausgabe - zusammen mit Autor Steve Gerber - war der Versuch, etwas Lustiges zu machen. Stan Lee hat das gar nicht gefallen und die beiden wurden vom Titel gefeuert. Während Starlin eine Mappe für DC zusammenstellte, wurde ihm "Captain Marvel" angeboten. Ebenfalls mit Mike Friedrich als Autoren an der Seite. Nun war es so, dass "Captain Marvel" schlecht lief und schon einmal eingestellt wurde. Der Titel erschien zu Starlins Zeiten also nur alle zwei Monate. Friedrich betreute noch mehrere andere Serien. Er und Starlin hatten also die Vereinbarung getroffen, dass Starlin auch den Plot liefert. Friedrich (und später Steve Englehart) half ihm dann beim Feinschliff. An der Serie hatte er dann mehr oder weniger freie Hand. Kontakt mit Redakteur Roy Thomas bestand nur zwischen Tür und Angel. Was in einer vor der Einstellung stehenden Serie passiert, war diesem wohl nicht wichtig. Aber dann sind die Verkäufe nach oben gegangen. Daher wurde Starlin angeboten, "Marvel Two-in-One" zu übernehmen bzw. sogar zu starten. Auch ein dauerhafter Platz an "Master of Kung Fu" stand im Raum. Diese Reihe hat er zusammen mit Englehart aus der Taufe gehoben. Starlin wollte dem Captain aber treu bleiben.

    Gestört hat ihn nur, dass er keinen festen Inker hat. Als die Verkäufe nach oben gingen, hat zunächst darum gebeten, dass sich das ändert. Klaus Janson war angedacht. Ausgabe 34 wurde dann jedoch von Jack Abel geinkt. Und Starlin wurde nichts gesagt. Er war sauer und hat Art Director John Verpoorten gesagt, dass man entweder seiner Forderung nach einem festen Inker nachkommt oder er gehen werde. Verpoorten hat ihm die Tür gezeigt und Starlin hat einige Ausgaben für Mike Friedrichs Indy-Magazin "Star*Reach" gestaltet (bzw. Geschichten darin).

    Da ich nun zu Bett muss, sage ich zum Inhalt in den nächsten Tagen etwas. Mit etwas Glück morgen.

  • Dann fangen wir mal an, etwas zu den bisher gelesenen Ausgaben zu sagen:

    Kleine Warnung vorab. Die Geschichten sind alt. Ich werde in keiner Weise auf Spoiler achten.

    Iron Man 55

    Der Einstand. Wie die folgenden Ausgaben noch mit Unterstützung von Mike Friedrich. Man merkt, dass es ein Frühwerk ist und Starlin noch nicht so recht weiß wo er hin will. Der Einfluss von Metron auf Thanos ist deutlich zu sehen. Später wird er optisch an Darkseid angepasst. Dass Freuds Theorie der psychosexuellen Entwicklung/Psychoanalyse einen Einfluss hatte, ist natürlich schon an den Namen Thanos (Thanatos - Todestrieb) und Eros (Sexual- oder Lebenstrieb) zu merken. Hier stellt sich die Frage, ob Eros ursprünglich der Gegenspieler des Titanen hätte sein sollen und Captain Marvel und Warlock dann nur Notlösungen waren. Unterm Strich wurde Starfox von seinem Schöpfer kaum je in einer wichtigen Rolle eingesetzt.

    Interessant am Hachette-Band ist, dass man sich an die ursprüngliche VÖ in den Heften hält. Daher sind Eros und Mentor in der Rückschau mit lila Hautfarbe zu sehen. Für spätere Nachdrucke und Paperbacks wurden sie weiß dargestellt.

    Hier geht es zunächst nur um einen Welteneroberer mit Hang zu wissenschaftlichen Kapriolen (wie der Roboter zeigt). Alles weiter kann man sich aus den Namen zusammenreimen. Die Verbindung zum Tod wurde noch nicht etabliert.

    Die Blood Brothers die hier ebenfalls ihren Einstand geben, wurden von Starlin ebenfalls sehr stiefmütterlich behandelt. Wenn ich mich recht erinnere, hat er sie dann nur noch in der Geschichte mit Ben Grimm aus "Marvel Feature" verwendet. Danach hat er sie erst wieder für "Thanos Annual" aus Phase 4/4 a verwendet. In Deutschland waren sie zum ersten mal in einem TB der Rächer zu sehen. Im Kampf gegen die beiden ging Herkules' Röckchen kaputt. Daraufhin erhielt er eine schicke grüne Badehose und einen Brustharnisch, der keine Funktion hat, außer eine stilisiertes "H" zu bilden.

    Auch Drax der Zerstörer gibt seinen Einstand. Ich kann mich ad hoc nicht daran erinnern, wer seinen Hintergrund weiter ausgeführt hat. Mag sein, dass es später in diesem Run angesprochen wird. Hier wird man leicht in die Irre geführt, da Drax als ein Titan dargestellt wird. Kann natürlich sein, dass er das zu diesem Zeitpunkt wirklich dachte.

    Für sich stehend wäre die Geschichte nichts besonderes.

    Zwischenfrage: Ist jemand an einem flotten Exkurs in Freuds Psychoanalyse interessiert? Falls ja, kann ich das gerne einfügen.

    Captain Marvel 25

    Der gute Captain, relativ kurz nach den Ereignissen des Kree-Skrull-Kriegs, wird von einigen früheren Widersachern angegriffen. Einige Totgeglaubte darunter. Wie sich herausstellt, stecken zwei Skrull hinter diesen Angriffen. Der allseits beliebte Super-Skrull und der bis dahin unbekannte Skragg. Das ganze soll den guten Captain gewissermaßen brechen. Man merkt, dass Starlin irgendwas im Sinn hat. Der Drahtzieher ist dabei noch nicht zu erkennen. Eine gute Action-Ausgabe.

    Captain Marvel 26

    Wer sich das Titelbild genau ansieht, ist dem Drahtzieher mittlerweile auf die Schliche gekommen. Neben diesem steht eine maskierte Gestalt. Im Heft setzen die Skrulls ihr Verwirrspiel fort. Dadurch kommt es zu einer Konfrontation mit dem Ding. Ein weiterer Verbündeter hat zudem dafür gesorgt, dass der "Masterlord" Kontrolle über Rick Jones' Freundin Lou-Ann Savannah hat. Thanos offenbart sich. Die Gestalt in der Kapuze bleibt einstweilen still. Die Verbindung zum Tod wird zumindest angedeutet. Und Skragg wird zur Statue. Außerdem wissen wir nun, dass Thanos irgendwas von Mar-Vell will von dem er sich einiges verspricht.

    Captain Marvel 27

    Statt den Blood Brothers gehören jetzt u. a. ein Badoon, ein Sagittarian, ein Rigelianer und ein Aakon zu Thanos' Helfershelfern. Die Kapuzengestalt weicht nicht von Thanos' Seite, es gibt eine optische Anspielung auf Freud und wir erfahren, dass der Titan den Kosmischen Würfel sucht. Weiterhin gibt es Hintergründe zum Titan und Eros und Mentor erscheinen erstmals mit weißer Hautfarbe. Die Titanen beweisen ihre Macht und Super-Skrull ist anschließend für eine Weile unter den Toten. Lou-Ann involviert in der Zwischenzeit die Rächer. Es geht also in eine größere Richtung.

  • Doch, darauf läuft es letzten Endes hinaus.

    Ich werde mich hier in der Hauptsache auf Fissenis "Persönlichkeitspsychologie" in der 5. Auflage beziehen (S. 31 ff.). Sollte ich noch eine andere Quelle hinzuziehen, werde ich die einzeln aufführen.

