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Alt 04.04.2018, 09:34   #51  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 9

Erscheinungstermin: 5/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 6
2) Tales to Astonish # 80

Story-Titel:
1) Der Echse ausgeliefert!
2) Rettungslos!

Original-Storytitel:
1)Fase to Face with the Lizard!!
2) To the Death!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Daran hatte ich keine Erinnerung: Remo schreibt schon wieder ein Editorial, und wieder kündigt er an, daß das Marvel-Programm erweitert wird; er habe nun „Grünes Licht von der Verlagsleitung“ (von Verleger Klaus Recht ist im Impressum noch nichts zu sehen). Diesmal aber fordert er die Leser auf zu entscheiden, welche Titel sie „wöchentlich, 14tägig und monatlich“ am Kiosk vorfinden wollen. Damit dürften 90 Prozent der Marvel-Leser heillos überfordert gewesen sein. Die meisten wußten sicher gar nicht, daß es sich um amerikanische Comics handelte, geschweige denn, welche Titel es in USA noch gab. Ich habe keine Erklärung, was da vor sich ging.

In der Spinne-Episode sehen wir die erste Begegnung mit der Echse, die sich zu einem der wichtigsten Gegenspieler entwickelte. Die erste Echsen-Story hat aber noch Luft nach oben. Gleich im ersten Bild wird die Echse gezeigt; sie erschreckt in den Everglades brave Bürger. Im Horror-Genre gilt eigentlich die Regel, daß man das Monster möglichst spät, möglichst wenig, am besten überhaupt nicht zeigen sollte. Im fernen New York herrscht jedenfalls Skepsis, ob es so ein Wesen wirklich gibt. J. Jonah Jameson stellt jedoch in „Bild“-Manier eine Verbindung zu Spinne her. Um die Auflage des Daily Bugle zu steigern, fordert er die Spinne auf, sich um die Echse zu kümmern.

Peter Parker hat als Schüler begreiflicherweise nicht das Geld, um nach Florida zu reisen. Also versucht er, Jameson dazu zu bringen, ihm zum Fotografieren eine Dienstreise zu finanzieren. Jameson hält das allerdings – obwohl sich Betty Brant für Peter einsetzt – für rausgeworfenes Geld. Erst muß sich die Spinne daher um zwei Gangster im Naturkundemuseum kümmern: Sie haben einen Edelstein gestohlen, werden entdeckt und nehmen (ausgerechnet) Liz Allen als Geisel. Die Spinne macht die Kidnapper unschädlich, rettet Liz und verabschiedet sich von ihr mit einem Kompliment. Sie ist hingerissen, Flash, der sie begleitet, weniger.

Nachdem Peter in der Maske der Spinne etwas Druck gemacht hat, läßt ihn Jonah doch nach Florida reisen, will aber dabei sein. Dort angekommen, muß Peter ihn also täuschen, um sich in die Spinne verwandeln zu können. Dann will er mit einem Reptilienexperten Kontakt aufnehmen, den er ausfindig gemacht hat: Dr. Curtis Conners. Vorher trifft er auf die Echse, mit der er kaum fertig wird. In Conners‘ Haus trifft er nur dessen – bisher namenlose – Frau an, die ihm erzählt, was passiert ist: Conners hat mit einem Serum experimentiert, das seinen im Krieg verlorenen rechten Arm nachwachsen lassen soll; dabei ist er zur Echse geworden. Seine Persönlichkeit hat sich verändert. Er will nun mit seinen „Artgenossen“ die Welt erobern.

Peter mixt kurzentschlossen ein Gegenmittel zusammen. Nach schwerem Kampf mit der Echse gelingt es ihm, ihr diesen Saft einzuflößen. Zunächst scheint er wirkungslos zu sein, aber im letzten Moment, bevor die Echse der Spinne den Garaus machen kann, verwandelt sie sich zurück. Die Familie Conners ist wieder vereint. Nur Jameson ist unzufrieden. Peter hat zwar Fotos von der Echse, aber der Verleger glaubt nach wie vor, dieses Monster gebe es überhaupt nicht.

Die Story ist ganz munter, aber die Echse erweist sich trotz ihrer brachialen Kraft als ein ziemlich zahmes Monster. An Verwicklungen ist die Geschichte recht arm, und Peters Ausweg mit dem Gegenmittel ist mir zu einfallslos. Ungewöhnlich an diesem Plot ist allerdings, daß der Superschurke in seiner menschlichen Identität eigentlich ein „Guter“ ist. Das Muster ähnelt dem des Hulk (er trägt übrigens die gleichen lila Hosen), wenngleich die Echse nicht unverstanden und verfemt, sondern eindeutig böse ist. Das finden wir etwas später auch noch einmal beim Grünen Kobold – Norman Osborn ist jedoch dann ein Schizophrener. Steve Ditko zeichnet akzeptabel, bringt auch das Sumpfland in Ansätzen glaubhaft rüber. Er verwendet aber wieder zu viele kleine Panels.

Erneut gibt es eine Leserbriefseite, wofür auf das „Submariner“-Cover verzichtet wird. Es wird hier allerdings wieder eine TtA-Story ausgelassen (da war erstmals Bill Everett als Inker zu seiner alten Erfolgsserie zurückgekehrt). Die Redaktion versucht, das mit einer knappen Zusammenfassung auszubügeln, aber dem Leser kommt so manches doch spanisch vor. Die Leserbriefe ähneln inhaltlich denen des Vormonats. Auffällig ist nur, daß wiederholt die tollen Zeichnungen gelobt werden. Entweder bezieht sich das auf die letzten Hefte der HIT-Reihen, oder die Briefe sind ein wenig getürkt, denn später erweist sich, daß diejenigen, die die HIT-Comics noch kannten, mit der Grafik in den frühen Williams-Heften gar nicht zufrieden waren.
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Alt 04.04.2018, 20:24   #52  
Phantom
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So, ich will mich auch mal in diesen Thread (sehr gute Idee!) einklinken. Es geht ja hier auch darum, wie wir die Williams-Zeit erlebt haben, deshalb kurz vorweg meine Williams-Erinnerung: Ich muss 1976/77 als 6- oder 7jähriger zu den Williams-Marvels gekommen sein, genau weiß ich das nicht mehr. Was ich genau weiß: Marvel Superband 12 war mein Erstkontakt. Ich habe damals im Rahmen meiner spärlichen finanziellen Möglichkeiten alles kunterbunt gelesen, Disney, Kauka, Zack, Bastei, DC und eben auch Marvel, natürlich nie komplett (und bevorzugt - des Geldes wegen - als Sammelband oder Remittenden).

