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Alt 13.11.2022, 06:35   #201  
Peter L. Opmann
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Jetzt zu einem ziemlich seltsamen Werk, das womöglich in die Kategorie „peinlicher Lieblingsfilm“ gehört: „Eat the Rich“ (1987) von Peter Richardson. Ursprünglich mochte ich diese Groteske deshalb, weil der Soundtrack von Motörhead, einer meiner Lieblingsbands, stammt und Lemmy Kilmister sogar eine größere Nebenrolle spielt. Ich kann mir den Film auch heute noch ganz gut ansehen, weil er einige gelungene Szenen hat. Aber insgesamt finde ich ihn inzwischen eher erschreckend, weil darin die Spaltung der Gesellschaft und ein Rechtspopulismus gezeigt werden, der heute tatsächlich um sich greift. Der Film ist zwar anarchistisch (hat durch die Motörhead-Musik auch einen Punk-Touch) und macht vor keinem Tabu Halt, aber so manche Geschmacklosigkeit finde ich inzwischen gar nicht mehr lustig. Trotzdem will ich ihn hier mal besprechen.

Die Handlung ist ziemlich chaotisch und ergibt teilweise keinen rechten Sinn. Hier trotzdem in groben Zügen, worum es geht: Ein KGB-Agent bereitet in England einen Umsturz vor; assistiert wird er von Lemmy. Er hat es hauptsächlich auf den britischen Innenminister (gespielt vom ehemaligen Profiboxer Nosher Powell, der aber auch in James-Bond-Filmen mitwirkte) abgesehen, einen ungebildeten, aber umso mehr eingebildeten Proleten, der rücksichtlos auf die Armen und alle, die links zu sein scheinen, einprügelt (teilweise wortwörtlich) und genau deshalb vom breiten Volk geliebt wird. Zitat aus einer Nosher-Powell-Rede: „Das Problem ist: Einige in diesem Land sind sehr reich, aber die meisten sind sehr arm – und wißt ihr auch, warum? Weil sie alle faule Säcke sind!“ Es gelingt nicht, ihn durch einen Skandal zum Rücktritt zu bewegen – Nosher kann sich einfach alles erlauben.

Parallel dazu wird das Treiben im Londoner Luxusrestaurant „Bastards“ vorgeführt. Lanah Pallay (in England bekannte Dragqueen) arbeitet dort als Kellner, wird aber wegen angeblich mangelnder Leistung gefeuert und lernt das Dasein als Arbeitsloser kennen. Darauf tut er sich mit Jimmy und Sandra, zwei Zufallsbekanntschaften, zusammen, um die Revolution auszurufen. Nach ein paar eher erfolglosen Aktionen kehrt er zu seinem früheren Arbeitsplatz zurück, richtet in dem Restaurant ein Massaker an und übernimmt den Laden, den er in „Eat the Rich“ umbenennt. Der Name ist zutreffender, als die Gäste ahnen. Die Reichen und Schönen, die bei Pallays Überfall getötet wurden, werden nämlich zu Hackfleisch verarbeitet und kommen auf den Teller. Lemmy rät dem KGB-Agenten, der dort auch einmal speist: „An Ihrer Stelle würde ich nur die Pommes Frites essen!“ Spezialität des „Eat the Rich“ ist außerdem, die Gäste rüde und erniedrigend zu behandeln, was die schick finden.

Trotz dieses dubiosen Treibens nahe dem Zentrum der (britischen) Macht bleibt Nosher Powell unangefochten. Einen Gewerkschaftler, der einen Streik plant, nimmt er sich persönlich vor. Ich überspringe jetzt ein paar Wendungen der Handlung. Am Ende treffen sich Powell und Pallay auf einem Feld zum Showdown. Beide liegen dann blutüberströmt einander gegenüber im Graben, setzen aber ihre Auseinandersetzung verbal fort. Wie schon erwähnt: Der Film ergibt inhaltlich keinen Sinn. Er ist heute, würde ich sagen, weitgehend von der Wirklichkeit eingeholt. Alles in allem waren für mich die Auftritte von Lemmy überzeugend. Ich mochte auch den KGB-Agenten, gespielt von Ronald Allen, und einige der sexy Frauen. Viele Prominente haben Cameo-Rollen, darunter Robbie Coltrane als stinkreicher Restaurantbesucher. Die Parts von Paul McCartney, Bill Wyman oder Wendy O. Williams sind so winzig, daß man genau aufpassen muß, damit man sie nicht verpaßt. Motörhead spielen den Song „Eat the Rich“, der speziell für den Film produziert wurde, sowie Tracks von ihrem 1986er Album „Orgasmatron“. Wie ich lese, war der Film in USA nur in vier Kinos zu sehen (vermutlich alle in New York). In Europa dürfte er etwas erfolgreicher gewesen sein.
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Alt 13.11.2022, 06:50   #202  
Marvel Boy
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Einiges von gehört, nie gesehen, ich glaube das muss ich nachholen.

