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Alt 26.03.2024, 12:58   #1  
Phantom
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Diesmal habe ich mich in ein Genre verirrt, mit dem ich recht wenig anfangen kann: das Filmmusical.
Kannst Du nur mit Filmmusicals oder auch mit Musicals wenig anfangen?

Ich gehöre auch zu den Leuten, die sich stundenlang Eiskunstlaufwettbewerbe anschauen könnten (wenn man denn stundenlang Zeit hätte). Mir gefällt diese Verbindung von Musik und Athletik in kleinen 4-Minuten-Häppchen. Dabei bin ich überhaupt kein Tänzer, ich war noch nie in meinem Leben in einem Tanzstudio, einer Discothek oder einem Club. Aber ich lese ja auch Comics, obwohl ich nicht zeichnen kann.

Wenn ich von der Musik begeistert bin, kann ich über Handlungsschwächen hinwegsehen. Gershwin- oder Porter-Musicals kann ich immer wieder sehen. Die West Side Story (alt) ist toll choreographiert, mir hat auch die neue Version gefallen. Die meisten Filmmusicals sind sicher Komödien, und das ist wohl das Problem; bis auf wenige Ausnahmen (z.B. von Wilder) kann ich Komödien, vor allem Beziehungskomödien, aus den 40er bis 60er Jahren kaum noch ansehen. Selbst die Story von My fair lady, meinem absoluten Lieblings-Musical, ist heute fast zum Fremdschämen, am Ende bringt Eliza ihrem Professor Higgins die Pantoffeln, meine Güte. (Vor ein paar Jahren habe ich eine neue Inszenierung in New York gesehen, wo sie die Pantoffeln am Ende nicht bringt, sondern selbstbewusst den Raum (und auch Higgins?) verlässt. Fand ich gut, hat aber nicht jedem Traditionalisten gefallen.)

Aber ich schweife ab. Die hier besprochenen Filmmusicals habe ich beide vor Jahrzehnten gesehen, aber ich weiß nur noch, dass mir die Musik gefallen hat.
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Alt 26.03.2024, 14:25   #2  
Peter L. Opmann
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Das ist nicht leicht zu beantworten.

Zunächst mal wollte ich das Filmmusical nicht einfach abtun - ich bespreche keine Filme nur der Vollständigkeit halber. Aber ich bin kein großer Fan und also auch kein großer Kenner.

Zur Musik: Ich bin eher mit Rockmusik sozialisiert. Die Bemühungen von Gershwin, klassische und populäre amerikanische Musik zu verbinden, erkenne ich an; mit Songs wie "You are my Lucky Star" habe ich eher Schwierigkeiten.

Zur Handlung: Seit der Oper hat sich nichts daran geändert, daß man das Geschehen vereinfachen muß, um Platz für die Gesangsstücke zu schaffen. Und ich sagte bereits: Mir ist die Handlung wichtig.

Zum Genre insgesamt: Richtig, die Form eignet sich eher für Komödien, aber die sind dann auch noch meist recht oberflächlich. Also das ist meist nichts, was zur Auseinandersetzung herausfordert, sondern ist nur zur Zerstreuung bestimmt. Daß sich mit Musik und Tanz alles auf einer abstrakteren Ebene ausdrücken läßt, was man sonst durch Schauspielerei ausdrückt, finde ich interessant, aber hat mich noch nicht dazu gebracht, mich mit (Film-)Musicals näher zu beschäftigen.

Um nicht mißverstanden zu werden: Ich mache mich über Leute, die stundenlang Eiskunstlauf verfolgen, nicht lustig - doch das ist eher nicht meins.
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Alt 26.03.2024, 19:50   #3  
Phantom
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Ich habe dich nicht missverstanden. Jeder verschwendet einfach seine Lebenszeit auf eine andere Art. Die einen (z.B. ich) können nicht verstehen, warum man seine Zeit mit Computerspielen vergeudet, andere fragen sich, welchen Nutzen es haben soll, Comics zu lesen. Oder Filmmusicals anzusehen.

Ok, wenn Du den Anspruch hast, dass ein Film Dich irgendwie intellektuell herausfordert, dann wird's mit (Film-)Musicals schwer. Aber wenn ich z.B. in einem Konzert Dvoraks 9. Symphonie höre, findet da bei mir keine intellektuelle Auseinandersetzung statt, ich höre einfach nur zu und bin fasziniert. Genauso, wenn ich bestimmte Jazzstücke höre. Oder z.B. die Rhapsody in Blue; da muss ich nicht darüber nachdenken, dass hier verschiedene Musikstile vermischt werden, mich berührt es einfach.

Zerstreuung ist das aber nicht, meine Gedanken zer-streuen da nicht, sondern fokussieren sich völlig auf die Musik. Dass da keine Handlung dabei ist (von Programmmusik abgesehen, die ich Banause aber sowieso nicht erkenne), stört mich nicht. Beim (Film-)Musical kommt zur Musik noch Handlung, aber die brauche ich eigentlich nicht unbedingt, wenn die Musik gut ist. Deswegen ist es dann für mich auch nicht so schlimm, wenn die Handlung lächerlich ist. Welche Musik einen umhaut, ist natürlich subjektiv, mit Rock habe ich nicht sehr viel am Hut (für mich meist nur laut mit viel Geschrei, soll wohl rebellisch sein, aber ich selber war noch nie rebellisch), aber wenn ich "I could have danced all night..." höre, bin ich hin und weg.