Die Marvel Superbände habe ich ab der Nummer 12 aber bis zur 46 vollständig gekauft (auch mehrfach, als ich gemerkt hatte, dass die Inhalte nicht immer identisch waren), parallel manchmal auch einzelne Spinne, Rächer oder FV im höheren Nummernbereich, die eben gerade zeitgleich auslagen. Mein Leseerlebnis war also irgendwas zwischen dem bsv-Erlebnis (Geschichten total unchronologisch, und ohne dass man das als normaler Leser wissen kann) und dem "Williams-Starter" (alles chronologisch): durch die Sammelbände bekam ich die Hefte nicht in der richtigen Reihenfolge und auch nicht von Anfang an (weil ich erst mit Nr. 12 eingestiegen bin), aber ich wusste natürlich immer, welche Hefte fehlten. In meiner Marvel-Hochphase als Grundschüler mit sehr viel Zeit habe ich nach jedem neuen Sammelband die "neuen" 4 Hefte jeweils (gedanklich) einsortiert und diese 4 Serien wieder chronologisch von vorn bis hinten gelesen (und mir dabei immer ausgemalt, was wohl in den noch fehlenden Heften stehen könnte). Der im Original von Stan Lee angeschlagene kumpelhafte Ton in den Marvels schlug bei mir damals voll ein; ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass die Marvels etwas Besonderes waren. Als dann Williams alles einstellte, war ich genauso geschockt wie viele andere. Ich habe anfangs dann auch (wie viele andere Süchtige) die Condor-Marvels gekauft, aber spätestens mit 13, 14 muss ich daran die Lust verloren haben. Mag an Condor gelegen haben, aber sicher auch daran, dass mich Superhelden nicht mehr so richtig interessiert hatten. Habe mich dann vermehrt erwachseneren Sachen zugewandt, z.B. den sprechenden Enten und Mäusen von Barks und Gottfredson

Zeitsprung: als ich um die 30 war, wurde ich auf die ersten Marvel Essential Bände aufmerksam. Jeweils um die 20 Hefte für rund 15 Dollar, das fand ich ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. Jetzt konnte ich endlich nachlesen, wie es mit dem Dämon oder dem Eisernen weitergegangen wäre, wenn Williams das damals nicht eingestellt hätte. Als die ersten Bände aus USA eintrudelten, war ich kurzzeitig wieder der Marvel-begeisterte Grundschüler: ich las die alten Geschichten endlich im Original, verglich mit den Williams-Heften (wo wurde gekürzt oder nachgezeichnet, was waren die besten Übersetzungs-Stilblüten ["I am to blame" --> "Ich bin blamiert" und solche Sachen]) usw. Tja, und dann ist die Leidenschaft wieder abgekühlt: als ich Geschichten las, die ich von Williams nicht kannte, war ich meist ziemlich enttäuscht. Wie banal das alles doch war, wie konstruiert, wie schablonenhaft. Immer wieder good guy gegen bad guy, immer wieder villains mit neuen Superkräften. Sorry, das interessiert mich einfach nicht mehr. Macht ja nichts, aber über meine Williams-Hefte lasse ich nichts kommen!

Diesen Thread nehme ich jetzt zum Anlass, meine Williams-Spinnen und die Essential-Bände ebenfalls noch einmal von Beginn an zu lesen. Hoffentlich finde ich die Zeit und halte durch. Ich kann vermutlich keine neuen Einsichten liefern, werde aber auch ab und zu meinen Senf dazugeben (im Sinne von: wie habe ich die entsprechenden Geschichten damals aufgenommen und wie sehe ich das heute).

Was ich jetzt schon sagen kann: damals haben mir die Ditko-Zeichnungen nicht so gut gefallen wie die Hefte von Romita. So wie es damals wohl vielen ging. Heute sehe ich das differenzierter: Die Romita-Sachen sind oft so glatt, ohne Kanten, einfach "schön" gezeichnet und deshalb bisweilen langweilig. Die Ditko-Zeichnungen sind manchmal anatomisch fragwürdig, karikaturenhaft, "krakelig", aber meist interessant anzusehen. Für Spider-Man und Peter Parker einfach ein sehr passender Zeichenstil.
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Alt 04.04.2018, 21:43   #53  
Peter L. Opmann
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Hey, Phantom - ich finde, Du hättest diesen Thread schreiben sollen. Du hast dich mit dem Marvel-Kram viel intensiver beschäftigt als ich. Aber Deine Erfahrungen mit den Heften entsprechen ansonsten meinen in vielerlei Hinsicht.

Allerdings würde ich mich nicht der Mühe unterziehen, die hundert Hefte plus ein paar zerquetschte nochmal durchzulesen, wenn da nur alles schablonenhaft und konstruiert wäre. Ich habe die Prozedur jetzt schon für die "Fantastischen Vier" (bis # 100) hinter mir, und ich muß sagen: Es stimmt teilweise, manche Storys waren sogar noch wesentlich dümmer und unlogischer, als ich das in Erinnerung hatte. Aber es gab doch meistens auch etwas positiv Überraschendes: die Art, wie die Helden privat geschildert werden, was für psychische Prozesse im Team ablaufen, auch wie die Serie durch kosmische Ereignisse oder wundersame Figuren (wie etwa den Beobachter) immer bombastischer wurde. Ähnliches erwarte ich auch bei "Spider-Man".