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Alt 13.11.2022, 08:02   #203  
Peter L. Opmann
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Den Film gibt's nicht mehr so günstig wie früher auf DVD. Wie ich sehe, muß man heute schon zumindest sieben bis acht Euro ausgeben - ich habe ihn mal für 4,99 Euro auf dem Grabbeltisch gefunden. Die DVD enthält einiges Zusatzmaterial von Motörhead (wenn auch nichts Super-Rares). Dann gibt's natürlich auch noch de-Luxe-Ausgaben.

Wie es mit Streaming aussieht, weiß ich nicht.
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Alt 13.11.2022, 08:11   #204  
Nante
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Ich hatte mir die DVD vor vielleicht 15 Jahren gekauft. Ja, war damals auch auf dem Wühltisch. Eigentlich nur, weil auf dem Cover was von Motorhead stand und ich natürlich den Song kannte.

Bei der Handlung habe ich nach ungefähr der Hälfte aufgegeben und mir nur das wüste Ende angeschaut. Wenn in dem Film Gesellschaftskritik geübt werden sollte, ging es meiner Meinung nach total in die Hose. Und als reine Unterhaltung konnte man sich irgendwie nicht darauf einigen, was es eigentlich sein sollte.
Unterm Strich wahrscheinlich einer meiner Filme, wo die Erwartung am Ende am stärksten enttäuscht wurde.

"The Great Rock 'n' Roll Swindle" kann ich mir im Gegensatz dazu immer wieder anschauen. Die Handlung ist zwar auch hirnrissig aber da reißt es die Musik (nicht nur von den Pistols) wieder raus.
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Alt 13.11.2022, 08:23   #205  
Peter L. Opmann
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Mir fällt ein Urteil schwer. Manches an dem Film finde ich gelungen, anderes völlig daneben. Für mich reißt der Soundtrack einiges heraus.

Ich habe mir den Film immer komplett angesehen (hat glücklicherweise nur die Standardlänge von 90 Minuten). Aber in der zweiten Hälfte finde ich es auch schwierig, dem Geschehen zu folgen. Da konzentriere ich mich dann eher darauf, die Gaststars zu identifizieren.
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Alt 13.11.2022, 08:27   #206  
Nante
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Ja, das wäre ein Punkt, sich den Film wirklich noch mal anzuschauen. Denn das mit den Gaststars war mir damals nicht aufgefallen. Und große Erwartungen habe ich ja jetzt nicht mehr.
Mal sehen, wenn man Weihnachten faul und vollgefressen auf der Couch sitzt..
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Alt 14.11.2022, 06:30   #207  
Peter L. Opmann
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Nochmal zu einem Film, den ich nicht so gut in Erinnerung habe, aber doch etwas besser als „Viridiana“. „Warte, bis es dunkel wird“ (1967) habe ich mehrmals, aber wohl seit mindestens 20 Jahren nicht mehr gesehen. Erst relativ spät habe ich mitbekommen, daß Regisseur Terence Young vor allem für seine James-Bond-Filme bekannt ist. Der Inhalt dieses Reißers wird auch in wikipedia nur grob zusammengefaßt, deshalb kann ich die Handlung nur ungefähr wiedergeben. Wichtig war für mich, daß eine Blinde, dargestellt von Audrey Hepburn, die Hauptrolle spielt und daß fast der ganze Film sich auf ihre kleine Wohnung beschränkt. Die Schurkenrollen fand ich auch sehr gut besetzt: Alan Arkin, Richard Crenna und Jack Weston.

Was ich auf jeden Fall behalten habe: Alles dreht sich um eine kleine Puppe, die zum Rauschgiftschmuggel dient. Dummerweise gerät diese Puppe bei der Übergabe an einem Flughafen in die falschen Hände, und nichtsahnend bringt sie ein Fotograf seiner blinden Frau mit. Ein Mädchen aus der Nachbarschaft stiehlt sie jedoch gleich, um mit ihr zu spielen. Die drei Gangster haben inzwischen herausgefunden, daß der Fotograf im Besitz ihres Rauschgiftdepots ist, und suchen seine Wohnung auf, um sich die Puppe zurückzuholen. Da ist nur Audrey Hepburn zuhause. Damit die Aktion unauffällig bleibt, machen sie ihr vor, sie seien von der Polizei und bräuchten das Spielzeug als Beweisstück. (Vielleicht ähnelt ihr Vorgehen heutigen Betrugsmaschen wie dem Enkeltrick.)

