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Alt 01.06.2016, 10:00   #51  
betamax
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Standard Mikrofilm für die Langzeitarchivierung

Raritäten, die ich mir im Original eh nie leisten kann, habe ich mir auf Mikrofilm zugelegt. ( Golden Age Marvel, DC, MLJ, Quality, usw. )

Mikrofilme halten - angeblich - bis zu 500 Jahre. Meine ältesten Mikrofilme sind aus den 50ern ( Katzenjammer Kids ), sie zeigen bisher absolut keine Verschleißerscheinungen.
Auf dem freien Markt gibt es nur relativ wenig Material ( Golden Age, etwas Silver Age und sehr viel Comic Strips ). Theoretisch kann man auch seine Comicsammlung auf Mikrofilm bannen lassen, aber dies ist ein teures Vergnügen.
Aber für Bibliotheken usw. sollte dies möglich sein.
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Alt 01.06.2016, 20:20   #52  
74basti
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Carsten Laqua wies auf das Problem hin, dass man heute noch nicht wissen könne, was später als relevant angesehen werde.
Die Comickultur gelte es zu bewahren. Aber dazu gehöre auch die Verlagsgeschichte. Skeptisch bewertete Laqua diesen Bereich, denn dort seien die Interessen ganz andere. Firmenunterlagen, Fotos und Verträge, vieles sei bereits verloren.

Ein allgemeines Manko im Kulturbetrieb sei chronischer Geldmangel. Mit einer Prise Ironie meinte er, man müsste entweder einen Lottogewinn einbringen oder aber einen wohlhabenen Mäzen finden. Da bräuchte man noch Leute, die darin arbeiten und die nötigen Entscheidungen treffen könnten. Aber - so sein resignierendes Fazit - Personen, die im Kulturbetrieb ihr eigenes Ego streicheln möchten, und kräftig investieren ... das ginge im Bereich "Comics" nicht.
In diesem Zusammenhang erinnerte sich Laqua an eine Barks-Ausstellung, die durch die Bundesrepublik wanderte. Bei jeder Eröffnung seien Politiker erschienen und hätten große Reden geschwungen: Man werde sich nun um das Thema "Comics" kümmern. Damals sei noch Geld aus öffentlichen Mittel vorhanden gewesen. "Aber nie ist etwas passiert!"
Der Grund sei, so Laqua, einfach: "Es ist niemand aus der Politik da, der sich mit Comics wirklich profilieren kann." Letztlich komme es der Politik alleine darauf an.
Insoweit sei er, was Hilfe aus öffentlichen Töpfen angeht, aus denen eine Finanzierung erfolgen könne, sehr skeptisch.

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
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Alt 01.06.2016, 20:24   #53  
74basti
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Ralf Palandt schloß sich Laquas Ausführungen an und verwies auf die chronische Unterfinanzierung von öffentlichen Bibliotheken. Daher sei eine (öffentliche) Bibliothek als Keinzelle eines Comiczentrums in Deutschland eher "utopisch".
Man könne auch einen anderen Ansatz wählen, nämlich eine Stiftung gründen, um den ersten Schritt zu gehen. "Dann muss man aber auf Geldsuche gehen", ergänzte er und brachte damit wieder die Finanzierungsproblematik zur Sprache.



"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
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Alt 01.06.2016, 20:36   #54  
74basti
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Heiner Jahncke hakte bei dem Vorschlag einer Stiftungsgründung beherzt ein und brachte ein Beispiel aus Hamburg, bei dem gerade dieser Ansatz gewählt worden sei, aber am Ende scheiterte: "Im Hamburg hatte sich ein Verein gegründet, der ein Pressemuseum auf die Beine stellen wollte. Es wurde ein Businessplan aufgestellt und viele Klinken wurden geputzt, aber das ganze ist fundamental gescheitert."
Zwischenzeitlich habe der Verein ein neues Konzept erstellt, dass sich auf "Internet und Pressefreiheit" beschränke.
Als bekanntes Beispiel für soziales und kulturelles Engagement gilt die Hamburger Otto-Familie (Otto Versand, Werner Otto Stiftung u.ä.). Für ein Museum seien Spenden in Millionenhöhe geflossen. "Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass so eine Förderung auch für ein "Comiczentrum" erfolgen würde", erklärte der renommierte Sammler. "Da würde ich nichts kriegen!"