Ich würde die Zeichner Ditko und Romita nicht gegeneinander ausspielen. Romita ist schon eindeutig der bessere, versiertere Zeichner, obwohl er sich auch erstmal in die Serie reinfinden mußte. Aber Ditko ist der kreative Kopf, der die gesamte Ikonografie der Serie entwickelt hat. Und das hat er in verblüffend kurzer Zeit geschafft. Ich würde sagen, Jack Kirby hat bei den FV deutlich länger gebraucht, bis die Grafik ihren gültigen Ausdruck erreicht hatte.
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Alt 05.04.2018, 23:33   #54  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 10

Erscheinungstermin: 5/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 7
2) Tales to Astonish # 81

Story-Titel:
1) Der Geier kehrt zurück!
2) Der Herrscher ohne Beherrschung!

Original-Storytitel:
1) The Return oft he Vulture!
2) When a Monarch goes mad!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Kann das Zufall sein? In „Spinne“ # 9 schrieb Leser Gerhard Depoché aus Bad Godesberg: „Lieber Remo, bitte laß den Geier noch einmal gegen die Spinne kämpfen. Ich finde es toll, wenn der Geier, der fliegen kann, auf die Spinne trifft, die nicht fliegen kann.“ Schon ein Heft später ist sein Wunsch erfüllt, und die Story wird mit dem redaktionellen Hinweis eingeleitet: „Niemand soll sagen können, daß wir von Marvel nicht auf die Wünsche unserer Leser eingingen!“ Drei Waschkörbe voll Briefe seien eingegangen, den Geier zurückkehren zu lassen. Das ist aber eine Mitteilung des US-Bullpen, die Williams-Chefredakteurin Sybille van Geem einfach nur übersetzt hat. Also ich tippe darauf, daß der pochierte Gerhard (oder Gerald) eine Erfindung der Redaktion war. Eine Erklärung würde ich mit Abstrichen gelten lassen: Williams wollte möglicherweise die Leser animieren, mehr Briefe zu schreiben. Remo hatte ja auch dazu aufgefordert, sich neue Titel zu wünschen.

Der Geier war der erste richtige Superschurke, und er ist nun auch der erste Rückkehrer in dieser Serie. Kurz wird auf sein erstes Duell mit der Spinne zurückgeblickt, dann verfolgen wir, wie der Geier im Knast heimlich provisorische Flügel baut und beim Hofgang davonfliegt. Wer er eigentlich ist und wie er zum Superbösewicht wurde, erfahren wir wieder nicht. Jedenfalls wird etwas deutlicher, daß er wohl nicht durch Radioaktivität umgestaltet wurde, sondern sich einfach technischer Hilfsmittel bedient. Im Radio hört Peter Parker von der Flucht des Geiers. Er zieht wieder den Spott von Flash Thompson auf sich, weil er Unpäßlichkeit vorgibt, um sich in die Spinne verwandeln zu können. Das ruft bei Peter Frust hervor und den Wunsch, Flash mal die Fresse zu polieren – was in der vorgezogenen Ausgabe # 8 schon passiert ist.

Wieder versucht die Spinne gleichzeitig, den Geier zu fotografieren und ihn zu stoppen. Beim Luftkampf stürzt sie ab; die Spinne schafft es diesmal nicht, sich mit ihrem Netz zu retten und stürzt schwer auf ein Hausdach, wobei sie sich die Schulter prellt. Sie schleppt sich nach Hause. Als Tante May nach Peter sehen will, heftet sie sich an die Decke – ein Trick, den Steve Ditko in den frühen Heften schon öfter verwendet hat. Später wird es selbstverständlich, daß die Spinne auch in großer Höhe in Fenster einsteigt und dann eher an der Decke hängt.

Der Geier glaubt, daß er die Spinne schon besiegt hat, während Peter in der Redaktion des Daily Bugle zumindest noch ein bißchen mit Betty Brant flirten kann. Während er mit Jameson um seine Geier-Fotos feilscht, kommt – wieder so ein unglaubliches Zusammentreffen – der Geier herein und will sich die Lohngelder in Jamesons Safe unter den Nagel reißen. Wenn es um sein Geld geht, zeigt sich JJJ ausgesprochen mutig, und während er sich mit dem Geier streitet, zieht sich Peter um und betritt, trotz lädierter Schulter, als Spinne das Büro. Im Kampf wird es verwüstet, dann verlagert sich das Geschehen in die Druckerei und schließlich ins Freie. Das Duell endet ähnlich wie beim ersten Mal: Die Spinne verklebt die Flügel des Geiers, macht ihn so kampfunfähig, rettet sich selbst mit einem Netz-Fallschirm und überläßt ihn als gut verschnürtes Paket der Polizei.

Jonah ist für die Rettung seines Safes kein bißchen dankbar, sondern beschimpft die Spinne. Dafür klebt sie ihm den Mund zu. Lee und Ditko wollten offenbar auf diese witzige Szene noch eins draufsetzen, und das gelingt ihnen auch: Betty hat sich vor Angst hinter einem Schreibtisch verkrochen. Peter – nun wieder ohne Kostüm und Maske – setzt sich zu ihr und macht ihr vor, er habe sich auf dem WC verkrochen. Das findet Betty überraschenderweise sehr sympathisch: Sie mag keine Helden, sondern Leute, die zu ihren Schwächen stehen. Ihre Abneigung gegen die Spinne, die später noch sehr bedeutsam wird, zeichnet sich da schon ab. Dann intensivieren die beiden ihren Flirt noch etwas. Die Szene erinnert mich an Chaplins Essanay-Film „Work“ (1915), wo Charlie nach wildem Kampf mit seinem Chef und den Hausbewohnern sich in ähnlicher Weise an Edna Purviance heranmacht.

Die Geier-Story ist kaum mehr als ein zweiter Aufguß. Es ist das Drumherum, das sie doch ganz unterhaltsam macht. Es gibt inzwischen schon ziemlich viel Interaktion zwischen Peter und Flash, Tante May, JJJ oder Betty Brant, und diesen Hauptpersonen hat Steve Ditko bereits jeweils eine markante Persönlichkeit verliehen. Auch der Geier – Reinhard Schweizer hat ihn als ersten Opa-Superschurken bezeichnet – ist eine Type. Das Cover erreicht nicht die gleiche schwindelerregende Dramatik wie in ASM # 2. Im redaktionellen Teil des Hefts fällt nur eine Seite Eigenwerbung auf, die auch schon in „Spinne“ # 9 war. Die Sammelmarken-Aktion scheint abgeschlossen – oder abgeblasen (so genau habe ich das nicht verfolgt). Nun wird für den kommenden Monat ein neues Gewinnspiel angekündigt.
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Alt 07.04.2018, 17:58   #55  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 11

Erscheinungstermin: 6/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 9
2) Tales to Astonish # 82

Story-Titel:
1) Er nannte sich Electro!
2) Der goldene Rächer!