Und seit ich den letzten Beitrag gelesen habe, pfeife ich die ganze Zeit "You are my lucky star" vor mich hin. Wie werde ich den Ohrwurm wieder los?
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Alt 28.03.2024, 06:15   #4  
Peter L. Opmann
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Ein Kuriosum der Filmgeschichte: Friedrich Wilhelm Murnau und Robert Flaherty, zwei herausragende Filmschaffende der Stummfilmzeit, taten sich zusammen, um „Tabu“ zu drehen. Der Film wurde 1929 auf Tahiti vorbereitet, 1930 gedreht und kam 1931 stumm heraus. Es gibt auch keine Zwischentitel. Die wenigen Informationen, die der Zuschauer braucht, werden in Briefen vermittelt. Sowohl Murnau als auch Flaherty hatten bereits Kassenerfolge geliefert, aber dieser Film paßte so wenig ins Konzept der Studios, daß er nur in Spezialkinos gezeigt wurde und keine Chance hatte, seine Kosten einzuspielen. Meine Aufnahme stammt übrigens vom Stummfilm-Festival 1995 in Esslingen.

Flaherty, ein Pionier des Dokumentarfilms mit speziellem Augenmerk auf Naturvölkern, wollte eine weitere Dokumentation drehen. Murnau, der den Film mit eigenen Mitteln weitgehend selbst finanzierte, nachdem die Produktionsfirma pleite gegangen war, hatte eher eine Abenteuergeschichte im Stil von Joseph Conrad im Sinn und setzte sich weitgehend durch. Aber es gab keine Stars (auch aus finanziellen Gründen) und keine genregerechte Handlung. So sah die Paramount, die den Verleih übernommen hatte, keine Chance, den Film kommerziell zu verwerten. Am Originalschauplatz zeigt er den Kampf eines Perlentauchers um seine Geliebte, die den Göttern geopfert werden soll; relativ nahe an der Realität. Aber das war nicht das, womit Hollywood üblicherweise sein Geld verdiente: Stars und eine Genrehandlung, in der sich das Publikum wiedererkennen oder in die es sich hineinträumen konnte.

Hitu, Botschafter eines polynesischen Königs, kommt auf die Insel, um eine neue „göttliche Jungfrau“ zu bestimmen, nachdem die bisherige gestorben ist. Die Wahl ist auf Reri gefallen, die eben eine Liebesbeziehung zu Matahi begonnen hat. Der Hintergrund des Tabus, das auf sie gelegt wird, bleibt ziemlich vage: Wer hat sie warum ausgewählt? Wird sie nun geopfert oder nicht – und zu welchem Zweck? Jedenfalls darf nun kein Mann sie mehr berühren. Aber Matahi und Reri fliehen auf eine Insel, wo bereits Zivilisation herrscht und sie unterzutauchen hoffen. Aber Matahi hat keine Ahnung von Geld – die Perlen, die er beim Tauchen gewinnt, verschenkt er freigiebig. Als Hitu auf die Spur des Paars kommt, kann er kein Schiffsticket kaufen, um mit Reri weiterzufliehen.

Matahi geht noch einmal tauchen, an einer wegen Haien sehr gefährlichen Stelle. Aber er holt erfolgreich eine weitere Perlmuschel herauf. Reri ist aber so von Angst und Schuldgefühlen gequält, daß sie freiwillig mit Hitu mitgeht. Matahi sieht bei seiner Rückkehr noch Hitus Boot sich entfernen und schwimmt hinterher. Als er mit einem Seil an Bord klettern will, schneidet es Hitu durch, und Matahi bleibt zurück und ertrinkt. Also eine sehr einfach erzählte, nicht sehr gewitzte Geschichte. Ihre Stärke ist die Exotik, die sicher stark von Flaherty bestimmte Schilderung des Lebens der Inselbewohner. Murnau fügte eine düstere Atmosphäre hinzu, voller Vorahnungen und Fatalismus. Der Film hat zwei Teile: Einer ist „Paradise“ betitelt, der andere „Paradise lost“,

Daß „Tabu“ der Produktionsweise in Hollywood keine neue Richtung oder neue Impulse gab, kann ich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Der Film übt eine Faszination aus, die aber darin begründet ist, daß es wenig ähnliche Filme gibt. Für ein solches halbdokumentarisches Abenteuer-Melodram immer wieder ins Kino zu gehen, kann ich mir nicht recht vorstellen. Als einzigartiges Werk der Filmgeschichte hat „Tabu“ fraglos seinen Wert. Es gab damals sogar einen Oscar für die beste Kamera, und inzwischen ist der Film in die National Film Registry aufgenommen worden. Es war übrigens Murnaus letzte Arbeit. Er starb kurz vor Fertigstellung des Films 1931 bei einem Autounfall nahe Santa Barbara. Flaherty drehte bis 1948 unter großen Mühen noch eine Handvoll weiterer Dokumentarfilme.
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Alt 28.03.2024, 06:46   #5  
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Interessant, ich hab von dem Film schon gehört ihn aber noch nie gesehen.
Danke das du auch so seltene Perlen vorstellst.

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Alt 28.03.2024, 06:53   #6  
Peter L. Opmann
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Ich bespreche hier praktisch alles, was ich an Kinofilmen zwischen 1990 und etwa 1998 auf Video aufgenommen habe.

"Tabu" gibt's mehrfach auf youtube.
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Alt 28.03.2024, 07:00   #7  
Marvel Boy
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Dann werde ich den da mal schauen, irgendwann in den Sommermonaten, wenn ich etwas mehr Freizeit habe als momentan.

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