Hepburn ist sofort bereit, die Puppe herauszurücken, aber sie ist nicht mehr da. Sie verspricht, sie zu suchen. Die drei Gangster kommen in kurzen Abständen wieder und versuchen, die Suche zu beschleunigen – sie sind sich nicht sicher, ob sie nicht von der Blinden an der Nase herumgeführt werden. Dabei schöpft Hepburn aber Verdacht, daß etwas nicht stimmt. Sie findet heraus, daß die angeblichen Polizisten nicht echt sind. Das Mädchen aus der Nachbarschaft bringt inzwischen die Puppe mit schlechtem Gewissen zurück. Hepburn entschließt sich, sie zu verstecken und die Gangster zu überführen.

Aber die verstehen keinen Spaß. Vor allem Arkin erweist sich nun als supergefährlich, denn er bringt zunächst nacheinander seine beiden Kumpane um (ob nach einem Streit oder weil er nicht teilen will, weiß ich nicht mehr). Gegenüber Hepburn macht er deutlich, daß er sie ohne mit der Wimper zu zucken ebenfalls töten wird, sollte sie nicht endlich die Puppe herausrücken. Sie hat sich aber vorbereitet und das Nachbarsmädchen zur Polizei geschickt. Die Lampen in der Wohnung hat sie alle zerstört und die Fenster verdunkelt. Nun sieht auch er nichts, als er kommt. Sie ist im Vorteil, weil sie sich dank jahrelangem Training in der Wohnung sicher bewegen kann. Arkin kommt allerdings darauf, daß er den Kühlschrank öffnen und das Kühlschranklicht nutzen kann. In dem folgenden Kampf gelingt es Hepburn, ihm ein Messer in den Leib zu rammen. Sie will aus der Wohnung fliehen, aber er hat die Tür verrammelt. Zudem ist er noch nicht tot und stürzt sich noch einmal auf sie. In diesem Moment trifft die Polizei ein (wenn ich mich recht erinnere).

Es überrascht nicht, daß der Film auf einem Theaterstück basiert. Hinzugefügt wurden nur ein paar Szenen am Flughafen. Autor Frederick Knott lieferte übrigens auch die Vorlage zu Hitchcocks „Bei Anruf Mord“, ein im Prinzip ähnlicher Stoff. „Warte, bis es dunkel wird“ ist allerdings mehr auf einen nervenzerfetzenden Thriller hingetrimmt, wogegen der Hitchcock-Film etwas unterhaltsamer ist. Ich habe mich daher entschieden, nachdem ich den Plot kenne, den Film nicht nochmals zu sehen, müßte es aber nun vielleicht doch mal wieder tun. Ich denke, daß die Zuspitzung der Handlung ihre Wirkung nach wie vor nicht verfehlen wird.
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Alt 14.11.2022, 08:10   #208  
Nante
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Der Film ist ein erstklassiges Kammerspiel und ich habe, als ich den Film mit vielleicht 15 oder 16 gesehen habe, extrem mit Audrey mitgefiebert.
Das das ganze damals noch wegen dem Fernseher in S/W war, hat den Effekt glaube ich noch verstärkt. Und als das Kühlschranklicht anging...

Ob ich ihn mir noch mal anschaue, weiß ich nicht. Es lebt eben sehr von der Spannung.
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Alt 14.11.2022, 08:23   #209  
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Ich habe deshalb davon geschrieben, daß ich mir den Film vielleicht nochmal ansehe (ich habe ihn auf Video), weil das vielleicht ohnehin angezeigt wäre. Wenn ich hier über Filme schreibe, sollte ich im Idealfall vorher alle nochmal laufen lassen. Habe ich aber nicht gemacht, weil meine Videos und DVDs im Moment noch in Umzugskisten stecken und auch, weil ich mir nicht die Mühe machen will. Im einen oder anderen Fall habe ich mich mit youtube-Clips beholfen. Das bedeutet aber, daß es in meinen Besprechungen immer mal Fehler geben kann.
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Alt 14.11.2022, 14:39   #210  
Peter L. Opmann
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Hinweis für Leute, die hier nicht so oft reinschauen oder vielleicht zum ersten Mal:

Im ersten Post gibt es ein Inhaltsverzeichnis der Filme, die ich hier besprochen habe. Es gibt auch noch ein paar Kritiken, die andere Leute beigesteuert haben - die müßte ich vielleicht auch mal in der Liste ergänzen.
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Alt 14.11.2022, 19:56   #211  
Nante
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Ich bringe mal wieder ein Film, der zumindest nicht die Klassiker-Definition erfüllt, ein Genre begründet oder auch nur stark beeinflußt zu haben. Er steht im Gegenteil zumindest nach meiner Kenntnis eher einsam da:
Le Bal – Der Tanzpalast von Ettore Scola

Der Film fällt auch im Werk von Scola etwas aus dem Rahmen. Er hat ja sonst meist Komödien oder „normale“ Spielfilme gedreht. Das erklärt sich wohl dadurch, daß es die Verfilmung eines Bühnestücks ist und auch die meisten seiner Darsteller von dieser Bühne kommen.
Das besondere an dem Film ist, daß nicht gesprochen und auch nicht gesungen wird ; -außer, es kommt aus der Konserve. Es wird nur getanzt. - Aber wie!

Der „Held“ des Films ist keine Person sondern ein Gebäude: Le Bal. Ein inzwischen (also damals) schon in die Jahre gekommener Tanzsaal in Paris, der in der Gegenwart (also so um 1980) eine Art Disco-Bunker geworden ist. Den Anfang und das Ende des Films spielt dann auch in dieser Zeit.
Die Darsteller spielen hier verliebte Pärchen, einsame ältere Damen, selbstverliebte Gockel und andere Prototypen. Alles tanzt (oder will tanzen) zur „modernen" Musik.

Ein alter Kellner hält den Betrieb am Laufen und mit seinen Erinnerungen tauchen wird dann in die Vergangenheit des Saales ein. Der Kellner ist hier der einzige Fixpunkt, denn er ist schon immer hier und altert zusehens im laufe der einzelnen Episoden.

Jede einzelne Zeit, ob nun Volksfront 1936, Krieg und Dt. Besatzung, Befreiung, Amerikaner, Rock’Roll, 1968 und „Gegenwart“ wird durch die dazugehörigen Musik- und Tanzstile verdeutlicht. Der Wechsel erfolgt stets abruppt, indem das Bild in Form eines alten S/W-Fotos „eingefroren“ wird, und man ist in der nächsten Epoche.

Ich will jetzt nicht die „Handlung“ der einzelnen Epochen herbeten. Sie ist auf Wiki relativ gut zusammen gefaßt.

Analog zum Theater spielen in den einzelnen Epochen immer die gleichen Schauspieler unterschiedliche Personen und mal den gleichen oder unterschiedliche „Typen“. Es war für mich faszinierend, wie mit Tanzschritten und Gesten (untermalt von Musik) teilweise heftige „Diskussionen“ ausgetragen werden, oder wie z. B. 1945 ein verkrüppelter Heimkehrer anstatt auf Trost zu warten selbst seine geschockte Frau tröstet.

Musikalisch war das damals eigentlich überhaupt nicht meine Welle (Maximal die Beatles). Aber im Zusammenspiel mit der Handlung hat es mich dann doch meistens gepackt. Im Gedächtnis blieb vor allem der Swing der „Amerikaner“ und das gespenstische „Pas de deux“ eines Deutschen Offiziers mit seinem Spitzel zu „Lili Marleen.“

Geändert von Nante (14.11.2022 um 20:48 Uhr)
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Alt 14.11.2022, 20:24   #212  
Peter L. Opmann
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Sehr schön. Dieser Film hat sich mir auch eingeprägt. Ich glaube, es ist nicht so einfach, die Handlung zu erzählen, weil eben alles getanzt wird.

Ich tanze nicht so gern, deshalb würde ich "Le Bal" hier wohl nicht einbringen. Aber es würde mich freuen, wenn andere ihre eigenen Lieblingsfilme mehr beisteuern würden.
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Alt 15.11.2022, 06:17   #213  
Peter L. Opmann
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Nach meiner Erfahrung gibt es Leute, die den frühen Woody Allen mögen, also seine Filme, die mit Gags gespickt waren, und die meisten von ihnen waren lustig, und die sein späteres Schaffen als „schlechter Bergman“ bezeichnen. Dazu gehöre auch ich, auch wenn ich zugeben muß, daß ich schon Mitte der 90er Jahre mehr oder weniger aufgehört habe, seinen Filmausstoß weiterzuverfolgen. Zu meinen Favoriten gehört „Die letzte Nacht des Boris Gruschenko“ (1975), eine Parodie auf monumentale Historienfilme, ganz locker angelehnt an Tolstois „Krieg und Frieden“ (im Original heißt der Film „Love and Death“). Ich finde bemerkenswert, daß Allens Film natürlich überhaupt nicht monumental ist – er dauert sogar nur etwas mehr als 80 Minuten, aber doch so anmutet. Außerdem ist er tatsächlich hauptsächlich eine Abfolge von Gags, mit denen alles veralbert wird, was Allen so unterkam, aber er weist dennoch eine halbwegs folgerichtige Handlung auf, bei der man sogar mit dem Helden mitfiebern kann.

