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Alt 20.09.2023, 06:12   #1576  
Peter L. Opmann
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Die „Ariel“-Cassette habe ich mit Aki Kaurismäkis „Hamlet goes Business“ (1987) aufgefüllt (lief als Originalfassung mit deutschen Untertiteln). „Hamlet“ ist ihm eher mißlungen. Wir haben es hier tatsächlich mit einer Umsetzung des Shakespeare-Dramas zu tun, die in gewissem Sinn werkgetreu, aber auch eine ungewöhnliche Interpretation und sicher auch eine Travestie ist. Der Dramenstoff wird in die Gegenwart versetzt, aus dem Machtkampf am dänischen Königshof wird einer in einem finnischen Konzern. Die wesentlichen Figuren des Stücks sind alle beibehalten und erleiden das von Shakespeare vorgesehene Schicksal – Vater und Mutter sowie die Geliebte des Dänenprinzen werden ermordet, Hamlet selbst schwankt zwischen Melancholie und Rachegelüsten und fällt am Ende ebenfalls einer Intrige zum Opfer. Das ist alles gut wiedererkennbar.

Inszeniert ist das Ganze im typischen Kaurismäki-Stil, und diese formale Seite ist für mich das einzig Interessante an dem Film. Die Figuren sind recht einsilbig (die Originaldialoge des Dramas werden natürlich nicht verwendet), die Handlungsweisen wirken gefühlskalt und erzeugen eine deprimierende Stimmung. Kaurismäki stellt das Geschehen hier erneut sehr lakonisch dar. Das alles ist untermalt von sentimentalen Schlagerliedern und – hier mehr als in „Ariel“ – härteren Rocksongs. Das ausgeprägte Hell-Dunkel der meisten Szenen erinnert an den Film noir, die latente Bedrohung mit dem Tod genauso. Aber diese ausgeprägte Stilisierung ergibt keine bestimmte Aussage. Mal wirkt die Handlung ernst und moralisch, mal parodistisch und mal wie eine bloße Fingerübung.

Rezensionen vor 35 Jahren lobten eine vermeintliche Kapitalismuskritik. Der Fischer Film Almanach 1989 sprach von einer „sarkastischen Attacke auf die Entartungen des kapitalistischen Systems“. Ich kann das nicht nachvollziehen. Die Firmenpolitik bildet nur eine grobe Hintergrundfolie; Wirtschaftskonflikte erschöpfen sich darin, wer die Aktienmehrheit an dem Konzern besitzt. Ans Leben wollen sich die Hauptfiguren eher aus persönlichen Gründen. Einen neuen Blick auf Shakespeares „Hamlet“ ergibt das noch nicht – ich bin auch skeptisch, ob das beabsichtigt war. Dieser Film liefert vielleicht Filmemachern die eine oder andere Anregung für eigene Inszenierungen; das Publikum zieht aus „Hamlet goes Business“ nur wenig Gewinn.
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Alt 20.09.2023, 06:35   #1577  
Nante
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Von Kaurismäkis "ernsten" Filmen habe ich nach " Das Mädchen aus der Streichholzfabrik" für immer die Finger gelassen, die sind für mich einfach zu deprimierend. Wobei es im konkreten Fall bei diesem Stoff ja auch von Anfang klar ist, daß es nicht gut enden KANN.
Eigentlich kaum zu glauben, daß auch die "Leningradcowboys" von ihm sind.
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Alt 20.09.2023, 06:56   #1578  
Peter L. Opmann
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Es gibt aber schon auch hier eine Mischung aus Tragik und Komik. Das Wort "sarkastisch" aus der Filmkritik paßt gut. Mich stört eher, daß der Rückgriff auf Shakespeare letztlich unnötig ist und verhindert, daß eine originelle Story entfaltet wird.