Original-Storytitel:
1) The Man called Electro!
2) The Power of Iron Man!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Jack Kirby / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Die Änderung von Papier und Format in der sechsten Monatsproduktion kam offenbar auch für die Williams-Redaktion überraschend. Erst in der siebten Produktion hat sie das erklärt (ohne Autorenangabe – bisher hatte sich immer Remo großspurig zu Wort gemeldet): „Die wahrlich bereits unübertrefflichen Marvels sind tatsächlich noch besser, noch schöner, noch attraktiver geworden!“ Dennoch hat der Schreiber (oder die Schreiberin) ziemlich daran zu kauen, daß die Hefte nun um vier Seiten dünner sind. Weggefallen sei ja nur Reklame. Papier und Farben seien nun hochwertiger; und hätte man nicht zu der Sparmaßnahme gegriffen, hätte der Heftpreis von 1,20 auf 1,50 Euro angehoben werden müssen. Ja, dann…

Nebenan, in der „Tarzan“-Redaktion, hat das eine gewisse Kirsten etwas eleganter verkauft: „Dieses Heft ist etwas anders, als die Hefte waren, die Ihr bisher gelesen habt. Wir haben daran herumgefummelt und den Extra-Umschlag auf dem dickeren und ein bißchen glänzigen Papier weggelassen. Ehrlich gesagt: Ihr habt jetzt pro Heft vier Seiten weniger in der Hand. Aber gleich genauso ehrlich hinterher gesagt: Eure Helden, die sich hier im Heft austoben, haben immer noch so viel Platz wie vorher…“

In der vorliegenden Spinne-Ausgabe hat der Relaunch aber zwei Seiten „Aquarius“ gekostet, obwohl es sich um eine besondere Episode handelt, in der Jack Kirby den grippekranken Gene Colan vertrat. Begonnen hat die Story in Tales of Suspense # 80, die die Leser erst viel später in der Serie „Rächer“ zu sehen bekamen. Die hatten es schon schwer: In der Anfangszeit hat Williams etliche Seiten und sogar ganze Episoden des Submariner weggelassen.

Die „Spinne“-Story scheint dagegen mit 21 Seiten komplett zu sein. Auf der Splashpage zeichnet Steve Ditko erstmals eine Collage aller Figuren, mit denen es Peter Parker alias die Spinne diesmal zu tun hat. Dieses Stilmittel sah man in der Folgezeit häufiger. Eingeführt wird auch ein neuer Superschurke, nämlich Electro (teils wird er hier „Elektro“ geschrieben), schon wieder einer, mit dem es die Spinne immer wieder zu tun bekam. Auf dem Cover hat er einen Geldsack in der Hand, und die Spinne holt sich bei ihm einen Schlag und bleibt dann liegen. Das kleine untere Bild wird durch eine Kampfszene mit Aquarius und dem Eisernen ersetzt.

Die Entstehungsgeschichte von Electro ist denkbar außergewöhnlich: Er ist Elektriker und holt sich an einer Starkstromleitung einen Schlag, der ihn nicht umbringt, sondern in ein wandelndes Kraftwerk verwandelt. Wie der Geier macht sich Electro nun auf zu zügellosen Raubzügen. Die Auseinandersetzung mit der Spinne verläuft nach dem bekannten Muster: Erst wird sie beinahe besiegt (siehe Cover), dann schützt sie sich durch Gummihandschuhe und schließt Electro durch einen Wasserstrahl kurz. Verkompliziert wird das Ganze allerdings dadurch, daß Jonah Jameson die Theorie streut, die Spinne und Electro seien ein und dieselbe Person. Peter kann am Ende durch seine Fotos das Gegenteil beweisen.

Hinzu kommt: Tante May erkrankt schwer und muß ins Krankenhaus. Diesem Umstand verdankt sich der durchaus originelle Einstieg: Die Spinne kommt zu einer Schießerei zwischen der Polizei und Gangstern hinzu. Die Cops freuen sich schon über die Unterstützung, aber die Spinne schwingt vorbei – sie ist dabei, an Tante Mays Krankenbett zu eilen. Zu allem Überfluß wird Peter (wohl wegen fehlender Krankenversicherung) für die Operation eine Rechnung über 2000 D-Mark präsentiert. In der Not verkauft er JJJ daher zuerst Fotos, die zu belegen scheinen, daß Electro tatsächlich die Spinne ist.

Erstmals tauchen Probleme mit Betty Brant auf: Sie mißbilligt, daß Peter die Gefahr sucht, um die Spinne fotografieren zu können. Offenbar hat sie mit einem Freund, der sich Gefahren aussetzte, schon einmal negative Erfahrungen gemacht. Vorerst erfahren wir jedoch nichts Näheres. Peter reagiert seinerseits verstimmt; er will sich von Betty nicht vorschreiben lassen, wie er leben soll. Am Ende versöhnen sie sich – für den Moment.

Wie schon bei den vorherigen Episoden wird die Story eher durch die Beziehungen der Protagonisten als durch die Action interessant, wenngleich Ditko das Duell mit Electro durchaus überraschend und spannend zu gestalten versucht. Die Aufregung vermittelt sich nicht mehr so recht, weil Electro nach heutigen Maßstäben nur über sehr begrenzte Superkraft verfügt. Allerdings ist das Abenteuer damit auch näher an der Wirklichkeit angesiedelt. Eine schwache Ausgabe ist das in meinen Augen keineswegs.

Geändert von Peter L. Opmann (07.04.2018 um 18:04 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.04.2018, 17:11   #56  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 12

Erscheinungstermin: 6/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 10
2) Tales to Astonish # 83

Story-Titel:
1) Die Vollstrecker
2) Der Aquarius schlägt zu!