Dr. Sackmann ergänzte, dass ein "paar Millionen" nicht reichen würden. "Es ist keine einmalige Sache, sondern die Folgekosten müssen auch abgedeckt sein, wenn eine solche Institution auch arbeiten muss.




"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
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Alt 01.06.2016, 20:39   #55  
74basti
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[sorry für die schlechte Bildqualität - Die Jalousien waren runter und daher war das Licht nicht gut. Handy machen gute Bilder eben keine guten Bilder wenn man nicht nah genug rangeht (mein Fehler) und zuwenig Licht vorhanden ist.]

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
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Alt 01.06.2016, 20:50   #56  
74basti
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Eckart Sackmann nannte zwei Institutionen als Beispiele dafür, wo es haken kann und wo man im Vorfeld ein Augenmerk darauf haben müsse.

Das Wilhelm Busch Museum in Hannover mache zwar ab und an Ausstellungen zum Thema Comics, aber letztlich habe man sich für die Aufnahme des Begriffes "Zeichenkunst" in den Museumsnamen entschieden und gegen "Comics", wofür er sich selbst eingesetzt habe.
Man habe nur ein kleines Gebäude und die Bibliothek sei bis heute nicht digital erschlossen.

Ein weiteres Beispiel sei das Institut für Jugendbuchforschung. Seit Bernd Dolle-Weinkauff in Verantwortung sei, habe man dort auch Comics in die Sammmlung aufgenommen und diesen Bereich ausgebaut.
Das große Problem, vor dem diese Institution stehe, sei fehlender Platz und das Gerangel der Fakultäten untereinader. "Die Jugendbuchforschung ist nur ein Bereich von vielen. Da ist die Gefaht sehr groß, dass andere Fachrichtungen durch Umstrukturierungen die Räumlichkeiten des Institutes übernehmen", beschrieb Sackmann die schwierige Situation bei einer Angliederung an einen Universitätsbetrieb.
"Daher", so sein Fazit aus den beiden Beispielen, "ist es wichtig, ein Institut zu finden, das eben nicht von der Politik oder von der Entscheidung von Einzelpersonen abhängig ist."

Heiner Jahncke griff das Beipiel mit den Museen noch einmal auf und mahnte vor der aktuellen Situation, dass Museen / Museumsleiter dazu neigen, in Konkurrenz zu anderen zu treten, um sich zu profilieren und die Stellung des Museums zu stärken. Derzeit sei diese negative Tendenz bei Cartoon-Museen zu beobachten.

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Alt 01.06.2016, 20:58   #57  
74basti
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Carsten Laqua verwies auf die von Deutschland völlig abweichende Situation in anderen Ländern. Bei einem Treffen in Schweden hatten die Anwesenden über "ihre" Institutionen berichtet. Man habe ein ganz anderes Selbstverständnis für das Thema. Vor allem die nationalen Interessen stünden im Vordergrund und die heimischen Leistungen in Schweden, GB, USA und Frankreich werden entsprechend honoriert - im Gegensatz zu Deutschland. "Im Tim und Strupi-Museum geht es um belgische Comics und nicht um Supermann.

Eckart Sackmann griff diesen Faden auf: "Wir haben es in Deutschland doppelt schwer, da wir zudem einen Problem mit dem Nationalbegriff haben." Man habe vordringlich für die eigene Comickultur zu sorgen und sie aufzuarbeiten, auch wenn sie nicht so groß sei wie in anderen Ländern.
"Wenn wir es jetzt nicht schaffen, verschwindet das alles!", mahnte er. Eine neutrale Sicht auf Comics sei wichtig. Auch der Comic Salon sei ein "internationeles Comic Salon" und lege den Schwerpunkt darauf. "Das deutsche fällt das hinten rüber. Dies hätte auch eine von Carsten Laqua zu "Primo" vorbereitete Ausstellung negativ getroffen.