Ein Beispiel: Claudius (der hier Klaus heißt) will Hamlet durch ein vergiftetes Brathuhn töten. Das Hausmädchen soll es auf sein Zimmer bringen. Damit kein Verdacht entsteht, ist nur ein Flügel vergiftet. Das Hausmädchen muß auf die Toilette; währenddessen kommt Hamlets Mutter vorbei und ißt genau diesen Flügel. Das Mädchen sieht, daß ein Flügel fehlt, zuckt aber die Schultern und serviert das Hühnchen. Das ist für sich genommen schon eine lustige Szene.
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Alt 20.09.2023, 07:48   #1579  
Nante
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OK, die lustig-makaberen Stellen gibt es ja auch in der Vorlage ("Eine Ratte!").
Unterm Strich ändern sie aber nichts an der düster-verhängnisvollen Grundstimmung. Wobei ich zugeben muß, das Hamlet von allen Shakespeare- Stücken schon immer das war, wo ich nie einen Zugang gefunden habe, weder in der Schule noch bei klassischen Aufführungen oder modernen Verfilmungen.
- So ein richtiger Bösewicht wie Richard III. ist einfach was anderes.
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Alt 21.09.2023, 06:19   #1580  
Peter L. Opmann
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Diesen Film habe ich im Kino gesehen und, nachdem ich ihn aufgenommen hatte, auch vielleicht zweimal auf Video. Aber das ist alles ziemlich lange her. Ich hatte jetzt keine genaue Erinnerung mehr an „Tootsie“ (1982) von Sydney Pollack. Ich glaube auch, der Film ist allgemein etwas in Vergessenheit geraten, dabei hatte er damals die höchsten Einspielergebnisse nach Spielbergs „E.T.“. In der englischen wikipedia wird das Werk als „romantische Komödie“ eingestuft. Ich sehe darin eher ein Liebesdrama mit Tendenz zur Groteske. Pollack ist kein typischer Komödienregisseur, und so reizt dieser Film kaum einmal zum lauten Lachen, aber man möchte unbedingt wissen, wie sich die Beziehungen eines als Frau verkleideten Mannes zu Frauen und Männern entwickeln. Nur würden die Verwirrungen der Geschlechter heute, in Gender-Zeiten, vermutlich gar nicht mehr so dargestellt.

Dustin Hoffman ist Schauspieler in New York, der schon seit zwei Jahren kein Engagement mehr bekommen hat, weil er nicht widerspruchslos alles tut, was ein mittelmäßiger Regisseur von ihm will. Irgendwie kommt er auf die Idee, beim nächsten Casting als Frau aufzutreten, und dieses ältliche Mädchen mit Fistelstimme, aber oft nicht sehr fraulichem Auftreten, das vor und hinter der Kamera, wenn nötig, energische Widerworte gibt, kommt prompt bei den Verantwortlichen einer Krankenhaus-TV-Serie hervorragend an. Die Einschaltquoten steigen, als diese Frau öfters mal vom vorgesehenen Dialog abweicht, um Macho-Männern die Meinung zu sagen. Obwohl das den Regisseur Nerven kostet, wird „Tootsies“ Vertrag verlängert. (Der Begriff bedeutet „Süße“ mit abwertendem Unterton in Richtung „Schlampe“.)

Hoffman hat zwar eine feste Freundin (Teri Garr), ebenfalls eine eher erfolglose Schauspielerin, lernt in seinem Job aber Jessica Lange kennen, die eine Krankenschwester spielt, hinter der die Ärzte her sind. Hoffman baut sie mit seinem Kampf gegen Sexismus moralisch auf; sie freunden sich an, verbringen viel Zeit miteinander und entwickeln tiefere Gefühle, was Lange verwirrt, weil sie eindeutig nicht auf Frauen steht. Dafür macht ihr verwitweter Vater (Charles Durning) Tootsie einen Heiratsantrag, den Hoffman nur mit Mühe abwehren kann. Mit seiner Freundin (die ihn nur als Mann kennt) bekommt er natürlich auch Probleme. Schließlich entschließt er sich, aus der TV-Serie auszusteigen und endgültig reinen Tisch zu machen. In der letzten Folge der Krankenhaus-Serie, die live ausgestrahlt wird, gibt er seine wahre Identität bekannt. Damit stößt er Garr, Lange und Durning vor den Kopf, kann aber zum Schluß alles wieder einrenken.

Das Ende des Films ist für eine Komödie eindeutig zu lahm, aber für eine Liebesgeschichte durchaus in Ordnung. Mit „Manche mögen’s heiß“ oder auch „Charleys Tante“ hat der Streifen sehr wenig zu tun. Es ist übrigens nicht so, daß man sich „Tootsie“ nach 40 Jahren nicht mehr ansehen kann. Die Figuren sind interessant gestaltet und berühren den Zuschauer – Dustin Hoffman vielleicht am wenigsten, denn warum er sich so konsequent in eine Frau verwandelt, obwohl das mit seiner Sexualität überhaupt nichts zu tun hat, ist für mich nicht so ganz verständlich (vordergründig kann er nur so Geld verdienen). Sehr auffällig: Homosexualität ist für alle Beteiligten ein Problem, und nur so kann die Geschichte in Gang kommen. Möglicherweise bekommt man auch Einblick ins amerikanische Fernsehgeschäft (jedenfalls der 1970er oder 80er Jahre); es wirkt realistisch, wie die Krankenhaus-Serie gedreht wird, aber das kann ich letztlich nicht beurteilen.
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Alt 21.09.2023, 06:45   #1581  
Nante
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In "Vergessenheit geraten" würde ich jetzt nicht sagen. Immer wenn eine Komödie mit ähnlicher Thematik gedreht wurde, egal ob nun mit Robin Williams, M. Schweighöfer oder wem auch immer, wird in der Kritik stets der Vergleich mit dem Pollack-Film heran gezogen.