    Freuds Theorien sind heute nicht unumstritten. Z. T. hat das seine Berechtigung. Aber oft wird auch übersehen, dass die Psychologie eine Wissenschaft wie jede andere ist. Man musste irgendwo mal anfangen. Dass spätere Entwicklungen Änderungen nötig machen, ist dabei eigentlich normal. Die größten Schwächen an Freuds Theorie der psychosexuellen Entwicklung: Er bedient traditionelle Geschlechterrollen. Das ist aber typisch für sein zeitliches Umfeld. Weiterhin ist seine Theorie auf ein westeuropäisches Umfeld zugeschnitten. In diesen Breitengraden kann man, mit Abstrichen, also durchaus mit der Theorie arbeiten. Je nach Ausgangslage und Ziel. Für alles andere gibt es das relativ junge Feld der kulturvergleichenden Psychologie.

    Freud wird trotz aller Kritik noch heute gelehrt. Im Studium natürlich aufgrund des historischen Kontexts. Die psychosexuelle Entwicklung nach Freud gehört aber auch zur Ausbildung der Heilerziehungspflege. Hier ist sie ein Werkzeug, das dem HEP helfen soll, manche Verhaltensweisen bei seinem Klientel zu erklären. Das ist auch ein probates Mittel bei Menschen, die oft stark von ihren Trieben kontrolliert werden. Freuds Modell ist jedoch nicht das einzige Mittel, das HEP-Schülern beigebracht wird. Das führt dann zwangsläufig zur Erkenntnis, dass Freuds Theorie in den 70ern, als diese Geschichten entstanden sind, eigentlich schon veraltet war. Andere Psychoanalytiker wie Erik Erikson und Margaret Mahler haben Freuds Ansätze weiterentwickelt. Um mal nur zwei zu nennen.

    Freud deckt weiterhin nur einen relativ überschaubaren Teil der menschlichen Entwicklung ab. Er verfolgt das ganze etwa bis zum 12. Lebensjahr. Erikson hingegen sieht Entwicklung als lebenslange Aufgabe und hat seine eigene Theorie entsprechend formuliert. Starlins Faszination dürfte also klar an den zugrundeliegenden Trieben und ihren Bezeichnungen liegen - Thanatos, der Todestrieb und Eros, der Lebenstrieb. Freuds Nachfolger bieten solche, für die Fiktion geeigneten, Konzepte freilich nicht.

    Im Endeffekt ist Thanos also ein unzufriedener 12jähriger. :schorsc2:

    Zunächst geht Freud von drei Grundannahmen aus:

    1. Triebtheorie: Es gibt den Lebens- oder Sexualtrieb (Eros) mit der Energie Libido. Dem gegenüber steht der Todes- oder Aggressionstrieb (Thanatos) mit der Energie Destrudo.

    2. Psychischer Determinismus: Jedes Verhalten ist demnach seelisch bedingt.

    3. Unbewusste Motivation: Die meisten seelischen Vorgänge bleiben dem Bewusstsein verborgen.

    In Starlins Fall:

    Der Champion des Todes tritt gegen den Champion des Lebens an. Die zweite Rolle nahm letzten Endes Adam Warlock an. Die Namen legen aber Nahe, dass diese Rolle wohl eigentlich Eros/Starfox zugedacht war. Starlin verwendet hier also zunächst die Gegenüberstellung der beiden fundamentalen Triebe.

    Die Punkte 2 und 3 gehen ineinander über. Thanos wurde aufgrund seines Aussehens gemieden, gehänselt, vernachlässigt. Die Mutter wollte ihn, je nach Version der Entstehungsgeschichte, schon nach der Geburt töten. Das hat seelische Spuren hinterlassen, über die sich der Patient nicht zwangsläufig im Klaren ist. Die Motivation bleibt also ohne Aufarbeitung verborgen. Sie bestimmt aber Thanos' Rolle als Champion des Todes. Etwas vereinfacht ausgedrückt.

    Zurück zu Sigi:

    Freud geht davon aus, dass im Menschen drei psychische Instanzen existieren.

    1. Es/Id: Das ES ist angeboren. Es steht für Primärprozesse und damit für das Vitale, Triebhafte. Freud beschreibt hier das Streben des ES nach sofortiger Befriedigung der elementaren Triebe und Bedürfnisse. Man spricht auch vom Lustprinzip.

    Das lässt sich an Kleinkindern beobachten, die sofort anfangen zu schreien, wenn sie z. B. Hunger haben. Sie können ihr Bedürfnis nicht aufschieben. Die Logik hinter einem solchen Vorgang ist ihnen noch nicht bewusst.

    2. Ich/Ego: Das ICH entwickelt sich aus dem ES und steht für Sekundärprozesse. Hier wird die Art beschrieben, wie man fühlt, denkt oder Situationen bewertet. Man spricht vom Realitätsprinzip. Dies bildet ein Paar mit dem Lustprinzip und damit der komplementäre psychische Wirkmechanismus zu diesem. Das Realitätsprinzip modifiziert das Lustprinzip. Das bedeutet, dass die Befriedigung der Bedürfnisse nach dem Lustprinzip den Erfordernissen der Umwelt (Realität) angepasst wird. Wir lernen also z. B., unseren Hunger aufzuschieben, wenn wir in einer Situation sind, in der es nicht angebracht wäre, das Pausenbrot auszupacken.

    3. Über-Ich/Super-Ego: Das ÜBER-ICH steht für das Gewissen und das Ich-Ideal. Das Gewissen wird mit Schuldgefühlen assoziiert während das Ich-Ideal für Eigenliebe oder Stolz steht. Es ist damit der Antagonist der elementaren Triebe des ES und enthält die moralischen Normen und Wertvorstellungen der kulturellen Umgebung in der ein Mensch aufwächst. I. d. R. also jene der Eltern (bzw. des direkten Umfelds). Die enthaltenen Wertvorstellungen werden als die ureigenen wahrgenommen.

    Diese drei Instanzen stehen in Wechselwirkung zueinander. Daher Psychodynamik. Die Psychoanalyse ist eine psychodynamische Theorie. Das heißt also, dass das ÜBER-ICH die Wünsche des ES bewertet. An das ICH geht dann die Anweisung, ob ein Bedürfnis befriedigt wird oder nicht. Das ICH überprüft die Realität (ob das Pausenbrot ausgepackt werden darf) und ist damit der Mittler zwischen ÜBER-ICH und ES. Das ES kündigt Wünsche/Bedürfnisse beim ICH an (z. B. Hunger).

    Das Ziel der Persönlichkeitsentwicklung ist ein starkes Ich (Ich-Stärke). Dies kann z. B. durch einen autoritativen Erziehungsstil erreicht werden. Eine zu autoritäre Erziehung führt zu einem starken ÜBER-ICH während ein Erziehungsstil nach laissez-fair zu einem zu starken ES führt. In diesen Fällen spricht man von einer Ich-Schwäche.

    Diese ist gegeben, wenn die einzelnen Instanzen mit der Realität in einem Ungleichgewicht stehen. Das ES, das ÜBER-ICH oder die Realität siegen in diesem Fall über das ICH.

    Ein Beispiel für ein zu starkes ÜBER-ICH sind Menschen, die Schwierigkeiten habe, Entscheidungen zu fällen. Sie denken zu sehr an mögliche Folgen. Nicht unbedingt für sich selbst sondern auch für ihr Umfeld. Sie haben quasi schon Gewissensbisse bevor überhaupt etwas passiert ist.

    Menschen mit zu starkem ES sind eher rücksichtslos. Dafür könnte man solche Menschen als Beispiel heranziehen, die so ziemlich alles dafür tun, um in ihrem Beruf weiterzukommen. Die über Leichen gehen, wenn man so will. Den einen wurden zu viele Grenzen gesetzt weshalb sie sich nicht entfalten konnten, den anderen zu wenige oder sogar keine.

