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Alt 17.11.2022, 11:53   #226  
Nante
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Sehr schöne Beschreibung. Manche Szenen kann man sich wirklich gut vorstellen.

Ich denke, diesen Film habe ich noch nie gesehen. Das trifft aber wahrscheinlich auf die meisten Chaplin-Filme aus den 191*er Jahren zu.

Und von denen, die ich gesehen habe, ist nicht viel hängen geblieben. Meist nur einige markante geniale Szenen ( Die verhängnisvolle Kombination aus Alkohol, Treppe und Pendeluhr oder die Gefahren des Servieren auf hoher und stürmische See), während ich den Rest eher als austauschbaren Klamauk in Erinnerung habe.

Wesentlich besser in Erinnerung habe ich sein melancholisches Spätwerk, wobei mich das, obwohl es erstklassige Filme sind, auch nicht mehr richtig abgeholt hat.

Meine Top 3 seiner Filme fallen darum auch alle in die frühe und mittlere UA-Phase:
1. The Gold Rush
2. Modern Times
3. The Great Dictator
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Alt 17.11.2022, 13:32   #227  
Peter L. Opmann
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Den Film gibt's auf youtube. Er hat dort 28 Minuten, die offizielle Länge sind 33 Minuten, aber ich denke, das variiert mit dem Vorspann und den Zwischentiteln.

Ich wollte nicht behaupten, daß das der beste Chaplin-Film ist. Vielleicht schreibe ich diesen Thread ja noch ein bißchen länger... Aber "Work" ist mir durch die Szenen mit Chaplin und Edna Purviance im Gedächtnis geblieben.

Sehr lohnende Kurzfilme sind in meinen Augen (unter anderem) auch "Police", "Easy Street" und "The Pilgrim". Aber Chaplin ist - im Gegensatz zu Laurel & Hardy - in seinen abendfüllenden Filmen noch wesentlich besser geworden.
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Alt 17.11.2022, 13:39   #228  
Aaricia
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Ah, es gibt also doch noch ein paar Louis-de-Funes-Fans.
Ich bin die Tage im TeVau über eine Doku zu Lois de Funes gestopert, welche ich richtig gut fand

Nein! Doch! Oh! Die Louis de Funès Story

Lief glaub auf Nitro oder Arte
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Alt 17.11.2022, 14:25   #229  
Peter L. Opmann
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Danke für den Hinweis!
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Alt 17.11.2022, 14:28   #230  
Crackajack Jackson
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Zitat:
Zitat von Nante Beitrag anzeigen

Meine Top 3 seiner Filme fallen darum auch alle in die frühe und mittlere UA-Phase:
1. The Gold Rush
2. Modern Times
3. The Great Dictator
Bei mir ist es ähnlich

1. Lichter der Großstadt
2. Goldrausch
3. Der große Diktator
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Alt 17.11.2022, 14:56   #231  
FrankDrake
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Zitat:
Zitat von Aaricia Beitrag anzeigen
Ich bin die Tage im TeVau über eine Doku zu Lois de Funes gestopert, welche ich richtig gut fand

Nein! Doch! Oh! Die Louis de Funès Story

Lief glaub auf Nitro oder Arte
Nitro

Mehr als ein Westfale kann der Mensch nicht werden!
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Alt 18.11.2022, 06:33   #232  
Peter L. Opmann
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Ich bleibe noch ein bißchen bei den Komödien. Jetzt aber eine, die in mehrfacher Hinsicht aus dem Rahmen fällt: „Die Marx-Brothers: Ein Tag beim Rennen“ (1937) von Sam Wood. Einerseits ist diese MGM-Produktion für das breite Publikum geglättet, etwa indem eine konventionelle Liebesgeschichte eingeflochten ist, andererseits enthält sie Elemente, die auf das damalige Publikum befremdlich, vielleicht sogar schockierend gewirkt haben könnten (das ist auch der Grund, warum ich diesen Film ausgewählt habe). Der Plot ist der gleiche wie in vielen Marx-Brothers-Filmen: Margaret Dumont soll mit ihrem vielen Geld ein paar Probleme lösen; dafür verlangt sie, daß Groucho Marx an verantwortlicher Stelle eingesetzt wird. Andererseits ist die Story seltsamerweise aus einer Arztfilm-, einer Wett- und einer Musikfilm-Parodie zusammengestrickt, was ziemlich anarchistisch anmutet. Tatsächlich hatte das Studio mit dem Drehbuch erhebliche Probleme. Viele haben daran herumgedoktert, und der Autor, der wesentlichen Anteil an der Endfassung hatte, wollte dann in den Credits nicht genannt werden. (Aber für einen Marx-Brothers-Film ist das kein Hindernis…)