Wenn ich mich recht erinnere, lief der Film auch im DDR-Kino. Das Motiv fand ich damals auch nicht recht überzeugend. (Der Aufwand für Kleidung und Make-up dürfte von der Gage nicht viel übrig gelassen haben.)
Aber das ist wohl immer das Hauptproblem, wenn man einen "Hetero" in den "Fummel" steckt. (B.Wilder setzte dazu bekanntlich einen Mafia-Mord ein.)

Die Auflösung vor laufender Kamera fand ich zumindest damals recht gelungen, als er sich frei am Text entlang hangelte und alle Beteiligten rätselten, was das jetzt werden sollte.

PS: In einem Interview erklärte Hoffmann mal, er wollte nicht als Parodie sondern wirklich überzeugend als attraktive Frau durchgehen, was leider nicht funktioniert habe. - Vielleicht auch ein Grund, weshalb R. Williams in seinem Film dann gleich den Großmuttertyp gewählt hat.
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Alt 21.09.2023, 07:02   #1582  
Peter L. Opmann
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Du redest von "Mrs. Doubtfire" - leider wieder mal ein Film, den ich nicht gesehen habe. Ich fasse die Aussage von Dustin Hoffman so auf, daß er eben überzeugend in die Haut einer Frau schlüpfen wollte - es sollte keine Travestie sein. Ich denke, das ist ein Problem des Films insgesamt, daß er keine richtige Komödie, aber auch kein ganz ernstzunehmendes Drama ist. Das hat die Zuschauer damals aber nicht gestört.

Ich habe übrigens gelesen, daß Hoffman 4,5 Millionen Dollar Gage erhielt - dafür konnte er sich schon ein paar Schminktöpfchen kaufen...
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Alt 21.09.2023, 07:50   #1583  
Nante
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Das ist eben der Unterschied zwischen Hollywood und einem Fernsehsender bzw. zwischen Dustin Hoffmann und Michael Dorsey/ Dorothy Michaels.
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Alt 21.09.2023, 08:34   #1584  
Peter L. Opmann
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Da weiß ich nichts Genaueres. Jedenfalls war in den 80ern längst das Fernsehen das tonangebende Medium: ABC, NBC, CBS. Das bildet sich in "Tootsie" ja auch ab. Vielleicht wurden die Fernsehstars nicht so gut bezahlt, aber mit TV-Shows wurde das große Geld gemacht.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.09.2023, 08:53   #1585  
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Ich denke, der Vorteil bei den Fernsehserien war vor allem, daß man eine langfristige Perspektive hat(te). Natürlich ist dann der Anpassungsdruck groß, denn man ist leicht "rausgeschrieben". - In diesem Fall hat Michael/Dorothy das dann ja praktisch selbst gemacht.

PS: Ja, ich meinte Mrs. Doubtfire. Im Gegensatz zu diesem Film ist das aber wirklich eine One-man/women-Show.
Im Mad wurde bei der üblichen Filmveralberung auch auf die Vorlage angespielt. Da sitzt Hofmann recht sauer vor dem Bildschirm und beschwert sich, daß Williams ihn gleich in zwei Filmen plagiiert: Neben "Tootsie" ja auch noch "Kramer gegen Kramer".
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Alt 21.09.2023, 09:20   #1586  
Peter L. Opmann
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Nicht übel, die "Mad"-Parodie!

Zitat:
Glauben Sie etwa, man könne in einem Fernsehprogramm voller Gewalt, Sex, Kaputtheit und Perversion die Leute mit ner lausigen Transvestitennummer schockieren?! Gehen Sie zu Walt Disney damit!
Wenn sich Krankenschwester Jessica Lange tatsächlich als verkleideter Bill Murray entpuppt hätte, dann wäre "Tootsie" wirklich eine Komödie geworden.
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Alt 21.09.2023, 09:28   #1587  
Nante
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen

