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Alt 18.10.2009, 14:55   #1  
Servalan
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Schließt sich das aus?
Wenn wir mehr Comics (und Filme, Bücher, etc.) exportieren könnten - wie die USA und Japan - könnte das nur förderlich sein. Im übrigen halte ich Medien für einen Seismographen, was die wirtschaftliche Stärke und das Selbstbewußtsein betrifft. Sich immer nur ducken, bringt's auf Dauer nicht ... und mediale Ebenbürtigkeit ist ein Signal: Die Kultur gehört meines Erachtens dazu, damit der Laden zusammenbleibt.

Außerdem nehme ich an, daß das Projekt einige Legislaturperioden kostet: Lobbyarbeit ist mühsame, kontinuierliche Kleinarbeit. Fünf Jahre sind da nichts; falls es rasch und problemlos geht, rechne mit zehn bis zwanzig Jahren ... aber sobald sich da was arrangieren läßt, sollten vernünftige, machbare Konzepte vorliegen, über die diskutiert werden kann. Denn wenn erst debattiert wird, wenn das Fenster offen ist, kann dieses schon bei der Einigung der verschiedenen Teilnehmer wieder geschlossen sein - und zweite Chance ergeben sich nicht so schnell ...

Geändert von Servalan (18.10.2009 um 15:01 Uhr)
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Alt 18.10.2009, 15:44   #2  
FrankDrake
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Bisher hielt ich politische oder religiöse Diskusionen hier für unerwünscht, wenn nicht verboten und Deine manchmal recht zweifelhaften Botschaften für eher geduldet.
Sollte ich das falsch verstanden haben werde ich natürlich mit einsteigen und Lobbytum und Unternehmer Interessen verteidigen.

Aber nicht mehr heute, da bin ich zu müde, da ich die Unterpriviligierte Arbeiterklasse den ganzen Tag ausgebeutet habe.
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Alt 12.05.2013, 13:34   #3  
Michi
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Hier würde mich jetzt schon interessieren, was sich in den letzten drei Jahren auf dem Gebiet getan hat. Ich halte das Projekt aus deutscher Sicht ja schon deswegen (derzeit) für zum Scheitern verurteilt, weil es nicht einmal die nun wirklich alles andere als unübersichtliche deutsche Comicszene schafft, mal irgendwo an einem Strang zu ziehen. Stattdessen Separatisten und Grabenkämpfe, wohin man nur schaut. Die einen lästern über die anderen und wollen mit den nächsten am liebsten gar nichts zu tun haben.

Es gibt ja durchaus Bestrebungen für Verlags- und szeneübergreifendes Engagement, die sich dann aber immer wieder durch engstirnigen Abgrenzungshabitus in ihren eigenen Möglichkeiten sabotieren. Die graphic-novel.info-Plattform ist dazu ein schönes Beispiel. Da arbeiten mal fünf verschiedene Verlage an einer gemeinsamen Außenkommunikation zur Erhebung des Ansehens von Comics in der Öffentlichkeit (super Ansatz!), und was machen sie? Gattungstechnische Organtransplantation eines normativ abgegrenzten Teiles des Comicmarktes in den Buchmarkt hinein, bei der dem Rest der Szene dann auch noch rückblickend der Stinkefinger gezeigt und dessen Repräsentanten in den zugehörigen Flyern verhöhnt werden.

Eine andere verlagsübergreifende Kooperation war kürzlich der World-of-Manga-Bereich auf der Leipziger Buchmesse, wo sich Carlsen, Egmont und Tokyopop für einen gemeinsamen Manga-Bereich zusammengetan und jeweils einen Star-Mangaka aus Japan einfliegen ließen. Das weist zumindest nicht den Ausgrenzungsgestus von GN.info auf, aber bei der LBM muss man sich ja auch immer wieder fragen, warum die Messeleitung es nicht wie die Kollegen aus Frankfurt schaffen, mal einen Comicbereich aufzuziehen, der tatsächlich mehr als eine Gattung umfasst.