Das Standish-Sanatorium (wie in USA üblich eine rein private Firma) steht kurz vor dem Bankrott. Nur noch eine reiche Patientin, die hypochondrische Margaret Dumont, wird behandelt, und sie verlangt nun, daß Dr. Hackenbush (Groucho Marx) geholt wird, der der sie nach ihrer festen Überzeugung allein heilen kann. Der Argwohn des Klinikdirektors, der Zweifel an der Qualifikation dieser Koryphäe hat, ist berechtigt: Hackenbush ist lediglich Pferdedoktor. Zusammen mit seinen Gehilfen Chico und Harpo gelingt es ihm aber, seiner Enttarnung immer wieder zu entgehen. Chico verbringt die meiste Zeit beim Pferderennen und bringt auch Groucho auf den Geschmack, wobei er ihn nach Strich und Faden hereinlegt (etwa indem er ihm einen Stapel nutzloser Wett-Handbücher andreht). Harpo dagegen versucht sein Glück als Jockey. Auch der Freund (Allan Jones) der Klinikbesitzerin (Maureen O’Sullivan) taucht auf der Rennbahn auf – in der Hoffnung, durch einen Wettgewinn das Sanatorium zu retten.

Als der Klinikdirektor einen berühmten Wiener Arzt (Sig Ruman – wir hörten weiter oben schon von ihm) engagiert, um Groucho endgültig als Scharlatan zu entlarven, müssen die Marx Brothers fliehen. Sie verstecken sich in den Pferdeställen der nahen Rennbahn. In unmittelbarer Nachbarschaft ist eine Siedlung von Afroamerikanern. Die Marx-Brothers holen sie aus ihren Hütten, und dann werden sie Zeuge einer Jazz-Nummer und eines wilden Lindy-Hop-Tanzes („All God’s Chillum Got Rhythm“) und tanzen sogar ein bißchen mit. Am Ende müssen sie sich vor der Polizei in Sicherheit bringen. Tags darauf steigt das entscheidende Rennen, auf das Jones gesetzt hat und an dem Harpo teilnimmt. Harpo manipuliert sein Pferd Hi-Hat so, daß es gewinnt. Das Sanatorium ist gerettet.

Die Musikdarbietung hat mich sehr überrascht, denn das sieht schon sehr nach Rock’n’Roll aus – fast 20 Jahre, bevor er tatsächlich in USA auf der Bildfläche erschien. Sicher, die Schwarzen hatten schon vorher ihre Race-Records-Charts, aber nach üblicher Betrachtung bekam das weiße Amerika davon nichts mit. Allen und O’Sullivan singen im Gegensatz dazu Crooner-Duette, wie sie damals in Mode waren. Aber die Marx Brothers stellen für die Zuschauer die Verbindung zu dem rauheren und rhythmusbetonten afroamerikanischen Musikstil her – wahrscheinlich hätte das damals niemand anders als sie tun können. Mich würde interessieren, wie das sicher überwiegend weiße Publikum des Films darauf reagiert hat. Musikfreunde waren vermutlich schockiert.

Abgesehen davon amüsiert mich auch die Medizin-Veralberung. Ein Arzt braucht vor allem Zeugnisse oder ersatzweise ein hohes Renommee, um praktizieren zu können – und Dr. Hackenbush hat natürlich weder das eine noch das andere. Dafür hat er die Chuzpe, sich gleich an den OP-Tisch zu stellen, wenn er angemessen dafür bezahlt wird. Margaret Dumont (ihr Rollenname ist Mrs. Emily Upjohn) ist ein dankbarer, weil recht robuster Patient. Allerdings achtet im Film niemand darauf, daß sie sich sofort wesentlich gesünder fühlt, wenn sie Hackenbush nur von ferne sieht. Da würde ich sagen: Wer heilt, hat recht.
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Alt 18.11.2022, 06:34   #233  
Marvel Boy
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Den Film gibt's auf youtube. Er hat dort 28 Minuten, die offizielle Länge sind 33 Minuten, aber ich denke, das variiert mit dem Vorspann und den Zwischentiteln.

Ich wollte nicht behaupten, daß das der beste Chaplin-Film ist. Vielleicht schreibe ich diesen Thread ja noch ein bißchen länger... Aber "Work" ist mir durch die Szenen mit Chaplin und Edna Purviance im Gedächtnis geblieben.

