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Alt 24.07.2023, 21:05   #1451  
Nante
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Wenn man wie ich den Film (im Gegensatz zum "Film im Film" ) nicht gesehen hat, kann man schwer was dazu schreiben.

Was mich aber interessieren würde: Wie kommen in dem Film denn eigentlich die Strasbergs weg? Was ich bis jetzt darüber gelesen habe, schwankt doch sehr stark. Entweder waren sie auf dem Weg, um aus Marilyn eine "ernsthafte" Schauspielerin zu machen oder sie haben ihr nur geschadet, weil sie ihre natürlichen Talente unterdrückt haben.


PS: Ich war hauptsächlich entsetzt, daß der Film auch schon wieder ein Dutzend Jahre her ist. Die Filmkritiken standen doch praktisch erst letztes Jahr in der TV-Spielfilm. (Nein, ich verwechsle das jetzt nicht mit dem Film mit Ana de Armas! )
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Alt 24.07.2023, 21:23   #1452  
Marvel Boy
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Übrigens:

Bin etwas enttäuscht, daß anscheinend niemand eine Meinung zu "My Week with Marilyn" hat. Oder sehen das einfach alle genauso wie ich?
Vieles von dem was du hier besprichst kenne ich, schreibe aber aus Zeitgründen nichts dazu, den aber nicht.

KEEP CALM AND DON'T SMASH!
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Alt 24.07.2023, 21:26   #1453  
Peter L. Opmann
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Paula Strasberg kommt im Film vor; sie wird gespielt von Zoe Wanamaker, mit einer riesigen getönten Hornbrille. Wenn Olivier Marilyn sagt, sie solle endlich aufs Set kommen und ihren verdammten einen Satz sprechen, den werde sie sich doch wohl merken könnnen, dann stellt sich Strasberg immer schützend vor sie und sagt sowas wie: "Sie fühlt die Rolle noch nicht - sie braucht noch etwas Zeit." Und diese Spielchen treiben Olivier allmählich zur Weißglut.

Ich glaube, einmal sagt er, wenn sie die Rolle nicht fühle, dann solle sie halt so tun, als ob sie sie fühle - das sei es doch, was Schauspieler tun.

Aber für mich wird Paula Strasberg nicht allzu negativ dargestellt. Man hat das Gefühl, das ist wirklich ihre Auffassung von Schauspielkunst. Nur ist Marilyn Monroe dafür ein nicht sehr gut geeignetes Objekt, und natürlich verliert die Filmgesellschaft dadurch, daß Marilyn meist nicht dreht, Unmengen von Geld.
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Alt 24.07.2023, 21:30   #1454  
Peter L. Opmann
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@ alle:

Wir hatten das ja glaube ich schon mal. Ich meine niemanden persönlich. Aber ich hätte bei diesem Film wirklich mit Reaktionen gerechnet, weil Marilyn Monroe ja noch heute Diskussionen auslöst.

Also kein Problem - niemand muß sich für Nicht-Posten rechtfertigen.

Geändert von Peter L. Opmann (25.07.2023 um 15:31 Uhr)
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Alt 26.07.2023, 19:28   #1455  
Phantom
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Wenn ich nichts zu einem Film schreibe, habe ich keine Zeit, kenne den Film nicht oder beides. Bei "My week with Marilyn" war beides der Fall.

Jetzt sitze ich aber gerade in einem verspäteten ICE (Pleonasmus) und habe etwas Zeit. Deswegen ein Geständnis: ich mag keine "Biopics", wenn mir die porträtierte Person sehr vertraut ist. Ja, keine Regel ohne Ausnahme, aber normalerweise langweilt mich ein Film, in dem ein Schauspieler/eine Schauspielerin eine Person darstellt, die ich aus Originalaufnahmen gut kenne. Ich will keinen Film sehen, in dem eine Schauspielerin Angela Merkel spielt. Oder in dem ein Schauspieler Freddie Mercury spielt ("Bohemian Rhapsody", aus meiner Sicht total überschätzt) oder Elton John oder eben Marilyn Monroe. Dann schaue ich mir lieber einen Dokumentarfilm an oder Interviews mit Zeitzeugen. Was anderes ist es, wenn ich die dargestellte Person kaum kenne: "Catch me if you can" ist grandios, aber Frank Abagnale kannte ja kaum jemand, ich jedenfalls nicht. "Milk" fand ich sehr gut, konnte mit dem Namen "Harvey Milk" aber vorher nichts anfangen. "Aviator" konnte ich auch sehen, weil ich Howard Hughes visuell überhaupt nicht kenne und Katharine Hepburn nur in ein paar Filmen gesehen habe.

Dafür habe ich wenig Antrieb, einen Film zu sehen, in dem jemand Marilyn Monroe spielt. Tatsächlich hatte ich mal überlegt, das Buch "My week with Marilyn" zu lesen, war aber nicht sicher, inwieweit sich der Autor wichtiger machen wollte, als er war, und habe es gelassen. Den Film zum Buch habe ich erst recht ignoriert. Ich habe Deinen Ausführungen aber entnommen, dass er sich lohnen könnte; bei Gelegenheit werde ich ihm also vielleicht doch eine Chance geben.
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Alt 26.07.2023, 20:12   #1456  
Peter L. Opmann
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Muß gestehen, ich kannte Marilyn Monroe auch nur sehr flüchtig.

Aber im Ernst: Mir ging es ähnlich wie Dir. Mich hat den ganzen Film über ziemlich gestört, daß Michelle Williams MM nicht besonders ähnlich sieht. Allerdings hat sie das wettgemacht. Von ihrer Gestik, manchmal auch Mimik her kommt sie ihr doch recht nahe. Und sie spielt sie insgesamt glaubwürdig, wobei ich natürlich nicht weiß, wie die echte Marilyn war.