Allen spielt die Titelrolle. Er blickt kurz vor seiner Exekution auf sein Leben zurück und schildert zunächst kurz die russische Familie, in die er hineingeboren wurde. Es ist die Zeit unmittelbar vor Napoleons Rußlandfeldzug; für ihn ist sie geprägt von seiner unerwiderten Liebe zu seiner Cousine (Diane Keaton). Mit ihr ist er zwar sehr vertraut und führt mit ihr tiefsinnige (pseudo-)philosophische Gespräche, aber in Liebesdingen zieht sie seinen hirnlosen, aber bulligen Bruder vor. Der heiratet allerdings in letzter Minute eine andere, worauf sie sich in eine Ehe mit einem reichen, aber spießigen Fischhändler stürzt. Da tritt Rußland in den Krieg mit Frankreich ein, und auch Allen – obwohl lieber Pazifist als Kanonenfutter – muß einrücken.

Der Film gleitet kurz zur Militärklamotte ab, als Allens infantristischer Drill geschildert wird. Er treibt Scherz mit den Schrecken des Krieges. Doch dann entscheidet er durch Zufall eine Schlacht und nimmt etliche französische Generäle gefangen, weshalb er hochdekoriert wird. Bei einem Fronturlaub lernt er in St. Petersburg eine rassige Gräfin kennen, beeindruckt sie durch seine vielen Orden und kann sich doch noch als feuriger Liebhaber beweisen. Ihren Galan besiegt er in einem Pistolenduell – natürlich ohne ihn zu erschießen. Kurz darauf trifft er Keaton wieder, die an ihrer Ehe völlig verzweifelt. Obwohl sie ihn nicht liebt, willigt sie ein, sich mit ihm zusammenzutun, um den Krieg durch ein Attentat auf Napoleon zu beenden. Sie schlüpfen in die Rollen eines adeligen spanischen Geschwisterpaars und verschaffen sich so Zugang zum großen Feldherrn. Keaton stellt sich als Lockvogel zur Verfügung; bei einem Schäferstündchen soll Allen Napoleon dann aus dem Hinterhalt töten, was für ihn als Pazifisten keine leichte Aufgabe ist. Dazu kommt, daß Napoleon, um sich vor Anschlägen zu schützen, mit einem Doppelgänger arbeitet. Schließlich kommt das Téte-a-téte doch zustande, aber Allen versagt und wandert in die Todeszelle.

Glücklicherweise hat Allen einen gerissenen Anwalt: Er hat die Verschiebung der Hinrichtung um eine Stunde herausgehandelt. In der Nacht hat er jedoch eine Vision: Ein Lichtwesen verkündet ihm, daß er in letzter Minute begnadigt wird. Allen kann also den todesmutigen Kriegshelden herauskehren. Völlig cool spaziert er zum Richtplatz, lehnt eine Augenbinde ab und beschwert sich, daß das Exekutivkommando so langsam macht… Am Ende des Films erscheint Allen seiner Cousine im Garten ihres Hauses. Neben ihm steht der Tod. Die Vision war also ein Schwindel. Keaton fragt: „Wie ist das, tot zu sein?“ Allen überlegt: „Du kennst doch das Essen in Treskys Restaurant.“ Keaton: „Ja und?“ Allen: „Es ist schlimmer!“

Diese Inhaltsangabe gibt den Film nur in Umrissen wieder. Man muß wahrscheinlich ein Faible für Woody Allens speziellen Humor haben, um so etwas gut zu finden. Er zielt auf ein intellektuelles Publikum ab, das heißt, Fans von Bully Herbig oder Mario Barth werden ihn vielleicht gar nicht komisch finden. Aber mich spricht auch Allens Stilisierung zum Antihelden und Underdog an. Und dank der Unmenge an lustigen Einfällen kann ich mir „Boris Gruschenko“ tatsächlich immer wieder ansehen – freilich nur in gewissen Abständen.
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Alt 16.11.2022, 06:34   #214  
Peter L. Opmann
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Dies ist der erste Film in meiner Reihe, von dem ich nicht völlig überzeugt bin. Ich bin aber erst in den letzten Jahren etwas in Zweifel geraten und habe ihn vorher lange Zeit geliebt. Irgendwie hat mich „Jo – Hasch mich, ich bin der Mörder“ (1971) sehr angesprochen, und zwar weil ich die Leistung von Louis de Funes eine der besten finde, die ich von ihm kenne, und weil die Story dieser Komödie für mich viele originelle und wirklich komische Wendungen enthält. Und ich mag auch Claude Gensac, die öfters mit de Funes zusammenwirkte und seine Ehefrau spielte.

