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Alt 08.07.2016, 18:22   #1  
Detlef Lorenz
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Da gehen wir in der Kategorisierung schon konform, also siehst du "Die Abenteuer der Weltgeschichte" auch als Comic an!

Wenn du jetzt aber Prinz Eisenherz allein der Qualität der Zeichnungen wegen als Comic einstufst, finde ich das schon gewagt; unabhängig davon, dass sie tatsächlich einen besonderen Lese- und Betrachtungsgenuß bieten ... jedenfalls die Hal Foster - Storys.
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Alt 08.07.2016, 18:50   #2  
Pickie
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Hatte schon mit meiner Antwort auf die Ausgangsfrage sagen wollen, dass ich "Die Abenteuer der Weltgeschichte" als Comic ansehe:

Zitat:
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Denke schon, dass sich auch in diesem Fall die Bilder und der Text ergänzen.

Die Statements zu speziellen "Lesbarkeiten" sind persönliche Betrachtungen von mir und sollten mit "Comic-Definitionen" gar nichts zu tun haben.

Das gilt auch für die Arbeiten von Hal Foster.
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Alt 11.07.2016, 21:41   #3  
Detlef Lorenz
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Nummer 35


Nelson, Der Held von Trafalgar






Nelson: wer von den 8-12 jährigen damaligen Lesern – Mitte der 1950er Jahren – konnte etwas mit diesem Namen anfangen. Vielleicht ein paar, aber die Mehrheit nicht. So kommt es mir auch fast etwas gewagt vor, dieses Thema in die Heftserie einzureihen. Aber für mich war es auch damals schon mehr als interessant, am „Geschichtsunterricht“ der Abenteuer der Weltgeschichte teilzunehmen (und das Lady Emma Hamilton, die Mätresse Horatio Nelsons dabei nicht vorkam, störte nicht, denn die kannte man sowieso nicht).






Außer im Einleitungstext und auch da nur knapp, wurde nichts über Nelson Privatleben geschrieben. Es ging im Heft nur um bekannte Seeschlachten, angefangen 1779 bei Cadiz bis Cap Trafalgar im Oktober 1805. Dazwischen reihten sich die Kämpfe vom Eroberungsversuch Teneriffas, der Seeschlacht 1798 bei Abukir, die Beschießung Kopenhagens einschließlich der Vernichtung der dänischen Flotte, bis zum schon erwähnten Zusammentreffen der vereinigten spanisch/französischen Flotte gegen die britische, bei der Nelson sein Leben verlor. Etwas privates kommt dann zum Schluss: die endgültige Glorifizierung des inzwischen zum Lord ernannten Admirals. Diese hat er selbst eingeleitet, in dem er verbot, seinen Leichnam, wie üblich, der See zu „übergeben“, sondern nach England zu überführen. Dort wurde er mit Pomp beigesetzt und als „Held“ in den Geschichtsbüchern verewigt.







Tja, wer ist der eigentliche Held dieser Gemetzel, der Oberbefehlshaber, dessen „Chef“, hier die Admiralität, oder noch höher, der König oder sonst ein Regierender, oder der verführte Seemann, der an das Flaggensignal „England erwartet, dass jeder Mann seine Pflicht tut!“ glaubt hat. Das ist, andere Ländernamen verwendet, ein Problem auf der ganzen Welt, bis auf den heutigen Tag.

Charly Bood hat den kriegerischen Ablauf recht „ausdrucksvoll“ in Szene gesetzt, 2 Flottenkarten der jeweiligen Kampforte (Abukir und Trafalgar) illustrieren auch für den maritimen Laien das Geschehen auf See verständlich. Die zeitlichen Abläufe zwischen den Gemetzeln auf den Meeren werden mit umfangreichen Textklötzen überbrückt – wie üblich ist dies dem zur Verfügung stehenden Platz geschuldet. Die Sprache ist leider wieder sehr martialisch (er ist ähnlich dem der bisherigen Heften) und deutet somit nicht unbedingt auf die Urheberschaft Boods hin. Was dem Kriegsgegner trösten mag, auf einem Kriegsschiff sind die Befehlshaber selbst höchst gefährdet: nicht nur Nelson verlor sein Leben, weitere Admirale und Kapitäne wurden in den diversen geschilderten Seegefechten getötet … Allerdings ist die See eines der absurdesten und für die „Anstifter“ der Gemetzel höchst willkommener Ort, denn schon wenige Stunden nach den Kämpfen ist von den Toten, selbst den meisten Verwundeten und das gesamte zerstörte Material spurlos verschwunden; die Meeresoberfläche zeigt sich so unschuldig wie eh und je.