Sehr lohnende Kurzfilme sind in meinen Augen (unter anderem) auch "Police", "Easy Street" und "The Pilgrim". Aber Chaplin ist - im Gegensatz zu Laurel & Hardy - in seinen abendfüllenden Filmen noch wesentlich besser geworden.
Ich hab den Film tatsächlich vor Jahrzehnten mal gesehen.
Danke für den Tip mit der Tube, nach deiner Beschreibung will ich den jetzt unbedingt mal wieder sehen.

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Alt 18.11.2022, 06:48   #234  
Peter L. Opmann
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Dann schreib' doch mal, wie Dir "Work" gefallen hat.
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Alt 18.11.2022, 06:57   #235  
Marvel Boy
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Damals gut, gerade schonmal kurz in den Anfang geschaut. Ja, Chaplin hat es da schon draufgehabt, auch die Leute hinter der Kamera. Wenn man genau hinschaut bei den Bergaufszenen, soweit das alte Material und die schlechte Qualität das zulassen, kann man bei den Grashalmen verschiedene Neigungswinkel sehen die Rückschlüsse auf die Neigungswinkel der Kammera zulassen.
Werde mal sehen das ich den am WE komplett schaue und dann vielleicht noch was schreibe.

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Alt 18.11.2022, 07:03   #236  
Peter L. Opmann
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Naja, klar, der Trick mit dem "Berghang" ist leicht zu durchschauen. Ich finde die Bildqualität aber überraschend gut. Ich habe bei youtube sicher eine restaurierte Version gesehen.
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Alt 18.11.2022, 07:12   #237  
Marvel Boy
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Dann muss ich mal schauen, bei mir war die Bildqualität schlecht, hab aber gerade gesehen das es da sogar was in Farbe gibt. Na, mal schauen, am WE ist sicherlich mal ein halbes Stündchen Zeit für den Film.

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Alt 18.11.2022, 14:36   #238  
Servalan
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
In unmittelbarer Nachbarschaft ist eine Siedlung von Afroamerikanern. Die Marx-Brothers holen sie aus ihren Hütten, und dann werden sie Zeuge einer Jazz-Nummer und eines wilden Lindy-Hop-Tanzes („All God’s Chillum Got Rhythm“) und tanzen sogar ein bißchen mit. Am Ende müssen sie sich vor der Polizei in Sicherheit bringen. Tags darauf steigt das entscheidende Rennen, auf das Jones gesetzt hat und an dem Harpo teilnimmt. Harpo manipuliert sein Pferd Hi-Hat so, daß es gewinnt. Das Sanatorium ist gerettet.

Die Musikdarbietung hat mich sehr überrascht, denn das sieht schon sehr nach Rock’n’Roll aus – fast 20 Jahre, bevor er tatsächlich in USA auf der Bildfläche erschien. Sicher, die Schwarzen hatten schon vorher ihre Race-Records-Charts, aber nach üblicher Betrachtung bekam das weiße Amerika davon nichts mit. Allen und O’Sullivan singen im Gegensatz dazu Crooner-Duette, wie sie damals in Mode waren. Aber die Marx Brothers stellen für die Zuschauer die Verbindung zu dem rauheren und rhythmusbetonten afroamerikanischen Musikstil her – wahrscheinlich hätte das damals niemand anders als sie tun können. Mich würde interessieren, wie das sicher überwiegend weiße Publikum des Films darauf reagiert hat. Musikfreunde waren vermutlich schockiert.
Möglicherweise schätzt du das falsch ein. Das hängt mit dem Aufbau des Studio-Systems in Hollywood zusammen, die maßgeblich von jüdischen Auswanderern aus Europa aufgebaut wurden.
Dazu gibt es eine großartige Dokumentation, bei deren Titel ich zuerst einmal schlucken mußte, weil ich die in den Kommentaren eines - gelinde gesagt - sehr konservativen youtube-Kanals entdeckt habe: "Hollywoodism: Jews, Movies and the American Dream". Im ersten Moment dachte ich: Ach du Schreck, wieder die große jüdische Hollywood-Verschwörung! Aber damit lag ich voll daneben.
Die synchronisierte Doku lief vor einiger Zeit auf arte.

