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Alt 31.10.2022, 14:36   #126  
Servalan
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Bei "Psycho" kommt es meiner Meinung darauf an, mit welcher Erwartung jemand sich den ansieht. Wer sich auf Bates' Motel und die Duschszene fixiert, wird natürlich enttäuscht sein, daß vorher soviel anderes passiert.
Aber wer einfach nur hinsieht und sich erst einmal auf Marion Crane einläßt, erlebt eine Femme Fatale in einem Film Noir, bis der Film in der zweiten Hälfte dann das Genre und die Hauptfigur wechselt. Für mich ist das ein B-Movie-Double-Feature in einem einzigen Film - so wie "From Dusk Till Dawn".
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Alt 31.10.2022, 15:12   #127  
Peter L. Opmann
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Interessante Sichtweise.

Ich habe es immer so gesehen, daß Hitchcock die Erwartungen des Publikums düpieren wollte. Also er lenkt die Aufmerksamkeit erstmal auf Janet Leigh und gibt der Geschichte dann eine völlig andere Richtung. So macht er es dann mit Anthony Perkins auch. Das alles kann man aber nur mitbekommen, wenn man sich wenigstens ein bißchen auf den Film einläßt - sehe ich auch so.

Wenn es tatsächlich zwei Filme sind, dann sind sie allerdings durch den Mord an Marion verbunden.
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Alt 31.10.2022, 16:09   #128  
pecush
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Das hat Wes Craven bei "Scream" ja dann auch schön modernisiert. Drew Barrymore, eigentlich der Star des Films und ursprünglich auch als Hauptdarstellerin gecastet, stirbt nach wenigen Szenen und eine Reihe von No-Names übernimmt.

Den Aspekt mit dem Zwei-Filme-in-einem finde ich gut.

Bei "From Dusk till Dawn", den ich vier oder fünfmal im Kino gesehen habe, war der Twist ja leider auch von Beginn an bekannt. Andererseits hätte ich den vielleicht nie im Kino gesehen, wenn ich nicht gewusst hätte, dass es um Vampire geht.
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Alt 31.10.2022, 16:40   #129  
Servalan
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Klar, Hitchcock wollte das Publikum aufs Glatteis führen, indem er die vermeintliche Hauptdarstellerin einfach in der Mitte des Films über die Klinge springen läßt.
Das wurde damals in den 1990ern in meinem Studium thematisiert. Zu der Zeit etablierte sich Film- respektive Medienwissenschaften allmählich in den Fakultäten, vorher hing das immer vom Wohlwollen des prüfenden Professors ab, ob der sich auf so etwas einläßt oder nicht.
Hinzu kommt meiner Meinung nach auch die Art, wie Hitchcock den Film gedreht hat. Hinter der Kamera hat er viele Techniken eingesetzt, die sich vorher bei der Produktion von Fernsehserien bewährt haben. Er selbst hatte die ja in "Alfred Hitchcock presents" erproben und kennenlernen dürfen.
Und viele Drama- oder Krimiserien haben ja Episoden mit einer Länge von 45 bis 60 Minuten, also entspräche "Psycho" zwei Serienepisoden.

Ach ja, ein Merkmal für Klassiker ist für mich der Umstand, daß sie zu einer Referenz werden: Fans, Publikum und Leute aus der Branche sprechen immer wieder mal von diesen Filmen. Indirekt führt das dazu, daß sie immer wieder zugänglich gemacht werden, schließlich gab es seit 1895 etliche Formatwechsel: vom hochbrennbaren Nitrofilm bis zu digitalen Daten in der Cloud.
Dabei spielt es keine Rolle, wo über die Klassiker gesprochen wird: Ob hier in Foren; ob Filme darüber gedreht werden, Romane geschrieben oder Hörspiele gemacht werden ... das kann auch subtil geschehen: Wenn Kinoplakate in Dokumentationen oder ähnlichem auftauchen.
Verglichen mit dem Theater und der Schönen Literatur (Lyrik und Prosa) ist der Film noch ein ziemlich junges Medium.
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Alt 31.10.2022, 16:48   #130  
Peter L. Opmann
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Endlich mal eine Klassiker-Definition!

Allerdings bräuchte ich dann eine Statistik, wie viele Leute welche Filme kennen.

Das bedeutet, mein Thread-Titel ist falsch. Da sind bei mir etliche Filme dabei, die der Definition nicht entsprechen. Aber ich wollte das Ding nicht unbedingt "Peter L. Opmann: A Personal Journey through my Movie-Experiences" nennen...
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Alt 31.10.2022, 16:52   #131  
falkbingo
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Zu den ganz großen Klassikern der Filmgeschichte zählen für mich, „Söhne der Wüste“ und „Im wilden Westen“ mit Stan Laurel und Oliver Hardy. Von beiden eine Schauspielerische Glanzleistung. Wobei beide vom schauspielerischem her, sowieso in der Champions League spielen.
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Alt 31.10.2022, 17:04   #132  
Peter L. Opmann
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Die habe ich auch schon in Erwägung gezogen. Ich finde beide Filme auch sehr gut. Es gibt ein paar Laurel-und-Hardy-Langfilme, die ich mir gut ansehen kann, auch etwa "Fra Diavolo" oder "Blockheads". Dennoch finde ich, ihre große Stärke liegt bei den 20-Minuten-Filmen.