Das Heft beinhaltet 2 Artikel, die nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Gleich auf Seite 3 heißt es: Das Gespenster-Wrack (von Karl Heinz Koizar) und schildert Erlebnisse des Tauchers Jack, der bei der Bergung eines Schatzes von einem Polypen attackiert wird. Der zweite Beitrag, Tahiti, Sammelplatz der Geisterschiffe, von Harry Williams, stellt den Franzosen Jacques Bracour vor, der auf dem Pazifik sogenannte Geisterschiffe birgt und mit gutem Gewinn weiter verkauft.

„Euer Hans Jürgen“ erzählt noch einmal von den in diesem Heft geschilderten „interessanten und abwechslungsreichen Kämpfen auf dem Wasser, das bekanntlich keine Balken hat“. Was es mit den „keine Balken“ auf sich hat, habe ich schon weiter oben geschildert und ansonsten lasse ich diesen Kommentar mal unkommentiert so stehen … was natürlich auch schon eine Meinungsäußerung ist. Auf die folgende Ausgabe der Serie, die Hans Jürgen vorstellt, freue ich mich schon besonders, hat sie doch eine der mich am meisten interessierenden Zeitabläufe zum Inhalt!
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Alt 29.09.2016, 12:55   #4  
Matthias
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Hallo Detlef, vielen Dank für diesen Beitrag. Da ich mich sehr für römische Geschichte interessiere, ist der Beitrag über dieses Heft mir natürlich besonders wichtig. Du hast wieder alles sehr anschaulich und aufschlußreich dargestellt.
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Alt 05.10.2016, 09:32   #5  
Detlef Lorenz
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Der Freiheit eine Gasse


Nordamerika erkämpft seine Unabhängigkeit





Der 14. Juli 1789, der Tag an dem die Bastille gestürmt wurde, gilt gemeinhin als Beginn der französischen Revolution. In der Bevölkerung gebrodelt hatte es indes schon jahrelang zuvor. Den Menschen des 3. Standes, den Bauern und Handwerkern, ging es im 18. Jahrhundert kontinuierlich schlechter. Allein der Brotpreis, deren Hauptnahrungsmittel, stieg in dieser Zeit auf das dreifache und bedeutete für Handwerker die Hälfte des zur Verfügung stehenden Einkommens. Die Gründe waren vielfältig: Die Verschwendung des Adels/Klerus´, die ungeheuren Ausgaben für das Militär (ein Viertel des Budgets), die Kosten der Verwaltung (~20%), Abzahlung von Staatsschulden, Naturkatstrophen (die sogenannte „kleine Eiszeit, ein Vulkanausbruch auf Island), all das bedeutete für den normalen Bürger ein Leben am, bzw. unter dem Existenzminimum.

Im Grunde war es eine Kettenreaktion, die den gesamten europäischen Kulturkreis erfasste: der Siebenjährige Krieg (1756 – 1763), hauptsächlich zwischen England und Frankreich, führte zum Verlust der französischen Kolonien in Nordamerika*. Allerdings verschlang dieser Krieg ungeheuer viel Geld – neben unzähligen Menschenleben, ruinierte die französischen Finanzen (siehe oben) und verschonte auch den englischen Haushalt nicht. Die Engländer erhöhten daraufhin die Steuern, besonders in den Kolonien. Dies missfiel den Menschen, wie eh und je auf dieser Welt. Das Fass zum Überlaufen brachte die Einführung einer Teesteuer.





Am 16. September 1773 klettern junge Leute auf einen Schoner, die Dartmouth, die Tee aus Indien herangebracht hatte. Unter dem Jubel der „Bostoniens“ warfen sie die ganze Ladung ins Hafenbecken. Das ganze Geschehen ging als „Boston Tea Party“ in die Geschichtsbücher ein.**






Als ich 1992 das erste Mal in Boston war, lag dieses Schiff als Replik der Dartmouth beim Boston Tea Party Ship and Museum. Ein paar Jahre später fanden wir es nicht mehr vor, es war abgebrannt und man diskutierte lange über die Kosten einer Neu-Rekonstruktion. Inzwischen soll ein neues Tea Ship vor Anker liegen, allerdings nicht die Dartmouth, sondern eines aus der Flotte der sogenannten Tee-Schiffe.