Original-Storytitel:
1) The Enforcers!
2) The Sub-Mariner strikes!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Jack Kirby / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Zunächst hat mich das Cover beschäftigt. Die Spinne wirkt hier recht ungelenk gezeichnet. Der Big Boss und seine Vollstrecker sind in der Art von Steve Ditko gezeichnet, aber der Held im Vordergrund? In der Marvel-Wikia ist zu erfahren, daß Jack Kirby am Cover mitgewirkt hat. Er hat Mühe mit dem Netzmuster auf dem Kostüm; seine Spinne hält den Netzfaden, an dem sie hängt, auf ungewöhnliche Weise, und die ganze Figur wirkt ziemlich uninspiriert. Kirby hat vermutlich in Ditkos Coverzeichnung eingegriffen und dessen Spider-Man ersetzt, aber ich vermute, auf die Schnelle ist ihm nicht viel Besseres geglückt. Die Williams-Redaktion hat ungelenk eine Sprechblase eingefügt, die die Spinne sagen läßt: „Na, Freunde – wer von euch möchte als Erster behandelt werden?“ Dabei waren ja Sprechblasen auf dem Cover nicht Pflicht.

Unbefriedigend ist das ganze Heft: Wieder fehlen drei Seiten „Submariner“, aber auch zwei Seiten „Spider-Man“. Auf die Idee, die Zweitstory in zwei Teilen zu bringen, war man offenbar noch nicht gekommen. Oder die Spinne-Story lag nur in gekürzter Form vor. Eine Seite mußte auf jeden Fall für das angekündigte Preisausschreiben abgezweigt werden; hier wird Serienwissen abgefragt, und wer sich im Marvel-Universum auskennt (also alle bisherigen Hefte gelesen hat), kann eine Spielfigur gewinnen.

Die vorliegende Spinne-Geschichte zähle ich zu den schwächeren, aber sie ist dennoch nicht ganz uninteressant. Denn sie liefert mit der Gangsterbande, die von einem mysteriösen Unterwelt-Boß mit Geheimidentität angeführt wird, die Blaupause für zahlreiche spätere Storys – auch bei „Daredevil“ gab es das Muster häufiger. Dieser Boß heißt hier einfach „der Boß“ (im Original „Big Man“, was sich nicht direkt übersetzen läßt). Er wird gleich zu Beginn mit einem „raffiniert“ geplanten Einbruch eingeführt. Der Einbrecher wird, bevor ihn die Polizei schnappen kann, einfach mit einem Hubschrauber abgeholt. Die zufällig anwesende Spinne hängt sich zwar an, wird aber abgeschüttelt.

Dann werden die Vollstrecker eingeführt, aus heutiger Sicht eher eine Zirkustruppe: Ein Kraftprotz, ein Lassowerfer und ein Männchen, das Karate beherrscht. Die drei schüchtern jedoch zunächst die anderen Gangsterbosse New Yorks ein und setzen dann Betty Brant unter Druck, die dem Boß Geld schuldet (warum, erfahren wir hier noch nicht). Grund genug für die Spinne einzugreifen. Aber mit den Vollstreckern wird sie nicht so einfach fertig (da hätte ich den Spinnenkräften aber schon mehr zugetraut). Jonah Jameson hat wieder dieselbe Idee wie bei Electro: Der Boß muß mit der Spinne identisch sein. Rasch wird eine neue Figur eingeführt (nicht ohne Grund, wie wir noch sehen werden): Redakteur Frederic Foswell, der für ihn die Sensationsstory schreiben soll. Ein Journalist mit hohem Berufsethos – er würde auch schreiben, daß Richard Nixon der Boß ist, wenn es sein Verleger wünscht (und damit läge er auch näher an der Wahrheit).

Peter Parker hat dagegen Jameson im Verdacht, der Boß zu sein. Die Spinne zieht nochmal los, besiegt die Vollstrecker und übergibt sie der Polizei, während der Boß noch einmal fliehen kann. Die Rätselauflösung ist eine Enttäuschung: Nicht Jameson, sondern Foswell ist der Boß; die Polizei entlarvt ihn, indem sie seine Verkleidung in seinem Auto findet. Als er wieder allein ist, enthüllt Jameson uns Lesern, warum er die Spinne so sehr haßt: Geldverdienen befriedigt ihn nicht mehr – er beneidet die Spinne darum, ein Held und von allen geliebt zu sein. Was ja so nicht stimmt: Mit seiner Pressekampagne ist er dafür verantwortlich, daß viele Bürger sie für eine Bedrohung halten.

Peter Parker steht am Ende – anders als in den vorherigen Ausgaben – mit einigen Problemen da: Tante May ist jetzt zwar zur Erholung in Florida, aber ihr Gesundheitszustand macht immer noch Sorgen. Betty ist verschwunden. Und wir sehen auch sie noch einmal: Untergetaucht in Pennsylvania, in ziemlich labilem psychischem Zustand. Ihr Geheimnis soll nun in der nächsten Ausgabe gelüftet werden.

Lee und Ditko üben hier ein Storymuster. Das merkt man ziemlich deutlich. Die Story ist unbeholfen zusammengezwungen. Manche Dinge sind zwar nicht unlogisch, aber recht unwahrscheinlich, vor allem das Doppelspiel von Frederic Foswell. Aber auch daß er mit seinen drei Zirkuskünstlern die Unterwelt New Yorks beherrscht, ist schwer nachzuvollziehen. Schußwaffen kommen hier praktisch nicht vor, vermutlich wegen des Comics Code. Es sind auch Bösewichte ohne Geschichte, was die Story ziemlich eindimensional macht und den Figuren viel von ihrem Schrecken nimmt.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.04.2018, 20:36   #57  
Horatio
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
[...] er würde auch schreiben, daß Richard Nixon der Boß ist, wenn es sein Verleger wünscht (und damit läge er auch näher an der Wahrheit).
Wobei Nixon – wohl der damaligen Tagesaktualität wegen – vom Williams-Übersetzer eingefügt wurde. Im Original spricht Foswell von "Peter Rabbit".
Horatio ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.04.2018, 21:41   #58  
Peter L. Opmann
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Die Originale hab' ich leider nicht. Hab' ich vor ein paar Jahren für ein Leseförderprojekt an der Waldorfschule gespendet...
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Alt 12.04.2018, 11:13   #59  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 13

Erscheinungstermin: 7/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 11
2) Tales to Astonish # 84

Story-Titel:
1) Der Tod von Bettys Bruder mit dem schurkischen Dr. Octopus!
2) Aquarius läuft Amok!