    Freud hat die Entwicklung der drei Instanzen anhand eines Libidomodells erklärt (anale Phase usw.). Das können wir uns an dieser Stelle erstmal sparen. Sollte ein Punkt auftauchen, an dem ich darauf näher eingehen muss, reiche ich das gerne nach.


    Thanos ist anhand von Freuds Theorie eine Person, bei der das ES zu stark ausgeprägt ist. Genauer lässt sich das nur schwer analysieren, da verschiedene Versionen und Überarbeitungen seiner Hintergrundgeschichte existieren. Selbst Starlin hat sich im Laufe der Jahre da ein wenig verrannt. Weiterhin ist auch fraglich, ob Thanos' Entwicklung nach "Infinity Gauntlet" - ohne jede Therapie - tatsächlich Sinn ergibt. Aber da wir uns in einem fiktiven Umfeld bewegen, ist das wohl nicht so wichtig.

    Starlin geht letztlich eher einen philosophischen als einen psychologischen/psychoanalytischen Weg. Die Psychoanalyse hat ihm nur ein Konzept geliefert, auf dem er letzten Endes aufbaut. Die (mal mehr mal weniger) latente Religionskritik in seinem Werk, die ständige Auseinandersetzung mit Fragen zu Leben und Tod gehen über psychologische Vorgänge hinaus. Mal mit mehr Erfolg, mal mit weniger.

  • Captain Marvel 28

    Das Heft ist in drei Kapitel aufgeteilt. Wie üblich wird Starlin von Mike Friedrich unterstützt. Allerdings zum letzten Mal. Zudem hat er das zweite Kapitel erstmals komplett ohne Hilfe geschrieben. Merkt man auch sofort, da es hier ein bisschen psychedelischer zugeht.

    Der Controller wird hier als ein Helfer des Titanen präsentiert. Achtet mal auf die Ähnlichkeit ihrer Outfits. Man könnte meinen, dass die Figur für diese Rolle erfunden wurde. Allerdings ist Basil Sandhurst schon ein paar Jahre zuvor eingeführt worden und hatte seinen ersten Auftritt in "Iron Man" # 12. Zuvor war er etwas drei Jahre nicht in Erscheinung getreten (letzter Auftritt war in "Iron Man" # 28 von 1970).

    Ab hier zieht die Angelegenheit dann etwas an.

    Captain Marvel 29

    Ab hier dann alleine am Steuer. Und es wird philosophisch angehaucht. Der gute Captain muss den Soldaten - und damit ein Sinnbild des Todes - hinter sich lassen und zum Beschützer werden. Dafür muss auch seine inneren Dämonen überwinden, die ihm quasi in Form von sich selbst begegnen. Das Motiv wird später in "Warlock" wieder aufgegriffen, als Adam dem Madness Monster gegenübertritt. Mit anderem Ende.

    Ein anderes bei Starlin oft zu findendes Motiv ist die deutliche Antikriegseinstellung. Die sehen wir nicht nur in Mar-Vell personifiziert. Sie wird auch in Bildern und (Eons) Worten relativ deutlich ausgesprochen. Das ist zweifellos von Starlins Erfahrungen in Vietnam geprägt. In Kampfhandlungen war er meines Wissens nicht verstrickt, da er von der Navy als Photograph eingesetzt wurde. Aber die Gräuel des Krieges sind sicher nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Das spiegelt sich auch in seinem persönlichsten Werk - "'Breed" wider.

    Nebenbei gibt es die Entstehung der Titanen. Bei Hachette in der ursprünglichen Version mit Zeus statt Zuras als Mentors Bruder. Zwischenzeitlich wurde das angepasst. Eigentlich ganz gut, da die Geschichte um Chronos wie sie hier erzählt wird, nicht so ganz zu der Gestalt aus den Sagen passt.

    Kirby- und besonders Ditko-Einflüsse kommen in dieser Ausgabe besonders zur Geltung.

    Captain Marvel 30

    Das ist im Grunde eine Action-Ausgabe. Mar-Vell schlägt zurück und kümmert sich um den Controller. Der wähnt sich weiterhin überlegen. Eigentlich bis zum Schluss. Seine bevorstehende Niederlage erkennt er erst, als sein Herr und Meister ihn darauf hinweist. Marvs Art zu kämpfen hat sich grundlegend geändert. Andere Autoren sind darauf nie zurückgekommen. Wohl mit ein Grund, weshalb die Serie nach Starlins Abgang wieder an Erfolg eingebüßt hat.

    Marvel Feature 12

    Letzte Ausgabe der Serie, nebenbei. Dies und das Heft davor waren Team-Ups für Ben Grimm. Das war wohl recht erfolgreich und wurde dann in "Marvel Two-in-One" fortgesetzt. Autor ist Mike Friedrich.

    Eine recht unbedeutende Ausgabe. Iron Man und das Ding prügeln sich mit den Blood Brothers die hier scheinbar sterben. Sollte auch einige Jahre dauern, bis die wieder für eine Ausgabe der Rächer ausgebuddelt wurden. Woraufhin sie gleich wieder in der Versenkung verschwanden. Die Idee, sie zu Weltraumvampiren zu machen, finde ich etwas albern. Kann mich auch nicht daran erinnern, dass man das später wieder aufgegriffen hätte. Dadurch, dass noch andere Figuren involviert werden, wirkt die gesamte Angelegenheit des "Thanos War" natürlich etwas größer. Und man geht den bekannten Marvel-Weg zu zeigen, dass sich das alles in einer Welt abspielt. Ist eine nette Ergänzung zum Band. Und wir lernen, dass Joe Sinnott kein guter Tuscher für Jim Starlins Zeichnungen ist. Warum auch immer.

    Band 1 von Hachette wäre damit durch. Auf dem Rücken dieses Buches ist übrigens ein Fehler enthalten. Demnach wäre das letzte Heft aus der Serie "Captain Marvel" die 29.

  • Ich habe mir die Gallery Edition von Jim Starlins "Warlock" gegönnt und eben mal mit der "Warlock Special Edition" von 1982 und der Ausgabe von Hachette verglichen.

    Wie auch Hachette hat man die ursprünglich veröffentlichten Hefte herangezogen. Das liefert zwei Unterschiede zur SE:

    - Das von der Comics Code Authority beanstandete Panel ist in der retuschierten Form dabei - in der SE wurde es wie ursprünglich geplant abgedruckt (da hatten es sie wohl übersehen oder die sieben oder so Jahre dazwischen haben die Einstellung geändert).
    - Für die SE hat Starlin bei zwei Gelegenheiten neue Eingangsseiten gezeichnet, damit man nicht so plötzlich in die Geschichte geworfen wird (in den sechs Heften wurde je ca. zweieinhalb Hefte nachgedruckt). Da hier alles am Stück ist, waren die nicht nötig. Sie hätten an den entsprechenden Stellen aber auch nicht gestört.

    Allerdings sind sowohl das Panel als auch diese beiden Seiten im Bonusmaterial enthalten. Das Panel jedoch nicht koloriert.

    Hachette hat auch die ursprünglichen Hefte herangezogen.