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Alt 01.06.2016, 21:03   #58  
74basti
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1/3 des Gespräches habe ich jetzt aufbereitet.
Ich hoffe, dass ich die Zusammenhänge einigermassen darstellen konnte.
Bald geht es weiter.

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Alt 02.06.2016, 02:42   #59  
Mick Baxter
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Zitat:
Zitat von betamax Beitrag anzeigen
Mikrofilme halten - angeblich - bis zu 500 Jahre. Meine ältesten Mikrofilme sind aus den 50ern ( Katzenjammer Kids ), sie zeigen bisher absolut keine Verschleißerscheinungen.
Da kann eck@rt sicher was zu sagen. Er hat verschiedentlich über seine Erfahrungen mit Mikrofilmen (deren Qualität zwar ausreichte, die dokumentierten Zeitungen zu entziffern, für Comics aber völlig unzureichend war) berichtet.

Digitalisieren dürfte da doch der günstigere Weg sein.
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Alt 02.06.2016, 09:39   #60  
eck@rt
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Mikrofilme halten lange und wurden bei der "Verbreitung" von Zeitungen verwendet. Man filmte die Zeitung ab und konnte dadurch mehrere Bibliotheken mit dem Material versorgen. Nicht immer wurde das Original nach dem Verfilmen aufbewahrt.

Großer Nachteil: Der Film ist in Schwarzweiß. Ich hab z. B. die frühen Jahrgänge der "Genossenschaftsfamilie" auf Mikrofilm angesehen, weiß nun aber nichts über die Farbigkeit der darin enthaltenen Comics. Mehrere Jahrgänge einer Zeitung durchzusehen, geht auf die Augen und macht gaga. Da wandert dann noch viel später im Kopf ein Streifen von links nach rechts.

Eine Alternative sind Mikrofiches. Das sind keine Filmstreifen, sondern etwa postkartengroße Filmplatten, die man unter der Lupe verschiebt und ansieht.

Wenn Mikrofilme oder Mikrofiches vorhanden sind (für beides braucht man spezielle Bildschirmgeräte, aus denen auch gleich kopiert werden kann), wird eine Bibliothek in der Regel nicht das Original herausgeben. In Zukunft kriegen wir dann Scans, aber bis auf die Farbe ist das kein großer Fortschritt. Beim Blättern in der Originalzeitung sieht man viel mehr. Auch das Umfeld eines Comics ist ja nicht ganz unwichtig.

Die im Internet ansehbaren Digitalisierungen sind häufig nicht in Druckqualität - um Speicherplatz und Scanzeit zu sparen oder um Ausbeutung für kommerzielle Zwecke zu verhindern.

eckrt

Geändert von eck@rt (02.06.2016 um 09:45 Uhr)
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Alt 02.06.2016, 09:58   #61  
falkbingo
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Zitat:
Zitat von eck@rt Beitrag anzeigen

Die im Internet ansehbaren Digitalisierungen sind häufig nicht in Druckqualität - um Speicherplatz und Scanzeit zu sparen oder um Ausbeutung für kommerzielle Zwecke zu verhindern.

eckrt
Meine privaten Scans sind alle mindestens 300dpi. Vielleicht gibt es ja viele "Scanner" die der späteren Generation zumindest den Grossteil der Comics erhalten können.
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Alt 02.06.2016, 10:12   #62  
Pickie
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Zitat:
Zitat von 74basti Beitrag anzeigen
[sorry für die schlechte Bildqualität]
Zitat:
Zitat von 74basti Beitrag anzeigen
1/3 des Gespräches habe ich jetzt aufbereitet.
Ich hoffe, dass ich die Zusammenhänge einigermassen darstellen konnte.
Bald geht es weiter.
Zitat:
Zitat von underduck Beitrag anzeigen
Wenn es von so großem Interesse ist und sonst keiner mitschneidet, stelle ich gerne eine Videokamera mit Stativ zur Verfügung.
Zitat:
Zitat von 74basti Beitrag anzeigen
Den Termin habe ich mir vorgemerkt und werde dort sein.
Danke für die - allemal ausreichenden - Fotos und vor allem für die Mitschrift!