Überhaupt, was Messen, Cons und Veranstaltungen angeht: Ich krieg das ja hauptsächlich aus der Perspektive der Mangaszene mit, aber bei den hunderten regelmäßigen Veranstaltungen, bei denen Manga eine Rolle spielen, sind eigentlich nur zwei dabei, wo der Mangabereich mit der restlichen Comicszene zusammentrifft: die Frankfurter Buchmesse und der Comic-Salon Erlangen. Das Comicfestival München hat es geschafft, nicht einen einzigen Aussteller, Programmpunkt oder Gast mit Manga-Bezug für das Festival zu gewinnen. Selbst in Erlangen ist man da weiter, obwohl dort von Veranstalterseite ja ähnliche Vorbehalte gegenüber der Mangaszene vorherrschen wie in allen von alten Comic-Hasen bererrschten Szenebereichen (einschließlich dieses Forums) und man Max-und-Moritz-Juroren öffentlich über die Auszeichnung eines deutschen Mangas beim Publikumspreis ablästern hört. ("Da sieht man ja, was man davon hat, wenn man das Publikum fragt!") Folglich nehmen Carlsen und Egmont zur LBM immer nur das Manga-Programm mit und zum Comicfestival nur die Graphic Novels und Alben, obwohl man beides im selben Haus hat.

Mit den übergreifenden Verbänden ist das auch so eine Sache. Die ComFor bemüht sich ja seit einiger Zeit, wenigstens eine Deutschland übergreifende gemeinsame Comicforschung auf die Beine zu stellen. Ich finde das eine super Sache, aber ich höre auch immer wieder Comicforscher hinter vorgehaltener Hand über das Projekt und die Organisation ablästern, weil die da eine gewisse Professionalität vermissen. Wobei ich mich dann eben frage, wie sinnvoll es ist, einen Ansatz, den alle für löblich halten, über organisatorische Kleinigkeiten niederzumachen und nicht einfach mal das Glas halbvoll sein lassen kann und selbst aktiv an der Berbesserung eines Projektes mitzuwirken, auch wenn man nicht mit allem einverstanden ist. Aber das Problem hat irgendwie jeder Verband oder Verein, mit dem ich bisher in Kontakt war. Da können sich der Animexx und die ComFor die Hand reichen (also wenn sie denn mal miteinander reden würden).

Mit dem ICOM hatte ich mal vor ein paar Jahren eine aufschlussreiche Kurzdiskussion, wo ich mal nachgefragt hatte, warum denn, wo der ICOM doch eigentlich die ganze deutsche Independent-Comicszene vertreten will, eigentlich keinerlei Repräsentanz für die aufblühende Indie-Mangaszene zeigt. Da hieß es dann: Die können ja kommen, wir sind für alle offen. Worauf ich dann zurückfragte, warum sie denn sollten, wenn sie nicht das Gefühl haben, dass der ICOM sich in irgendeiner Form auch für sie zuständig fühlt, weil nichts in der Außenwahrnehmung darauf hindeutet, und warum der ICOM sich selbst nicht auf Manga-relevanten Boards präsentiert, damit die Leute überhaupt erst einmal erfahren, dass es ihn gibt?

Das ist diese ewige self-fullfilling prophecy der deutschsprachigen Comicszene: Formal grenzt man zwar niemanden aus, tut es dann aber trotzdem, indem man sein Engagement einseitig eingrenzt und gar nicht erst versucht, szeneübergreifende Knotenpunkte zusammenzubringen. Die Comicbörse/-messe in Berlin ist ja da auch ein schönes Beispiel.

Beim ICOM hat sich das in den letzten Jahren durchaus etwas relativiert, hauptsächlich Dank Frauke Pfeiffer, die sich auch gezielt an Leute aus dem Manga-Bereich gewendet hat und sich auch für Auszeichnungen beim ICOM-Preis einsetzte. Und dann sitzt eben auch mal 'ne Anne Delseit in der ICOM-Jury (wenn ich das jetzt richtig in Erinnerung habe) und ich schreib Artikel für der COMIC!-Jahrbuch. Ich wette, das mit dem Manga-Markt auf dem letzten Comic-Salon lief auch irgendwie über sie. Daran merkt man mal, was einzelne Personen an Szeneknotenpunkten bewirken können, wenn sie sich denn aktiv in anderen Bereichen engagieren und sich offen für den Comicszene-internen "Kulturaustausch" präsentieren.