    Im Bonusteil befinden sich auch die erhaltenen Bleistiftzeichnungen des verlorenen Hefts "Warlock" 16 (Starlin sagte mal, dass er es im Bus liegen ließ). Das sind Reproduktionen von Kopien, die der Tuscher Steve Leialoha seinerzeit angefertigt hat. Dialoge sind in den Bildern nicht eingefügt. Aber Starlins Anmerkungen für den Letterer (nehme ich an) sind unterhalb angefügt. Insgesamt 16 Seiten. Nicht alle sind komplett fertig gezeichnet. Weiterhin sind einige Reproduktionen von Originalseiten der nachgedruckten Hefte im Bonusteil enthalten, Starlins Cover von "FOOM" 9 und des "The Mighty Marvel Bicentennial Calender 1976", die Novemberseite des Kalenders und so ziemlich jedes Titelbild von Ausgaben, in denen diese Serie nachgedruckt wurde. Also auch die mit dem Silver Surfer aus der gemeinsamen Reprint-Reihe. Dann noch aus der SE das Vorwort von Al Milgrom, einige Pin-ups und die Editori-al/Deaditori-al-Seiten von Milgrom. Und als besonderes Bonus die Einträge aus den ursprünglichen Handbooks für den In-Betweener, Gamora, Pip, Thanos und Warlock.

    Nicht dabei, und das dürfte das erste Mal bei einem Nachdruck dieser Geschichten sein, ist "Marvel Team-Up" 55 von Mantlo und Byrne.

  • Captain Marvel 31

    In dieser Ausgabe wird Thanos' Motivation erstmals angesprochen. Die Gestalt mit der Kapuze zeigt erstmals ihr (menschliches) Gesicht und die Probleme der beiden werden auch etabliert: Thanos' Angebetete spricht nie zu ihm. An den Ohrringen und der Gegenüberstellung ihrer beiden Gesichter in Thanos' Augen wird gezeigt, um wen es sich bei der Dame handelt.

    Psychoanalytisch betrachtet sehen wir Thanos, der einer unerwiderten Liebe folgt, also letztlich nur seinen Trieben. Er handelt, um Mistress Death für sich zu gewinnen. Dafür will er ihr die Erde opfern. Das alles dient der Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse (oder Triebe). Das sehen wir später in "Infinity Gauntlet" und der Vorgeschichte dazu nochmal deutlicher. Optisch haben wir wieder ganz viel Kirby-Einfluss.

    Übrigens kann man in Drax starke Parallelen zu Thanos erkennen. Auch er ist völlig destruktiv und damit eher dem Todestrieb in Anlehnung an Freud verhaftet. Als Gegenspieler des "Champions des Todes" also eigentlich völlig ungeeignet da er ihm irgendwo viel zu ähnlich ist. Bedürfnisse aufzuschieben gelingt beiden nicht. Aber deshalb ist wohl auch Warlock/Magus am Ende der "Champion des Lebens".

    Captain Marvel 32

    Setzt die Motive aus der Vorausgabe nahtlos fort. Man greift Thanos' Ego an. Das ist im Sinne der Psychoanalyse folgerichtig, da beim Titanen eine Ich-Schwäche vorliegt. Er ist also leicht zu kränken und aus der Reserve zu locken, da das Es in seinem Fall stärker ausgeprägt ist als das Über-Ich.

    Avengers 125

    Tie-in von Steve Englehart, einem der wohl besten und heute leider arg vernachlässigsten Autoren der 70er Jahre. Dient hauptsächlich dazu, die Geschichte größer erscheinen zu lassen. Eine Nebenbemerkung gibt eine nette Idee an: Während der Schlacht suchen die Bürger routinemäßig Schutzräume auf, an die sie aufgrund der vielen Krisen mit Superwesen wohl ziemlich gewohnt seien. Eine sinnvolle Sache für eine Superhelden-Universum wenn man mal drüber nachdenkt.

    Captain Marvel 33

    Englehart unterstützt Starlin an der Schreibmaschine. Finale. Der beginnt mit einer Rückschau auf Thanos' Geschichte, inkl. der Tötung seiner Mutter bei einem Angriff auf Titan. Details wurden später mehrfach angepasst. Auch von Starlin selbst. Hier sehen wir nur, dass sie bei Thanos' Angriff ums Leben kam, dies also als Unfall/Nebenprodukt durchgeht. Später wird mal ergänzt werden, dass Thanos seine Mutter verschont hätte und diesen Tod bereut. Noch später heißt es dann, dass er sie persönlich aus dem Leben beförderte und der Angriff davon ablenken sollte.

    Mar-Vells Gespräch mit Isaac zeigt dann den Unterschied zwischen Marv und Thanos anhand von Freuds Theorie. Der Kree kann seine Bedürfnisse/Triebe kontrollieren. Dies sei essentiell wenn man dem Super-Computer glauben mag. Und so wird es dann auch sein. Interessant am Ende die lachende Mistress Death. Freut sie sich über Thanos' Versagen?

    Captain Marvel 34

    Mit dem Ende von "Thanos War" wird das Philosophieren ein wenig zurückgeschraubt. Starlins letzte Ausgabe an der Serie sollte den Grundstein für Ereignisse einige Jahre später legen. Dazu dann an passender Stelle.

  • Dann mal zu den Hintergründen zu "Warlock".

    Zunächst wurde die Figur als Him für "Fantastic Four" von Lee und Kirby erfunden. In der Folge hatte Er (so sein deutscher Name bei Condor) es mit Thor zu tun, bevor Roy Thomas ihm eine eigene Serie gab, in der er zu Adam Warlock wurde und den Seelenstein erhielt. Thomas und Co. machten aus Warlock eine messianische Figur:

    High Evolutionary - der Schöpfer (von Counter-Earth) - sandte ihn auf die Erde (Counter-Earth in dem Fall), um sie vom Bösen in Form von Man-Thing zu befreien. Die Serie lief nicht sehr gut und wurde vorzeitig mit Ausgabe 8 eingestellt. Gerry Conway nahm die Fäden einige Zeit später in "Incredible Hulk" wieder auf und ließ Warlock am Kreuz sterben und wieder auferstehen. Danach war erstmals Schicht im Schacht.

    Starlin, auf der Suche nach neuen Wirkungsstätten, wurde angeboten, sich an Adam Warlock auszutoben. Der nahm dankend an, da Warlock so weit vom Mainstream entfernt war, dass er quasi machen konnte, was er wollte. Letzten Endes präsentierte er den ehemaligen Messias als (quasi-)suizidalen Paranoiker. Starlin gibt an, dass seine persönlichen Lebensumstände dazu beigetragen haben dürften. Er hatte Alkohol- und Drogenprobleme und war gerade damit beschäftigt, von New York an die Westküste umzusiedeln. Von seiner damaligen Freundin Heather hatte er sich ebenfalls soeben getrennt (oder sie von ihm, das geht nicht so richtig aus dem Text hervor).

    Starlin lobt Thomas, den ersten Redakteur an seinem Run (die vier Hefte "Strange Tales"). Danach gaben sich diverse Leute die Klinke in die Hand. Während er sich mit Len Wein und Marv Wolfman arrangieren konnte und relativ freie Hand behielt, kam es mit Gerry Conway zu einem Konflikt. Der ließ etwas am Artwork von Heft 14 ändern (es wird leider nicht erwähnt was genau) und gab Starlin und Inker Steve Leialoha zu verstehen, dass diese Entscheidung final sei und solche Dinge künftig nicht ausdiskutiert werden würden. Sollte Starlin dies nicht gefallen, könne er gerne gehen. Und genau das hat er gemacht. Wie zuvor bei "Captain Marvel" (s. o.) und später noch öfter. Bis hin zu seinen letzten "Thanos"-Geschichten für Marvel, um genau zu sein. In diesem Fall war Starlin aber voreilig. Nur zwei Wochen später nahm Conway seinen Hut und wurde von Archie Goodwin beerbt. Da Starlin sich bereits für seine künftigen Arbeiten bei DC vorbereitete, konnte er Goodwins Angebot einer Rückkehr nicht annehmen. "Warlock" und einige andere Serien wurden dann aufgrund einer Papierknappheit eingestellt. Goodwin bot Starlin später an, die offene Handlung in "Avengers Annual" fertigzustellen. Dieser nahm an und hatte so viel Material, dass ihm auch das Jahresheft von "Marvel Two-in-One" zugestanden wurde.