Auf die englische (Über-) Reaktion für dieses und ähnliche Vorkommen, angedacht war die Schließung des Bostoner Hafens, oder sogar dessen Zerstörung, trat vom 5. September bis zum 25. Oktober 1774 der Erste Kontinentalkongress in Philadelphia zusammen. Es nahmen 12 Neu-England-Staaten teil und sie beschlossen, bei der Beibehaltung dieses englischen „Intolerable Acts“ keine Waren mehr nach den britischen Inseln mehr zu liefern. Gleichzeitig bereiteten die Beteiligten, u.a. George Washington, John Paine, Samuel Adams den 2. Kontinentalkongress vor. Dazu luden sie zum 10 Mai 1775 auch Québec, Saint John’s Island, Nova Scotia, Georgia, Ostflorida und Westflorida mit ein, sich zu beteiligen. Es bestand zu diesem Zeitpunkt also die Möglichkeit, das auch die kanadischen Atlantikprovinzen heute zu den USA gehören würden. Aber bis auf Georgia lehnten diese Kommentarlos ab, auch die beiden Floridas, seit 1763 britisch. Hier enthält der entsprechende Text im Heft einen, sicherlich unabsichtlichen, Fehler. Er verortet Philadelphia in Massachusetts statt in Pennsylvania.

Der Zweite Kontinentalkongress tagte vom 10. Mai 1775 bis zum 1. März 1781, allerdings nicht ununterbrochen zudem in verschiedenen Städten. Georgia nahm hier als dreizehnte Kolonie teil. Auf Grund der englischen Weigerung, dass Selbstbestimmungsrecht, also eine Regierung für die amerikanischen Kolonien zu tolerieren, unterschrieben am 4. Juli 1776 die anwesenden Vertreter die formale Unabhängigkeitserklärung der 13 Kolonien.
Die Engländer sahen dem Treiben der Kolonisten natürlich nicht tatenlos zu und entsandten Truppen in die Kolonien. Ein erstes Ziel war Massachusetts. Dort sollte eine Abteilung Soldaten in Concord nach dort versteckten Waffen, Pulver und Munition suchen. Als sie am 18/19. April 1775 den Ort Lexington erreichten, kam es zu einem ersten Gefecht zwischen den Kolonisten und Engländern. Es ging für die Engländer schlecht aus, sie zogen sich nach Boston zurück.






Am 10. Mai 1775 drangen 80 Kolonisten in das Fort Ticonderoga ein und überwältigten die Besatzung (die wegen des bisher nicht offiziell erklärten Kriegszustandes keine Wachen aufgestellt hatte). Die Kanonen sowie die Munition und das Pulver kam den Aufständischen zugute, da sie so gut wie keine Artillerie vorweisen konnten.






So sieht das Fort Ticonderoga tatsächlich aus, Bood schien kein Referenzmaterial zur Verfügung gehabt zu haben. Ansonsten hatte er über die Vorgänge eingehend recherchiert, was aber selbst in der Nicht-Google-Zeit zu diesem Thema nicht so schwierig gewesen sein dürfte.

Im folgenden finden sich im Heft stark gerafft die Abläufe der Schlachten, die Niederlagen und Siege der Kontrahenten. Es werden die „Hessischen Söldner“ erwähnt, die Rolle von Steubens, einem preußischen General, der die Revolutionsarmee reorganisierte und letztlich auch die erst heimliche, dann offene Hilfe der Franzosen (und Spanier), die sich für die Verluste Kanadas (und Menorcas) revanchieren zu gedachten.





Als die Engländer New York eroberten, drängten sie Washingtons Leute bis zum Delaware River zurück. Dort gelingt es diesen, sich trotz des Winters über den Fluss zu retten, sonst wäre es wahrscheinlich um den Erfolg des Unabhängigkeitskampfes schlecht ausgegangen.





Bood kopierte hier das berühmte Gemälde von Emanuel Leutze, 1851. Leider wird das nicht erklärt, aber dazu stand wohl nicht der Platz zur Verfügung.

Insgesamt versuchte Bood die zeitlichen Abläufe, die sechs Jahre lang dauerten. in einem Heft unterzubringen … ist natürlich ein von vorn herein hoffnungsloses Unterfangen (wie schon des Öfteren in dieser Heftreihe). Es gelang ihm trotzdem, verständlich die wichtigsten Ereignisse vor den Augen des Lesers abzuspulen.