Wenn sich Krankenschwester Jessica Lange tatsächlich als verkleideter Bill Murray entpuppt hätte, dann wäre "Tootsie" wirklich eine Komödie geworden.
Ja, stimmt. Das war der Abschlussgag.
Nante ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.09.2023, 11:00   #1588  
Phantom
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Tootsie habe ich vor vielen Jahren zum letzten Mal gesehen; Details erinnere ich nicht mehr, ich weiß aber, dass ich den Film mit Vergnügen gesehen habe. Dustin Hoffman als Frau hat mich dabei ein bisschen an Caterina Valente erinnert. Ich könnte mir eine Neuverfilmung im Hochschulbereich vorstellen, da könnte aktuell eine Verkleidung als Frau auch die Einstellungschancen erhöhen.
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Alt 22.09.2023, 11:40   #1589  
pecush
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"Tootsie" lief meines Wissens früher regelmäßig im Fernsehen; den habe ich irgendwann auch mal gesehen. Ist zwischen den ganzen 007- und Harry-Potter-Wiederholungen vielleicht wirklich etwas "vergessen" worden. Schade eigentlich....

Und mal zu etwas ganz anderem:
Ich musste mal einen Namen überprüfen, deshalb sah ich mir nach langer Zeit mal wieder den Kurzfilm Harakiri Whoom von 1969 an.
Hierbei handelt es sich um eine Satire von Gerhard Schmidt ("Is was, Kanzler?") mit dem jungen Marius Müller-Westernhagen in einer sehr frühen Rolle; im Grunde spielt er sich selbst. Daher heißt er auch nicht - wie bei der imdb angegeben - einen Wilhelm Kaiser, sondern einen Marius Kaiser. Marius Kaiser ist Sänger einer hoffnungsfrohen Beatband, die Chancen auf eine Plattenaufnahme hat. Leider wird Marius dann zur Bundeswehr zitiert; die Karriere scheint zu platzen. Doch er und seine Freunde versuchen, ihn vor dem Schicksal zu bewahren.
Das ist stellenweise lustig, stellenweise klamaukig und vor allem arg gealtert, allerdings immer nostalgisch-amüsant. Der Film leidet unter seiner bruchstückhaften Erzählung, wartet aber mit einer schönen, etwas philosophischen Schlusszene auf.
Aus heutiger Sicht vor allem interessant zu sehen, wer alles mitspielt; neben Müller-Westernhagen nämlich auch die Mitglieder seiner damaligen Amateur-Band, darunter Bodo Staiger (später "Rheingold") und Allan Warren, der sich als Fotograf einen Namen machte; Andrea Rau wurde später eines der ersten bundesdeutschen Sexsymbole.
Der Kurzfilm ist heute ein schönes Zeitdokument; und vor allem interessant, das er für seine angebliche Wehrkraftzersetzung angeprangert (evtl. sogar verboten) wurde.
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Alt 22.09.2023, 12:35   #1590  
Peter L. Opmann
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@ Phantom: Der Unterschied wäre, daß man es heute vermutlich nicht mehr als abschreckend darstellen würde, wenn es jemand mit einem gleichgeschlechtlichen Partner zu tun bekäme. (Im wirklichen Leben wäre das wohl noch immer etwas anderes.) Aber ein Mann, der als Frau Karriere macht - da fällt mir auf Anhieb keine filmische Umsetzung ein. Bei TV-Filmen habe ich keinen Überblick.

@ pecush: "Is was, Kanzler?" ist mir kurz vor dem Abitur auch begegnet, ich habe den Film allerdings nicht gesehen. Ich denke, nach dem Widerstand gegen Strauß 1980 ist auch Kohls "geistig-moralische Wende" schon zu Beginn von manchen kritisch gesehen worden, in meiner Klasse auf jeden Fall.

Gerhard Schmidt sagt mir leider auf Anhieb nichts. Ich müßte nachsehen, ob ich doch mal auf einem Filmfestival einen Film von ihm gesehen habe. Aber solche Hinweise auf unbekannte Kinobereiche finde ich auf jeden Fall gut!
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.09.2023, 06:37   #1591  
Peter L. Opmann
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Noch ein Film aus den frühen 80ern, ebenfalls sehr erfolgreich, wenn auch in kleinerem Maßstab: „Die flambierte Frau“ (1983) von Robert van Ackeren. Den habe ich damals nicht im Kino gesehen; ich glaube, die Geschichte im Milieu der Edelprostitution hat mich nicht so sehr interessiert. Wie viele Zuschauer der Film hatte, verrät wikipedia nicht, aber auf jeden Fall haben sich die Feuilletons draufgestürzt. Es war quasi unmöglich, von dem Film nichts mitzubekommen. Für Gudrun Landgrebe war ihre Hauptrolle ein großer Karrieresprung. Aufgenommen habe ich „Die flambierte Frau“ in den 90ern.