Wie ich geschrieben habe, kann man den Film meiner Ansicht nach als Coming-of-Age-Geschichte sehen. Dadurch, daß Colin Clark eine unbedeutende Position in der Filmcrew hat und Marilyn der eigentlich unerreichbare Superstar ist, sind sie weiter auseinander, als ihr Alter besagt. Aber er wird plötzlich wichtig, weil nur er sie einigermaßen zur Arbeit bewegen kann. Und für sie wird er zur beinahe einzigen Vertrauensperson in dieser feindlichen Umwelt. Aber letztlich können sie doch kein Paar werden. Das macht für mich die Faszination der Story aus, und das kommt im Film sehr gut rüber.
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Alt 27.07.2023, 06:11   #1457  
Peter L. Opmann
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Dies ist der vierte John-Wayne-Film, den ich in diesem Thread bespreche. Ich möchte aber nicht den Eindruck erwecken, ich sei ein besonderer John-Wayne-Fan. „Düsenjäger“ (1957) von Josef von Sternberg ist ein mißglückter Film, aber man kann ein paar Gedanken daran verschwenden, warum eigentlich. Ich finde, es liegt nicht daran, daß Produzent Howard Hughes dem Regisseur kräftig in die Arbeit hineinpfuschte, auch nicht daran, daß es ein Klischeeprodukt des Kalten Kriegs wäre, sondern Militär-, Spionage- und Liebesfilm fügen sich nicht so recht zusammen. Manches hat mir aber ganz gut gefallen. John Wayne wurde öfter mit durchsetzungsfähigen Frauen zusammengespannt: Maureen O’Hara, Angie Dickinson, Gail Russell (siehe oben) – hier ist es Janet Leigh. Das hat meistens gut funktioniert. Bei „Düsenjäger“ habe ich vor allem im Gedächtnis behalten, wie die Jetpiloten einen in Kalifornien in ihr Territorium eingedrungenen Russen zur Landung zwingen und höchst erstaunt sind, daß eine schöne Frau (nämlich Leigh) aus dem Cockpit steigt.

Wayne muß sich mit ihr auseinandersetzen und sie unter anderem durchsuchen. Eine ganz ähnliche Szene hatte er später in „Rio Bravo“. Er spielt jeweils einen Mann, der im Umgang mit Frauen wenig geübt ist, und Leigh zufolge war das auch im wirklichen Leben so: „Der Bursche ist bestimmt nicht sehr erfahren, wenn es um Liebesspielchen geht.“ Für den Zuschauer ist seine Ungeschicklichkeit freilich recht amüsant. Zurück zur Handlung: Leigh behauptet, sie habe in Lebensgefahr geschwebt und deshalb aus der UdSSR verschwinden müssen. Die US-Luftwaffe entscheidet, daß sie sich auf ihrem Stützpunkt relativ frei bewegen und auch amerikanische Düsenjets fliegen darf. Davon erhofft man sich ablesen zu können, auf welchem Stand sich die russische Luftwaffe befindet. Dann aber soll Leigh abgeschoben werden. Inzwischen haben sich zwischen ihr und Wayne jedoch zarte Gefühle entwickelt (beide waren zufällig gerade solo), und so setzen sie sich ab, um auf die Schnelle in Yuma zu heiraten.

Genau in diesem Moment ist Leigh als Spionin enttarnt worden. Ihr drohen nun 15 Jahre Gefängnis. Unter diesem Eindruck will sie doch lieber in die Sowjetunion zurück, zusammen mit ihrem Ehemann, auch wenn der überzeugt ist, Leigh habe ihm nur etwas vorgespielt. Der Plan der Amerikaner ist, ihn auf diese Weise als Agenten in die UdSSR einzuschleusen. Die Flucht gelingt. Wayne soll nun die Russen über die amerikanische Luftwaffentechnik aufklären. Er gibt nur veraltete Informationen weiter, sieht sich aber seinerseits das russische Fluggerät sehr genau an. Als die Russen seine Taktik durchschauen, soll sein Gehirn durch eine Droge zerstört werden. Das will Leigh, die ihn letztlich doch liebt, nicht zulassen, und gemeinsam fliehen sie nach Kalifornien zurück.

Klar, das ist eine hanebüchene Geschichte. Bei Josef von Sternberg, der sich immer nur für Liebesdramen und nicht für Realismus interessiert hat, hätte ich aber nichts anderes erwartet. Durch Anklänge an Lubitschs „Ninotschka“ bekommt der Film ironische Untertöne, aber Leighs allmähliche Bekehrung zum Kapitalismus paßt nicht so recht zu den Fliegereiszenen und Spannungselementen in „Düsenjäger“. Vor allem aber funktioniert die Liebesgeschichte leider nicht. Das Agentenpaar, das sich liebt, aber auch bekämpfen muß, kennt man aus dem Unterhaltungskino. Doch hier bleibt auf ungute Weise bis kurz vor Schluß unklar, ob die Gefühle echt sind oder nur im Dienst der Spionagemission stehen. Genauer gesagt: Wayne ist wirklich in die schöne Russin verliebt, aber nicht blöd. Sie vollzieht dagegen mehrere Gesinnungswechsel, was den Zuschauer daran hindert, sich mit dem Paar zu identifizieren.