Wer den Film vielleicht noch nicht kennt: Louis de Funes ist ein erfolgreicher Theaterautor (vermutlich Boulevardtheater), der sich gerade an einem Krimistück über ein perfektes Verbrechen versucht, indem er die Szenen mit einem Freund selbst ausprobiert. Nach kurzer Zeit wird klar, daß er einen triftigen Grund hat, das Stück zu schreiben: Er wird nämlich erpreßt und will den Erpresser effektiv verschwinden lassen. Seine Frau überrascht ihn zum Geburtstag mit einem Gartenpavillon (den er allerdings selbst bezahlen muß). De Funes ist empört, aber dann hat er die Erleuchtung: Er wird den Erpresser in das Fundament seines Pavillons einbetonieren lassen – der Tote ist weg, und niemand kann ihn je belangen. So bestellt er ihn zu sich und legt ihn um (wenn auch eher versehentlich).

Das Betonfundament bricht allerdings bereits bei der Einweihung des Pavillons. De Funes muß die Leiche ausbuddeln und macht in seiner Not eine ziemlich miese Plastik daraus. Kurz darauf sucht ihn ein Kriminalkommissar (Bernard Blier) mit ein paar Polizisten auf, weil die Leiche des Erpressers gefunden wurde und eine Spur hierher führt. Aber wer ist dann der Mann, der in der Statue steckt? Auf jeden Fall muß die Leiche erneut zum Verschwinden gebracht werden, da die Polizei schon beginnt, das Haus und das Grundstück zu durchsuchen. Im Haus halten sich zudem ein seltsames Ehepaar auf, das das Anwesen kaufen möchte, das Hausmädchen, der Handwerker, der den Pavillon aufgestellt hat, und eine neugierige Nachbarin, was das Chaos natürlich noch vergrößert.

Schließlich gelingt es de Funes und seiner Frau trotz des Trubels, die Leiche unbemerkt in einem großen Koffer zu verstauen. Dabei werden sie von dem zurückkehrenden Kommissar erwischt. Der will ihnen aber nur mitteilen, daß sich alles aufgeklärt hat und es sich um eine Abrechnung unter Gangstern handelte. Es klärt sich auch, wen de Funes wirklich erschossen hat – glücklicherweise auch nur einen Ganoven. De Funes fährt an die Atlantikküste und schiebt sein Auto samt dem Koffer darin über eine Klippe. Am Fuß der Klippe feiert allerdings der Kommissar mit seinen Männern gerade ein kleines Grillfest. Er heftet sich von neuem an die Fersen des Verdächtigen…

Regisseur Jean Girault setzt darauf, durch Hektik (ohnehin die Stärke von de Funes, die für mich in kaum einem seiner Filme so wie hier zur Geltung kommt) und irrwitziges Tempo Komik zu erzeugen. Zwischendurch fügt er allerdings gefühlvolle und ruhige Passagen ein. Merkwürdig ist das Verhältnis von de Funes und Gensac gestaltet. Sie hat ziemlich eindeutig die Hosen an, aber die beiden lieben sich tatsächlich; sie ordnet sich ihm zumindest nach außen hin bereitwillig unter, und de Funes seinerseits braucht sie, weil sie die Nerven behält und weiß, was zu tun ist, wenn er schon beinahe durchdreht. Auch die Darstellung von Bernard Blier, der in Frankreich als Charakterschauspieler galt, finde ich sehr gut. Er macht immer den Eindruck, als hätte er de Funes schon längst durchschaut, tappt aber in Wirklichkeit völlig im Dunkeln und kommt mit seinen Ermittlungen überhaupt nicht weiter. Freilich kann man den Film auch für zu klamaukig halten und von dem Gehampel von de Funes angeödet sein. Es handelt sich um die Verfilmung eines britischen Theaterstücks („The Gazebo“ von Alec Coppel), das zuvor schon einmal von Hollywood mit Glenn Ford in der Hauptrolle umgesetzt worden ist. Diesen Film kenne ich allerdings nicht. Den Vergleich zu haben, wäre sicher hilfreich – aber so hege ich noch immer einige Sympathie für diese französische Version.
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Alt 16.11.2022, 10:40   #215  
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Einen ähnlich gemeinen und verwickelten Plot, aber durch die Hauptdarsteller M.Caine und L.Olivier völlig anders geartet, hat der Film Mord mit kleinen Fehlern aus der gleichen Zeit.
De Funes gefällt mir vor allem in den Filmen, wo nicht alles auf ihn zugeschnitten ist wie die Phantomas- oder die Gendarmes-Reihe. Hier bestimmt er zwar auch meist das Geschehen aber man kann auch mal von ihm entspannen.
In Filmen, wo das nicht so ist, z.B. in "Balduin, der Sonntagsfahrer", hatte ich irgendwann das Bedürfnis, den Kanal zu wechseln. - Wobei das schlimmste an den meisten De-Funes-Filmen wahrscheinlich der "witzige" Filmtitel war, unter denen sie in Deutschland in den Verleih kamen.
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Alt 16.11.2022, 11:11   #216  
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Oh, im ersten Moment habe ich "Phantomias" gelesen und dachte: Gibt's da etwa eine Verfilmung, und auch noch mit Louis de Funes? Aber der Superverbrecher, den er da verfolgte, heißt "Fantomas".