Daran fehlt es in Deutschland noch vorne und hinten. Da schreibt ein Carsten Laqua in Pressemitteilungen zur Berliner Comicbörse/-messe, dass sie jetzt auch diese sogenannten Graphic Novels haben, auch wenn die alle aussehen wie von Anfängern gezeichnet. Man kann den ganzen Graphic-Novel-Vermarktungstick ja gerne doof finden. Tue ich aus oben genannten Gründen ja auch. Aber wenn man sich einen Verlag wie Reprodukt ins Haus holt, verkneift man sich solche Sprüche. Als Comicfestival München könnte man die Mangaszene auch mal stärker mit ins Festival einbinden, wo der Animexx schon dort vor der Haustür sitzt, und jenen nicht immer nur als last-minute-Organisator für die Manga-Kategorien beim PENG!-Preis angraben (auch noch ohne jegliche angebotene Gegenleistung). Und andersrum könnte die Buchmessenleitung in Leipzig vielleicht auch mal irgendwann einsehen, dass ein Tsunami aus asiatischen Bootleg-Ramschbuden vielleicht nicht unbedingt die wünschenswerteste Kulisse für einen gattungsübergreifenden Comicbereich ist.

All das sind so Punkte, wo ich mich immer wieder frage, warum man sich nicht einfach mal einig sein kann, sich uneinig zu sein, und trotzdem für dieselben Ziele einzustehen. Die deutschsprachige Comicszene ist einfach viel zu klein für diese ganzen Zersplitterungen und Anfeindungen. Comics zu intellektualisieren oder in anderer Form zu spezialisieren, bevor es überhaupt einen Massenmarkt gibt, von dem man sich abheben kann, kann auf Dauer nicht gutgehen.

Und damit ich auch mal was Konstuktives schreibe - ich denke, auf drei Ebenen könnte man die deutschsprachige Comiclandschaft gemeinschaftlich stärken:

- auf der intellektuellen Ebene durch einen weiteren Ausbau der ComFor (und bitte mal etwas frischere Themen als zum tausendsten Mal "Comics und Politik")

- auf Szeneebene mit mehr gattungsübergreifenden Veranstaltungen für die ganze Szene jenseits von Erlangen (und auch in Erlangen ein Ablegen von normativen Vorurteilen gegenüber amerikanischen Mainstream-Comics und Manga)

- auf Verlagsebene zum Beispiel durch einen gemeinsamen Lizenzkatalog sämtlicher aktuellen deutschsprachigen Eigenproduktionen für potentielle ausländische Lizenznehmer. So wie sich aufkommende Filmnationen wie beispielsweise Korea auf internationalen Filmmärkten als Filmländer mit ihren sämtlichen Lizenzen präsentieren (und das einige Comicländer wie Taiwan ja auch auf der Frankfurter Buchmesse machen), könnte man so auch das deutschsprachige Europa im Ausland wahrnehmbar werden lassen.
Im zweiten Schritt gäbe das vielleicht auch mal irgendwann Fördergelder, wenn irgendwann noch oben durchsickert dass es so etwas wie einen aufblühenden deutschen Comic gibt, der auch nach und nach im Ausland wahrgenommen wird. Genügend vorzeigbare heimische Künstler haben wir dafür ja mittlerweile, quer durch alle Gattungen.

Sollte das alles mal irgendwann möglich sein, könnte an in einem nächsten Schritt auch mal über ein Comic-Europa nachdenken. Aber beim gegenwärtigen Stand der deutschen Szene werden es immer nur Einzelkämpfer sein, die vielleicht mal auf internationaler Ebene agieren. Und die haben da natürlich viel weniger Möglichkeiten.
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Alt 12.05.2013, 13:58   #4  
underduck
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An dieser Stelle sollte sich eigentlich Servalan melden, die aber leider (trotz vom CGN gesponsorten neuen Rechner) nicht ins Internet kommt.

Eben hat sich aber die Hilfe eines CGNlers aus Kiel aufgetan, der ihr in den nächsten Tagen hoffentlich eine Onlinerückkehr ins CGN ermöglichen könnte.

Warten wir es ab ...
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Alt 13.05.2013, 18:39   #5  
Servalan
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So ... hat lang genug gedauert, aber jetzt bin ich wieder dabei (auch wenn meine Verbindung ärgerlicherweise extrem lahmarschig ist).