Die Doku von 1998, Regie: Simcha Jacobovici, ist die filmische Fassung des Buches "An Empire of Their Own: How the Jews Invented Hollywood" des jüdischen Filmwissenschaftlers Neal Gabler, das 1988 erschien. Gabler geht auf die psychologischen Motive der Studiobosse Adolph Zukor, Carl Laemmle, Louis B. Mayer, William Fox sowie Harry und Jack Warner ein. Die flohen, weil ihnen in ihren Shtetls jederzeit Pogrome drohten - der Film zeigt dazu einen Ausschnitt aus "Feivel der Mauswanderer".
Deren Kinoimperien sind eine bewußte Reaktion auf den vorher herrschenden Edison Trust mit dem Sitz an der Ostküste. Der Erfolgsfilm "Birth of a Nation" ist in der Hinsicht nur ein Symptom für das Menschenbild des Edison Trust: Wahre Amerikaner aus deren Sicht waren nur WASPs; Frauen, Juden, Afroamerikaner und einfache Arbeiter wurden nicht ernstgenommen.

Nach Gabler haben die Studiobosse ein Gegenmodell entwickelt, weil sie selbst auch als US-Bürger akzeptiert werden wollten. Dafür haben sie den All-American Guy als Identifikationsfigur erfunden (siehe zum Beispiel die Capra-Filme) und haben afroamerikanische Musik genutzt, häufig mit weißen Schauspielern/Sängern, siehe Al Jolsons Blackface im epochemachenden Tonfilm "The Jazz Singer".
Das Jüdische wurde bewußt heruntergespielt, denn die Studiobosse heirateten in zweiter Ehe meist christliche Frauen. In diesen Zusammenhang gehört auch die Gründung des Branchenverbands Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS) und die jährliche Auszeichnung der besten Filme mit den Academy Awards, besser bekannt als Oscars.
Musikalisch waren die Künstler extrem anpassungsfähig: Neben dem Pushen der afroamerikanischen Musik wird vor allem Irving Berlin in den Vordergrund gestellt, von dem übrigens auch einer der ewigen Weihnachtsklassiker stammt: "White Christmas".
Diversity und Inklusion stehen in Hollywood also schon länger auf dem Plan.
Das böse Erwachen kam dann in den 50er Jahren mit dem HUAC, wo die Studiobosse in Kreuzfeuer gerieten und deren Selbstbild in der McCarthy-Ära krachend zusammenbrach. Die Bosse haben unter dem latenten Antisemitismus gelitten, der sich da jäh manifestierte.

Die Doku gibt es auf youtube. Lohnt sich!

Geändert von Servalan (18.11.2022 um 14:57 Uhr)
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Alt 18.11.2022, 14:47   #239  
Peter L. Opmann
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Danke für die ausführlichen Anmerkungen. Und die Doku sehe ich mir bestimmt an, wenn ich sie finde.

Aber möglicherweise reden wir von etwas Unterschiedlichem. Obwohl: Produzent des Films und ein großer Förderer der Marx-Brothers war Irving Thalberg, der auch jüdische Wurzeln hatte. Mir ging's aber speziell um den Musikstil. Ich kenne zwar die Geschichte des Jazz nicht so genau, aber Rockmusik (und ihre Vorläufer) wurde vor 1954/55 nur von Afroamerikanern und ein paar ganz wenigen Spezialisten wahrgenommen. "Ein Tag beim Rennen" war aber ein Film fürs breite Publikum. Ich denke schon, daß die allermeisten Kinobesucher so etwas noch nie gesehen hatten. Und ich bin nicht sicher, ob sie das mochten.

Kürzlich habe ich eine alte Frau im Radio gehört (vielleicht zwischen 1920 und 1940 geboren), die sich über die "Musik mit den Hammerschlägen" beschwerte, die da immer gebracht wird. Sie meinte damit Pop mit Schlagzeugbegleitung. Ich dachte: Ja, so muß man das früher wahrgenommen haben. Die Marx-Brothers waren aber so weit außerhalb der bürgerlichen Ästhetik, daß sie auch eine Art Rockmusik in ihrem Film unterbringen konnten.

P.S.: Danke für den Link. Ich melde mich, wenn ich den Film gesehen habe.
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Alt 18.11.2022, 15:07   #240  
Servalan
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Mit der Musikgeschichte kenne ich mich kaum aus.
Worauf ich hinauswollte: Wer öfter ins Kino ging, hatte bestimmt schon Berührungen mit ähnlicher Filmmusik. Die konnte wohl irritieren, aber der Einsatz der Marx Brothers kam nicht aus dem Nichts.

Und soweit ich das mitbekommen habe, gibt es den Kauf der Kinokarte für einen bestimmten Film erst mit dem Start von "Vom Winde verweht". Vorher lief im Kintopp ein Film nach dem anderen, gemixt mit Kurzfilmen, Cartoons und der tönenden Wochenschau - also ein Dauerprogramm wie im linearen Fernsehen.
Bei der Reaktion kam es wohl auch darauf, wer im dunklen Kinosaal saß: Cineasten oder Leute, die sich eher zufällig eine Karte geleistet haben.
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Alt 18.11.2022, 15:16   #241  
Peter L. Opmann
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Daß ein Kinobesuch früher wirklich abendfüllend war, habe ich auch gehört. Später gab es ja immer noch das Programm mit A- und B-Film und dazwischen eine Wochenschau oder ähnliches.