Wie bei „Tootsie“ kann man sich hier fragen, ob dieses Werk noch zeitgemäß oder nach 40 Jahren veraltet ist. Die Frage ist in meinen Augen müßig, weil es sich um ein Melodram handelt, das nur allgemeine Aussagen über die Gesellschaft macht, aber nicht eine Wirklichkeit abbildet. Mich hat der Film an Douglas Sirks „Was der Himmel erlaubt“ (siehe oben) erinnert. Robert van Ackeren war Teil des Neuen Deutschen Films. Seit 1970 hat er in zahlreichen Filmen seinen klaren, aber ziemlich künstlichen Stil entwickelt. Er war ursprünglich Kameramann und gehörte wohl irgendwie zum Umfeld von Rainer Werner Faßbinder. Obwohl Sirk auch das große Vorbild von Faßbinder war, hat van Ackeren mit ihm nicht viel gemein. Die dargestellten Gefühle erscheinen mir hier letztlich nicht echt. Übrigens kam nach diesem Film nicht mehr viel von ihm. Er war schon seit 1979 Professor an der Kölner Kunsthochschule und hat sich dann offenbar auf diesen Job konzentriert.

Die Handlung: Landgrebe bricht aus ihrer Ehe aus, weil ihr Mann sie eher wie einen Einrichtungsgegenstand behandelt. Sie will jetzt frei sein und wird Edelprostituierte. Das heißt, sie kassiert viel Geld dafür, daß sie ihre Kunden mit Verachtung behandelt. Scheint mir nicht unbedingt realitätsnah zu sein, aber van Ackeren geht es darum, die bürgerliche Fassade von perversen Spießern einzureißen. Damit aus der Gesellschaftssatire ein Melodram werden kann, lernt sie bei der Arbeit Mathieu Carriere kennen und verliebt sich in ihn. Er entpuppt sich erst im Nachhinein als Callboy, ist also sozusagen Arbeitskollege. Trotzdem fühlen sich beide zunächst sehr zueinander hingezogen. Er trägt sich allerdings mit dem Gedanken, sich zur Ruhe zu setzen, sie möchte sich dagegen keinesfalls wieder durch eine Ehe binden. Verkompliziert wird die Sache zudem durch Hanns Zischler, den besten Kunden von Carriere. Die beiden sind etwas mehr als befreundet und planen, gemeinsam ein Restaurant mit Kunstgalerie zu eröffnen. Das will Landgrebe auf keinen Fall.

Carriere hat seinerseits zunehmend Probleme damit, daß sie besonders erfolgreich als Domina arbeitet. Bei dieser Arbeit kann sie sich emotional gut heraushalten, aber ihn belastet, wie grausam sie mit ihren Freiern umgeht. Als er ihr am Ende dennoch einen Heiratsantrag macht, zerbricht ihre Beziehung an den Lügen, auf denen beide ihr Leben aufgebaut haben. Carriere dreht durch, übergießt Landgrebe mit Alkohol und zündet sie an – sie wird zur „flambierten Frau“. Danach folgt nur noch eine kurze Szene, in der Landgrebe (die Verbrennungen sind offenbar verheilt) aus dem Lokal, das Carriere inzwischen eröffnet hat, rausgeworfen wird – sie hat da Hausverbot. Sie trinkt aber ihren Cocktail einfach vergnügt vor der Tür.