„Düsenjäger“ ist eine frühe Variante von „Top Gun“. Schon damals half die US-Luftwaffe mit spektakulären Flugszenen eifrig mit, den Film attraktiv zu machen. Gedreht wurde in mehreren Etappen zwischen 1949 und 1952. Danach fügte Howard Hughes erst die Flugszenen ein, die damals in dieser Form nirgendwo sonst zu sehen waren, und schnitt den Film immer wieder um. Als er nach acht Jahren endlich ins Kino kam, waren die topmodernen Jets allerdings bereits veraltet. Was mich aber wohl nur stören würde, wenn ich Militärexperte wäre. Wohl wegen der langen Produktionszeit wurde der Film ziemlich teuer (laut wikipedia neun Millionen Dollar) und konnte trotz guter Zuschauerzahlen keinen Gewinn erzielen. Hughes hatte seinen Erfolg mit dem Fliegerfilm „Höllenflieger“ von 1930 wiederholen wollen.

Einen gewissen Reiz kann man dem Film gleichwohl nicht absprechen, vor allem, wenn man eine Menge „Buck Danny“- und „Dan Cooper“-Comics gelesen hat. Die sind in vielen Fällen ganz ähnlich gemacht. Und Buck Danny hat es sogar mit einer ähnlichen Gegenspielerin zu tun: Lady X. Liebesszenen waren bei Dupuis freilich tabu…
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.07.2023, 09:52   #1458  
Nante
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Da hast Du ja wirklich was ausgegraben. Kannte ich bis heute nicht mal dem Namen nach.
Scheint aber auf jeden Fall unterhaltsamer zu sein als "The green Berets", Waynes anderer Beitrag zum kalten Krieg.
Nante ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.07.2023, 10:17   #1459  
Peter L. Opmann
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Naja, jeder kennt eben andere Filme. "Düsenjäger" habe ich schon in den 80ern im Fernsehen gesehen. Als ich die DVD kaufte, dachte ich, es sei ein guter Film (was sich auch nicht völlig als Irrtum erwiesen hat).

Aber die Entstehungsgeschichte des Films ist abenteuerlich. Hughes war wohl der Elon Musk seiner Zeit...
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Alt 28.07.2023, 14:36   #1460  
Peter L. Opmann
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Überraschend habe ich noch eine Rückmeldung zu "My Week with Marilyn" erhalten - von meinem Freund, der hier mitliest, aber nicht reinschreiben möchte:

Zitat:
Ich habe in der Zwischenzeit übrigens "My Week with Marilyn" gesehen. Ich habe den Film mal als kostenlose DVD mit einer Programmzeitschrift bekommen: sehr nette britische Betrachtungsweise des Phänomens. Marilyn ist keine Göttin meines Pantheons, aber die Faszination der verschiedenen Männer für sie wird schön verdeutlicht...
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.07.2023, 06:35   #1461  
Peter L. Opmann
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Leider bin ich mit Slapstick-Filmen nicht so gut ausgestattet, wie ich es gern wäre. Was die großen Namen betrifft, habe ich einige Videos und DVDs, besonders von Laurel und Hardy. Aber die unbekannteren Namen oder die aus der zweiten Reihe sind nur sporadisch vertreten. Zum Beispiel kommt Fatty Arbuckle bei mir nur in einer DVD vor, auf der einige Folgen von „Klamottenkiste“, der alten ARD-Serie, gesammelt sind. „Fatty auf dem Rummelplatz“ (1917) ist da nur in einer verstümmelten Fassung von 13 Minuten Länge vertreten, wie ich jetzt gemerkt habe. Dieser von Roscoe Arbuckle selbst gedrehte Two-Reeler (im Original 24 Minuten) ist mir in Erinnerung geblieben, weil Al St. John (der spätere Western-„Fuzzy“) eine sehr gute Leistung zeigt und außerdem Buster Keaton, hier noch ganz am Anfang seiner Karriere, mitwirkt. In ganzem Umfang ist die Slapstick-Komödie in der englischen wikipedia zu sehen, und der Vergleich lohnt.

Im Original heißt der Film „Coney Island“, und in diesem Vergnügungspark in New York spielt er und ist auch dort gedreht. Die Handlung brauche ich glaube ich nicht wiederzugeben, denn klassischer Slapstick braucht nicht unbedingt eine Handlung. Es dürfte genügen festzuhalten, daß St. John Keaton seine Freundin (Agnes Mann) ausspannt, weil er Geld für den Rummel hat und Keaton nicht, während Arbuckle seiner bösen Ehefrau entflieht und sich in den Kampf um das Mädchen auch noch einschaltet. Während Arbuckle mit Agnes Mann zusammen ist, ist er als Frau verkleidet. Das führt zu einigen Geschlechtsverwirrungs-Gags, die damals im Vaudeville wohl Standard waren, nichtsdestoweniger aber selbst heute noch ein bißchen anstößig wirken. Am Ende bekommt Keaton, der im übrigen in diesem Film als Nebendarsteller eine Menge einstecken muß, seine Freundin zurück. Fatty gelingt es, seine Frau in einer Polizeistation einzusperren. Er und St. John geloben sich, nie wieder etwas mit einer Frau anzufangen, sind aber keine Minute später wieder hinter dem nächsten Rock her. Interessant: Die Frau, mit der Arbuckle am Ende anzubandeln versucht, erweist sich als eine Schwarze, weshalb er schnell einen Rückzieher macht. Dieser Schluß wurde bereits 1917 weggeschnitten, weil er rassistisch wirkte. Auch in der wikipedia-Fassung ist er nicht erhalten.