Ein Film ist von hier wohl nicht aufgenommen worden (sonst wäre die schriftliche Zusammenfassung ja nahezu doppelte Arbeit)?
Pickie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.06.2016, 10:13   #63  
Pickie
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Standard Seltenste Originaldruckwerke

Konnte sich die Deutsche Comicforschung gestern Abend eigentlich die von dem holländischen Ten Hagen-Verlag während des Krieges (Copyright 1942) produzierte Probenummer von „Der Fall Klein - Kriminalroman in Bildern“ der MAZ-Serie („Dick Bos“) sichern?
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Alt 02.06.2016, 10:14   #64  
Pickie
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Bei Lichte betrachtet ist das Fehlen eines deutschen „Comic-Zentrums“ wirklich kaum zu fassen um nicht zu sagen beschämend.

Zitat:
Zitat von 74basti Beitrag anzeigen
Carsten Laqua wies auf das Problem hin, dass man heute noch nicht wissen könne, was später als relevant angesehen werde.
Auf Belege zur Bedeutung von Wilhelm Busch, Rudolph Dirks und Lyonel Feininger braucht jedenfalls keiner mehr zu warten. Deutschland könnte mit ganz breiter Brust, um nicht zu sagen in vorderster Reihe auftreten!
Pickie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.06.2016, 10:38   #65  
Servalan
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Mittlerweile merken die Leute, wo es weh tut. Ich bin damals gegen die Bologna-Reform bei Demos mitmarschiert und hab mir die Vollversammlungen im größten Hörsaal der Uni angetan, aber genützt hat es wenig bis nix. Und wie es jetzt aussieht, ist das Kind in den Brunnen gefallen.
Sogar die F.A.Z. muß das zur Kenntnis nehmen. Wissenschaftler haben eine Petition gegen die Exzellenzinitiative verfaßt - in dem Gastbeitrag heißt es:
Zitat:
Bemerkenswert ist, worüber nicht gesprochen wird: über Forschungsergebnisse, neue Theorien, über Paradigmenwechsel und über Bücher, die ein weites Publikum erreichen, kurzum - über Inhalte. Diskussionen von sachlicher Relevanz, gehen gerade nicht auf Projekte zurück, die im Rahmen der Exzellenzinitiative gefördert wurden, sondern auf Publikationen, die sich der traditionellen Sturheit einzelner Forscher verdanken. (...)

Die heute fast alleingültige Währung im Sektor wissenschaftlicher Veröffentlichungen aber ist der von peer reviews auf Stromlinie getrimmte Artikel in einem A-Journal. Die A-Journal-Artikel aber werden ihrerseits mehr zur Kenntnis genommen und statistisch ausgewertet (etwa um den Hirsch-Index zu errechnen) als wirklich gelesen. Bibliometrie tritt an die Stelle von Bibliophilie; dass ein Artikel soundso viel Mal zitiert wird, ist wichtiger als die Frage, was denn da zitiert wird und ob etwas dran ist an dem, was da behauptet wird. Das hat fatale Auswirkungen. Die peer review-Schwelle geschafft haben etwa Theorien über die besondere Effizienz und Transparenz der Finanzmärkte - eine vom Volkswirtschafts-Nobelpreis gekrönte Theorie wurde nach dem Lehman-Brothers-Crash von 2008 zur Lachnummer.
(P.S.: Bei dem rot markierten Satz darfst Du Dich angesprochen fühlen, Eckart.)