Da mag ich die ersten beiden, "Fantomas" und "Fantomas gegen Interpol". Der dritte, "Fantomas bedroht die Welt", fällt meiner Ansicht nach etwas ab.

"Mord mit kleinen Fehlern" habe ich nicht gesehen - aber Michael Caine und Laurence Olivier, das klingt vielversprechend.
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Alt 16.11.2022, 13:02   #217  
Nante
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Von den drei Fantomas-Filmen hat mir der zweite mit Abstand am besten gefallen. In der DDR lief der dritte Film übrigens unter dem ( dem Original entsprechenden) Titel "Fantomas gegen Scotland Yard".
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Alt 16.11.2022, 14:30   #218  
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Stimmt schon. Aber der erste hat den legendären ersten Auftritt von Fantomas, wo er unter majestätischen Orgelklängen einem Aufzug entsteigt.
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Alt 16.11.2022, 19:21   #219  
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Der dritte mag der schlechteste sein als Kind fand ich die immer wieder verschwindende Leiche aber echt gruselig.

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Alt 16.11.2022, 19:45   #220  
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Er ist ja auch nicht total daneben.

Aber die Luft war ein bißchen raus...
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Alt 16.11.2022, 20:07   #221  
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Ich hab alle drei Filme vor kurzem auf BR erworben und gesehen, nett, aber mehr sind die heutzutage kaum noch, da gibt es kaum unterschiede für mich.

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Alt 16.11.2022, 20:26   #222  
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Hmm, ich muß wohl demnächst über die "Fantomas"-Serie auch mal schreiben. Ich finde die nach wie vor sehr unterhaltsam, habe aber schon gemerkt, daß ich mit meinem Faible für Louis de Funes hier wohl ziemlich allein dastehe.

Und es ist wohl auch hier eine Sache der persönlichen Wahrnehmung. Ich habe alle drei Filme geschätzt und erst vor vielleicht zehn Jahren gemerkt, daß der dritte Teil nicht ganz mithalten kann. Aber das mag jemand, der spezielle Jugenderinnerungen an diesen Film hat, ganz anders sehen.

Deshalb trage ich hier keine Sammlung objektiv exzellenter Kinowerke zusammen, sondern lasse mich von meinen Seherlebnissen leiten, die teilweise auch aus meiner Jugendzeit stammen.
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Alt 16.11.2022, 22:39   #223  
OK.
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Lieblingsfilme mit Louis de Funès (in der Reihenfolge): Brust oder Keule, Oscar, Rabbi Jakob, Hasch mich.

Eine meiner absoluten Lieblingsszenen mit Louis (nicht aus einem meiner Lieblingsfilme, aber eine geniale Szene, er spricht hier im Original teilweise deutsch): https://www.youtube.com/watch?v=q03L0hH6jLM
längere Version (mit dem Seitenblick zu Bertrand Blier): https://www.youtube.com/watch?v=7GkZFBmBYSM
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Alt 17.11.2022, 05:32   #224  
Crackajack Jackson
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'Louis und seine außerirdischen Kohlköpfe', besonders wegen der Darstellung des idyllischen Provinzlebens.
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Alt 17.11.2022, 06:17   #225  
Peter L. Opmann
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Ah, es gibt also doch noch ein paar Louis-de-Funes-Fans.