    Einmal editiert, zuletzt von Kain (5. Juni 2022 um 22:26)

  • Strange Tales 178

    Aus irgendeinem Grund wird die Historie Warlocks bis zu diesem Punkt von Sphinxor erzählt. Im Auftrag Onkel Stans. Die Hintergründe dazu wurden später in "Marvel Two-in-One" von Mark Gruenwald erläutert. Lassen wir das also.

    Die eigentliche Handlung setzt mit Warlocks erster Begegnung mit Mitgliedern der Universal Church of Truth ein. Das ist das erste mal (zumindest in Mainstream-Comics), dass Starlin Religionskritik in seine Geschichten einbaut. Später sollte das eines seiner wiederkehrenden Themen werden. Es gibt erste Hinweise darauf, dass er und Magus ein und dieselbe Person sind. Die namenlose Frau, die vor den Inquisitoren flieht, weiß wer er ist. Da er ein relativ unbeschriebenes Blatt ist, dürfte das daran liegen, dass sie über Magus' Entstehung bescheid weiß. Als Warlock ihre Leiche hält, gibt es einen optischen Hinweis. Er nimmt die Farben seines Gegenstücks an - silbernes Haar und lila Haut.

    Nach der Konfrontation mit den Inquisitoren gibt es das erste Stück Introspektion, die deutliche Anzeichen einer schweren Depression liefern. Anschließend wird der Seelenstein erstmals seinem Namen gerecht und Warlock erhält von der Verstorbenen Informationen über die Kirche. Darunter auch, dass die Kirche in Form der Matriarchin eine weltliche Führerin hat. Anschließend kommt es zur ersten Konfrontation mit Magus, nach der Warlock dessen wahre Identität erfährt. Was schon im Namen liegt: "Magus is latin for wise man … magician … warlock!!".

    Starlin geht hier gleich in die Vollen. Warlock sucht Ruhe, findet aber nur Chaos. Noch schlimmer, das Chaos geht quasi von ihm selbst aus. Um es zu stoppen, muss er sich selbst stoppen, womöglich töten. Kosmischer Suizid. Kurz, als Magus seine Natur offenbart, gibt es auch den Hinweis der Gegenüberstellung von Leben und Tod.

    Optisch ist das ganze wieder sehr von Kirby und Ditko beeinflusst. Hinzu kommt jetzt auch Gil Kanes Dynamik. Vermutlich ganz bewusst, da Kane die ersten acht Hefte der Serie gestaltet hatte.

    Strange Tales 179

    Warlock wird von Autolycus und seinen Black Knights gefangen genommen. Das Symbol der Kirche ähnelt dem Kreuz, an dem Warlock in der Vergangenheit gestorben ist. Unter den Mitgefangenen befindet sich Pip der Troll, der so etwas wie Warlocks bester Freund werden soll und optisch an Jack Kirby angelehnt ist. Autolycus und Warlock stellen fest, dass sie sich eigentlich respektieren. Warlocks Zögern bringt fast sein Ende. Würde nicht der Seelenstein erstmals ein Eigenleben zeigen und dem Ritter die Seele stehlen. Als dies geschieht wird Warlock wieder in Magus' Farben dargestellt, den wir bisher nie vollständig gesehen haben. Anyway. Warlock besiegt die Besatzung der Great Divide im Alleingang nachdem er es abgelehnt hat, die anderen Gefangenen anzuführen. Am Ende fordert er sie dazu auf, sich selbst zu führen und macht sich auf den Weg zu Homeworld, dem Sitz der Kirche. Pip schließt sich ihm an und er wird der erste, dem Warlock sein Herz ausschüttet.

    Wir sehen Warlock aus fähigen Kämpfer, der hier quasi Batman gibt. Die Matriarchin überdenkt ihre Möglichkeiten, wenn sie Warlock beseitigt. Das Konzept der Selbsttötung wird etwas deutlicher angesprochen.

    Strange Tales 180

    Das Heft beginnt auf Homeworld und mit Warlocks neuem Kostüm. Erstmals mit Cape. Nach einem Kampf mit einigen Black Knights muss Warlock das vampirische Verlangen des Seelensteins unterdrücken. Als er den Stein abnehmen will, muss er jedoch erkennen, dass ihm dies nicht mehr möglich ist. Der Stein hat sich an ihn gebunden, indem er einen Teil seiner Seele geraubt hat. Matriarchin indes hat ihre Pläne geändert. Nun will sie Warlock zu ihrem Sklaven machen. Der kommt freiwillig zu ihr, um die Geschichte von Magus zu erfahren. Er vermutet, dass der Seelenstein für die Erschaffung dieses Doppelgängers verantwortlich ist. Außen vorgelassen wird bisher, dass eingangs erwähnt wurde, dass die Kirche von Magus vor 5000 Jahren gegründet wurde. Die Matriarchin offenbart nun, dass Magus eine zukünftige Inkarnation Warlocks ist. Dieser kann sich nicht vorstellen, dass er zu einem solchen Bösewicht wird. Die Matriarchin konfrontiert ihn aber mit einigen unschönen Wahrheiten und bezeichnet Warlock als ein Wesen der Extreme, das keinen Mittelweg kennt. Was zwangsläufig wieder zu Freud führt.

    Warlock wird nun dem Großinquisitor Kray-Tor vorgeführt, der seine Verhandlung führen soll. Die Verhandlung ist natürlich eine Farce. Das wird auch in keiner Weise verschwiegen und ist mit das satirisch-abgedrehteste, das Starlin je präsentiert hat. Während Warlock schuldig gesprochen wird, ärgert sich Pip darüber, von seinem neuen Freund zurückgelassen worden zu sein. Dabei begegnet er der gefährlichsten Frau der Galaxie. Gamora gibt ihren Einstand. Aus heutiger Sicht wissen wir natürlich, dass damit Thanos' Eingreifen in die Geschichte vorbereitet wird. Die Auseinandersetzung mit Kray-Tor führt dazu, dass Warlock dem Seelenstein den Auftrag gibt, die Seele des Inquisitors zu nehmen. Eine Entscheidung, die er sofort bereut und die ihn an den Rand des Wahnsinns bringt.

    Starlin sagt, dass er für diese Hefte keinen größeren Plan im Hinterkopf hatte. Aufgrund seine Drogenprobleme schrieb er einfach drauflos. In kleineren Sachen merkt man das. Wie der Änderung der Pläne der Matriarchin. Aber Warlocks mentaler Verfall wird dann doch ziemlich konsequent fortgesetzt. Um bei Freud zu bleiben: Am Ende der Ausgabe gibt er seinen Trieben nach. Er handelt impulsiv, bestätigt also die Worte der Matriarchin. Dies erkennt er sofort und das wiederum führt zu einem Zusammenbruch. Diesen will die Matriarchin nutzen, um Warlock einer Gehirnwäsche zu unterziehen.

    Strange Tales 181

    Diese Geschichte ist Steve Ditko gewidmet. Den Ditko-Einflüssen lässt Starlin hier auch völlig freien Lauf. Warlock findet sich in eine surrealen Welt voller Clowns wieder, die ihn "anpassen" wollen. Die Oberclowns sind Lens Tean und Jan Hatroomi (Anagramme für Stan Lee und John Romita). Sie stellen für diese Gehirnwäsche Warlocks Kreuzigung nach. Am Kreuz hängt jemand, der erstaunliche Ähnlichkeit mit Roy Thomas hat, der sich ebenfalls nicht anpassen wollte. Oder zumindest nicht genug. Tean und Hatroomi indes sind tatsächliche Techniker der Kirche, die mit Warlocks Gehirnwäsche beauftragt wurden. In der wirklichen Welt haben sie auch eine gewisse Ähnlichkeit mit ihren Vorbildern. Starlin verarbeitet hier Konflikte, die er mit den beiden hatte. Gamora und Pip versuchen derweil, Warlock zu befreien. In seiner virtuellen Realität muss sich Warlock dem Wahnsinn in seinem Inneren stellen. Er glaubt, dass ihm dies die Möglichkeit gibt, seine Zukunft als Magus zu verhindern. Als er in die wache Welt zurückkehrt, offenbart sich sein Gegenspieler.