Hinzu kommt das folgende Hindernis:

Inzwischen wird der Bildungssbereich vorwiegend in Projekten ohne langfristige Perspektiven organisiert, wodurch sogar bestehende Institutionen in existenzgefährdende Krisen geraten. Ein Museum oder ein Comiczentrum bräuchte einen langen Atem und eine vernünftige Finanzierung. Wenn jedes Jahr aufs Neue Anträge für Drittmittel verfaßt werden müssen, verbrennt die Energie dort und fehlt letztlich bei Wissenschaft, Lehre und Forschung.
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Alt 02.06.2016, 10:48   #66  
FrankDrake
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Falls noch jemand so doof wie ich ist

https://de.wikipedia.org/wiki/Exzellenzinitiative

Mehr als ein Westfale kann der Mensch nicht werden!
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Alt 02.06.2016, 20:00   #67  
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Standard mich stört besonders der Ruf nach Vater Staat.....

Schaut man sich die völlig unterfinanzierten Filmarchive an, hier gehen jedes Jahr wichtige (deutsche) Stummfilme verloren, die noch auf Nitratfilm kopiert sind, weil viel zu wenig Geld/Personal für Restaurierung und digitale Bearbeitung zur Verfügung gestellt wird, dann sind Comics demgegenüber zweitrangig. Nicht weil ich Filme für wichtiger halte, sondern weil sich Scans leicht und kostengünstig herstellen lassen. Im Netz sind ja auch schon sehr viele Public Domain Golden Age Comics ( und nicht nur die, aber dies ist ein anderes Thema ). Natürlich ist dies keine Lösung für die Ewigkeit, aber Mikrofiches/Mikrofilme sind für Langzeitarchivierung eine gute Alternative. Man könnte von jedem Verkauf an Privatpersonen 5-10% automatisch an öffentliche Archive spenden.

Man muß sich auch fragen was überhaupt archivierwürdig ist. Weshalb sollte man z.B. die deutschen Übersetzungen von US Comics archivieren ( Marvel, DC, MLJ, Ajax, Avon, King Features ), wenn es die US "Originale" auf Mikrofiche/Mikrofilm gibt ?
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Alt 02.06.2016, 20:22   #68  
eck@rt
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Das deutschsprachige Schrifttum schließt natürlich Übersetzungen mit ein. Ich beziehe mich bei meinem Vorhaben auf den Sammelauftrag der Deutschen Nationalbibliothek. Die Grundlage der Sammlung ist das Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek (DNBG) vom 22. Juni 2006 (BGBl. I S. 1338).
http://www.gesetze-im-internet.de/dnbg/index.html

Gesammelt werden demnach
- in Deutschland veröffentlichte Medienwerke
- im Ausland veröffentlichte deutschsprachige Medienwerke
- im Ausland veröffentlichte Übersetzungen deutschsprachiger Medienwerke in andere Sprachen
- im Ausland veröffentlichte fremdsprachige Medienwerke über Deutschland, so genannte Germanica
- die zwischen 1933 und 1945 von deutschsprachigen Emigranten verfassten oder veröffentlichten Druckwerke

"Zu sammeln sind Medienwerke in körperlicher als auch unkörperlicher Form. Dazu gehören sowohl herkömmliche Veröffentlichungen in Papierform als auch Mikroformen, Tonträger und körperliche Medienwerke auf elektronischen Datenträgern sowie Netzpublikationen."

Die dnb hat bereits eine Menge an Comics. Jeder Verlag ist verpflichtet, von jeder seiner Publikationen zwei Pflichtexemplare abzuliefern. Daran möchte ich anknüpfen, denn ich habe hier
- einen Apparat, der es seit über 100 Jahren gewohnt ist, Bücher zu sammeln
- der demzufolge ausgebildete Fachleute beschäftigt und der
- per Gesetz zum Sammeln verpflichtet ist.