Du kannst aber über "Wüstensöhne" oder "Way out West" gern selbst was schreiben.
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Alt 31.10.2022, 17:12   #133  
Servalan
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In der ONE oder ARD Mediathek stand vor kurzem eine neue Dokuserie über die Filmbranche, die natürlich aus den USA stammte und den Fokus auf Hollywood sowie das amerikanische Independentkino legte. Die unterschied sich deutlich von der, die ich in den 1970ern im ARD-Vorabendprogramm gesehen habe.
Zum einen wurden die Anfänge mit der Stummfilmära pflichtschuldig in der ersten Folge so rasch wie möglich abgehandelt. Zum anderen wurde alles betont, was den neuen Maßstäben von Diversity, Antirassismus und Feminismus genügte. Und da hatte ich schon das Gefühl, daß da ziemlich obskure Streifen ausgegraben wurden, von denen ich noch nie etwas gehört hatte. In der letzten Episode wurde dann ein Potpurri von Titeln genannt, die mit Oscars prämiert wurden oder in Sundance oder auf ähnlichen Festivals gefeiert wurden. Bei ziemlich vielen von denen zweifle ich daran, daß die Filme in 20 oder 50 Jahren noch jemand kennt, geschweige denn gesehen haben wird.

Bei Filmtiteln spielt, glaube ich, das Alter des Publikums eine Rolle. Wenn du heute jemandem etwas von "Sein oder Nichtsein" vorschwärmst, kann es leicht passieren, daß derjenige zwar begeistert einstimmt - aber eben das Remake von Mel Brooks meint. Vielleicht fällt der Name Ernst Lubitsch gar nicht mehr, oder dein Gegenüber hört ihn zum ersten Mal.
Mit "Scarface" dürfte es sich ähnlich verhalten: Al Pacino dürfte wesentlich bekannter sein als Paul Muni ...
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Alt 31.10.2022, 17:36   #134  
Peter L. Opmann
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Das stützt meine These, daß Klassiker (auch) etwas Subjektives sind.

Ich finde es aber eine Unsitte, daß man heute ältere Kunstprodukte nicht mehr gelten lassen will. Meine Freunde, die ich oben schon mal erwähnt habe, haben sich vor einiger Zeit zum Beispiel standhaft geweigert, sich mit mir "Blade Runner" anzugucken. Denn es gab ja inzwischen einen neuen "Blade Runner", und der alte kam schon etwa zu der Zeit ins Kino, als sie geboren wurden.

Scorsese sagt in "Personal Journey": "Studiert die alten Meister!"
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Alt 01.11.2022, 07:23   #135  
Peter L. Opmann
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Dies ist wohl nicht der Film, mit dem man Regisseur Sam Peckinpah sofort verbindet, aber ich habe gelesen, es sei ein großer kommerzieller Erfolg gewesen, und über ihn werde bis heute viel diskutiert. Ich rede von „Getaway“ (1972). Auf jeden Fall war es eine Auftragsarbeit, kein Film, den Peckinpah machen wollte. Er hatte aber wohl beim Drehen etwas mehr Gestaltungsfreiheit als sonst. Mich spricht das Motiv eines Helden (Steve McQueen) mit hoher Intelligenz an, der aber zu unklugem Verhalten gezwungen wird – am Ende gewinnt er doch seine Freiheit. Das Ende des Films ist überhaupt ziemlich bemerkenswert. Ein Peckinpah-typischer Gewaltexzeß mündet in ein beinahe sentimentales Happy End, bei dem traditionelle, schon überholte Werte gefeiert werden.

McQueen ist ein Profi-Bankräuber, der dummerweise gerade in Texas im Knast sitzt, und zwar wohl noch einige Jahre. Die Behörden zeigen keinerlei Neigung, ihn zu begnadigen. McQueen beauftragt darauf seine Frau (Ali McGraw), einem einflußreichen Politiker (Western-Veteran Ben Johnson) anzubieten, für ihn ein Ding zu drehen, wenn er früher rauskommt. Kurz darauf wird er prompt freigelassen. Nun muß er also für diesen korrupten Politiker eine Bank überfallen, aber er darf nicht so arbeiten wie gewohnt, sondern bekommt zwei Gangster zugeteilt, von denen er wenig hält. Sie sind ihm zu undiszipliniert und zu dumm. Der Banküberfall geht auch beinahe schief, und es wird ein Wachmann erschossen, obwohl McQueen auf Gewaltlosigkeit Wert gelegt hatte. Der eine Gangster (Al Lettieri) bringt auch noch seinen Komplizen um, um nicht teilen zu müssen, und fährt dann zum Treffen mit McQueen, um abzurechnen. Der hat ihm allerdings von Anfang an mißtraut und legt ihn um, bevor der es tun kann.