Wie gut dieser Film beim Publikum ankam, konnte ich nicht ermitteln. Ich weiß aber, daß Arbuckle es bis zu dem Skandal, in den er verwickelt wurde und der seine Karriere beendete, sich an Beliebtheit mit Charlie Chaplin messen konnte. Verglichen mit guten Komödien der heute angesehensten Slapstick-Komiker pflegt er einen recht derben Humor. In meinen Augen ist der Film zwischen den von Action übersprudelnden Mack-Sennett-Vehikeln und den subtileren Komödien von Chaplin, Keaton oder Harry Langdon anzusiedeln. In der „Klamottenkiste“ wurde „Fatty auf dem Rummelplatz“ auf die reinen Lachszenen zusammengeschnitten. Wir sehen hier nicht, wie sich Keaton und Mann zu Beginn eine Parade (Mardigras) in NY ansehen, bevor sie nach Coney Island gehen. Diese Location wird zunächst mit quasidokumentarischen Bildern eingeführt, was in der geschnittenen Fassung fehlt. Später treiben Arbuckle, St. John und Keaton übrigens ihre Späße auf Fahrgeschäften, die damals zu den Hauptattraktionen des Parks gehörten: The Witching Waves, eine Art Autoscooter auf schwankendem Boden, und Shoot the Chute, eine Wasserrutsche.

In der deutschen Fassung fehlt außerdem ein Großteil der Gender-Scherze. Dabei ist Arbuckle hier am besten. Obwohl er tatsächlich ziemlich fett ist, bewegt er sich mit weiblicher Grazie und sorgt so erst in der Männer-, dann in der Frauenumkleide für einige Aufregung. Nur St. John merkt überhaupt nicht, daß er es nicht nur mit keiner Frau zu tun hat, sondern auch noch mit dem Typen, mit dem er vorher bereits ausgiebig gerauft hat. Fattys Gattin schöpft dagegen Verdacht und bittet Keaton, mit einer Angel seine Perücke zu lüften. Bemerkenswert fand ich, daß St. John in diesem Film Keaton an akrobatischen Fähigkeiten nicht nachsteht. Allerdings ist Keatons Figur hier noch nicht voll entwickelt, und seine spektakulärsten Stürze oder Sprünge sind noch nicht zu sehen. Außerdem gibt es Szenen, in denen er lacht oder weint, worauf er später bekanntlich verzichtete. Um nochmal auf den Hauptdarsteller zu kommen: Arbuckle ist trotz aller handfesten Auseinandersetzungen eigentlich ein gutmütiger Typ, eher trickreich und hinterlistig. Er beherrscht auch den direkten Blick in die Kamera, mit dem er die Zuschauer auf seine Seite zieht, wie das später Oliver Hardy kultivierte. Trotz mancher Entgleisungen ist er letztlich der Sympathieträger.

Ich finde, „Fatty auf dem Rummelplatz“ ist ein kleines Meisterwerk. Im Rahmen der „Klamottenkiste“ habe ich noch drei weitere Arbuckle-Filme, die aber an dieses Werk nicht heranreichen. Ein weiterer sehr guter Arbuckle-Film ist „The Butcher Boy“ (ebenfalls 1917, erster Filmauftritt von Keaton), den man sich in youtube ansehen kann.

Geändert von Peter L. Opmann (29.07.2023 um 07:09 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.07.2023, 06:11   #1462  
Peter L. Opmann
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„Schnee am Kilimandscharo“ (1952) von Henry King ist ein Hollywoodfilm mit Anspruch. Obwohl er mich nie besonders begeistert hat, wollte ich ihn deshalb noch einmal ansehen. Ich denke, die Produktionsgesellschaft 20th Century Fox (Darryl F. Zanuck) hat diesen nicht leicht konsumierbaren Film aus drei Gründen gemacht: Der Autor der Literaturvorlage, Ernest Hemingway, galt (gilt?) als einer der größten Schriftsteller, die Schauplätze waren für die Zeit recht exotisch (Afrika, Paris, Cote Azur und Spanien), und es wurden einige der zugkräftigsten Stars aufgeboten: Gregory Peck, Ava Gardner, Susan Hayward – für uns dürfte außerdem noch Hildegarde Neff interessant sein (eigentlich hieß sie Hildegard Knef). Einen Oscar gab’s nicht, aber immerhin den Preis der National Board of Review, der ein Ausweis für Filmkunst war. In meinen Augen ist der Film von der Zeit überholt, aber ein paar interessante Aspekte daran habe ich dann doch entdeckt.

Ein großes Manko ist, daß der Film – wie Hemingway – keine richtige Geschichte erzählt. Der Schriftsteller und Abenteurer Peck liegt in der afrikanischen Savanne nahe dem Kilimandscharo (also wohl in Tansania oder Kenia) mit einem brandigen Bein im Sterben, gepflegt von seiner Frau Hayward. Während die Geier schon warten, überdenkt er sein rastloses Leben, das er dank reichlicher Tantiemen mit schönen Frauen im Luxus und auf der beständigen Jagd nach irgendeiner Erfüllung verbracht hat. Seine große Liebe war die extravagante Gardner, mit der er dann als Großwildjäger nach Afrika ging. Weil er aber zu selbstbezogen war und sich auch von ihrer Schwangerschaft nicht einengen lassen wollte, verlor er sie schließlich. Knef ist eine nicht weniger interessante Frau, aber er begann trotzdem, sich nach Gardner zurückzusehnen, und verließ sie. Im spanischen Bürgerkrieg traf er sie tatsächlich wieder (eine wenig glaubwürdige Wendung der Geschichte), aber erst, als sie bei der Explosion einer Granate starb. In Hayward meinte er sie wiederzuerkennen, dennoch blieb sie mit ihm zusammen und begleitete ihn sogar zurück nach Afrika. Jetzt, im Angesicht des Todes, ist er sowohl zynisch als auch wehleidig. Er hält sein Leben für vergeudet und vorüber, doch sie hält an der Hoffnung fest, daß er rechtzeitig ins Krankenhaus gebracht und gerettet werden kann. Anders als in Hemingways stark autobiografisch gefärbter Story landet am Ende tatsächlich ein Flugzeug, und die Geier sind plötzlich verschwunden.