Zurück zum Thema:
Nach meiner Auffassung zeigen sich in deutschen Comicszene dieselben Probleme wie in der europäischen (und damit in erster Linie in der frankobelgischen) Szene: an der organisatorischen Zersplitterung hat sich nichts geändert, hinzu kommen arg begrenzte Ressourcen und Kapazitäten.

Was ich nie gemeint habe, war die Vorstellung, dass sich die Politik in die Entstehung von Comic einmischen soll - obwohl ein solches Missverständnis bei diesem Thema naheliegt. Ich wäre ja schon zufrieden, wenn Comics zumindest so objektiv eingebunden wie die anderen Musenkinder (Oper, Theater, Film, Belletristik etc.); obwohl ich mir bei einigen kulturellen Hätschelkindern (Richard Wagners Bayreuth-Clan) immer wieder verwundert die Augen reibe, über welche Fürze da berichtet wird, bis wirklich der letzte Feuilletonist seinen Senf dazugegeben hat ...
Aber lassen wir das.
Ein gutes Vorbild könnte für uns der Umgang mit den Medien Film und Kino darstellen, für den unser Bundeskulturminister ja ein besonderes Faible hat.
Von Seiten der Politik kann ich mir folgendes vorstellen:

* Offizielle Anwesenheit und/oder Grußwort des Bundeskulturministers* bzw. der Bundesbildungsministerin bei der Eröffnung des Comic-Salons Erlangen / Comic-Fest München und/oder bei der Verleihung des Max und Moritz-Preises bzw. des ICOM-Preises.
* Offizielle Anwesenheit eines EU-Kulturpolitikers (oder mehrerer) bei den eben erwähnten Veranstaltungen.
* Offizielle Anwesenheit deutschsprachiger Politiker bei Comicveranstaltungen im Ausland (Angouleme, San Diego oder in Japan).

Wenn diese Leute denn schon mal da sind, sollten sie von den Veranstaltern aktiv eingebunden werden, sprich Interviews geben oder in Panels eingebunden werden.
In dieser Hinsicht möchte ich auf das Zitat von Moebius im letzten Comicmarkt-Bericht im CJB 2013 verweisen: Jegliche Medienprodukte sind im Ausland auch Schaufenster und Belege ökonomischer Kompetenz, die mit der entsprechenden Verve nach außen vertreten werden sollte. Ein gutes Beispiel stellt hier Marvels Spider-Man-Sonderband zur ersten Inauguration von Barack Obama dar, der weltweit für Aufsehen gesorgt hat. Über die Blue Water-Biographien von Obama, Condoleezza Rice, Hillary Clinton wurde ja auch exzessiv berichtet. Die Niederland-Reise der Ducks in den aktuellen Heften wäre ein ähnliches Beispiel.

Kurz- und mittelfristig lässt sich diese Aufgabe nur stemmen, wenn ein Netzwerk aufgebaut wird, das den gesamten deutschsprachigen Raum weitestgehend abdeckt und auch tragfähig ist. Sprich: es muss einen Vorlauf leisten und bestehende Fristen beachten. Einzelkämpfer verdienen zwar all unseren Respekt, langfristig stehen die jedoch auf verlorenem Posten.

Zunächst einmal soweit ...


*Dasselbe gilt natürlich Vertreter aus anderen deutschsprachigen Ländern: Österreich und Schweiz.
Servalan ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.05.2013, 12:17   #6  
Michi
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Ich bezweifle, dass es mit der bloßen Anwesenheit von Politikern auf Comic-relevanten Veranstaltungen getan ist. Steinbrück hat auf der letzten Frankfurter Buchmesse den Reprodukt-Stand besucht, hat sogar im Tagesspiegel ein Interview zu seinen Comicvorlieben gegeben. Das hat außerhalb der Comicszene niemanden interessiert. Der japanische Botschafter engagiert sich seit Jahren beim Manga-Wettbewerb der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Berlin. Aber japanische Diplomaten interessieren die Tagespresse nur, wenn's um Atomkraftwerke geht.