Original-Storytitel:
1) Turning Point
2) Like a Beast at Bay!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Dieses Heft sieht so aus, wie ich die Marvels aus meiner Kindheit hauptsächlich in Erinnerung habe: Etwas kleineres Format als andere Comichefte, erstmals durchgehendes Handlettering (etwas zittrig, aber alles in allem gut lesbar), die Vorschau auf die kommende Monatsproduktion in der dann lange üblichen Form: die sieben Titel und der Hinweis, daß „Spinne“ und „FV“ 14-tägig erscheinen. Noch nicht gelöst ist das Problem, im Heft zwei Storys auf 32 (netto 29) Seiten unterzubringen. Bei der „Spinne“ fehlt diesmal eine Seite, bei Aquarius sind es wieder drei (und das Cover), was mich bei Williams ziemlich enttäuscht.

Mit „Turning Point“ beginnt der erste Zweiteiler der Hauptserie, noch freilich ohne Cliffhanger. Die zweite Rückkehr eines spektakulären Schurken (nach dem Geier) wird ganz einfach eingefädelt: Doc Ock (siehe „Spinne“ # 5) wird aus dem Gefängnis entlassen, gut geführt hat er sich auch. Man merkt: Er ist intelligent, auch wenn sein Charakter sich durch seinen radioaktiven Unfall verändert und ihn zu einem unberechenbaren Verbrecher gemacht hat. Die Spinne hat vergeblich versucht, den Gefängnisdirektor von der Entscheidung abzubringen. Mittels Spinnenspürer will sie zumindest erhellen, was Ock mit seiner Freiheit anfängt. Hier nimmt die Story eine überraschende Wendung: Dr. Octopus wird von Betty Brant abgeholt – die Welt ist doch klein in einer Stadt wie New York.

Die Spinne kann sich keinen Reim darauf machen, warum sich seine Freundin mit Doc Ock trifft, aber den Lesern wird es sofort enthüllt: Bettys Bruder Bennett, ein Rechtsanwalt, soll Gangsterboß Blackie aus dem Knast holen – allerdings nicht mit legalen Mitteln. Das soll Ock übernehmen (er kehrt also sofort auf die schiefe Bahn zurück). Bennett ist unter Druck, weil er Schulden bei Blackie hat, und Betty hilft ihrem Bruder und bringt Ock zu seinem Job. Kurz darauf trifft sie Peter Parker und beichtet ihm, was sie getan hat. Peter nimmt sich insgeheim vor, Betty seine Geheimidentität zu enthüllen. Aber nun muß er sich zuerst in die Spinne verwandeln, um Blackies Ausbruch zu verhindern. Das gelingt ihr jedoch nicht, da sie der Polizei in die Arme läuft. Sie flieht, während Ock Blackie aus seiner Zelle befreit und zu einem Boot im Hafen bringt.

Das Verhängnis nimmt seinen Lauf: Bennett will sich von den Gangstern lösen, aber Blackie denkt nicht daran, ihm seine Schulden zu erlassen. Die Spinne greift ein, aber verstaucht sich den Knöchel und wird gefangengenommen. Dr. Octopus will sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, sich an ihr zu rächen. Es beginnt eine wilde Rauferei, bei der auch die versammelten Gangster mitmischen. Dabei wird Bennett erschossen – er hatte sich schützend vor Betty gestellt. Sie dreht daraufhin durch und gibt der Spinne die Schuld. Im folgenden Showdown setzt der Netzschwinger zunächst – trotz lädiertem Knöchel – Blackie und seine Bande außer Gefecht, dann auch Ock. Das inzwischen führerlose Boot prallt gegen eine Befestigung; sowohl die Spinne als auch Ock werden ins Wasser geschleudert. Ock nutzt die Verwirrung zur Flucht. Peter steht Betty in ihrem Leid bei, sieht aber keine Chance mehr, ihr zu enthüllen, daß er die Spinne ist. Ein Hinweis auf die nächste Ock-Story fehlt.

Wenn man von den Unwahrscheinlichkeiten absieht, ist das eine ganz ansehnliche Episode. Den Tod von Bennett Brant sieht man als Kenner der Serie mit anderen Augen, wenn man an Captain Stacy und natürlich vor allem Gwen denkt. Doch von solchen Dramen sind wir hier weit entfernt, denn Bennett ist eine ziemlich austauschbare Figur – sein Tod soll vor allem Betty und die Spinne gegeneinander in Stellung bringen. Es fällt auf, daß in dieser Story auf Humor fast völlig verzichtet wird; das verbietet sich offenbar, wenn etwas Tragisches passiert. Aber mehrmals wird Peter Parker als untypischer Held gezeigt: Er kommt als Spinne der Polizei in die Quere und erregt Verdacht, selbst den Gangsterboß befreit zu haben. Und er muß unter Schmerzen kämpfen, weil er über eine Seilrolle gestolpert ist. So etwas kannte man bei Superhelden bis dahin wohl nicht.

Steve Ditkos Zeichnungen werden immer besser, was ich etwa an den oft recht aufwendigen Hintergründen ablese. Die Figur der Spinne wird zudem zunehmend drahtiger und nimmt viele akrobatische Posen ein. Manche dieser Posen bewähren sich nicht, aber etliche sind dann in der Ditko-Phase immer häufiger zu sehen. Negativ fällt noch immer das teilweise nicht sehr akkurate Inking auf. Ditko wird noch wesentlich besser werden, hat aber inzwischen einen annehmbaren Standard erreicht. Am Cover ist diesmal nicht viel auszusetzen, nur ein Textkasten, in dem über die Aufdeckung von Peters Geheimidentität spekuliert wird, wird bei Williams für „Aquarius“-Werbung zweckentfremdet.