Es ist kein reines Vergnügen, fast zwei Stunden lang einem Mann beim Sterben und bei seinen Erinnerungen an seine vergebliche Suche nach dem Glück zuzusehen. Einige Szenen in Afrika wurden in der Nähe von Nairobi gedreht. Das dürfte für das Publikum 1952 interessant gewesen sein, hat aber heute nach Unmengen von Grzimek- und Sielmann-Filmen im Fernsehen viel von seinem Reiz verloren. Bei den Stars wurde meiner Meinung nach eher danebengegriffen. Peck hat sich wohl gefreut, einmal eine komplexere Figur als den üblichen noblen Gentleman zu spielen. Aber mich irritiert sein Auftritt als Ekel eher (wobei er 1952 auch nicht so richtig unsympathisch rüberkommen durfte). Gardner sehnt sich bei aller Mondänität letztlich nach dem stillen Glück mit Gatten und Kindern im eigenen Heim. Und Hayward kommt im Vergleich zu ihr zu kurz, so daß nicht ganz nachzuvollziehen ist, daß er sie schließlich als die wirkliche Frau seines Lebens erkennt.

Regisseur Henry King ist ein Veteran aus der Stummfilmzeit. Seinen ersten Film drehte er bereits 1915. Er übernahm öfters anspruchsvollere Literaturverfilmungen, machte aber auch konfektioniertes Genrekino. Obwohl ich darauf geachtet habe, sind mir bei „Schnee am Kilimandscharo“ keine Passagen aufgefallen, die an die Stummfilmzeit erinnert hätten. Überhaupt habe ich keine Regietricks entdeckt, sondern King bevorzugt eine ruhige Inszenierungsweise, bei der er sich Mühe gibt, die Figuren möglichst differenziert zu zeichnen. Ungewöhnlich ist die Farbdramaturgie, wobei die besondere Farbigkeit des Films in der DVD-Fassung sicher nicht richtig zur Geltung kommt. Was mir auffiel, sind manche Szenen in Paris und an der Cote Azur, bei denen der Hintergrund schwarzweiß erscheint, von dem sich die farbigen Figuren plakativ abheben. Allerdings weiß ich nicht, ob der Effekt technisch oder durch den Kulissenbau erreicht wurde, beziehungsweise ob das überhaupt ein beabsichtigter Effekt ist.

Das ist wieder mal ein Film, den man meiner Ansicht nach nicht unbedingt gesehen haben muß. Ich habe beim Ansehen ein wenig darüber nachgedacht, wie der Film 1952 – also vor immerhin 70 Jahren – kalkuliert war und wie ihn damals wohl das Publikum gesehen hat. Er war auf jeden Fall ein Kassenerfolg mit (laut wikipedia) 8,5 bis 12,5 Millionen Dollar Einnahmen.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.08.2023, 06:15   #1463  
Peter L. Opmann
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Diesmal ein für meine Verhältnisse ziemlich neuer Film: „Das große Krabbeln“ (1998) von John Lasseter. Ich wollte gern mal wieder zum Animationsfilm zurückkehren. Dieses Disney-/Pixar-Werk hat mir damals im Kino gut gefallen. Es war der zweite Streich nach „Toy Story“, und ich habe ihn nicht mehr so gut im Gedächtnis wie das Spielzeug-Drama. Die Computeranimation weist möglicherweise noch ein paar Kinderkrankheiten auf, aber davon verstehe ich nicht so viel. Ich konzentriere mich also darauf, wie der Film als Komödie und Drama funktioniert.

Vielleicht hat sich das Thema der Insektenwelt zu dieser Zeit aufgedrängt, denn zwei Jahre vorher hatte die französische Dokumentation „Mikrokosmos“ Aufsehen erregt. Parallel entstand ein zweiter Insekten-Trickfilm, „Antz“ (DreamWorks), dem allerdings der Disney-Charme (und die Disney-Moral) fehlte. In „Das große Krabbeln“ wurde tatsächlich großer Aufwand getrieben, eine Flußinsel und umliegende Landschaften aus dem Blickwinkel sehr kleiner Lebewesen zu zeigen und zu inszenieren (ähnlich wie in „Mikrokosmos“). Manche Dinge werden allerdings auch den Erfordernissen des Zeichentricks angepaßt. Speziell die Ameisen sind ziemlich vermenschlicht, haben menschenähnliche Gesichter und je zwei Arme und Beine (statt sechs Gliedmaßen).

Von der Story haben sich mir zwar einzelne Szenen eingeprägt, aber nicht die Handlung insgesamt. Das Grundmotiv ist von den „sieben Samurai“ entlehnt: Eine Ameisenkolonie wird von einem Schwarm Heuschrecken terrorisiert, die jedes Jahr auftauchen und ein für sie zusammengetragenes „Opfer“ an Samen und Früchten verspachteln. Dafür gewähren sie den Ameisen angeblich „Schutz“ – also die alte Mafiamasche. Das ganze Volk fügt sich der Unterdrückung. Nur Flik (gesprochen von Kai Wiesinger) ist ein findiger Kopf und latent aufmüpfig. Zunächst will er nur helfen, daß sein Volk das Opfer schneller einsammeln kann. Dabei geht aber durch ein Mißgeschick alles, was bisher gesammelt worden ist, verloren, was bei den Grashüpfern natürlich gar nicht gut ankommt. Die Ameisen lassen sich dazu zwingen, bis zum Ende des Sommers ein neues Opfer aufzuhäufen, aber Flik will nun Hilfe von „Kampfinsekten“ organisieren und die Heuschrecken vertreiben.