Da wir gerade bei den Komödien sind, komme ich jetzt mal zu einem Film von Charlie Chaplin. Ich habe ja schon über Buster Keaton und über Laurel und Hardy geschrieben, möchte aber nicht den Eindruck erwecken, als würde ich Chaplin nicht schätzen. Hier kommt, etwas willkürlich ausgewählt, ein Frühwerk von ihm: „Arbeit“ (1915). Chaplin war zu dieser Zeit bei der Firma Essanay beschäftigt, wurde deutlich besser bezahlt als vorher bei Keystone, aber war nicht am Erfolg seiner Filme beteiligt, weshalb er bei Essanay nicht lange blieb. Der Film ist etwa eine halbe Stunde lang, also schon länger als die Tworeelers, die die gesamten 20er Jahre hindurch bei Slapstick noch Standard waren. Für mich hat er Bedeutung wegen der Szenen mit Edna Purviance. Ich finde, der Zuschauer merkt, daß die beiden damals auch privat ein Paar waren, obwohl der Abschnitt nicht direkt erotisch ist.

Chaplin ist in „Arbeit“ der Gehilfe eines Malers und Tapezierers und wird deutlich erkennbar ausgebeutet. Die ersten Minuten zeigen, wie er seinen Chef auf einem Karren zum Arbeitsort ziehen muß; der Karren ist voll beladen mit Werkzeug und Material. Zu allem Überfluß muß der Wagen auch noch einen steilen Hang hinaufgezogen werden, was Chaplin erst nach mehreren Anläufen schafft. Sein Chef treibt ihn dabei mit einer Reitgerte an. Unterwegs nimmt er sogar einen Bekannten mit, der auch noch auf dem Wagen Platz nimmt. Aber diese miese Behandlung wird er später noch bereuen. Im Haus, wo tapeziert werden soll, verlangt der Familienvater nach seinem Frühstück. Seine Frau scheucht er dabei in der Küche herum, was ihm ebenfalls in gewissem Sinn heimgezahlt wird. Die beiden Tapezierer treffen ein und machen sich ans Werk. Chaplin zeigt dabei nicht das geringste Talent, Bahnen an die Wand zu kleistern. Sein Chef kann es aber auch nicht viel besser. Am Ende stürzt er den Kopf voran in einen Eimer mit Tapetenkleister, wo er erstmal feststeckt. Chaplin bemüht sich zwar pflichtschuldig, ihn wieder freizubekommen, aber als es endlich geschafft ist, ist der Meister erstmal groggy.

Chaplin nimmt sich derweil lieber einen anderen Raum vor, wo er mit dem Hausmädchen (Purviance) zusammentrifft, das er vorher nur mal kurz gesehen hatte. Sie schimpft ihn wegen seiner dilettantischen Arbeitsweise aus, aber dann setzen sich beide zusammen aufs Bett und erzählen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichte. Sie fühlen sich seelenverwandt, denn beide werden von ihren Arbeitgebern schikaniert. Inzwischen kommt der Liebhaber der Hausfrau zu Besuch. Da ihr Ehemann noch da ist, tut sie so, als würde er zu der Tapezierertruppe gehören. Der Gatte ist aber ziemlich mißtrauisch. Der Liebhaber tritt den Rückzug an und gerät dabei mit Chaplin aneinander. Der Hausherr hat inzwischen erkannt, daß er gehörnt ist, holt seinen Revolver aus der Schublade und knallt im ganzen Haus herum. Zudem ist der Tapezierer nun endlich vom Kleister befreit und sucht nach Chaplin, um ihm eine Abreibung zu verpassen. Dabei landet er aber in einer vollgelaufenen Badewanne. Irgendwie endet alles in Chaos und Zerstörung. Chaplin steckt nochmal seinen Kopf aus den im Treppenhaus angehäuften Trümmern, zieht ihn aber schnell wieder ein, weil noch Mauerwerk herabfällt.

Es ist selbstverständlich nicht die Handlung, die mich anspricht, sondern viele kleine Details, wenn die auch oft typisch Slapstick sind, wie das Chaplin bei Mack Sennett gelernt hat. Und es gibt immer wieder Szenen, wo die Figuren nicht mehr Knallchargen sind, sondern ganz menschlich werden. Mich hat bei diesem Film besonders das Zusammensein von Chaplin und Purviance berührt. Da gibt es Blicke und Bewegungen, die mehr zu sein scheinen als geschauspielert, wobei man sich da natürlich nicht sicher sein kann. Jedenfalls endet da plötzlich der Slapstick, und es beginnt eine Art Melodram, was man bei einer solchen Klamotte, noch dazu einer so frühen, nicht vermuten würde.

Geändert von Peter L. Opmann (17.11.2022 um 06:27 Uhr)
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