Geändert von Peter L. Opmann (12.04.2018 um 13:03 Uhr)
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Alt 13.04.2018, 21:28   #60  
Horatio
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Auch in dieser Ausgabe weicht der Williams-Übersetzer von der Vorlage ab: Spidey kommentiert seine Knöchelverletzung mit drastischen Worten: "Schöne Scheiße!"

Darüber war ich damals als Kind ziemlich verblüfft.
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Alt 13.04.2018, 23:55   #61  
Peter L. Opmann
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Und wie heißt's im Original?
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Alt 14.04.2018, 09:47   #62  
FrankDrake
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Pretty crap????

Mehr als ein Westfale kann der Mensch nicht werden!
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Alt 14.04.2018, 12:30   #63  
Fauntleroy
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Moin,
könnte aber auch "Nice Shit" lauten.

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Alt 14.04.2018, 12:54   #64  
Horatio
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Und wie heißt's im Original?
"Of all the times for this to happen!! I sprained it!! Can’t put any weight on it!!"

Geändert von Horatio (14.04.2018 um 17:59 Uhr)
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Alt 14.04.2018, 13:39   #65  
Peter L. Opmann
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"I sprained it" heißt aber einfach: "Ich hab' ihn verstaucht." Die Verwünschung ist das "Of all the times for this to happen". Da reichen meine Slang-Kenntnisse aber nicht aus, um zu verstehen, was das genau bedeutet.
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Alt 14.04.2018, 15:15   #66  
Horatio
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Hier ist die Seite zu sehen:
http://pencilink.blogspot.de/2016/11...ditko-art.html

Geändert von Horatio (14.04.2018 um 17:59 Uhr)
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Alt 14.04.2018, 16:26   #67  
Peter L. Opmann
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Die Verwünschung ist "Schöne Scheiße". Übersetzerin bei Williams war damals Sybille van Geem, und ich finde, der Spruch ist okay.
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Alt 15.04.2018, 09:11   #68  
guenkos
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"Of all the times for this to happen!!" bedeutet
"Ausgerechnet jetzt passiert das!"
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Alt 15.04.2018, 09:58   #69  
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Ah, danke. Das ist doch deutlich gemäßigter als "Schöne Scheiße".
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Alt 15.04.2018, 15:50   #70  
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Die Spinne (Williams) 14

Erscheinungstermin: 7/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 12
2) Tales to Astonish # 85

Story-Titel:
1) Die Maske fällt
2) Einer wird sterben!

Original-Storytitel:
1) Unmasked by Dr. Octopus!
2) And One shall die

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Bill Everett

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Durch einen Superband habe ich diese Ausgabe (wie auch „Spinne“ # 8) recht früh kennengelernt. Die Superbände habe ich zu kaufen begonnen, als ich die noch verbliebenen Serien, „Spinne“, „FV“ und „Rächer“, regelmäßig las, also etwa ab 1977. Da war ich zwölf. Mit dem aus der Kindheit stammenden Eindruck kann ich diese Episode nicht distanziert beurteilen, aber daß sie für mich zu den besseren der frühen Folgen zählt, dafür lassen sich auch ein paar Argumente anführen.

Schon in „Spinne“ # 13 hatten Lee und Ditko mit der Geheimidentität wie auch mit Schwächen der Spinne recht effektvoll gespielt. Jetzt nutzen sie diese Themen noch einmal für noch dramatischere, effektvollere Verwicklungen und Höhepunkte. Zunächst kehrt Betty Brant (mit neuer Frisur) nach New York zurück; sie hatte sich wegen der Schande ihres in Kriminalität abgerutschten Bruders in Pennsylvania versteckt. Und auch Dr. Octopus taucht wieder auf, unternimmt an der Ostküste einen Raubzug nach dem anderen und will nicht zuletzt eine Revanche gegen die Spinne. Peter Parker aber wird krank. Schließlich entführt Ock in seinem Beisein Betty aus Jamesons Büro, um so den nächsten Auftritt der Spinne zu erzwingen (wieder werden hier Storylinien gewaltsam verbunden, denn Ock weiß nichts von der Verbindung von Betty und Peter).

Die Spinne soll nach Coney Island kommen, wo Ock Betty als Köder oben im Riesenrad postiert. Trotz eines Schwächeanfalls eilt die Spinne dorthin, nimmt den Kampf auf, aber ist Ock heillos unterlegen. Sie geht k.o., und während Ock sie demaskiert, ist er bereits überzeugt, daß er nicht die echte Spinne vor sich hat. Sowohl die Geisel Betty als auch die Polizei und der ebenfalls an den Schauplatz gekommene JJJ denken, Peter Parker habe nur den Helden spielen wollen. Immerhin: Ock gibt Betty frei und sucht einen anderen Weg, mit der Spinne abzurechnen. Peter wird zuhause bei Tante May ins Bett gesteckt, um schnell wieder gesund zu werden. Bemerkenswert: Im Traum erscheint ihm die Spinne und tadelt ihn dafür, daß er seine Geheimidentität so leichtfertig aufs Spiel gesetzt hat.

Am nächsten Morgen springt Peter mit einem Salto aus dem Bett – er ist offensichtlich wieder auf dem Damm und geht zur Schule. Erstmals wird etwas Scheinwerferlicht auf seine Klassenkameradin Liz Allen geworfen; als Flash sich wie gewohnt über Peter lustig macht, verteidigt sie ihn furchtlos und gesteht ihre Bewunderung dafür, daß er sich Doc Ock entgegengestellt hat. Der versucht weiter alles, um die Spinne auf den Plan zu rufen. Er befreit gefährliche Tiere aus dem Zoo. Es klappt: Die wiedererstarkte Spinne erscheint, hilft der Polizei beim Einfangen und stellt sich Ock zum Kampf. Das Duell läuft ziemlich originell ab: Der „Tintenfisch“ wird mit Netzfaden an einen Wasserbehälter gefesselt, dann greift ihn die Spinne aus einem Schacht heraus an. Schließlich landen die beiden in einem Bildhaueratelier, das in Brand gerät. Ock wird unter einer riesigen Statue begraben. Die Spinne versucht vergeblich, ihn zu retten, und muß sich selbst in Sicherheit bringen. Die Feuerwehr holt Ock dann doch noch aus den Flammen und übergibt ihn der Polizei. Peter taucht wieder auf; Liz will ihn (was noch nie da war) zu einer Party einladen, aber er gibt ihr wegen Betty einen Korb. Das Ganze wird als „Happy End“ verbucht.