Gleich nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis hat sich McQueen wieder mit seiner Frau zusammengetan. Er kapiert allerdings nur langsam, daß sie mit dem Politiker geschlafen hat, um ihn freizubekommen. Und es will ihm überhaupt nicht in seinen Macho-Kopf, daß das keine eheliche Untreue war, sondern sie für ihn ein Opfer gebracht hat. Es kommt zu einer schweren Krise, und sie wollen sich beinahe trennen, es aber dann doch noch einmal miteinander versuchen. Unerkannt ist ihnen aber Lettieri auf den Fersen. Er ist nicht tot, weil er, unbemerkt von McQueen, eine schußsichere Weste trug. Allerdings wurde er verwundet. Lettieri kidnappt einen Tierarzt, der ihn notdürftig medizinisch versorgt, und dessen Frau und läßt sich von ihnen durchs Land fahren. Die Episode endet mit dem Selbstmord des Tierarztes, weil sich Lettieri mit vorgehaltener Pistole mit seiner Frau vergnügt.

McQueen will wie vereinbart den Großteil der Beute bei Johnson abliefern, gerät aber mit ihm über den Ablauf des Banküberfalls in Streit. Da wird Johnson aus dem Hintergrund von McGraw erschossen. Damit wären eigentlich alle Probleme gelöst, aber das Verbrechen macht inzwischen Schlagzeilen, und McQueen und McGraw müssen untertauchen. Außerdem merken sie, daß auch Kumpane von Johnson hinter ihnen her sind. Zu allem Überfluß wird McGraw an einem Bahnhof von einem Trickbetrüger um die Tasche gebracht, in der sich die Dollars befinden. McQueen hat einige Mühe, sie wiederzubekommen.

McQueen und McGraw suchen ein Hotel auf, das schon früher als Treffpunkt nach Coups gedient hat. Der Hotelbesitzer ist ein Freund. Allerdings ist er von den Johnson-Leuten unter Druck gesetzt worden, McQueen zu verraten. Und auch Lettieri taucht in dem Hotel auf und will sich das Geld zurückholen. Damit kommt es zu einem großen Showdown mit einer Menge Toten. McQueen hat entdeckt, daß Lettieri noch lebt und will ihn zunächst nur kampfunfähig machen, muß ihn aber doch erschießen. McQueen und McGraw verlassen nach dem Blutbad das Hotel Hals über Kopf und zwingen einen Farmer, sie mit seinem klapprigen Pickup über die Grenze nach Mexiko zu bringen. Die Flucht gelingt. McQueen fordert den Farmer auf anzuhalten. Er will ein paar 10 000 Dollar für das Auto und sein Schweigen zahlen. Das ist für den Mann wie ein Lottogewinn; dafür geht er gern zu Fuß nach Texas zurück. Vorher hat er gefragt: „Seid ihr beide überhaupt verheiratet?“ Als McQueen und McGraw bejahen, ist er zufrieden und hat vor ihnen keine Angst mehr.

Weil ich von dem Film so angetan war, habe ich mir auch die Romanvorlage von Jim Thompson besorgt. Deren Ende ist viel zynischer, aber ansonsten ist der Thriller ziemlich originalgetreu umgesetzt worden. Allerdings sind die Figuren bei Thompson viel eindimensionaler. Steve McQueen macht seine Figur ambivalent. Sie wird zur Identifikationsfigur, aber er zeigt auch ihre unsympathischen Seiten und sogar ihre Fehler. Erstaunt war ich auch, daß die Ehekrise in dem sonst lupenreinen Kriminalfilm einen so großen Raum und damit Ali McGraw eine so wichtige Rolle erhält. Und ich denke, Peckinpahs wichtigstes Thema war das Ringen um Entscheidungs- und Handlungsfreiheit. Virtuos inszeniert und geschnitten ist bereits der Vorspann des Films, der zeigt, wie McQueen im Gefängnis allmählich verrückt wird.
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Alt 02.11.2022, 07:51   #136  
Peter L. Opmann
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An „Viridiana“ (1961) von Luis Bunuel habe ich nur bruchstückhafte Erinnerungen. Ich muß mich also bei der Besprechung auch auf mir vorliegende Inhaltsangaben stützen. Ich möchte den Film aber als Klassiker anführen, weil er mich, als ich ihn gesehen habe, sehr berührt hat. Lebhafte Erinnerungen habe ich vor allem an den Teil, der ein Festessen von Bettlern (um es neutral auszudrücken) im Haus der Titelheldin zeigt. Ich habe mich lange Zeit selbst mit Obdachlosen beschäftigt – freilich mit etwas Abstand – und habe erfahren, daß Bunuel da etwas Wichtiges und Zutreffendes erfaßt und wiedergegeben hat.

Ich habe den Film leider nicht selbst, würde ihn aber gern mal wieder sehen. Auf youtube gibt es Ausschnitte und den Trailer, allerdings, soweit ich gesehen habe, nichts von der deutschen Synchronisation, sondern meist auf Spanisch. Als ich „Viridiana“ im Fernsehen gesehen habe, hat das Werk mich aber so beschäftigt, daß ich mir Notizen gemacht und die Ankündigung der TV-Zeitschrift ausgeschnitten habe. Es war am 4. Februar 1985.