Aber daß die Leute vor 1939 ins Kino gingen, ohne zu wissen, was überhaupt läuft, wundert mich sehr. Das widerspricht doch völlig Hollywoods Starsystem. Da hätte der Besucher ja sagen müssen: Ob ich jetzt Rodolfo Valentino oder John Gilbert oder Lon Chaney sehe (wahlweise: Gloria Swanson oder Joan Crawford oder Greta Garbo) - egal, irgendwas wird schon laufen.
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Alt 18.11.2022, 15:31   #242  
Servalan
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Das Starsystem war eher ein Unfall, auf den die Produzenten gern verzichtet hätten, weil das die Kosten verteuerte. Das lief zuerst ähnlich wie in den Comics, denn die ersten Stars waren je eher halbanonym: Das Publikum redete vom Essanay-Girl. Die Entwicklung war ein saurer Apfel, in den die Produzenten wohl oder übel beißen mußten.
Die Gründung der United Artists mit den damaligen Stars als erste Independent-Produktion muß für die Produzenten ein Schock gewesen sein.

Und das Fernseprogramm läuft ja auch nicht völlig willkürlich ab. Zu gewissen Zeitfenstern kannst du ein gewisses Programm erwarten. Ein ähnliches Raster dürfte für die Kinos gegolten haben: Zuerst liefen die Matineen, dann ein oder zwei Spielfilme am Nachmittag, einer am Abend und vielleicht eine Spätvorstellung.
Die Kinos beziehungsweise Kinoketten warben ja mit den neuesten Filmtiteln.
Soweit ich weiß, konntest du aber jederzeit eine Karte lösen und dich in den Saal setzen, egal, wie lange der Film schon lief. Heute ist das nicht mehr möglich. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist der Eintritt untersagt.
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Alt 18.11.2022, 15:36   #243  
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Na gut, dann konnte man aber auch schon 1937 gezielt in den Marx-Brothers-Film gehen und sah vorher vielleicht noch den Schluß des vorher laufenden Films. Aber darum ging's mir ja: Die Leute wollten die Marx-Brothers sehen, erwarteten aber vermutlich nicht eine so "bizarre" Musiknummer im Film.
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Alt 18.11.2022, 21:17   #244  
Servalan
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Die Marx Brothers sind seit 1905 im Vaudeville aufgetreten und quer durch die Staaten getourt, bevor sie an den Broadway und später zum Tonfilm kamen.
Ich habe zwei Bücher in meiner Bibliothek: Die Autobiographie "Groucho & Me" und den Briefwechsel zwischen Groucho Marx und seiner Tochter Miriam Marx Allen. Groucho Marx' Autobiographie hat 28 Kapitel, Hollywood handelt er im 19. Kapitel ab.
Die hatten schon ihren Markenkern entwickelt und bekannt gemacht. Groucho lobt Irving Thalberg in den Himmel und feiert ihn als Genie. Als Thalberg mit 37 Jahren stirbt, ist das für die Marx Brothers eine Katastrophe, weil die nachfolgenden Produzenten nicht mehr so sorgfältig waren.

Deshalb nehme ich an, daß das Publikum schon etwas leicht neben der Spur erwartete, keinen gewöhnlichen Slapstick oder Screwball, sondern etwas Schräges. Überraschungen inklusive.
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Alt 18.11.2022, 22:03   #245  
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Lassen wir's gut sein.

Ich wollte nichts behaupten, sondern ich wüßte gern, wie das Publikum 1937 diese Musikeinlage aufgenommen hat. Wenn sogar heute noch ältere Leute solche Musik als eine Zumutung empfinden.

Ich habe mir jetzt "Hollywoodism" angesehen. Sehr interessant, in der Tat. Da gibt's ja auch eine kurze Passage über schwarze Musik in Hollywoodfilmen - die erinnert allerdings nur sehr entfernt an Blues oder Rock.