Die anderen sind froh, ihn loszuwerden. Flik fliegt beim Verlassen der Insel ein Stück mithilfe eines Löwenzahnschirmchens; in einer Vergnügungsstätte stößt er auf eine Zirkustruppe, in der er irrtümlich seine heldenhaften Kämpfer erkennt. Die Artisten (darunter ein Mistkäfer, eine Gottesanbeterin, eine Schwarze Witwe, ein Marienkäfer und eine von Otfried Fischer gesprochene fette Raupe) brauchen ein Engagement und merken zu spät, daß sie zu einem Kampf auf Leben und Tod verpflichtet worden sind. Sie machen Flik klar, daß sie Künstler sind, und er muß einen neuen Plan ersinnen. Er baut eine Vogelattrappe, mit der er die Heuschrecken ver-schrecken will. Bei ihrer Rückkehr nimmt Anführer Hopper (Stimme von Rufus Beck) die Ameisenkönigin als Geisel. Das Manöver mit dem nachgemachten Vogel geht schief, weil er in Flammen aufgeht. Manche Bilder erinnern übrigens an ein Kampfflugzeug im Krieg. Aber Fliks rebellischer Geist springt endlich auf sein Volk über. Die Ameisen merken, daß sie den Grashüpfern zahlenmäßig weit überlegen sind, und greifen zur Gegenwehr. Trotzdem spitzt sich alles höchst dramatisch zu, bis ein echter Vogel auftaucht und Hopper an seine Brut verfüttert. Seine Bande macht sich aus dem Staub, nur sein dümmlicher Bruder Moll (der comic relief der Heuschrecken) schließt sich dem Zirkus an.

Eine insgesamt überzeugende, recht komplizierte, dennoch klar aufgebaute Geschichte. Die Moral empfinde ich heute als etwas aufdringlich (aber typisch Disney): Glaube an dich selbst, und du kannst alles schaffen. Aber der Unterhaltungswert wird dadurch eigentlich nicht gemindert. Gestört hat mich eher, daß der Film so vollgestopft ist mit kleinen ungewöhnlichen Einfällen und Gags, daß etliche davon verpuffen. Vielleicht liegt’s auch an der mangelhaften Übertragung ins Deutsche. Der Mittelteil des Films, in dem Flik die Zirkusartisten findet, ist in meinen Augen zu gerafft. In Nullkommanichts ist er von seinen „Kriegern“ umringt und sind sie auf der Flußinsel der Ameisen, wo sich das Mißverständnis dann schnell aufklärt. Dagegen finde ich die Einleitung hervorragend – man erfährt nach und nach, mit welchem Problem die Ameisen konfrontiert sind, und schließlich treten die abstoßenden und offenbar gefährlichen Heuschrecken auf, die gewissermaßen von der Furcht ihrer Opfer leben. Der Schluß des Films ist eine emotionale Achterbahnfahrt – ein ständiger Wechsel von Entmutigung und Hoffnung – und ein wahres Actionfeuerwerk. Ich kann nachvollziehen, daß man davon nicht zugunsten des Mittelteils Abstriche machen wollte. Randy Newman war zu dieser Zeit offenbar Stammkomponist für Animationsfilme. Er liefert hier aber nicht so einen Hit wie in „Toy Story“. Sein Abschlußsong „Time of your Life“ ist glaube ich nicht so bekannt geworden.

„Das große Krabbeln“ weist die unwiderstehliche Mischung klassischer Abenteuerfilme aus Action und Komik auf. Wobei der Held (Flik) sicherlich nur teilweise als typischer Abenteurer durchgeht. Trotz kleinerer Mängel finde ich das Werk sehr gelungen – könnte ich mir bald mal wieder ansehen, schon um genauer auf die Gags zu achten, die diesmal an mir vorbeigezogen sind. Vom erwähnten „Toy Story“ habe ich den vierten Teil noch nicht gesehen; Filmreihen wollte ich ja hier ohnehin unberücksichtigt lassen. Aber wenn jemand von Euch Lust hat…
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.08.2023, 06:58   #1464  
Nante
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Mit "Toy-Story" kann ich leider nicht dienen.

Von den beiden Ameisen-Filmen hat mir damals "Antz" besser gefallen. Der war einfach "erwachsener"; - auch in seinen Anspielungen, von Woody Allen bis "Rambo". Heute würde ich sie auf einer Höhe sehen, weil inzwischen die Zirkustruppe bei mir mehr gepunktet hat.
Nante ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.08.2023, 07:05   #1465  
Peter L. Opmann
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Stimmt, "Antz" hat die bekannteren Sprecher. Aber das Drehbuch von "A Bug's Life" gefällt mir eindeutig besser.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.08.2023, 09:17   #1466  
pecush
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Ich kenne auch nur Antz.

Toy Story habe ich im vergangenen Jahr das erste Mal gesehen, der hat mir gut gefallen.
pecush ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.08.2023, 10:50   #1467  
LaLe
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Toy Story weckt bei mir vor allem sehr lustige Erinnerungen an die ein oder andere Runde Plüsch, Power und Plunder.
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Alt 03.08.2023, 11:08   #1468  
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@ LaLe: Im Film oder bei Dir zuhause?
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Alt 03.08.2023, 11:29   #1469  
LaLe
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Das ist ein deutsches Rollenspiel, in dem man in die Rolle eines Plüschtiers schlüpft. Eines lebenden Plüschtiers, von dessen "Leben" naturgemäß niemand erfahren darf. Das ist echt witzig.

https://de.wikipedia.org/wiki/Pl%C3%...er_%26_Plunder

Wenn man so will, bei Toystory ist alles nur geklaut.
LaLe ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 03.08.2023, 11:40   #1470  
Peter L. Opmann
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Oh, wußte ich nicht.
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Alt 03.08.2023, 11:46   #1471  
LaLe
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Außerhalb der deutschen Rollenspielszene dürfte der Bekanntheitsgrad auch gen Null tendieren.