Am 19. September 1781 kam es bei Yorktown / Virginia zu einem letzten Gefecht. Die Engländer landeten noch einmal 8000 Soldaten und hofften auf einen Überraschungseffekt. Sie hatten sich verkalkuliert, die Amerikaner griffen überraschend an und vernichteten – was für ein schreckliches Wort in diesem Zusammenhang - nach gut einer Stunde die letzte Einheit der Engländer auf amerikanischem Boden.

Das Heft endet auf der letzten Comic-Seite mit der am 30. November 1782 erfolgten Unterzeichnung des Friedensvertrages, in dem den 13 Kolonien die völlige Unabhängigkeit vom britischen Mutterland bestätigt wurde. Nicht nur dieses Gebiet verloren die Engländer, auch das restliche Territorium bis zum Mississippi überließen sie den US-Amerikanern (Florida und Menorca kamen an Spanien zurück).

Erst am 17. September 1787 einigten sich die Vertreter der Unionsstaaten auf eine Verfassung und wiederum weitere zwei Jahre später wurde George Washington von den Wahlmännern zum ersten Präsidenten der USA gewählt. Die Gründe für den langen Zeitraum für die Ausarbeitung der Verfassung lag u.a. in der Menschenrechtssituation der Sklaven. Die Südstaaten drohten damals schon mit einer Sezession, wenn ihre Sklavenhalterwirtschaft nicht toleriert werden würde. Als Kompromiss wurden die Sklaven zum Teil (!?) als Bevölkerungsanteil mitgezählt, was sich auf die Anzahl der Wahlmänner niederschlug. Dieser „Geburtsfehler“ der USA sollte wenige Jahrzehnte später in einem erbitterten Bürgerkrieg münden, der ein weiteres Thema in der Heftreihe der Abenteuer der Weltgeschichte wird.

Die Heftseiten 3 und 4 beinhalten in reiner Textform das Leben und Wirken von Georg Washington für die USA. Auch dieser Artikel ist recht gut recherchiert und schildert, manchmal recht pathetisch, sein Leben.
Auf den Seiten 29 bis 31wird eine Erzählung über ein „Wettrennen auf dem Mississippi“ von Charles Sealsfield vorgestellt. Sie hat mit dem Thema des Heftes nichts zu tun, außer dass sie in den USA spielt.

Interessanter dagegen ist der halbseitige Artikel auf der Seite 32, der Betsy Ross vorstellte, die die erste Flagge der USA zusammen nähte.

Das folgende Heft, auf der 3. Umschlagseite vorgestellt, behandelt einen Aufstand der Unterprivilegierten, den der Bauern im Heiligen Römischen Reich des 16. Jahrhunderts.

Die letzte Seite zeigt diesmal einen englischen Infanteristen um 1776, von Hansrudi Wäscher für die Peligom-Reklame gezeichnet.

*Bis auf einige winzige Inseln, bei Neufundland gelegen, die noch heute französisches Territorium sind.

Siehe zu diesen Ereignissen auch Heft 57 „Die Guillotine regiert“. Im Grunde hätte ich beide Hefte nebeneinander abhandeln können, sie eng sind die geschichtlichen Abläufe miteinander verwoben. Deshalb auch die von mir gewählte Einleitung über den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg.

**Die neuzeitliche „Tea Party-Gesellschaft“ sperrt sich vehement gegen sozialen Fortschritt, so z.B. eine Grundkrankenversicherung für die verarmte Bevölkerung. Auch ist sie gegen Steuererhöhungen, aber nur für den finanziell privilegierten kleinen Anteil der Gesamteinwohner. Das gehört hier zwar nicht hin, aber es zeigt doch auf, wie Grundwerte und das nicht nur in den USA, durch das Kapital und deren willfährige Politiker zugrunde gerichtet werden können.