    Diese vier Hefte waren so erfolgreich, dass "Warlock" als eigene Serie fortgeführt wurde. Die Nummerierung von früher wurde fortgesetzt.


    Ich habe oben bei den Hintergründen noch etwas über Gerry Conways Ausstieg als Redakteur hinzugefügt. Weiter geht es demnächst mit "Warlock" 9.

  • Warlock 9

    Die reguläre setzt also wieder ein. Magus offenbart seine Entstehung und die Rolle des In-Betweeners in dieser. Jener existiert zwischen Fakt und Fiktion, Realität und Wahnsinn … Das Motto der Gegensätze wird also konsequent fortgesetzt. Gamora hat einen Meister. Wer genau schaut, erkennt schon bei der telepathischen Kommunikation wer da zurückkommen wird. Magus deutet an, dass Warlock schon früher hätte zu ihm werden können, wenn er seinen Schlaf im Kokon nicht unterbrochen hätte, um dem High Evolutionary zu helfen (s. den 1970er Origins-Band der schwarzen Sammlung). Warlocks Versuche, sich gegen sein Schicksal aufzulehnen erweisen sich als sinnlos. Alles geschieht so, wie Magus es in Erinnerung hat. Selbst Gamora, das neue Element im Spiel, scheitert bei ihrem Plan. Und schließlich ruft Magus den In-Betweener. Die letzte Hoffnung ist der Meister der gefährlichsten Frau des Universums. Auftritt Thanos.

    Warlock muss komplett wahnsinnig werden, um zu Magus zu werden. Wie dieser offenbart, hat ihn sein durch den In-Betweener induzierter Schlaf nicht in die Zukunft sondern in die Vergangenheit gebracht. Etwa drei Jahre vor Einsetzen der Handlung habe er damit begonnen, sein Entstehen zu planen. Leichte Kritik an Religion ist zu erkennen. Das wird es später in "Dreadstar" deutlicher geben. Wenn man Starlins Komplettwerk kennt, kann man hier schon erkennen, dass eigentlich hauptsächlich um Thanos geht. Nach dem ersten "Thanos War" galt dieser als tot. Hier kommt er mehr oder weniger aus dem Nichts zurück.

    Wenn man sich nun die Entstehung von Magus ansieht, der ja als Gegenstück des Titanen der Champion des Lebens ist, dürfte die Botschaft lauten: Leben bedeutet Wahnsinn …

  • Warlock 10

    Das beginnt mit einem kleinen Fauxpas des Autoren. Aus der "Universal Church of Truth" wird hier die "Church of Universal Truth". Ansonsten stehen Gamora, Adam und Thanos 25.000 Black Knights gegenüber. Ich zähle jetzt nicht nach. Um allen unterschiedliche Gesichter zu geben, hätte man aber wohl George Pérez engagieren müssen. Ach ja, Pip ist auch da. Aber es wird sofort auf dessen Nutzlosigkeit hingewiesen. Neben ein wenig Action bietet der erste Teil der Ausgabe hauptsächlich eine Meditation Adams über seinen eigenen geistigen Verfall und die Unausweichlichkeit seines Schicksals. Dabei reagiert er gewissermaßen altersgemäß mit sehr geringer Frustrationstoleranz. Man darf nicht vergessen, dass Warlock hier noch nicht mal ein Teenager war, wenn man es genau nimmt. Thanos bringt dann seine und Adams Gegensätzlichkeit zur Sprache.

    Danach führt uns Mar-Vell in einem kurzen Zwischenspiel durch die bis dahin überschaubare Biographie des Titanen.

    In der Haupthandlung wird die ambivalente Beziehung Adams mit Thanos etabliert, die Starlin immer wieder aufgegriffen hat. Außerdem wird Gamoras Herkunft beleuchtet. Thanos fand sie in der Zukunft. Ihre Rasse, die Zen-Whoberis, wurden von der Kirche ausgelöscht, nachdem sie es ablehnten, zu konvertieren. Gamora war die einzige überlebende Zen-Whoberi. Thanos nahm sie mit in seine Zeit und zog sie auf seinem Schiff groß. Er trainierte sie und verstärkte ihre körperlichen Fähigkeiten. Außerdem ermöglichte er ihr, Rache an der Kirche zu nehmen, noch bevor diese ihre Tat ausgeführt hatten. Dadurch hat sich ein Teil von Magus' Historie geändert. Dies sollte Gamora ermöglichen, in die Nähe des silberhaarigen Unholds zu kommen, um ihn zu töten. Wie wir zuvor gesehen haben, ist dieser Plan nicht gelungen. Nun wissen wir aber, warum es zunächst so aussah, als hätte Magus die gefährlichste Frau der Galaxie überhaupt nicht wahrgenommen. Da dieser Plan in die Hose ging, gibt es nur noch eine Möglichkeit, um Magus zu besiegen - Selbstmord. Adams Selbstmord. Und Warlock stimmt dem Titanen zu.

    Starlin lässt hier wieder seinen inneren Ditko raus.

    Warlock 11

    Auf Thanos' Schiff kommt es zum Kampf gegen Magus und seine Todesschwadron. Thanos nutzt das Chaos, um Warlock zum Gebrauch des Seelensteins zu verführen. Danach schickt er ihn auf die Reise, um sich selbst zu töten. Magus erkennt, dass Thanos all das minutiös geplant hat und der Titan offenbart seine Gründe - als Verehrer des Todes ist Magus, der für Leben und Vitalität steht, sein natürlicher Feind. Warlock macht sich also auf die Reise - aber der In-Betweener wartet schon.

    Warlock muss erfahren, dass ihm nur noch fünf Minuten bleiben. Der In-Betweener will ihn damit trösten, dass seinem Schicksal ein nobler Wunsch zu Grunde liegt. Thanos' Ziel des interstellaren Genozids wird erstmals ausgesprochen. In "Captain Marvel" ging es ihm noch darum, zu herrschen. Wie dem auch sei, Warlock nutzt seine fünf Minuten. Er löscht die Zeitlinie des Magus mit dem Seelenstein aus. DnA werden Jahre später darauf zurückkommen. Anschließend reist er in die Zukunft, um sich selbst die Seele zu stehlen. Wie gesagt, ich werde nicht auf Spoiler achten. Starlin zeigt uns hier keine mögliche Zukunft. Wir werden dieser Szene später erneut begegnen, sobald der gegenwärtige Warlock diesen Punkt in seinem Leben erreicht haben wird.

    Thanos stellt fest, dass nur unmittelbar Beteiligte Erinnerungen an die Kirche haben werden. Also er selbst, Gamora, Pip und Adam. In einer Gedankenblase wird seine Rolle als Champion des Todes auf den Punkt gebracht. Hier abgeschnitten von Gamora, damit die weiter eine "Gute" sein kann, nehme ich an.

    Spätestens ab diesem Zeitpunkt sollte klar sein, dass es Starlin hauptsächlich um den Titanen geht. Damit wird "Thanos War II" zunächst unterbrochen und Warlock kann sich der Ruhe vor dem sprichwörtlichen Sturm hingeben. Nun, relativer Ruhe.