In dem Programmheft stand: „Einsam und zurückgezogen lebt der Gutsherr Don Jaime auf seinem Landsitz. Seine Frau ist vor 30 Jahren in der Hochzeitsnacht an einem Herzschlag gestorben. Nur zwei Verwandte sind Don Jaime geblieben: sein vorehelicher Sohn Jorge und die Nichte Viridiana. Sie wächst in einem Kloster auf und will in Kürze das Gelübde ablegen. Zuvor jedoch lädt der Onkel sie zu sich ein. Wegen ihrer Ähnlichkeit mit seiner Frau ist er von Viridiana fasziniert. Don Jaime versucht die Novizin zu überreden, bei ihm zu bleiben. Aber alle seine Bemühungen sind erfolglos. Als er schließlich auf eine infame Lüge verfällt, verläßt Viridiana entsetzt das Haus. Der von Gewissensbissen geplagte Don Jaime zieht eine schreckliche Konsequenz.“

Dies beschreibt nur die Exposition des Films. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt die Brisanz der Handlung noch nicht richtig erfassen. Sicher hat Bunuel vieles auch nur angedeutet oder symbolisch verschlüsselt. Nachdem Don Jaime versucht hat, Viridiana in die Rolle seiner verstorbenen Frau zu pressen, und ihr vorgemacht hat, er habe sie betäubt und vergewaltigt, erhängt er sich. Denn er konnte sie auch damit nicht davon abhalten, ins Kloster zurückzukehren. Viridiana tritt zusammen mit Jorge das Erbe an. Sie ist eine aufrichtig fromme (um nicht zu sagen: frömmlerische) Frau und will nun seinen Besitz den Armen zur Verfügung stellen. Sie gibt ihnen Unterkunft und Nahrung. Aber die Bettler danken es ihr schlecht. Sie dringen in Viridianas Wohnbereich ein und feiern eine wilde Orgie mit allen erdenklichen Ausschweifungen. (Einmal sind sie nach dem Muster des letzten Abendmahls um den Tisch gruppiert.) Als Viridiana dazukommt, tun die Bettler ihr auch Gewalt an.

Im Grundsatz habe ich solches Verhalten selbst mitbekommen. Ihre prekäre Lage bringt Obdachlose dazu, nicht immer zu warten, bis ihnen geholfen wird, sondern sich selbst zu holen, was sie brauchen. Wenn sie schon länger auf der Straße gelebt haben, sind sie zu einer bürgerlichen Lebensweise nicht mehr fähig. Wenn eine Hilfsorganisation ihnen eine Wohnung besorgt, kann es vorkommen, daß sie von ihnen verwüstet wird. Sie entfachen zum Beispiel im Wohnzimmer ein Lagerfeuer, damit es ein bißchen wärmer wird. Natürlich bekommen solche Leute dann so schnell keine Wohnung mehr, auch wenn sie nichts anderes getan haben, als was sie von der Straße her kannten.

Der Schluß des Films hat ebenfalls Bekanntheit erlangt. Jorge ist ebenso scharf auf Viridiana wie sein Vater. Deshalb ist ihm seine Freundin davongelaufen. Weil Viridiana ihn aber keinesfalls erhören will, beginnt er ein Verhältnis mit dem Hausmädchen Ramona. Viridiana kommt dazu, und Jorge macht ihr vor, er spiele nur mit ihr Karten. Darauf nimmt sie an dem Spiel teil – ein Bild für ein Dreiecksverhältnis.

Bunuel, den „Atheist von Gottes Gnaden“, interessiert vor allem, wie weit christliche Barmherzigkeit geht und ob die Welt besser wäre, wenn sie mehr geübt würde. Das kann man sich auch ansehen, wenn man seine Weltsicht nicht teilt. Die Probleme, die Bunuel mit der Zensur hatte, rühren aber von den Bildern her, die er verwendet. So deutlich durfte zu dieser Zeit ein „unmoralisches“ Begehren nicht dargestellt werden, und natürlich durfte eine christliche Ikonografie nicht in solche Zusammenhänge gestellt werden. Bunuel macht allerdings christliche Überzeugungen nicht einfach schlecht. Laut wikipedia hatte der spanische Diktator Francisco Franco Bunuel eingeladen, diesen Film in seinem Land zu drehen. Seit 1946 hatte Bunuel in Mexiko gelebt. Hinterher ließ Franco jedoch „Viridiana“ sofort verbieten. Er wurde in Spanien erst 1977 gezeigt. Bei den Filmfestspielen in Cannes wurde „Viridiana“ aber schon 1961 mit einer Goldenen Palme ausgezeichnet.

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Alt 02.11.2022, 13:15   #137  
Servalan
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Bei Hitchcock fällt mir die Wahl auf einen Klassiker schwer, schließlich gibt es reichlich Auswahl. Hitch war ja immer fleißig und selbst wenn er mal Schwächen gezeigt hat, waren die Ergebnisse besser als der Durchschnitt. In der engeren Auswahl standen bei mir deshalb "Der falsche Mann" (1956), weil der eine quasi archetypische Thrillersituation behandelt; dann "Der unsichtbare Dritte" (1959), weil der grandios fotografiert und ausgestattet ist - die Szene im Kornfeld ist zurecht ein Kabinettstückchen; und "Frenzy" (1972) aus seinem Spätwerk, hier gefällt mir, wie er das London in den 1970ern in Szene setzt, außerdem liefern sich Barry Foster und Jon Finch schauspielerisch ein grandioses Duell.