Wenn solche Dinge nicht einmal national wahrgenommen werden, wie sollen sie dann international eine Rolle spielen? Und selbst wenn: Was würde denn eine Kenntnisnahme im Ausland im Umkehrschluss wieder für die heimische Szene bringen? Es ist ja seit den 80ern kein Geheimnis unter Comicschaffenden, dass sie ins Ausland gehen müssen, um im Ausland wahrgenommen zu werden. Warum? Weil die deutschsprachige Szene in sich viel zu unbedeutend ist, um als transnationale Marke wahrgenommen werden zu können. Und das liegt wiederum zu großen Teilen daran, dass die deutschsprachige Szene sich selbst nicht als deutschsprachige Szene auffasst, sondern sich in unzählige Faktionen zersplittert, die alle ihr eigenes Süppchen kochen. An einer Stärkung des deutschsprachigen Comics an sich führt kein Weg vorbei, wenn man ihn irgendwie international einbinden will.

Hier wäre ein politisches Förderprogramm natürlich sehr wünschenswert. Ich denke, das könnte auch viel besser funktionieren als in der deutschen Filmförderung (die ja das einzige ist, was die hiesige Filmlandschaft noch am Leben hält), da Comics durch die geringen Produktionskosten nicht so leicht in Erwartungsabhängikeiten rutschen wie Film- oder Theaterproduktionen.

Vor allem wäre so ein Förderprogramm vergleichsweise billig: Mit 10.000€ wäre eine Comicproduktion schon sehr gut bezuschusst. Davon ließen sich die kompletten Produktionskosten sowie ein verlagsüblicher Autorenvorschuss bezahlen. Ein bisschen was soll ja auch durch den Verkauf wieder reinkommen. Rechnet man das mal hoch, könnte man mit dem kulturpolitischen Miniaturbetrag von 1 Million Euro schon 100 Comic-Eigenproduktionen pro Jahr finanzieren. Nehme man davon jetzt nur 10% für den Manga-Sektor, wäre das immer noch etwa das Doppelte, was die Großverlage in dem Bereich derzeit jährlich gemeinsam an Eigenproduktionen stämmen. Ich glaube, auch alle Großverlagsproduktionen in allen Comicbereichen zusammengenommen kämen nicht einmal annähernd auf diese Zahl. Vieles dümpelt da in den Kleinverlagen herum, aber angesichts deren Finanzlage ist dort dauerhaft kein professionelles (heißt für mich: professionellbezahltes) Arbeiten möglich, weil man im Nebenberufs- und Hobbyschaffen kleben bleibt.

Wenn Autoren durch eine Kulturfinanzierung Projekte umsetzen können, an die die Verlage sich normalerweise nicht rantrauen, entstehen dadurch natürlich wiederum interessantere Comics, die dann auch mehr Interesse auf dem internationalen Lizenzmarkt wecken können, besonders, wenn man diese Förderprojekte mit dem deutschsprachigen Comic-Lizenzkatalog kombiniert, wie oben vorgeschlagen. Dadurch könnte deutschsprachiger Comic dann auch irgendwann zum Selbstläufer werden, wenn er national und international stärker wahrgenommen und damit auch besser verkauft wird und sich vielleicht auch stärker auf dem lukrativen Filmlizenzmarkt positioniert.

Da das künstlerische Talent mittlerweile bei uns fraglos vorhanden ist - der Nachwuchs an jungen Zeichnern und Autoren boomt wie nie zuvor - fehlt es eigentlich nur an Geld, um das Talent auch dauerhaft in der Szene zu binden. Ich kenne wirklich zahllose großartige Künstler, die irgendwann wieder andere Wege gingen, weil mit Comics einfach kein Lebensunterhalt zu bestreiten ist. Das ist so unendlich schade.