    Warlock 12

    Vier Tage später treffen wir Pip und Warlock in einer Bar auf der ehemaligen "Homeworld" der Kirche. Bevor sich Warlock auf Sinnsuche begibt, philosophiert er über Sinn und Unsinn von Geschehnissen, die er kürzlich erlebt hat, die aber doch nie stattgefunden haben. Auch die geraubten Seelen sind noch in ihm bzw. im Seelenstein. Auf seiner Suche fällt ihm auf, dass Sterne verschwinden.

    Pip übernimmt hier die Hauptrolle. Wir erfahren seine Entstehungsgeschichte. Aus seiner Sicht. Mag stimmen oder auch nicht. Bis heute wurde sie nicht in Frage gestellt. Dass er der 260. Anwärter in der Thronfolge des Planeten Laxidazia ist, klingt aber zumindest eine Spur unglaubwürdig. Er begegnet Eros, befreit dessen Freundin Heater Delight aus der Sklaverei/Prositution und muss sich mit deren "Zuhälter" rumschlagen - Pro-Boscis the Procurer.

    Heater hatte später noch einige unbedeutende Auftritte, meist an der Seite von Starfox, der sie noch öfter aus ähnlichen Situationen befreien musste. Für unsere Zwecke eine eher bedeutungslose Ausgabe.

    Warlock 13 - 14

    Starlin neigt dazu, sich öfter mal selbst zu kopieren. Diese Ausgabe liefert die Grundlage für eines der ungewöhnlichsten Beispiele dieser Angewohnheit. Warlock wird es hier und im nächsten Heft mit dem Star-Thief zu tun bekommen. Dessen wirklicher Name lautet Barry Bauman. Baumans Körper liegt im Wachkoma im Wildwood Hospital. Zu seinen behandelnden Ärzten gehören die Doktoren Bell und Hoffsteader. Etwa zur selben Zeit hat Starlin angefangen, für "Eerie" Abenteuer für Darklon zu schreiben. Einige Jahre später, in "Eerie" 100, begegnen wir dem Wildwood Hospital und diesen beiden Ärzten in einer dieser Geschichten erneut. Sie erwähnen sogar den Fall Bauman. In den 90ern wiederum hat Starlin Darklore bei Marvel eingeführt, eine Figur die eindeutig auf Darklon basiert.

    Anyway. Warlock lernt ein bisschen über seinen Seelenstein, aber unterm Strich ist das relativ unwichtig für unsere Zwecke. Ebenso die Gemeinsamkeiten, die Star Thief in beiden zu erkennen glaubt. Diese führen jedoch dazu, dass Star Thief seinem Feind das Angebot unterbreitet, ihn nur mit physischen Mitteln zu attackieren, bis er die Erde erreicht. Denn dort könne Warlock ihn ohnehin nicht erreichen. Was sich dann auch als wahr herausstellt. Wie Starlin das gelöst hätte werden wir nie erfahren. Mark Gruenwald hat in Ausgaben von "Marvel Two-in-One" eine eigene Erklärung geliefert, die zurück zu Sphinxor führt.

    Warlock 15

    Die letzte Ausgabe der Serie. Warlock kann nicht mehr auf die Erde. Er muss sich ein neues Zuhause suchen. Es gibt Einblicke in Warlocks depressive Denkweise. Thanos gibt Gamora den Auftrag, Warlocks heimlicher Bodyguard zu sein, da er diesen noch braucht. Seine wahren Pläne verschweigt er weiterhin. Es wird erstmals angedeutet, dass Gamora mehr für Warlock empfinden könnte. Daraus wird nur nichts denn sie hat eine Begegnung mit Drax. Der einzige Auftritt des Zerstörers in diesem Run. Aufgrund der Einstellung der Serie und der verlorenen Ausgabe werden wir nie erfahren, was Gamora zwischen der Zerstörung ihres Schiffs und ihrem Tod in "Avengers Annual" widerfahren ist. Bzw. wie sie diesen Angriff überhaupt überstanden hat.

    Warlock derweil begibt sich auf einen toten Planeten. Mehr depressive Einblicke. Und ein Gespräch mit einem namenlosen Einsiedler. Dem gegenüber gesteht Warlock ein, dass er nicht seinen Tod fürchtet sondern das Leben. Bringt uns zurück zur These, dass Leben Wahnsinn bedeutet. Der Einsiedler ist recht wissensreich. Womöglich ein weiterer Aspekt von Warlocks eigener Persönlichkeit? Das wird leider nie geklärt werden. Dieser kündigt ihm an, dass er Pip, Gamora und andere Freunde sterben sehen wird. Ein Teil davon wird sich bewahrheiten. Allein die Ankündigung, dass Warlock für den Tod des High Evolutionary verantwortlich sein wird, wird nie eintreten. Die Worte des Einsiedlers führen dazu, dass Warlock mit dem Seelenstein kommunizieren will. Hier erfahren wir erstmals, dass er einer von sechs Steinen ist. Damals waren es die Seelensteine. Die bekanntere Bezeichnung "Infinity-Juwelen" kam erst in den 90ern.


    Bevor Starlin den Faden etwas später wieder aufgenommen hat, wurde Warlock wieder in die Nähe der Erde gebracht. Dafür zeichnen Bill Mantlo und John Byrne verantwortlich:

    Marvel Team-Up 55

    Bereits bei Condor in "Spinne" 18 veröffentlicht. Eine der ersten Warlock-Geschichten, die ich gelesen habe. Mir ist übrigens erst bei der "Warlock Special Edition" aufgefallen, dass diese Geschichte nicht von Jim Starlin geschrieben wurde. :D

    Der Gardener gibt seinen Einstand. Außerdem zwei weitere Seelensteine. Später werden diese als der Zeit- und der Kraftstein identifiziert werden. Interessant ist, dass man Warlock die Worte "bei Hala" in den Mund legt obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nie einem Kree begegnet ist oder diese in seiner Nähe auch nur erwähnt wurden.

    Einmal editiert, zuletzt von Kain (20. Juni 2022 um 18:45)

  • Hmpf, kurz vorm Finale kann ich schlecht aufhören ... :floet:

    Avengers Annual 7

    Die erste Hälfte des Finales. Von Condor veröffentlicht als die zweite Hälfte des Finales.

    Die Geschichte setzt offensichtlich einige Zeit nach der letzten Ausgabe von "Warlock" und MTU 55 ein. Warlock ist weit weg von der Erde und findet die sterbende Gamora. Wir erfahren sofort, dass Thanos für den tot seiner Adoptivtochter verantwortlich ist, sie also nicht an Verletzungen stirbt, die sie aufgrund der Konfrontation mit Drax erlitten hat. Sie hat seine Pläne erfahren und teilt Adam mit, dass er der einzige ist, den Thanos fürchtet. Warlock nimmt Gamoras Seele auf.

    Derweil im HQ der Rächer: Iron Man hat böse Vorahnungen, die er nicht genau benennen kann. Eine Anspielung auf Thanos' ersten Auftritt auf den Seiten seiner Serie. Und Besuch: Captain Marvel und Moondragon. Das spiegelt Ereignisse aus dem ersten "Thanos War" wider. Als Mar-Vell seinerzeit die Rächer mit seinem Besuch beehrte, wurde er ebenfalls von Moondragon begleitet. Während Thanos eine Sonne vernichtet, kommt Warlock hilfesuchend zu den Rächern. Warlock rekapituliert die Geschichte des Titanen. Dabei wird erwähnt, dass er sich u. a. durch Bionik und Mystik selbst mächtiger gemacht hat. Natürlich wird auch seine Armee an Weltraumpiraten erwähnt. Die ohne die Black Order auskommt, die sich nur schwer in Thanos' Historie einfügen lassen, obwohl sie zu seinen ältesten Anhängern gehören sollen. Die Suche nach Macht wird angesprochen. Das wird sich später immer wieder zeigen. Egal auf welcher Seite Thanos gerade stand.