Mein Liebling bleibt aber unangefochten "Die Vögel" (1963). Da stimmt jedes Detail, und das zu sehen ist jedes Mal wieder ein Genuß. Hitchcock bleibt fokussiert, indem er sich auf seine Figuren konzentriert und auf die obligatorische Erklärung für das seltsame Verhalten der Vögel verzichtet. In den B-Film rückt im Finale ja meist das Militär an und ballert den Schrecken in Grund und Boden, diese plumpe Wendung unterläßt der Meister.
Die Soundeffekte von Oskar Sala auf dem Trautonium müssen natürlich gewürdigt werden. Der Einsatz neuester elektronischer Musik ist für mich mit Science Fiction Filmen und Serien verbunden - ich denke auch an den Vorspann der klassischen "Dr Who"-Serie von der BBC.

Für mich entscheidend ist eher, wie nahe der Film am natürlichen Verhalten der Tiere ist. Aggressive Möwen habe ich mehr als einmal erlebt.
Am meisten beeindruckt haben mich aber die Raben. Tagsüber sind die entweder allein oder in Paaren unterwegs, außerdem sind sie so frech, Menschen anzubetteln, und wenn sie nicht bekommen, was sie wollen, zeigen sie ihr Mißfallen auf üble Weise. Abends, kurz vor der Dämmerung, sammeln sich die Raben eines bestimmten Reviers und scheinen gegenseitig Informationen auszutauschen. Dieses Powwow in den Bäumen konnte ich öfters beobachten, ziemlich eindrucksvoll.
"Die Vögel" hat einen Maßstab geliefert, der weit über dem gewöhnlichen Tierhorror liegt.
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Alt 02.11.2022, 14:11   #138  
Peter L. Opmann
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Danke für die Anmerkungen.

Tja, es ist wohl nicht so einfach, einen richtig schlechten Hitchcock-Film zu finden. Ich kenne natürlich nicht sein Gesamtwerk, aber ich würde am ehesten bei seinen untypischen Werken suchen - "Rebecca" oder "Sklavin des Herzens". Ich finde auch, das Original von "Der Mann, der zu viel wußte" ist noch nicht so gut wie das Remake.

Gegen Deine Klassiker-Kandidaten kann man schlecht etwas sagen, aber ich würde nur bei "Der unsichtbare Dritte" völlig zustimmen. Ich glaube, mir ist die Geschichte, die erzählt wird, wichtiger als die formalen Mittel, die er anwendet. "Der falsche Mann" ist mir etwas zu elaboriert, um mich richtig zu packen, und bei "Die Vögel" ist die Geschichte zu schwach im Vergleich zu dem wirklich atemberaubenden Vogelangriff. Bei "Frenzy" ist mir ehrlich gesagt nur die tolle Kamerafahrt in das Haus hinein in Erinnerung geblieben, in der gerade eine Frau umgebracht wird, und die Fahrt zurück auf die Straße, wo neimand davon etwas ahnt oder auch davon Notiz nimmt. Und Hitchcock taucht irgendwie als in der Themse treibende Leiche auf...

Geändert von Peter L. Opmann (02.11.2022 um 14:54 Uhr)
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Alt 03.11.2022, 06:43   #139  
Peter L. Opmann
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„Gorky Park“ (1983) ist ein Politthriller. Das heißt, der Film hat mit der Wirklichkeit nicht allzu viel zu tun, und ich habe ihn nicht deshalb ausgesucht, weil Rußland gerade in der Weltpolitik ein glänzendes Comeback als Schurkenstaat feiert. Im Gegenteil gehört für mich zur Attraktivität dieses Werks, daß die Rollen vertauscht sind: der Gute ist ein russischer Polizeioffizier und der Böse ein amerikanischer Geschäftsmann. Auch dieser Film weicht von seiner Romanvorlage, dem gleichnamigen Bestseller von Martin Cruz Smith, nicht wesentlich ab.

Trotzdem eine Inhaltsangabe: Im Moskauer Gorky Park werden drei Leichen gefunden. Ihre Gesichter und Fingerkuppen sind zerstört, so daß sie zunächst nicht identifiziert werden können. Sie wurden aus nächster Nähe erschossen, aber ein Motiv ist nicht ersichtlich. Dem Polizisten (William Hurt), der sich um den Fall kümmert, kommt es merkwürdig vor, daß sich auch der KGB für den Fall interessiert, wenn auch eher oberflächlich. Seine einzige brauchbare Spur sind Schlittschuhe, die eines der Opfer bei sich hatte und die eine russische Studentin (Joanna Pacula) kurz zuvor als gestohlen gemeldet hatte. Sie will ihm aber offenbar nicht helfen.

Hurt läßt die Gesichter der Drei rekonstruieren, weil er den Verdacht nicht los wird, daß Pacula sie gekannt hat. Als er ihr einen der Köpfe zeigt, stellt sich heraus, daß sie glaubt, die Drei seien in die USA entkommen. (Der Eiserne Vorhang existiert zu dieser Zeit noch.) Außerdem bekommt Hurt mit, daß sie Kontakte zu einem amerikanischen Pelzhändler (Lee Marvin) unterhält, der sich häufig in Moskau aufhält. Wie Marvin in das Puzzle paßt, ist aber ein neues Rätsel für ihn. Kurz darauf kommt er einem amerikanischen Ermittler in die Quere, der in Moskau auf eigene Faust nach seinem verschwundenen Bruder fahndet. Sie tun sich zusammen. Inzwischen hat sich herausgestellt, daß eines der Mordopfer ein Amerikaner war.