Meine Erinnerungen daran sind auch arg dunkel. Was ich aber noch weiß, gegen die Plastikspielzeuge war es immer gut, wenn man an Spraydosen und Feuerzeuge herankam...
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Alt 05.08.2023, 06:24   #1472  
Peter L. Opmann
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Bleiben wir noch kurz im Bereich der Animation – indirekt. Frank Tashlin war Zeichner für „Looney Tunes“ und Regisseur von „Porky“-Filmen. Später drehte er Realfilme, unter anderem mit Jerry Lewis; als sein bester gilt jedoch „Sirene in Blond“ (1957) mit Tony Randall und Jayne Mansfield. Der Film ist auf DVD anscheinend nicht so verbreitet, war aber in einer der Cinematheken der Süddeutschen Zeitung vertreten, und so kam er auch in meine Sammlung. Es ist in meinen Augen ein zwiespältiges Werk: einerseits gar keine richtige Komödie, eher eine Parodie auf alles Mögliche, andererseits ein vor verrückten Einfällen sprühender Film, der auch noch optisch auf die 60er Jahre vorausweist.

Randall ist Texter in einer großen New Yorker Werbeagentur und steht kurz vor seinem Rauswurf, weil das Produkt, das er und sein Team bewerben, der „Stay put“-Lippenstift, sich nur noch mäßig verkauft. Im Fernsehen bekommt er mit, daß der Hollywoodstar Mansfield (gekonnt inszeniert als Kopie von Marilyn Monroe) dabei ist, sich nach NY abzusetzen. Spontan kommt ihm die Idee, daß sie das Gesicht der „Stay put“-Kampagne sein müßte. Nur will das in seiner Agentur niemand zur Kenntnis nehmen. Zufällig ist jedoch seine Nichte Vorsitzende des Mansfield-Fanclubs, und über sie kommt er an sie heran. Er weiß nicht, daß Mansfield ihren Liebhaber, Tarzan-Darsteller Mickey Hargitay (übrigens Mansfields echter Ehemann und ein Mr. Universum), eifersüchtig machen und dazu ihn, Randall, benutzen will. Damit wird er in den Wirbel, den sie in NY auslöst, hineingezogen und von der Presse zum „Mr. Loverdoll“ ernannt.

Randall, bisher eher ein Versager, dem es auch an Ehrgeiz zum Erfolg mangelt, schafft jetzt alles: Er erlebt in seiner Werbeagentur einen raketenhaften Aufstieg, zumal sich der Lippenstift nun tatsächlich bombig verkauft. Zugleich aber fühlt er sich in seiner Rolle höchst unwohl: Er mag es nicht, ständig von kreischenden Fans umringt zu sein. Und er hat für Mansfield auch nur wenig übrig, vielmehr liebt er eine nicht besonders attraktive, aber bodenständige Frau (Betsy Drake). Mansfield dagegen kommt die zusätzliche Publicity gerade recht, wenngleich sie Randall erst beibringen muß, wie man mit einer Sexbombe wie ihr richtig umgeht. Drake gerät in eine Krise, weil sie denkt, sie könne mit Mansfield niemals konkurrieren. Mit der Zeit stellt sich aber heraus, daß die Protagonisten sich insgeheim nach etwas ganz anderem sehnen. Der Chef der Werbeagentur will am liebsten Rosen züchten, weshalb er Randall sein Büro gern überläßt. Randall kann doch noch Drake heiraten und übernimmt eine Hühnerfarm, und auch Mansfield erkennt, daß sie nie über ihre zerbrochene erste Beziehung hinweggekommen ist. Ihr erster Liebhaber war niemand anderes als Groucho Marx, den sie ganz am Ende öffentlichkeitswirksam in einer Fernsehshow wiedertrifft.

Man sieht, der Film ist zwar voll von verrückten ‚Gags, die teilweise cartoonhaft inszeniert sind. Aber es ist eigentlich keine richtige Komödie. Es gibt keine besonderen Verwicklungen, und die Story bleibt am Ende ohne überraschende Auflösung. Lediglich die Welt des hemmungslosen Konsums und Erfolgsstrebens wird karikiert (der sich der Film aber gleichzeitig unterwirft). Dafür ist „Sirene in Blond“ voller witziger Anspielungen: Zum Beispiel sagt Mansfield einmal, sie werde als nächstes in einem Film mit „zwei russischen Brüdern“ mitspielen, was auf Marilyn Monroes Ambitionen auf den Film „Die Brüder Karamasow“ abzielt (Regisseur Richard Brooks traute ihr das damals nicht zu). Die Namen sind sprechend: Randalls Rollenname Rockwell Hunter ist aus „Rock Hudson“ und „Tab Hunter“ (ein heute weitgehend vergessener Schauspieler und Sänger) zusammengesetzt, der von Mansfield, Rita Marlowe, aus den Namen „Rita Hayworth“, „Marilyn Monroe“ und „Jean Harlow“. Bemerkenswert ist zudem, daß die Optik des Films mit leuchtenden Bonbonfarben bereits die Kinoästhetik der 60er Jahre vorwegnimmt. Für Zeichentrickfilme war diese Farbigkeit jedoch schon damals nicht ungewöhnlich.