Das Problem, das sich in den Verhandlungen stellt, ist, dass ich und andere uns wünschen, dass für die Comics eine Extrawurst gebraten wird, damit sie nicht im Wust von Millionen anderen Büchern untergehen.

eckrt
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Alt 02.06.2016, 20:47   #69  
74basti
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Ich komme mir schon wie ein "Störenfried" vor, wenn ich mit der Posiumsdiskussion weitermache.
Es kommen noch sehr interessante Beiträge, auch aus dem Publikum. Nur leider schaffe ich es zeitlich nicht, alles auf einmal abzutippen, vor allem da ich doch bei einigen Wörtern Schwierigkeiten mit meiner eigenen Handschrift bekomme.

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
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Alt 02.06.2016, 20:55   #70  
74basti
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Heiner Jahncke (im Anschluß an Carsten Laqua): "Das doppelte Problem ist, dass unsere Comichistorie weniger entwickelt und weniger beachtet wird." Die eigenständige Entwicklung im deutschsprachigen Raum müsse unbedingt ausgewertet werden, um diese auch für die Zukunft zu erhalten.

Eckart Sackmann leitet zum Thema Manfred Schmidt über und übergibt das Wort zunächst Ralf Palandt, der zu Beginn bei der Vorstellung bereits auf sein spezielles Sammelgebiet hingewiesen hatte.

Ralf Palandt berichtet, dass er Manfred Schmidt "in die Tiefe" sammle, also nicht nur die Comics, sondern auch Werbeartikel, Artikel aus Zeitungen und ähnliches. Nur so sei es möglich, auch Querverweise und Reaktionen der Öffentlichkeit auf die Comics aufzudecken. Die Auswirkungen könnten sonst weder erfasst noch beurteilt werden.

Unter Verweis auf die internationale Jugenbuchbibliothek in München, in der einigen Autoren wie beispielsweise Ottfried Preußler ein eigener Raum gewidmet ist, äußerte sich Palandt zu einem eigenen Wunsch: "Ich würde gerne einen Manfred Schmidt Raum einrichten." Dies sei ein Weg, den man gehen könne, um dessen Erbe zu bewahren.


"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799

Geändert von 74basti (02.06.2016 um 21:09 Uhr)
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Alt 02.06.2016, 21:06   #71  
74basti
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Zum dem ärgerlichen Umgang von Museen mit dem kulturellen Erbe wusste Carsten Laqua zu berichten:

In den 80er Jahren seien Zeichnungen von Manfred Schmidt so gut wie gar nicht auf dem Markt angeboten worden. Das Problem vor den Zeiten des Internets war schon die Beschaffung der Adresse. "Selbst bei Quick wusste das keiner. Einige kannten sogar Nick Knatterton gar nicht mehr!" Irgendwann habe es dann mit dem Kontakt zu dem Zeichner geklappt.
Anlässlich einer Ausstellung im Wilhelm Busch Museum wurde Manfred Schmidt irgendwie dazu gebracht, seine Zeichnungen dem Museum zu schenken. "War das so klug? Nun liegt das da rum..., habe ich ihn dazu befragt", erzählte Carsten Laqua. Er habe geantwortet: "Nein! Das war ein Fehler!"
Carstens Fazit: "Im großen und ganzen ist ds "Zeug" heute für die Öffentlichkeit und die Forschung verloren."
Und Laqua weiter: "Wenn Comics einmal in öffentlicher Hand sind, kommt man nicht mehr dran." Dies hänge auch mit den Kosten zuammen, die entstehen, wenn öffentliche Museen Bücher verschicken. Er berichtete von einem Fall, in dem die Versendung eines Buches von München nach Berlin zu einer Ausstellung den Steuerzahler 10.000.- € gekostet hätte: Versicherungen, Flug, Klimakasten, Die Begleitung durch einen Museumsmitarbeiter.
"Wenn das, was wir hier in Erlangen direkt sehen [gemeint waren die Originale aus den Ausstellungen] und erleben, in die Hände von Beamten kommt, ist es weg."