Nach zahlreichen Verwicklungen findet Hurt schließlich heraus, was passiert ist. Marvin ist dabei, mithilfe korrupter Behörden trotz eines strengen Verbots Zobel aus der UdSSR auszuführen. Weil er aber mehr Zobel will, als ihm zugestanden wird, hat er sich beim Schmuggel der Tiere von den Dreien, davon einer der vermißte Bruder und zwei Russen, die mit Pacula befreundet waren, helfen lassen, denen er dafür die Ausreise in die Freiheit versprochen hat. Sobald er sie nicht mehr brauchte, hat er aber alle Drei, für ihn lästige Zeugen, beseitigt. Pacula, in die sich Hurt verliebt hat, hält aber nach wie vor zu Marvin, weil sie ihm noch immer glaubt, daß er auch sie ausreisen lassen kann. Auch der amerikanische Detektiv fällt Marvin zum Opfer, aber schließlich kann ihn Hurt im finalen Showdown in dem Versteck, in dem er seine Zobel hält, töten. Am Ende darf Pacula tatsächlich die UdSSR verlassen; Hurt bleibt in Moskau.

Schwächen des Films wie etwa recht klischeehafte Figuren werden durch den verzwickten Kriminalfall übertüncht. Interessant ist außerdem die Umkehrung des Gut-Böse-Schemas. Zwar wird Rußland als ein hoffnungsloser Ort geschildert, aber immerhin gibt es einen aufrechten und pflichtbewußten russischen Polizisten, der sich von seinen Ermittlungen nicht abbringen läßt, und auf der anderen Seite einen skrupellosen Amerikaner, dem es nur um maximalen Profit geht und der jeden für käuflich hält – und wenn er das nicht ist, räumt er ihn persönlich aus dem Weg. William Hurt und Lee Marvin sind da für mich eine gute Besetzung dieser Rollen. Joanna Pacula, die undurchschaubar ist und ein doppeltes Spiel treibt, hat ebenfalls einen interessanten Part. Letztlich ist der Film ein Actionreißer (Regisseur Michael Apted hat auch einmal einen James-Bond-Film inszeniert), aber der Akzent wird mehr auf die beklemmende und bedrohliche Atmosphäre als auf Schießereien, Horror und Gewalt gelegt. Gedreht werden durfte damals noch nicht an Originalschauplätzen; das verschneite Helsinki muß als Ersatz-Moskau herhalten.
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Alt 04.11.2022, 06:30   #140  
Peter L. Opmann
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Kommen wir zu einem meiner All-time-favourites: „Robin Hood – König der Vagabunden“ (1938). Robin-Hood-Filme sind wohl ein ähnliches Phänomen wie Dracula-Filme. Es gab sie schon ganz früh in der Filmgeschichte, und der Stoff wurde immer wieder neu verfilmt. Ich hätte zwar nicht übel Lust, den Stummfilm von 1921 mit Douglas Fairbanks sr. zu besprechen, der auch ziemlich bemerkenswert ist, aber vielleicht mache ich das später mal. Die Verfilmung, mit der ich mich beschäftige, mit Errol Flynn in der Hauptrolle wird häufig als bester Abenteuerfilm aller Zeiten angesehen, und er steht stellvertretend für ein ganzes Genre, das der Swashbuckler-Filme. „Swashbuckler“ ist nicht ganz einfach zu übersetzen. Man kann dafür „Draufgänger“ oder „Haudegen“ sagen, aber in gewissem Sinn ist auch Baron Münchhausen ein Swashbuckler – also auch eine nur behauptete Heldentat ist damit angesprochen. Vielleicht hat Errol Flynn wesentlichen Anteil an dieser Bedeutungserweiterung, denn er vollbringt seine riskanten Aktionen mit einem unverwechselbaren Augenzwinkern, so daß es beinahe egal ist, ob es wirklich so war oder nicht. Burt Lancaster, der vielleicht einer der letzten Swashbuckler war, sagt in „Der rote Korsar“: „Glaubt nur, was ihr seht – ach was, glaubt nicht einmal die Hälfte davon!“

Die Robin-Hood-Legende dürfte zwar bekannt sein, aber da sie sich aus vielen, teils auch einander widersprechenden Episoden zusammensetzt, will ich doch darauf eingehen, welche Robin-Hood-Geschichte in diesem Film erzählt wird. Es gibt keine Einleitung, die das Verhältnis von Robin Hood zu König Richard Löwenherz erklärt. Vielmehr wird nur verkündet, Richard sei auf einem Kreuzzug in Gefangenschaft geraten. Die Herrschaft übernimmt sein Bruder John (Claude Rains), der sofort für die Angelsachsen die Steuern erhöht und sie rücksichtslos und brutal eintreiben läßt. Das Verhältnis von Angelsachsen und Normannen bleibt auch weitgehend unbeleuchtet. Aber die Zuordnung von Gut und Böse ist nach wenigen Szenen klar.