***In Nova Scotia (neben New Brunswick / Prinz Edward Island) wurden Überlegungen verworfen, sich am Unabhängigkeitskrieg zu beteiligen. Die Mehrheit der Bevölkerung war einfach dagegen.
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Alt 23.10.2016, 08:27   #6  
Detlef Lorenz
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Nummer 42


Die Trommel ruft, Der Grosse Bauernkrieg







Im 15. Jahrhundert verschlechterte sich in Europa die wirtschaftliche Lage der bäuerlichen Bevölkerung. Höhere Abgaben, Frondienste an den Adel und den Klerus, der die Existenz des „gemeinen Mannes“ immer bedrohlicher werden ließ. Damit wurde der nicht herrschaftsfähige Teil der Bevölkerung bezeichnet, zu der nicht nur die Bauern, sondern auch Teile der städtischen Bewohner, Bergleute, Köhler, also alle vom Adel und Klerus abhängigen gehörten. Zur allgemeinen Lage kam hinzu, dass das niedere Rittertum auf seinen kleinen Besitztümern langsam verarmte – im Verhältnis zu den großen Fürsten gesehen – und ihren wirtschaftlichen Verlust als Raubritter auszugleichen versuchten. Auch darunter hatten in erster Linie die Bauern zu leiden, da sie für die Ritter die leichteste Beute waren.








Einige lokale Ereignisse des ausgehenden fünfzehnten Jahrhunderts läuteten die „erste deutsche Revolution“ ein, wie sie nicht ganz zu Unrecht von Engels und Marx bezeichnet wurde. Das damals noch zum Reich gehörende Elsass erlebte in den 1490er Jahren die ersten Aufstände. Einigen militärischen Erfolgen, wie das Schleifen, Niederbrennen von Burgen, Klöster und natürlich der Tod der verhassten Grundherren, folgte der unvermeidliche brutale und erfolgreiche Gegenschlag des Adels. Danach war erst einmal „Grabesruhe“ in Mitteleuropa. Im Untergrund rumorte es aber weiterhin, Freiburg sollte 1512 ein Ziel der unterdrückten Bauern sein. Verrat verhinderte dieses Vorhaben, die Rädelsführer wurden gejagt, geköpft, gevierteilt, die Schwurhände abgehakt udgl. mehr, der Phantasie waren auch damals keine Grenzen gesetzt.

Schon 1514 kam es in Württemberg zu einem neuen Gemetzel, das ging so weiter, bis 1524/26. Das war der Zeitraum, der als „Deutscher Bauerkrieg“ in die Geschichtsbücher einging. Allerdings nicht sofort, sondern jeweils, wie die politische Lage es für nötig hielt. So wurde Thomas Münzer von der DDR-Geschichtsschreibung als Anführer gegen die Fürsten und geistlichen Würdenträger angesehen, die für sie ein frühes Großkapital und Besitzer von Produktionsmittel (Landwirtschaft, Bergbau, Verhüttungswesen, Werftindustrie) darstellten. Die westdeutsche Historiografie tat sich da wesentlich schwerer, kam aber auch nicht umhin, den Bauerkrieg als Volksaufstand gegen seine Ausbeuter festzuschreiben. Thomas Münzer, der im Mai 1525 gefangen genommen (und „natürlich“ vor seiner Hinrichtung die widerwärtigsten Folterungen ertragen musste), wurde im selben Monat hingerichtet. Damit endeten die meisten Aufstände, erst Jahrhunderte später sollte der Bauernstand, der immerhin für unser täglich Brot sorgt, durch Agrarsubventionen ein erträgliches Auskommen erreichen (wie auch immer man zur EU-Agrarpolitik stehen mag).








Im Text der oben abgebildeten Seite wird sehr deutlich auf die negative Rolle der Ritter, Fürsten, Klosterherrn für das damals alltägliche Leben der „niederen“ Stände eingegangen, dass heutzutage für uns unglaublich hart zugegangen sein muss. Ich fand diese klaren Worte überraschend drastisch, habe ich doch bisher in den Abenteurern der Weltgeschichte fiel von heroischen Taten, aufopferungsvollen Männer – und Frauen – gelesen, die für ihre Anführer jubelnd in den Tod gingen und gegen den „Feind“ gnadenlos vorgingen (den sie zuvor noch nie gesehen hatten und der ihnen auch nie was angetan hatte).

Charlie Bood erzählt einzelne Episoden aus den Aufständen, verhehlt auch nicht die Grausamkeiten beider Seiten (der ausgeplünderten und verzweifelten Bauern, sowie der herrsch- und rachsüchtigen Adligen / Klerus), schildert in randvollen Textboxen die Geschehnisse, die sich über mehrere Jahrzehnte hinzogen. Ein Heft, das zum Nachdenken anregt.

Auf der dritten und vierten Seite erfolgt als Einleitung ein Artikel über das dörfliche Leben im 15. und 16. Jahrhundert. Der letzte Absatz, in dem über die sich steigenden Eingriffe des Adels in das bisher ziemlich freie Bauerntum geschildert wird, leitet zum Comicteil über. Wer den Text verfasst hat, ist nicht erkennbar, er ist ohne Namenszug.