Wenn ich diesen Film in den 80ern gesehen hätte, hätte ich ihn sicher als unmoralisch empfunden. Zu der Zeit waren Pornos noch nicht allgemein verfügbar. In „Die flambierte Frau“ gibt es zwar keine Pornografie, aber doch einige für damalige Verhältnisse relativ freizügige Szenen. Heute finde ich dagegen, daß der Film eine konservative Moral verkauft. Man kann eben Liebe und Sex nicht so einfach trennen, auch wenn eine liberale, eigentlich aber verlogene Gesellschaft dieses Geschäftsmodell ermöglicht. Die Beziehung von Carriere und Landgrebe kann so keinen Bestand haben. „Die flambierte Frau“ wurde für den Auslands-Oscar vorgeschlagen, kam aber nicht auf die Liste. Was war wohl der Grund? Fanden die Amis den Film zu europäisch? Oder waren sie im Gegenteil von seiner konservativen Moral enttäuscht? Da könnte ich nur spekulieren.
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Alt 23.09.2023, 07:36   #1592  
pecush
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Ich finde, Frau Landgrebe lebt von dem Filmtitel heute immer noch recht gut.
Ähnlich wie Sonja Kirchberger, die "Venusfalle".
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Alt 23.09.2023, 08:46   #1593  
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Gudrun Landgrebe hat allerdings eine deutlich bessere Leistung gezeigt als Sonja Kirchberger. "Die Venusfalle" habe ich 1988 tatsächlich im Kino gesehen, war aber nicht so gut wie "Die flambierte Frau".
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Alt 23.09.2023, 10:24   #1594  
Servalan
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Bei dem Film muß ich immer an Luis Buñuels „Belle de Jour – Schöne des Tages“ (1967) denken, weil van Ackeren da mehr als deutliche Anleihen nimmt: Das beginnt bei der Ausgangssituation, bei der eine gelangweilte Ehefrau zur Edelprosituierten im Sadomaso-Milieu wird. Beide Filme kombinieren das mit einer künstlichen Atmosphäre, die bei Buñuel aber Sinn und Zweck hat, weil sie für das Unwirkliche steht, für Séverines Einbildungskraft. Damit läßt Buñuel offen, ob das Gesehene wirklich passiert oder ob sich Séverine das alles nur herbeiphantasiert hat.
Van Ackeren kommt insofern platter daher, nicht nur konservativer. Und Gudrun Landgrebe spielt zwar ordentlich, aber mit Catherine Deneuve kann sie nicht mithalten, die ist ihr um Klassen drüber.

Die deutschen Kameramänner seiner Generation haben einen guten Ruf. Michael Ballhaus ist ja mittlerweile eine Legende.
Aber auch Joseph Vilsmaier, der andere Kameramann, der sich auf Regie verlegt hat, wurde als ordentlicher Handwerker angesehen. Das von ihm bevorzugte Genre des Heimatfilms läßt sich ja auch in die konservative Ecke einordnen.
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Alt 23.09.2023, 10:56   #1595  
Peter L. Opmann
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Danke für die Ergänzungen. Ich glaube, "Belle de Jour" habe ich auch auf Video, aber ebenfalls schon lange nicht mehr gesehen.
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Alt 23.09.2023, 18:11   #1596  
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Belle de Jour würde ich mir gerne mal wieder anschauen, bei Die flambierte Frau und Venusfalle reichen mir dagegen die Erstsichtungen.

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Marvel Boy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.09.2023, 18:34   #1597  
Peter L. Opmann
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Um eine Bewertung von "Die flambierte Frau" habe ich mich ja genau besehen herumgedrückt.

Ich kann den Film jetzt nicht mit "Belle de Jour" vergleichen, und er hat sicher einige Schwächen. Also, ich kann ihn nicht uneingeschränkt empfehlen, und ich lege ihn mir auch nicht so zurecht, daß ich ihn bald mal wieder laufen lassen kann. Aber ganz schlecht ist er nicht. Gundrun Landgrebe hat in diesem Film schon was. Auch wenn sie hauptsächlich "The Great Stone Face" gibt...
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Alt 26.09.2023, 06:14   #1598  
Peter L. Opmann
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Wieder habe ich zwei Filme auf eine Cassette aufgenommen, die miteinander zu tun haben. Diesmal kein Remake, sondern nach „Die flambierte Frau“ habe ich einen weiteren Film von Robert van Ackeren aufgezeichnet: „Die Reinheit des Herzens“ (1980). Diesen Film hatte ich bis eben noch nie gesehen. Ich weiß nicht mehr, ob mich die Aussagen dazu in der TV-Zeitschrift abgeschreckt haben oder ob ich keine Zeit hatte. Es ist erneut ein Film, den ich höchstens eingeschränkt empfehlen kann. In diesem Fall finde ich auch, er ist nicht mehr zeitgemäß.

In Kritiken wird viel über die Figuren gesagt, etwa, daß sie linke Intellektuelle der ausgehenden sozialliberalen Ära der Bundesrepublik (repräsentiert durch die Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt) seien. Darauf gibt es meiner Ansicht nach im Film kaum direkte Hinweise. Matthias Habich ist ein Schriftsteller, Elisabeth Trissenaar, seine feste Freundin (allerdings mit eigenem Schlafzimmer), ist Buchhändlerin. Habich ermuntert sie mehrmals zu einer Affäre mit einem anderen Mann, doch er will nur, daß sie eine Erfahrung macht, nicht daß sie damit ihre Beziehung zu ihm in Frage stellt. Sie will aber gar nicht – sie sagt: Ich liebe doch dich! Dann lernt sie aber tatsächlich Heinrich Giskes kennen, als er in ihrem Laden Bücher stiehlt. Ziemlich umstandslos landet sie mit ihm im Bett, was Habich zunächst begrüßt, weil er so ein lange nicht mehr gekanntes Gefühl erlebt, nämlich Eifersucht. Sie ist irritiert. Dann aber stellt er fest, daß Trissenaar offenbar mehr mit Giskes zusammen ist als mit ihm. Zudem kann der neue Freund den üblichen Lesungen aus Habichs entstehendem Roman mit blasierten Gästen nichts abgewinnen. So hatte er sich das nicht vorgestellt.