Wilderei ist von Prinz John bei Todesstrafe streng verboten. Trotzdem schießt ein armer, hungriger Angelsachse (Midge, der Sohn des Müllers – Herbert Mundin) ein Reh und wird dabei von Guy of Gisbourne (Basil Rathbone) und seinen Truppen gestellt. Da taucht aus dem Nichts Robin of Locksley auf und mischt sich ein. Mit Pfeil und Bogen verteidigt er den Delinquenten, und Sir Guy tritt wutentbrannt den Rückzug an. Kurz darauf verschafft sich Robin Hood Zutritt zu einem Bankett Prinz Johns, wo er für seinen Mut zunächst Respekt erntet. Maid Marian (Olivia de Havilland), die Sir Guy versprochen ist, findet ihn dagegen abstoßend, obwohl sie ihm Bewunderung nicht völlig versagen kann. Robin geht jedoch noch weiter und sagt Johns Terrorherrschaft den Kampf an, bevor er sich mit Gewalt seinen Weg aus dem Festsaal bahnt. Darauf versammelt er eine Schar Angelsachsen um sich und ruft sie dazu auf, sich gegen die Normannen aufzulehnen. Johns Leuten fällt es von da an nicht mehr so leicht, Steuern einzutreiben und Angelsachsen zu foltern oder hinzurichten. Im Sherwood Forest kann niemand Robin aufspüren.

Es folgen die bekannten Begegnungen Robins mit Little John und Bruder Tuck. Wir sehen auch den Transport von Steuergeldern durch den Wald, bei dem Guy of Gisbourne von Robin Hoods Leuten gefangengenommen und festlich bewirtet wird, dafür allerdings mit der Goldkiste bezahlen muß. Der Sheriff von Nottingham, der bei dieser Episode dabei ist, ist hier nicht Robins Hauptgegner, sondern eher eine Witzfigur. Aber er kommt auf die Idee, den Rebellen durch ein Bogenschützenturnier nach Nottingham zu locken und so festzunehmen. Das gelingt, auch wenn Robin erst nach seinem letzten, siegreichen Schuß enttarnt wird. Aber seine Leute befreien ihn, als er schon unter dem Galgen steht.

Inzwischen ist König Richard aus dem Verlies von Leopold von Österreich frei gekommen und auf dem Weg zurück nach England. (Daß das voraussetzt, daß das Lösegeld für ihn bezahlt wurde, woran John nicht im Traum denkt, bleibt unberücksichtigt.) John trifft Vorkehrungen, seinen Bruder umzubringen, damit er den Thron nicht räumen muß. Das erfährt Maid Marian, die sich inzwischen in Robin Hood verliebt hat. Sie will ihn einschalten, um Richard zu retten, aber ihr Brief wird abgefangen und sie wegen Hochverrat zum Tod verurteilt. Ritter Dickon, der mit dem Mord an dem König beauftragt ist, wird von Midge aufgehalten und getötet. Gleichzeitig will sich John zum König krönen lassen.

Richard, der gute König, reist zusammen mit seinen Kreuzfahrern verkleidet durch England und erfährt, welche Zustände in seinem Reich inzwischen herrschen. Er trifft Robin Hood, und die beiden Gruppen tun sich zusammen, um bei der Krönungsfeier einzugreifen. Robin befreit Marian aus der Todeszelle, dann muß er ein Duell auf Leben und Tod mit Guy of Gisbourne bestehen. Als Guy tot ist, gibt sich Richard zu erkennen und zieht die Herrschaft über England wieder an sich. John und seine Komplizen haben ausgespielt. Zum Schluß gibt der König seinen Segen zur Vermählung von Robin und Marian.

Nicht nur die Vorgeschichte, auch der Schluß wird anders erzählt als in anderen Robin-Hood-Sagen. Manchmal endet Robin durch einen Anschlag der Äbtissin von Kirklees (die ihn verbluten läßt), und die Heirat mit Maid Marian fällt aus. Manche Figuren haben mitunter andere Funktionen. Insbesondere Guy of Gisbourne wird teils auch als ein Kopfgeldjäger dargestellt, der nur einmal Robin begegnet. Aber die Abenteuergeschichte in Michael Curtiz‘ Film funktioniert sehr gut, und zum heiteren Grundton paßt das sicher etwas schmalzige Happy End.

Ich denke, Errol Flynn hat mit seiner Darstellung Maßstäbe gesetzt. Nach ihm konnte Robin Hood nur noch in dieser Art porträtiert werden oder eben völlig anders. Richard Lester zeigt ihn zum Beispiel in „Robin und Marian“ (1976) alt und müde geworden, auch wenn er hier von Sean Connery gespielt wird. Flynn spielt Robin Hood in einer unwiderstehlichen Mischung aus akrobatischem Heldentum und Ironie. Man kann sich in Anekdoten über die Dreharbeiten verlieren, aber ich will zumindest erwähnen, daß Havilland mit Flynn angeblich nicht so gut zurechtkam, zumal er Mundgeruch hatte.