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
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Alt 02.06.2016, 21:14   #72  
Mick Baxter
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Zitat:
Zitat von eck@rt Beitrag anzeigen
Ich beziehe mich bei meinem Vorhaben auf den Sammelauftrag der Deutschen Nationalbibliothek. Die Grundlage der Sammlung ist das Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek (DNBG) vom 22. Juni 2006 (BGBl. I S. 1338).
http://www.gesetze-im-internet.de/dnbg/index.html
Sind denn zweckgebundene Spenden möglich? Wenn ein Comic-Förderverein Gelder an die dnb geben würde, müßten die dann in der dnb ausschließlich für Comics verwendet werden?
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Alt 02.06.2016, 21:15   #73  
74basti
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Eckart Sackmann ergänzte, dass sich Museen nur das rausgreifen würden, was ein Schlaglicht auf sie werfen würden. Gerade der Begriff "Jugendliteratur" könne der Vielfalt der Comics nicht gerecht werden, da "wir davon ausgehen, dass sie zur Erwachsenenkultur gehört."

Ralf Palandt erklärte, dass er die Jugenbuchbibliothek als positives Vorbild nennen wollte, da es Modellcharakter für Institutionen habe.

Dies war Eckart Sackmann zu unverbindlich. Bei einer bestehenden Institution wie beispielsweise in Leipzig wisse man hingegen, worum es gehe. Da man dort bereits Comics im Bestand habe, sei die Nationalbibliothek derzeit unglücklich über die "Micky Maus". "Man hebt die Gimmicks auf, obwohl die Nationalbibliothek kein Spielzeug sammle.
Zum Stnad der Dinge berichtete Dr. Sackmann, dass es bereits Gespräche mit Dr. (Stephanie?) Jacobs gegeben habe - eines davon auch mit Heiner Jahncke - so dass man wisse, wie der andere denke.

Aus dem Publikum gab Burkhard Ihme (ICOM) zu bedenken, dass einer Bibliothek in der Regel ein Exemplar ausreiche. Eine ganze Sammlung sei insoweit nicht im Interesse einer solchen Institution.

Eckart Sackmann stimmte diesem Einwand zu und gab zu Bedenken, dass "wir Sammler in diesem Punkt Abstriche machen müssen."

Auf die direkte Nachfrage, was denn dann mit dem Rest der Sammlung passiere, konnte selbstredend keine konkrete Antwort gegeben werden. Aller Voraussicht nach, werde in diesem Fall die Bibliothek das beste Stück behalten / austauschen und den Rest weitergeben.

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799

Geändert von 74basti (08.06.2016 um 20:33 Uhr)
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Alt 02.06.2016, 22:07   #74  
eck@rt
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Zitat:
Zitat von 74basti Beitrag anzeigen
Ich komme mir schon wie ein "Störenfried" vor, wenn ich mit der Posiumsdiskussion weitermache.
Nein, bitte mach weiter, in aller Breite.

eckrt
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Alt 03.06.2016, 13:02   #75  
Pickie
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Zitat:
Zitat von Mick Baxter Beitrag anzeigen
Sind denn zweckgebundene Spenden möglich? Wenn ein Comic-Förderverein Gelder an die dnb geben würde, müßten die dann in der dnb ausschließlich für Comics verwendet werden?
Das weiß ich nicht (vielleicht kann eck@rt das beantworten, weil er gefragt hat), trotzdem:

Augenscheinlich ist das im aktuellen Gesetz über die DNB nicht vorgesehen, so dass womöglich zunächst das Gesetz geändert oder ergänzt werden müsste.

Es gibt noch ein anderes Modell für eine Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit privater Seite, nämlich das "Public-private-Partnership" (https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96..._Partnerschaft).

Die gängige Abkürzung "PPP" passt auch auf den wohl auf Heiner Jahncke zurückgehenden Begriff "Populäre Print-Produkte". Seltsam? Aber so steht es geschrieben ...
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