    Warlock berichtet, wie Thanos an die anderen fünf Seelensteine gekommen ist. Während ihrer Allianz gegen die Kirche hat er außerdem Energie von Warlocks Juwel abgezapft. In einem synthetischen Juwel kanalisiert er nun die Energien der sechs Steine und hat so eine mächtige Waffe. Noch nicht so mächtig, wie die Vereinigung der sechs Originale wie wir später erfahren werden. Alles, um wieder in Deaths Gunst zu gelangen, die sich nach seiner Niederlage gegen Mar-Vell von ihm lossagte. Während die Rächer sich auf den Weg ins All machen, hängen sie ihren Gedanken nach. Mar-Vell stellt fest, das selbst er Death nur gelegentlich aus den Augenwinkeln wahrnehmen kann. Thanos jedoch habe sie umarmt und überlebt. Ein Ausblick, gewissermaßen.

    Die Rächer stürzen sich also in den Kampf. Der Mar-Vell zufolge viel zu leicht von statten geht. Er findet Warlock und Pips Leiche. Warlock nimmt Pips Seele auf und erfährt so, wo Thanos tatsächlich steckt. Gemeinsam mit Mar-Vell macht er sich auf den Weg. Nachdem er etwas über sein Leben lamentiert. Auf dem Weg deutet Warlock an, dass Thanos dazu neigt, für seine eigenen Niederlagen verantwortlich zu sein. Auch das wird später wieder aufgegriffen werden. Thanos bringt sein synthetisches Juwel zum Einsatz. Mar-Vell wirft sich dagegen. Und während er ausgeschaltet ist, wischt Thanos mit Warlock den Boden. Der Champion des Lebens erweist sich als äußerst ineffektiv. Thor und Iron Man gelingt es, dass Juwel des Titanen zu zerstören. Als Mar-Vell erwacht, wird er Zeuge von Szenen, die wir zuvor schon gesehen haben: Adams seltsamer Tod - kosmischer Suizid. Das ist die Szene, obwohl schlecht übersetzt, die mich zum absoluten Starlin-Fan hat werden lassen. Während Adam sich in Soul World, im inneren des Seelensteins, wiederfindet, attestiert Mar-Vell, auch wenn er nie völlig verstehen wird was passiert ist, dass Adam zum ersten mal in seinem harten Leben Frieden gefunden hat. Auch wenn es nicht so lang war, wie Marv scheinbar glaubt, dieses Leben.

    In Soul World begegnet Adam alten Freunden wie Gamora und Pip, aber auch seinen früheren Gegnern Autolycus, Kray-Tor, einigen Black Knights, jenem Teil der Seele des Star Thief die er raubte, vielen aus der Zeit bevor er das Juwel erhielt und einer Person namens Whisp'r. Ich vermute, dass wir diese Figur in der verlorenen Ausgabe kennengelernt hätten. In Soul World ist jedenfalls alle harmonisch. Es gibt keine Geheimnisse, das Ego wird dadurch zurückgestellt. Mar-Vell und die Rächer müssen sich noch um Thanos' Armee kümmern.

    Warlocks Ende ist letztlich konsequent, wenn auch positiver, als man das wohl hätte erwarten können. Soul World, quasi der "Himmel", hatte wohl keiner auf der Rechnung. Zumal nach einer Art Selbstmord und der ganzen Seelenstehlerei. Andererseits haben wir zu bedenken, dass zuvor angedeutet wurde, dass Leben Wahnsinn bedeutet. Der Tod also vorzuziehen wäre. Wenn man an so etwas wie ein Paradies glaubt. Mir als Atheisten ist das nicht unbedingt in die Wiege gelegt. Aber mit dieser SF-Version kann ich leben.

    Marvel Two-in-One Annual 2

    Master Order und Lord Chaos geben ihren Einstand. Die Strippenzieher hinter Warlocks Existenz auf die schon zuvor öfter angespielt wurde, gerade durch den In-Betweener.

    Wenn man dem Gespräch der beiden Köpfe lauscht, stellt sich das alles dar, als wäre es ein Spiel zwischen ihnen, die das Leben repräsentieren, und Death, die, nun, den Tod vertritt. Spidey und das Ding müssen eingreifen. Aber wie von Order und Chaos erwartet, gelingt ihnen das nicht. Ihnen fällt eine andere Aufgabe zu: Adam Warlock aus Soul World zu rufen, den wahren Champion der Schwebeköpfe. Und der kommt als rächender Dämon/Engel daher, und beendet die Bedrohung durch den Titanen ein für alle mal. Oder zumindest bis in die 90er.

    Mar-Vell hält Warlocks Grabrede und gibt der Hoffnung Ausdruck, dass er seinem Ende ebenso aufrecht entgegen gehen wird, wie Warlock es tat. Bis dahin sollten aber noch ein paar Jahre vergehen ...

  • Wieder ein paar Hintergründe. In den frühen 80ern hat sich mal wieder das Personalkarussell gedreht. Jim Shooter war nun der Chef der Bande. Mit dem hatte er aber zunächst nichts zu tun. Stattdessen arbeitete Starlin für das Epic-Imprint an seiner "Metamorphosis Odyssey". Die Rechte blieben bei ihm. Daher gab es die "Graphic Novel" mit dem Titel "The Price" zunächst bei Eclipse (wurde später von Marvel als "Dreadstar Annual" nachgedruckt). Die Beliebtheit des Titels ließ Shooter schließlich mit einem besonderen Wunsch an Starlin herantreten. Er hatte eine neue Reihe im Sinn, die sich am europäischen Albenformat orientierte. Starlin dürfe in dieser neuen Reihe - "Marvel Graphic Novels" - einen Teil seiner Saga unterbringen. Sofern er zuvor einen Beitrag zu dieser Serie mit einem Marvel-Helden beisteuert. Einer Figur, mit der Marvel nichts mehr anzufangen wusste. Starlin sollte den Tod seines alten Freundes Mar-Vell ausarbeiten und gestalten.

    Diese Aufgabe viel Starlin nicht sonderlich leicht. Sein ursprünglicher Plan war ein typisch heldenhafter Abgang. Nicht weniger als fünf Plots hat er wieder verworfen. Etwa ein halbes Jahr zuvor ist Starlins Vater einem Krebsleiden erlegen. Er kann nicht genau sagen, wann sich das in seinen Entwurf von "The Death of Captain Marvel" eingeschlichen hat. Den fertigen Plot sandte er an Jim Shooter. Der hatte aber wohl einige Assistenten. Die fanden es wohl nicht so toll, dass Mar-Vell an so etwas gewöhnlichem wie Krebs sterben soll. Starlin ging also davon aus, dass aus dem Projekt nichts werden wird und auch die "Dreadstar"-GN gestrichen werden wird. Weit gefehlt. Jim Shooter persönlich hat ihn angerufen und das Projekt abgesegnet. Es sollte sogar die Debütausgabe von "Marvel Graphic Novels" werden.

    Starlin und Marvel haben sich darauf geeinigt, dass Starlin Tantiemen für die Ausgabe erhält. Dafür akzeptierte er ein geringeres Honorar pro Seite. Um sich das leisten zu können, musste er auch inken. Einen eigenen Inker gab das Budget nicht her. Dummerweise verletzte er sich einen Finger beim Volleyball. Die Zeichnungen waren fertig. Die Tusche nicht. Er hat sich also den Tuschestift an die Hand getaped und die Arbeit so fertig gestellt. Sieht man auch. Die Ausgabe musste neunmal nachgedruckt werden und fand großen Anklang bei den Fans. Mit den Royalties konnte sich Starlin ein richtiges Studio einrichten. Inzwischen wurde die Ausgabe natürlich noch wesentlich öfter nachgedruckt.

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