Der Film ist viele Jahre lang immer wieder im Kino eingesetzt worden und hat so sicher einen beträchtlichen Gewinn erzielt. Aber wirtschaftlich muß man ihn auch wieder unter dem speziellen Hollywood-Gesichtspunkt betrachten. Warner Brothers hatten zu dieser Zeit gerade einige Flops gelandet und brauchten dringend wieder einen Kassenerfolg. Sie versuchten es noch einmal mit einer Produktion, an der niemand vorbeikam. Bei „Robin Hood“ wurde an nichts gespart. Er ist ein früher Technicolor-Film, für den elf Kameras (damals ein ungeheurer Aufwand) eingesetzt wurden. Der ursprüngliche Regisseur William Keighley wurde durch Curtiz abgelöst, weil man ihm diese Mammutproduktion nicht zutraute. Curtiz spielte seine ganze Routine aus (jemand wie er drehte zu dieser Zeit mehrere Filme pro Jahr) und war doch zugleich sehr kreativ. Trotzdem war der Kassenerfolg am Ende zunächst überschaubar, weil der Film so teuer war.

Ich habe noch einen Blick auf das Abschneiden des Werks bei der Oscar-Verleihung 1939 geworfen. Als bester Film zog es den Kürzeren gegen eine Frank-Capra-Komödie, die mir allerdings unbekannt ist („Liebeskünstler“). In wichtigen Kategorien war „Robin Hood“ nicht nominiert, und er gewann nur drei eher technische Auszeichnungen: Bester Schnitt, bestes Szenenbild und beste Musik (da war der Kunstmusik-Komponist Erich Wolfgang Korngold am Werk, der die Musik auch beinahe sinfonisch gestaltete). Schwer erklärbar – vielleicht lag es daran, daß „Robin Hood“ ein britischer und kein amerikanischer Stoff ist.
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Alt 04.11.2022, 06:59   #141  
pecush
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Läuft kommende Woche bei Arte, wenn ich mich nicht irre.
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Alt 04.11.2022, 07:11   #142  
Peter L. Opmann
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Den Film habe ich sowohl auf DVD als auch auf Video...
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Alt 04.11.2022, 07:54   #143  
Nante
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Dein heutiger Film ist wirklich ein echter "Klassiker"!

Das zeigt sich auch schon daran, daß die Parodie von Mel Brooks aus den 90ern zwar vordergründig auf den Costner-Film zielte aber trotzdem nicht ohne entscheidende Elemente des Flynn-Klassikers auskam.

Ja, und "Der Rote Korsar" ist natürlich auch so ein Klassiker, der vor allem von dem genialen männlichen Duo Lancaster/Cravat lebt, weswegen mir hier wohl (zumindest spontan) auch kein Film einfällt, der sich noch einmal an so eine Mischung aus Akrobatik und Slapstick heran gewagt hat.
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Alt 04.11.2022, 08:34   #144  
pecush
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Den Film habe ich sowohl auf DVD als auch auf Video...
Kurioserweise einer, der mir fehlt. Ganz tolle Robin-Versiin.
Auch den von dir erwähnten Robin & Marian mag ich.
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Alt 04.11.2022, 08:51   #145  
Peter L. Opmann
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Die Parodie "Helden in Strumpfhosen" fand ich sehr schwach. In "Space Balls" hat Mel Brooks meiner Ansicht nach die Science-Fiction-Atmosphäre gut eingefangen, aber bei Robin Hood ist er irgendwie hilflos.

Den Costner-Robin Hood habe ich leider nicht gesehen. Ridley Scott hat versucht, die Geschichte völlig anders zu erzählen, sozusagen einen realistischen Robin Hood zu schaffen. Finde ich problematisch, denn an Robin Hood ist nun mal wenig realistisch. Da bevorzuge ich wirklich "Robin und Marian".
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Alt 04.11.2022, 09:00   #146  
pecush
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Costner und Crowe finde ich beide gut.
Meine Favoriten sind allerdings die Disney-Version und die britische Serie mit Michael Praed, der in der dritten Staffel von Jason Connery abgelöst wurde. Die Serie nimmt vieles vorweg, was Costner dann gezeigt hat (Mystik, ein Sarazene als Verbündeter).
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Alt 04.11.2022, 09:08   #147  
Peter L. Opmann
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Meinst Du mit "Disney-Version" den Zeichentrickfilm von Reitherman oder den Realfilm aus den 50er Jahren? Über letzteren bin ich erst vor kurzem im Internet gestolpert. Es gibt ein paar Ausschnitte bei youtube. Aber ich habe den Eindruck, diesen Film hat der Disney-Konzern lieber in Vergessenheit sinken lassen.
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Alt 04.11.2022, 09:20   #148  
Nante
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Jetzt nicht unbedingt ein Klassiker, aber für mich die erste gesehene Verfilmung des Stoffes und darum nicht aus dem Gedächtnis zu bringen:

"Der Feurige Pfeil der Rache" von 1971 mit Giuliano Gemma und Mario Adorf von 1971.
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Alt 04.11.2022, 09:27   #149  
Peter L. Opmann
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Das ist auch ein Film, den ich überhaupt nicht kenne. Mario Adorf ist als Bruder Tuck sicher nicht schlecht.

Hat sich eigentlich "Mosaik" mal des Robin-Hood-Mythos angenommen?
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Alt 04.11.2022, 09:28   #150  
pecush
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Ich meine den Trickfilm. Mit Reinhard Mey und Peter Ustinov als Sprecher.
Der Real-Disney sagt mir nichts. Schaue ich mal.
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