Frank Tashlin hat zur populären Kultur mehr beigetragen, als man vermutet. Nicht nur die schon erwähnten Warner-Zeichentrickfilme und Jerry-Lewis-Komödien. Er schrieb auch Gags für Laurel & Hardy, die Marx Brothers und Bob Hope. Er drehte Komödien mit Doris Day. Und er verfaßte Kinderbücher und zeichnete Comics („Van Boring“) für die Los Angeles Times.

Geändert von Peter L. Opmann (05.08.2023 um 06:42 Uhr)
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Alt 05.08.2023, 06:43   #1473  
Nante
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Von Tashlin kenne ich fast nur seine letzten Filme aus den späten 60ern. (Mit dem Lewis-Filmen konnte ich nie was anfangen, sein Humor ist einfach nicht mein Ding.)

Randall kenne ich außer dem Tashlin-Film "Die Morde des Herrn ABC" eigentlich nur aus ein paar Hudson/Day-Klassikern. Aber so wie Du es beschreibst, ist seine Rolle dort ja auch schon in diesem Film angelegt:
Er ist ein Macher, aber die weibliche Hauptfigur kriegt am Ende ein anderer. (Wobei es meiner Meinung nach natürlich ein Unterschied ist, ob man gegen G.Marx oder R.Hudson den Kürzeren zieht. )
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Alt 05.08.2023, 06:50   #1474  
Peter L. Opmann
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Also ich verbinde Randall vor allem mit seiner Rolle als Partner von Jack Klugman in "Männerwirtschaft". Das war bekanntlich die TV-Fortsetzung von "Ein seltsames Paar", und Randall hatte den Part von Jack Lemmon. Im Vergleich zu Lemmon schneidet er meiner Ansicht nach gar nicht schlecht ab.
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Alt 07.08.2023, 06:24   #1475  
Peter L. Opmann
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Man kommt vom Hundertsten ins Tausendste. Jetzt hatte ich das dringende Bedürfnis, nochmal „Ein seltsames Paar“ (1968) von Gene Saks zu sehen. Ich war mit der Fernsehserie mit Tony Randall und Jack Klugman ganz gut vertraut, als ich den ursprünglichen Kinofilm zum ersten Mal gesehen habe. Allerdings kannte ich das Paar Jack Lemmon und Walter Matthau schon aus etlichen anderen Filmen. Ich glaube, dieses Gespann wurde ursprünglich von Billy Wilder erfunden. Hier hat ein Regisseur, der mehr im Theater zuhause war (Saks), einen großen Broadway-Erfolg ins Kino übertragen. Der Film reizt zweifellos zum Lachen, auch wenn man ihn schon kennt. Doch ich bin doch auf etwas gestoßen, das mich stört.

Will man den Stoff wiedergeben, dann muß man bei dem „seltsamen Paar“ beginnen. Lemmon und Matthau sind dicke Pokerfreunde in New York, aber als sie beschließen zusammenzuziehen, zeigt sich, wie gegensätzlich ihre Charaktere sind. Beide arbeiten fürs Fernsehen, Matthau als Sportreporter, Lemmon als Nachrichtenredakteur, aber Lemmon ist ein nervtötender Pedant und obendrein Hypochonder, Matthau dagegen völlig disziplinlos, verschlampt und nur an Spaß im Leben interessiert – das kann nicht gutgehen. Die Handlung läßt sich in vier große Abschnitte gliedern: Lemmon bricht es das Herz, als seine Frau die Scheidung beantragt, und er versucht – allerdings sehr tolpatschig – sich umzubringen. Darauf nimmt Matthau ihn vorübergehend in seiner Wohnung auf. Zweiter Teil: Zunächst denken sie, daß sie einander ergänzen, denn Lemmon ist ein vorzüglicher Hausmann. Aber bald treibt Lemmon die chaotische Lebensführung Matthaus ebenso in den Wahnsinn wie den Lemmons Sauberkeits- und Ordnungsfimmel.

Teil drei: Die Unmöglichkeit, miteinander auszukommen, wird vollends klar, als Matthau zwei hübsche Schwestern aus dem oberen Stockwerk (Monica Evans und Carole Shelley) zu einem lockeren Abend einlädt. Während er Drinks mixt, bringt Lemmon die Frauen mit seiner Scheidungsgeschichte zum Heulen und ruiniert den Abend. Matthau wirft ihn endgültig raus. Im vierten Teil ist Lemmon wie vom Erdboden verschluckt, und die Pokerrunde befürchtet, er werde sich erneut umzubringen versuchen. Es stellt sich jedoch heraus, daß er „vorübergehend“ bei den beiden Schwestern eingezogen ist, die noch nie einen so zartfühlenden Mann kennengelernt haben und hingerissen von ihm sind. Und seine Scheidung hat Lemmon nun endlich verarbeitet.

Das Witzige an dem Film ist also nicht die grobgestrickte Handlung, sondern er lebt von vielen einzelnen Szenen, die bravourös gespielt und oft umwerfend komisch sind. Kleine sentimentale Zwischenspiele kommen immer wieder vor – es ist keine Nummernrevue. Dabei fiel mir auf, daß die Beziehungen zwischen Lemmon, Matthau, der Pokerrunde (zu der auch ein Polizist gehört) und den beiden Frauen teilweise zu schematisch angelegt sind. Mitunter nähern sich die Figuren richtigen Menschen, aber überwiegend erscheinen sie recht klischeehaft, damit sie für lustige Szenen und Dialoge taugen. Mir leuchtet es absolut ein, daß sich der Film als Pilot einer Fernsehserie anbot, denn letztlich wird es erst interessant, wenn man die beiden Hauptfiguren dann einmal in einer realitätsnahen Geschichte agieren läßt. Trotzdem ist „Ein seltsames Paar“ (der Kinofilm) eine ungewöhnliche, gut funktionierende Komödie mit Esprit.
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