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Alt 19.08.2012, 12:49   #1  
Burma
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Standard Feininger-Ausstellung in Quedlinburg bis 4.11.12

http://www.mz-web.de/servlet/Content...d=987490165154
7.8.2012, von Christian Eger
Zitat:
Lyonel Feininger
Mit einem Bleistift nach Paris

Bild des Übergangs: 1910 radierte Feininger «Die grüne Brücke», die auch in zwei Gemäldefassungen von 1909 und 1916 überliefert ist.(FOTO: VG-BILD-KUNST)

QUEDLINBURG/MZ. Die Briefe an seine Frau Julia schrieb Lyonel Feininger (1871-1956) je nach Stimmungslage auf Deutsch oder auf Englisch. Aber auch in den englischen Briefen kam der in New York geborene Sohn badischer Einwanderer ohne deutsche Begriffe nicht aus. "It is very stimmungsvoll there", schrieb der Künstler am zweiten September 1910 von der Ostsee-Insel Usedom. Aber bei aller landschaftlichen Anregung rundum gelinge es ihm nicht, ein Bild zu malen, dass seinen eigenen Ansprüchen genüge. Am Ende sei alles Gemalte "only langweilig".

Auch zwei Wochen darauf sieht die Lage nicht viel besser aus. "I can find no ,Reiz' in them", teilt Feininger über seine Ostsee-Studien mit. Wenn überhaupt, schreibt der damals 39-Jährige an seine Frau in Berlin-Zehlendorf, taugen seine Skizzen als "Notizen" für irgendwann. Für Bilder, die er schaffen will, aber noch nicht gestalten kann. Zur Zeit beruhige ihn nur die Tatsache, dass er "out of my head", aus seinen Vorstellungen heraus, besser male als nach der Natur.
Julia und Lyonel Feininger (FOTO: ARCHIV)

Ganz augenfällig ist es ein Künstler in der Krise, der sich in diesen Briefstellen mitteilt. Die sind dem von Björn Egging und Manuela Winter herausgegebenen Bestandskatalog der Radierungen und Lithografien der Quedlinburger Sammlung Hermann Klumpp entnommen - der weltweit größten Sammlung druckgrafischer Arbeiten Lyonel Feiningers. Wobei der größte Teil der rund 75 Radierungen und 20 Lithografien des Künstlers in den Jahren zwischen 1905 und 1912 entstand: nämlich in den Jahren des Übergangs vom erfolgreichen Karikaturisten hin zu einem eigenständigen Maler der kristallin kubistischen Manier.

Diesem Übergang, der eine Verwandlung war, widmet sich die Quedlinburger Feininger-Galerie in ihrer neuen Ausstellung. "Vom Karikaturisten zum Künstler" ist die Schau überschrieben, die erstmals vollständig die Radierungen und Lithografien der Klumpp-Sammlung vorstellt. Es ist eine klug und anregend sortierte Präsentation, die den Weg des Künstlers sinnfällig macht, der von 1887 bis 1937 vor allem in Deutschland lebte. Ein kurvenreicher Weg, dessen Ziel nicht feststand - im Gegensatz zu seinem Ausgangspunkt.

"Dafür bin ich, dass ich solche Phantasie habe, eben Karikaturist, ein Mensch, der alles stärker empfindet als die vorgeschriebene Norm." Das, was Feininger 1905 an seine Frau Julia mitteilt, ist als Zitat an der Wand des ersten Ausstellungsraumes zu lesen. Der beginnt mit dem Feininger, der bereits von 1890 an mit kleinteiligen Federzeichnungen die "Humoristischen Blätter" belieferte und bald zu den erfolgreichsten, international tätigen deutschen Karikaturisten gehörte. "Das neueste Vexierspiel" heißt ein frühes Blatt, das die Redaktion einer Zeitung zeigt und den Staatsanwalt, der diese gern ins Zuchthaus Plötzensee stecken würde, so wie in Hoffmanns "Struwwelpeter" der Nikolaus die bösen Buben ins Tintenfass. Zeichnungen aus Feiningers berühmtem, in der Chicago Sunday Tribune veröffentlichen Comic "The Kin-der-Kids" sind zu sehen, der von drei deutschen, jeder Autorität abgeneigten Auswanderer-Kindern erzählt. Schon in diesen Blättern hebt sich Feininger vom Mainstream ab: Er bedient nie ganz den Jugendstil, sondern übertreibt, ist freier und grotesker als der Rest. Wie in den schrägen, oft zu großen Figuren in seinen Zeichnungen.
Feininger-Selbstbildnis von 1910.(FOTO: VG-BILD-KUNST, BONN 2012 (2), ARCHIV)

Seiner Frau Julia, die in Weimar an der Kunstgewerbeschule studierte, verdankt Feininger die Anregung, sich der Radierung und Lithografie zu bedienen. Und was er da sticht und druckt auf dem Weg weg von der Karikatur hin zum neuen Bild ist in der Schau zu sehen: Lokomotiven, Windmühlen und Brücken, die berühmten Dorfkirchen rund um Weimar, Strand- und Kleinststadtszenen. Dazwischen die ersten drei Gemälde von 1907: malerische Naturnotizen von Stränden und Dünen - nicht akademisch, aber doch konventionell. Erstaunlich sind die Radierungen aus Berlin-Zehlendorf, die offenbar Blicke aus dem Atelierfenster bieten und Streifzüge durch das laubenpieperhafte Quartier: Bahngleise, Baracken und Brücken. Einfachste, aber in ihrer Ernsthaftigkeit reizvolle zeichnerische Übungen sind das, die Handwerk erproben und Bildaufbauten finden wollen.

So wie es ein Parisaufenthalt im Jahr 1906 war, der den Zeichner Feininger auf Trab brachte, ist es ein Frankreichaufenthalt 1911, der dem Maler ein Ziel gibt. Der Künstler lernt die Kubisten kennen, von denen her er seine Bildsprache der kristallinen Form entwickelt. "Die grüne Brücke" heißt die aquarellierte Radierung von 1910, die buchstäblich als Brücke den Übergang vom Zeichner zum Maler sichtbar macht: Noch wuselt das karikaturnahe Personal durchs Bild, aber die abstrahierte Form des Brückenbogens tritt nach vorn. Feininger gelingt, was er sich noch 1907 in einem Brief an Julia gewünscht hat: "Das Gesehene muss innerlich umgeformt und crystallisiert werden." Der Karikaturist verabschiedet sich vom Maler, der Lyonel Feininger fortan ist.

Bis 4. November: Di-So 10-18 Uhr, Eintritt 6, ermäßigt 3 Euro, bis 18 Jahre frei, Katalog: 120 Seiten, 15 Euro

Freitag, 19. Oktober: Öffentliche Tagung zur Druckgrafik Feiningers
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