Mir kam Atze Brauner in den Sinn. Er hat einen Film mit einem jüdischen Anliegen gemacht: "Morituri". Den wollte aber niemand sehen, weshalb er danach in seinem CCC-Studio nur noch anspruchslose Fließbandunterhaltung produziert hat - und damit reich geworden ist. Klar, er lebte eine Generation nach den Warners, Goodwyns, Mayers oder Zukors und kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Aber ich mußte denken: Ist nicht auch das, was die jüdischen Moguln in Hollywood produziert haben, ganz überwiegend anspruchslose Fließbandunterhaltung? Es gibt so unüberschaubar viele Hollywoodfilme, daß man glaube ich jede These mit einer Unmenge von Filmbeispielen untermauern könnte.

Insbesondere die Tatsache, daß sie Immigranten waren und sich nicht akzeptiert fühlten, eignet sich nicht gut für Erklärungen eines Hollywood-Stils. Denn in Amerika gibt's nur Immigranten. Das trifft auch auf Iren, auf Italiener, auf Asiaten und so weiter und so weiter zu. Natürlich ist das in Amerika ein wichtiges Thema, aber es ist wichtig für alle Volksgruppen, die dorthin kamen.
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Alt 19.11.2022, 08:10   #246  
Peter L. Opmann
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„Die Klapperschlange“ (1981) war für meine Jugendzeit sehr prägend. Kurt Russell war damals eine wunderbare Identifikationsfigur. Leider habe ich diesen Film nie im Kino gesehen, aber schon bald nach Erscheinen beim schon erwähnten Comic Labor auf Video, und zwar mehrmals. Vor kurzem habe ich mir das Werk auch mal mit meinen ebenfalls schon erwähnten jüngeren Freunden angesehen (sie sind etwa 20 Jahre jünger als ich, also auch nicht mehr ganz jung, aber sie gehören einer anderen Generation an als ich). Sie fanden den Film langsam inszeniert und bemängelten auch, daß es Längen ohne richtige Action gab. Aber der Faszination des Films konnten sie sich nicht ganz entziehen.

Vielleicht gibt es hier ja auch jüngere Leser, daher wieder eine Inhaltsangabe. Die Air Force One mit dem amerikanischen Präsidenten (Donald Pleasence) an Bord wird von Terroristen entführt. Sie bringen die Maschine gezielt über New York, genauer: über Manhattan, zum Absturz. Wir sind in einer nahen Zukunft (die inzwischen schon zur Vergangenheit geworden ist), und die Prämisse des Films ist, daß die USA, um der immer mehr zunehmenden Kriminalität Herr zu werden, ganz Manhattan mit einer Mauer umgeben und in ein riesiges Gefängnis verwandelt haben. Der Präsident ist in einer Rettungskapsel am Leben geblieben, ist aber nun in der Hand irgendwelcher Verbrecher im Manhattan-Gefängnis. Er muß aber schnellstens zu einer Friedenskonferenz, um dort den Dritten Weltkrieg zu verhindern.

Der Polizeioffizier (Lee van Cleef), der für die Bewachung von Manhattan zuständig ist, versucht, den Präsidenten rauszuholen, findet ihn aber nicht. In diesem Moment wird „Snake“ Plissken (Russell, den Vornamen von Plissken erfahren wir nicht) vorbereitet, ins Gefängnis zu wandern. Van Cleef bietet ihm die Freiheit an, wenn er undercover den Präsidenten befreit, setzt ihn aber zugleich durch das Einimpfen von Sprengkapseln in seinen Hals (die Impfgegner hatten schon damals recht!) unter Druck. Nach 24 Stunden wird sein Kopf weggesprengt, es sei denn, er bringt bis dahin den Präsidenten zurück – wenn nicht, bricht der Atomkrieg aus, und dann ist es eh‘ egal. Diese Maßnahme ist notwendig, weil Plissken zwar hochdekorierter Kriegsheld ist, aber inzwischen für die USA oder irgendeinen Präsidenten nicht mehr freiwillig den Kopf hinhalten würde.

Plissken dringt mit einem Segelflugzeug in Manhattan ein und beginnt mit seiner Suche. Er erlebt eine bizarre Welt, die die dort lebenden Kriminellen nach ihren eigenen Regeln gestaltet haben. Er findet nach einiger Zeit zwar ein Ortungsgerät, aber nicht den Präsidenten. Ein Taxifahrer (Ernest Borgnine) hilft ihm in einer brenzligen Situation und gibt ihm dann den entscheidenden Tip: Der „Duke von New York“ (Soulstar Isaac Hayes) hat ihn in seiner Gewalt. Sein Ratgeber „Brain“ (Harry Dean Stanton) kann Plissken zu ihm führen. Cabbie bringt Plissken zunächst zu Brain und seiner Freundin Maggie (Adrienne Barbeau), der ihn dann mit dem Duke zusammenbringen soll. Brain arbeitet gerade an einem Plan, aus dem Gefängnis auszubrechen, und könnte Snakes Flugzeug gut gebrauchen. Aber mit einem Maschinengewehr an seiner Schläfe führt er ihn dann doch zum Duke. Plissken befreit den Präsidenten, wird allerdings enttarnt und muß zur Belustigung der Posse des Duke auf Leben und Tod gegen einen Wrestler (Ox Baker, ein echter Wrestler) antreten. Plissken spaltet ihm den Schädel.