Die tolerante Attitüde fällt von Habich ab. Er beginnt, Trissenaar und beider Tochter (Marie Colbin) zu terrorisieren und verwüstet die exklusive Penthousewohnung (man fragt sich, wie die beiden sie sich leisten können, denn ein Erfolgsautor ist Habich offensichtlich nicht). Während er mit ihr an einem Telefonautomaten zu telefonieren versucht, wird er ausgeraubt – aber das nimmt er aus Schmerz über seine gefährdete Beziehung kaum wahr. Am Ende versucht er sogar, sich umzubringen, wird aber im Krankenhaus gerettet. Trissenaar ihrerseits ist zunehmend mit Giskes, dem es eigentlich nur um Sex geht, nicht mehr glücklich. Als sie zusammen ein Stundenhotel aufsuchen, ersticht sie ihn während des Geschlechtsakts mit einem Brieföffner – dem Gegenstand, den Habich bei seinem Selbstmordversuch verschluckt hatte. Als Giskes tot ist, kehrt sie in die Wohnung zu Habich zurück, wo er gerade stumm leidend im Bett liegt, und legt sich zu ihm.

Was aus heutiger Sicht auffällt, ist, daß beide Männer Elisabeth Trissenaar nach ihren Bedürfnissen zu steuern versuchen, also letztlich als Objekt benutzen. Und sie läßt das eine ganze Weile mit sich machen. Den Wutausbruch Habichs, als er die Wohnung verwüstet, läßt sie jedoch an sich abprallen, und von Giskes macht sie sich auf denkbar radikale Weise frei. Daß sie zu Habich zurückkehrt, ist wohl ironisch gemeint, aber 1980 hätte sich eine Frau auch nur selten von einem Mann ganz unabhängig machen können. Vieles von dem Stil, den van Ackeren in „Die flambierte Frau“ zeigt, ist in diesem Film wiederzufinden: Die erzählte Geschichte ist letztlich einfach. Handlungsweisen und Emotionen werden aber nicht glaubwürdig gemacht. Auch wenn der Regisseur hier mit namhaften Theaterschauspielern arbeitet, kann man nicht in sie hineinsehen. Wieso Trissenaar mit dem schwierigen und unreifen Habich so lange harmonisch zusammenlebte, bleibt ebenso rätselhaft wie die Frage, was sie eigentlich an Giskes anzieht, warum sie sich in ihn verliebt. Ich denke, van Ackeren möchte hier nicht menschlichen Regungen nachspüren, sondern nur etwas demonstrieren. Der katholische Filmdienst meinte, hier werde die Deformierung menschlicher Gefühle in der modernen Gesellschaft angeprangert, aber es ist klar, daß das der Blickwinkel der Kirche ist. Aber eine so deutliche Satire oder Groteske wie „Die flambierte Frau“ ist der Film auch nicht. In der „Zeit“ wurde der Film damals als manieristisch charakterisiert. Wenn man an so etwas kein spezielles Interesse hat, muß man ihn sich jedenfalls nicht ansehen.
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Alt 28.09.2023, 06:14   #1599  
Peter L. Opmann
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Leider kenne ich weder die Kurzgeschichte von Ernest Hemingway, die diesem Film zugrundeliegt, noch die frühere Verfilmung von Robert Siodmak, „Rächer der Unterwelt“. Ich kann „Tod eines Killers“ (1964) von Don Siegel nur so besprechen, wie sich der Film selbst darbietet. Die Eröffnung und der Schluß sind meisterhaft inszeniert, und das kann man nicht von vielen Filmen behaupten. Der ganze Mittelteil, der zu der Hemingway-Story hinzuerfunden wurde, überzeugt dagegen weniger. „Tod eines Killers“ ist für die Zeit seiner Entstehung ein ungewöhnlich harter Gangsterfilm, allerdings mit dem Schönheitsfehler, daß die Figuren nicht so richtig lebendig werden und die Verwicklungen rund um eine Beute von einer Million Dollar den heutigen Betrachter nicht mehr zu packen vermögen.