Mit verhältnismäßig wenig Geld ließe sich hier so viel erreichen. Da müsste sich nur mal jemand in der Politik kümmern. Aber bisher ist mir keine Partei bekannt, die sich da irgendwie engagieren würde. Da bleibt es letztendlich dann doch an den Einzelkämpfern hängen, selbst ihre Netzwerke zu erstellen und die hiesige Comicszene soweit zu stärken, dass sie immer schwieriger zu übersehen wird.
Michi ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.05.2013, 12:42   #7  
underduck
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Zitat von Michi Beitrag anzeigen
... Und das liegt wiederum zu großen Teilen daran, dass die deutschsprachige Szene sich selbst nicht als deutschsprachige Szene auffasst, sondern sich in unzählige Faktionen zersplittert, die alle ihr eigenes Süppchen kochen. An einer Stärkung des deutschsprachigen Comics an sich führt kein Weg vorbei, wenn man ihn irgendwie international einbinden will.
Es ist doch noch viel schlimmer, Michi. "Jeder" kocht nicht nur sein eigenes Süppchen, sondern versucht es dem "Nebenbuhler" auch noch kräftig zu versalzen.

Frage an dich: Warum benutzt du hier im Forum eigentlich nicht deinen sonst im Internet recht bekannten Nick?
underduck ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 20.05.2013, 23:44   #8  
Ringmeister
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Zitat von Michi Beitrag anzeigen

Da das künstlerische Talent mittlerweile bei uns fraglos vorhanden ist - der Nachwuchs an jungen Zeichnern und Autoren boomt wie nie zuvor - fehlt es eigentlich nur an Geld, um das Talent auch dauerhaft in der Szene zu binden. Ich kenne wirklich zahllose großartige Künstler, die irgendwann wieder andere Wege gingen, weil mit Comics einfach kein Lebensunterhalt zu bestreiten ist. Das ist so unendlich schade.
Comics werden in Deutschland genauso gefördert wie andere Printprodukte auch, nämlich als Kulturgut.

- ermäßigtes Porto als Büchersendung
- ermäßigter Mehrwertsteuersatz
- und als Wichtigstes natürlich die Buchpreisbindung

Und der deutsche Büchermarkt (damit meine ich deutsche Autoren) ist durchaus auf einem positiven Trend. Wenn das mit den Comics nicht klappt, liegt es vielleicht doch an der Qualität.

Die "zahllosen" großartigen Künstler musst du mal aufzählen. Wenn ich jedes Zahr zwei, drei sehe (natürlich meiner Meinung nach), ist das viel, aber diejenigen setzen sich auch durch (durch Qualität und konstante Publikationen; bestes Beispiel Erik).

Und ein Dan Brown oder eine Rowling stehen nicht direkt nach Erscheinen ihrer neuen Bücher auf Nr. 1 der Bestsellerlisten, weil sie durch irgendwelche staatlichen Programme gefördert wurden, sondern weil sie einfach gut sind.

Und wenn der Comic in Frankreich einen anderen Stellenwert geniesst als bei uns, ist das mal nun so, aber muss er deswegen gefördert werden?

Wenn man weiß, wo man ist, kann man sein, wo man will... (alter Fliegerspruch)
Ringmeister ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.10.2014, 17:29   #9  
Servalan
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Ich bezweifle, dass es mit der bloßen Anwesenheit von Politikern auf Comic-relevanten Veranstaltungen getan ist. Steinbrück hat auf der letzten Frankfurter Buchmesse den Reprodukt-Stand besucht, hat sogar im Tagesspiegel ein Interview zu seinen Comicvorlieben gegeben. Das hat außerhalb der Comicszene niemanden interessiert. Der japanische Botschafter engagiert sich seit Jahren beim Manga-Wettbewerb der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Berlin. Aber japanische Diplomaten interessieren die Tagespresse nur, wenn's um Atomkraftwerke geht.
Zum Tanz gehören immer zwei. Warum also die Beziehung Politik und Comics bloß auf eine Richtung beziehen?

Je öfter sich Leute begegnen, desto eher sehen sie sich als Menschen. Sie erkennen nicht nur die Stärken der anderen, sondern auch die Schwächen. Das erleichtert vieles. Aus der Nähe sehen viele Prominente eben kleiner aus (um Richter Phelan aus The Wire zu zitieren).
Und wenn ich an den Aufstand der Comicbranche in Frankreich denke, liegt das meines Erachtens auch daran, daß viele Künstler sehen könnten, daß die Politik auch nur mit ordinärem Wasser kocht. Der Umgang mit Politikern könnte dazu beitragen, autortäre Ehrfurcht vor "denen da oben" zu verlieren und damit eine bescheuerte Beißhemmung zu verhindern.
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