Der Ausgang des Kampfs spielt aber keine Rolle, denn die Bande des Duke macht sich auf auszubrechen. Auch für Snake wird es höchste Zeit, sich mit dem Präsidenten wieder ins Flugzeug zu setzen, aber es ist nicht mehr flugfähig. Da erbietet sich Cabbie, die beiden sowie Brain und Maggie mit seinem Taxi über die verminte Queensboro Bridge zu fahren. Das gelingt unter zahlreichen Opfern. Der Präsident wird die Gefängnismauer hinaufgezogen, Snake muß noch einmal gegen den Duke kämpfen. Aber der oft gedemütigte Präsident erschießt den Duke. Plissken wird in letzter Minute gerettet. Van Cleef bietet ihm eine Zusammenarbeit an, aber Plissken hat die Nase voll von der Rettung des Vaterlands. Der Präsident wird schnell für eine Friedensbotschaft zurechtgeschminkt, die per Video übertragen werden soll. Seine Botschaft befindet sich auf einer Audiocassette. Als sie abgespielt wird, stellt sich aber heraus, daß nur Jazzmusik drauf ist. Die entscheidende Cassette hat Plissken an sich gebracht und zerstört sie nun genüßlich beim Weggehen.

Das ist eine wilde Mischung aus Science Fiction, Action, Politsatire, Polizei- und Gefängnisfilm und (bei Regisseur John Carpenter nicht anders zu erwarten) auch Westernelementen. Man könnte viel darüber erzählen, wie der Film mit geringem Budget sozusagen improvisiert wurde, wobei Carpenter auf viele Inszenierungskniffe von Howard Hawks oder auch Alfred Hitchcock zurückgriff. Der Cast wurde ebenfalls preisgünstig zusammengestellt. Kurt Russell war bisher ein sehr positiver Held in Disneyfilmen gewesen, bewährte Schauspieler wie van Cleef oder Borgnine waren in Hollywood in Vergessenheit geraten. Möglicherweise bekam Charakterdarsteller Donald Pleasence (der schon in „Halloween“ mit Carptenter zusammengearbeitet hatte) die höchste Gage. Er entwarf ein ziemlich ungünstiges Porträt des US-Präsidenten – feige und opportunistisch. Da spielte das damals für die Amerikaner enttäuschende Vorbild von Jimmy Carter eine Rolle, der ja dann auch von einem anderen Typus, nämlich Ronald Reagan, abgelöst wurde. Snake Plissken wurde jedenfalls für viele Leute meiner Generation zum role model (wenn auch sicher nicht für die Popper und die Discofans). Die unmittelbaren Einnahmen des Films in USA betrugen gut das Vierfache seiner Kosten – Carpenter war da wohl auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Noch ein kleines Detail: Im Original hat der Filmtitel nichts mit Schlangen zu tun, er lautet schlicht „Escape from New York“. Was Snake Plissken auf seinem Bauch tätowiert hat, ist eine Kobra – vermutlich klang aber „Klapperschlange“ besser.
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Alt 19.11.2022, 11:46   #247  
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Nochmal kurz zu Work, hab ihn jetzt nochmal gesehen, ist mir heutzutage zuviel des albernen. Bin aber mittlerweile jemand der zum lachen in den Keller geht.
Klar, die sozialen komponenten sind klar erkennbar aber nicht genug um das ganze noch für mich reizbar zu machen. Da sind es schon eher die "Wohnumstände" die ich interessant finde.

Klapperschlange müsste ich auch mal wieder schauen.

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Alt 19.11.2022, 12:01   #248  
Peter L. Opmann
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Da bin ich froh, daß Du nicht sagst: Verschwendete Zeit.

Ich sehe "Work" gern und nehme die Passagen, die "nur" Slapstick sind, hin. Und stimmt: Man sieht nebenbei auch etwas von den sozialen Verhältnissen vor mehr als 100 Jahren.

"Die Klapperschlange" gab's auch mal günstig auf DVD.
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Alt 19.11.2022, 12:10   #249  
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Historische Aufnahmen sind nie Zeitverschwendung irgendwas interessantes gibt es immer zu sehen.