Lee Marvin ist ein Auftragskiller, unterwegs mit einem jungen Kompagnon. In einer Blindenschule spürt er John Cassavetes auf, der dort als Lehrer arbeitet. Cassavetes läßt sich erschießen, ohne zu fliehen oder Widerstand zu leisten. Das kommt den beiden Killern seltsam vor, und sie wollen herausfinden, was dahintersteckt. Sie kennen zunächst ihren Auftraggeber nicht und auch nicht das Motiv für den Mord. In drei langen Rückblenden erfahren sie es. Cassavetes war früher Autorennfahrer, und zuerst nehmen sie seinen Mechaniker in die Mangel. Der erzählt, daß er eine Romanze mit Angie Dickinson hatte, ohne zu wissen, daß sie die Braut des Gangsterbosses Ronald Reagan (der spätere US-Präsident) ist. Cassavetes erleidet bei einem Rennen einen schweren Unfall, bei dem seine Augen in Mitleidenschaft gezogen werden, wird aber von Dickinson für einen Job engagiert.

Von einem Komplicen Reagans erfahren die beiden Killer dann, daß es um den Überfall auf einen Geldtransport ging, bei dem Cassavetes als Fahrer auf einer schwierigen Strecke gebraucht wurde. Der Überfall brachte eine Million Dollar ein, aber noch wissen die Killer nicht, wo das Geld geblieben ist. Von Reagan selbst erfahren sie, daß er zusammen mit Cassavetes nach dem Überfall wegfuhr und während der Fahrt aus dem Auto gestoßen wurde. Cassavetes verschwand mit der Beute. Dann zwingen sie noch Dickinson auszupacken. Sie erzählt, daß Reagan sich das Geld zurückholte. Es wird klar, daß sie immer auf der Seite Reagans stand und Cassavetes nur benutzt hat. Schließlich taucht Marvin, nachdem Heckenschützen versucht haben, ihn und seinen Begleiter zu töten, bei Reagan und Dickinson auf und legt beide um. Sein Kompagnon hat den Anschlag nicht überlebt, er selbst ist schwer verletzt. Während er den Geldkoffer schnappt und zu seinem Auto zurückkehrt, bricht er zusammen und stirbt.

Siegel war spezialisiert auf Action und vor allem Schießereien. Obwohl er noch nicht die Freiheiten hatte, die es wenige Jahre später bei New Hollywood gab, gelingen ihm da kompromiß- und illusionslose Szenen. Auf der emotionalen Ebene finde ich den Film aber ziemlich mißglückt. Aus Dickinson wird man nicht klug, weil sie ihre Liebe zu Cassavetes ebenso stark ausspielt wie ihre Loyalität zu Reagan. Es ist aber unnötig, sie so ins Zwielicht zu stellen. Wichtig ist nur, daß Cassavetes aufgibt, als er erkennt, daß sie immer die Geliebte von Reagan war. Cassavetes selbst hätte diesen Teil sicher wesentlich überzeugender inszeniert. Das Stilmittel der Rückblenden finde ich zwar reizvoll, aber in ihnen wird die Handlung weitgehend linear erzählt; es gibt also keine großen Überraschungen. Seltsam fand ich, daß Marvin und sein Kompagnon alles so mühelos erfahren, wenn sie doch in das Revier eines sehr mächtigen Gangsterbosses eingedrungen sind.

Ein paar Funfacts: Als Cassavetes engagiert war, stellte sich heraus, daß er gar nicht autofahren konnte. Reagan soll Kirk Douglas gesagt haben, er bereue es, diese Rolle übernommen zu haben, weil er dann als Politiker ein Saubermann-Image brauchte. Die Filmmusik stammt von John Williams, der hier nervösen Jazz liefert, nichts, was an „Star Wars“ erinnert. „Tod eines Killers“ scheint eine Billigproduktion gewesen zu sein (Angaben zu Budget und Kasseneinnahmen habe ich nicht gefunden). Siegel produzierte den Film selbst für Universal. Es sollte jedoch ursprünglich ein TV-Movie werden, schien aber im Fernsehen nicht sendbar zu sein und wurde deshalb im Kino ausgewertet. Immerhin: Über weite Strecken ist der Film auch nach 60 Jahren noch sehenswert. Die Schwächen im Mittelteil verderben den Genuß dieses Films nicht gleich.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.09.2023, 06:41   #1600  
Marvel Boy
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Immerhin erinnere ich mich nach dem lesen deiner Zeilen den Film gesehen zu haben, der Tietel ist zu nichtssagend als das er bei mir was ausgelöst hätte. Das ist dann aber auch schon alles was ich nach vielen Jahren zu dem Film schreiben kann.

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