Statt verstauchtem Knöchel behindert die Spinne diesmal eine 24-Stunden-Grippe (was ihr noch mehrfach zu schaffen machen wird). Und statt sich zu überlegen, Betty seine Geheimidentität zu offenbaren, wird sie diesmal tatsächlich, jedoch unfreiwillig enthüllt, erscheint aber nicht glaubhaft. Die Story ist also eine verbesserte Variante der vorherigen Ausgabe. Es gelingt Lee und Ditko, die Besonderheiten ihrer Figur (Teenager, verwundbar, in Liebesnöten, aber zugleich als Superheld meist schlagkräftig und smart) innerhalb einer halbwegs logischen Story hervorzuheben. Die Leser dürften angetan gewesen sein. Für mich galt das beim ersten Lesen – und auch jetzt beim Wiederlesen – auf jeden Fall.

Hat der neue Look von Betty eine Bedeutung? Ich weiß es nicht. Jedenfalls weichen ihre kessen Locken einem strengen, glatten Haarschnitt. Sie wirkt im Verlauf der Ditko-Phase immer älter. Als junger Leser hatte ich den Eindruck, sie ist viel älter als Peter. Ob Lee und Ditko aber ihr Image bewußt verändert haben, kann ich nicht sagen.

Eine Seite Spider-Man fällt wieder dem Platzmangel zum Opfer. Dafür fehlen beim Submariner nun vier von zwölf Seiten – und das in der Ausgabe, in der Bill Everett als Inker zu seiner alten Figur zurückkehrt. Das Cover dieses Williams-Hefts gefällt mir gut. Es zeigt die entscheidende Szene, in der Ock die besiegte Spinne in seinen Tentakeln hält und gerade die Maske abgezogen hat. Betty, Jameson und drei Polizisten verfolgen das Geschehen fassungslos. Den Williams-Leser wundert nur, daß die Hintergrundfarbe ursprünglich nicht schwarz, sondern gelb war. Dominierend werden bei Williams stattdessen die Farben Schwarz und Rot, was zugegeben einen schönen Effekt ergibt. Nur die Schraffuren, die Schatten auf dem Boden darstellen und nun gelb erscheinen, sind damit eigentlich überflüssig geworden.
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Alt 15.04.2018, 17:27   #71  
Peter L. Opmann
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Gerade habe ich mich auch mit einem Freund und DC-Fan über "Spinne" # 14 unterhalten. Er schrieb mir dazu:

Zitat:
Bettys alter Haarschnitt sieht mir nach klassischer "Schema F"-Nebenfigur aus. Wahrscheinlich hat Ditko die Figur erst nachträglich etwas genauer durchdacht. Den Doc Ock-Zweiteiler habe ich in falscher Reihenfolge damals gelesen: Nr. 14 hatte ich als Flohmarktheft, die Nr. davor kam erst mit dem Paperback Reprint. Hier kann man gut erkennen, dass die Spinne in dieser Phase noch eine Art Archie-Superheld ist. Später wird er erwachsener und ist nicht mehr so leicht zu schwächen. Seltsamerweise sind solche Ideen in DCs "Superboy" nie wirklich zum Einsatz gekommen. Das war eigentlich der erste Teenager-Superheld, der dann ja die ganze "Legion of Superheroes" nach sich zog... Ob man bei der Legion eigentlich austreten musste, wenn man das 20. Lebensjahr überschritt? Oder starben die Legionäre jeweils schon vorher? Jedenfalls gab es da nie ältere Teamkollegen.
In falscher Reihenfolge habe ich den Doc-Ock-Zweiteiler auch gelesen.

Geändert von Peter L. Opmann (15.04.2018 um 19:29 Uhr)
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Alt 15.04.2018, 19:11   #72  
jakubkurtzberg
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Zum schwarzen Cover muss ich anmerken, dass bei Williams immer wieder sogenannte "rejected covers" zum Einsatz kamen. Das waren Vorab-Varianten, die für den endgültigen (US-)Abdruck nochmal überarbeitet wurden.

Beispiele wären Spinne 13 mit anderer Fußstellung und Doc Ock mit dünnerem Gesicht. FV 48 mit offener Maske des Schwarzen Panthers und der grinsende Doc Ock auf Hit Comics Spinne 250.
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Alt 15.04.2018, 19:20   #73  
jakubkurtzberg
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Andersherum wurden aber auch überarbeitete Nachdruck-Cover genommen, was sich bis Panini fortsetzte. In Italien gab es UOMO RAGNO #29 mit Metallo und dem ursprünglichen nicht überarbeiteten Ditko-Titelbild. Für Spinne 30 musste bei Williams komplett neu gezeichnet werden. Keines schönes Kunstwerk.
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Alt 15.04.2018, 19:36   #74  
Peter L. Opmann
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Bei Williams-"Spinne" fällt aber auf, daß die Cover öfters dunkler erscheinen als im Original. Das war so bei "Spinne" # 3 (= ASM # 1), # 7 (eingeschränkt; da ist der Schriftzug schwarz hinterlegt), # 12 und jetzt 14. Bei "Spinne" # 16 wird's auch so sein - weiter vorausgeblickt habe ich noch nicht. Mir geht's nur um die Farbgebung.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.04.2018, 19:44   #75  
Horatio
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@Peter L. Opmann:
Dein Kumpel täuscht sich. Superboy war nicht der erste Teenager-Superheld, da ist ihm Fawcett Comics' Captain Marvel jr. (Debüt 1941) definitiv voraus. Und auch Mary Marvel (Debüt 1942) war bei Fawcett als Superheldin ein Teenager.

Das nur so nebenbei. Und auch nur deshalb, weil ich grade die Otto Binder-Biografie von Bill Schelly lese.
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