Klapperschlange steht schon seit langen in meiner Sammlung, auch der zweite Teil.
Carpenter ist immer eine Sichtung wert, auch wenn nicht alles von ihm gebrauchbar ist. Faustformel, ein guter folgt auf einen schlechten.
Ich wüsste nur gerade nicht was ich über Klapperschlange schreiben soll ausser das ich ihn mag.

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Alt 19.11.2022, 17:23   #250  
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Heute mal wieder von mir ein Film, den man glaube ich mit Recht als Klassiker bezeichnen kann: Die Erfindung des Verderbens (OE: Vynález zkázy) von Karel Zeman aus dem Jahr 1958. Mich zumindest hat er beim x-ten Anschauen dieses Jahr noch genauso fasziniert wie bei der „Erstsichtung“ vor ca. 45 Jahren.

Er beruht auf einem Roman von Jules Verne, allerdings nicht einem gleichnamigen, wie es bei Wiki heißt, denn der Titel im Original bedeutet eigentlich nur „Vor der Flagge des Vaterlandes“. Warum ich das so betone? Nun, dazu später.

Im Film geht es wie im Buch um einen (natürlich leicht verrückten) französischen Erfinder, der einen Supersprengstoff entwickelt hat, der alles bekannte in den Schatten stellt. Das ganze ist noch nicht ganz ausgereift und natürlich soll es der Menschheit nur Glück und Segen bringen.

Der Erfinder wird leider gemeinsam mit seinem Assistenten von einer Piratenbande aus einem Sanatorium entführt und (mit Hilfe eines U-Boots) zu deren Stützpunkt, einer Vulkaninsel verschleppt.

Dort soll er diesen Sprengstoff zu einer ultimativen Waffe weiterentwickeln, was der arglose Professor, den man von seinem realistischeren Assistenten getrennt hat, auch völlig arglos tut. Letzterem gelingt es nach gescheiterten Fluchtversuchen (incl. U-Boot-Verfolgungsjagd und Kraken-Kampf) „die Welt“ zu alarmieren, was eine Flottenexpedition gegen die Insel auslöst.

Als die Piraten die Flotte mit dem ersten Schuß ihrer Superkanone vernichten wollen, begreift der Professor seinen Fehler und läßt die Bombe von ihrem Wagen stürzen und die Insel in die Luft sprengen. Sein Assistent hat sich vorher gemeinsam mit einer jungen Frau (einer Überlebenden eines von den Piraten versenktem Schiff) in einem Ballon retten können und beide starren schockiert aber glücklich auf die Stelle, wo vorher der Vulkan stand. Umarmung; -Happy End!

Die Story um die Frau ist von Zeman der Handlung hinzugefügt wurden. Ansonsten hat er einesteils die Wirkung des Sprengstoffs im Vergleich zum Buch stark gesteigert (Die atomare Gefahr läßt grüßen), wie er andererseits die Motive des Professors ins freundliche gewandelt hat.
Denn im Buch ist diesem von Anfang an klar, daß es um eine Waffe geht. Es ist nur eine Frage des Geldes. Und er hat auch nichts dagegen, daß das erste angreifende Schiff in die Luft gejagd wird und verweigert seine Kooperation erst, als er begreift, daß das zweite Schiff ein französisches ist; - womit wir wieder beim Buchtitel wären.

Das ganze ist spannend inszeniert aber zum Klassiker machen ihn die Tricktechniken, die Zeman einsetzt. Da tschechoslowakische Regisseure mit ganz anderen Budgets als ihre Kollegen in Hollywood arbeiten mussten, schieden (im Vor-CGI-Zeitalter) teure Tricks oder Kulissen natürlich aus.

Zeman setzt hier nun gezeichnete Kulissen ein, die auf den Original-Illustrationen der J.Verne-Ausgaben beruhen und kombiniert sie genial (anders kann man es nicht nennen) mit der „realen“ Handlung. Dadurch wirkten sie wohl schon damals wie aus der Zeit gefallen, sind so aber weniger gealtert als gleichaltrige Hollywood-Produktionen.

Zeman selbst hat diese Technik auch in seinen beiden späteren Verne- Verfilmungen (Auf dem Meteor und Das gestohlenen Luftschiff) angewandt aber zumindest für mich funktioniert es beim ersten Film am Besten. Alle drei Filme sind außerdem meiner Meinung nach Vorreiter dessen, was man heute Steampunk nennt.

Geändert von Nante (19.11.2022 um 17:36 Uhr)
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