Noch immer sind alle Hefte nachbestellbar (ein heutzutage paradiesischer Zustand). Die Vorschau weist auf das nächste Heft hin, das Klaus Störtebeker gewidmet ist.






Auf der letzten Umschlagseite ist diesmal ein Landsknecht mit einem riesigen Schwert, dessen Klinge Wellenförmig geschmiedet ist, von Hansrudi Wäscher dargestellt.
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Alt 25.10.2016, 09:32   #7  
Detlef Lorenz
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Zwischenbilanz, die 2.

Um ein Haar hätte ich wegen einer Unaufmerksamkeit meinerseits einen Haltepunkt der Serie verpasst: drei Hefte lang, von Nummer 39 bis 41 habe ich vergessen die Nummerierung vorn anzustellen (keiner hat´s gemerkt …). Nun, die Geschichte von den Bauernerhebungen des Spätmittelalters bedeutet für die Reihe Halbzeit. Noch ein Mal so viel Hefte gibt es vorzustellen, zu besprechen, abzubilden und gelegentlich eure Kommentare zu lesen. Trotz der vorhandenen und beschriebenen Mängel gefallen mir „Die Abenteuer der Weltgeschichte“ von ihrer Art, der Aufmachung und der Präsentation her noch immer. Ich werde sie und das kann ich jetzt schon konstatieren, mit der Nummer 84 wieder einsortieren und nicht entsorgen*. Für mich haben sie einen nostalgischen Wert, immerhin habe ich Geschichte, eines meiner wichtigen Interessensgebiete, sehr früh in Bild und Wort vermittelt bekommen … wenn auch gelegentliche falsche Informationen in späteren Jahren einer Revidierung bedurfte.

Charly Bood´s Engagement wirkt sich – für mich – positiv aus. Das Zeichner-Wechsel-Dich-Spiel der ersten fast drei Dutzend Hefte brachten kein klares Bild in der grafischen Darstellung. Natürlich, wer Bood nicht mag oder grade so erduldet, hätte sicherlich einen anderen Zeichner in Dauerpräsenz gehabt. Blumentritt und Wäscher wären dann meine Favoriten gewesen. Es wurde verlagsseitig anders entschieden. Der Schwede ist sicherlich nicht die 3. Wahl, der Erfolg der vorliegenden Hefte gab Lehning mal wieder recht – zumindest da funktionierte sein Herausgeberinstinkt** noch. Nun auf zur Talfahrt, denn wir sind hier über den Gipfel hinüber.

*Momentan lese ich verstärkt alte Serie um zu testen, wie und ob sie mir nach wie vor gefallen. Beim absoluten Nichtgefallen kommt natürlich noch ein gewisser Faktor ins Spiel: Erinnerungswert oder nicht einmal der…
**Mein Rechtschreibprogram bot mir zu diesem Wort allen Ernstes „Herausgeberin stinkt“ an …
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Alt 28.10.2016, 00:39   #8  
amwul
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http://www.ingo-schwedler.de/armin-d...nderband-nr-9/
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Alt 16.12.2016, 10:52   #9  
Xury
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Beim Panamakanal ist das so "verrückt".
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Alt 16.12.2016, 11:37   #10  
Detlef Lorenz
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In der Tat und du warst einer meiner Favoriten, denen ich die schnellste richtige Antwort zugetraut habe

"Verrückt", wie Xury das ganz richtig nennt, erscheint das auf den ersten Blick: es sieht schließlich so aus, als ob der Staat Panama gradewegs von nord nach süd verläuft. Aber bei genauerer Betrachtung, bzw. bei entsprechendem Maßstab, schlägt das Land eine Haken, der so ausgeprägt, mehr als S-förmig ist, das der Kanal in die geschilderte Richtung verläuft.
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Alt 04.01.2017, 09:37   #11  
Detlef Lorenz
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Nummer 46


Wasserweg durch die Wüste, Der Suezkanal







Weltweit ist der Suezkanal eine der wichtigsten Wasserstraßen. Er bietet eine immense Kosten- und Zeitersparnis auf dem Wasserweg zwischen Europa und Ostafrika, Asien, bzw. Australien. Von Hamburg nach Bombay etwa 24 Tage.
Schon früh in der Menschheitsgeschichte wurde über ein ähnliches Projekt, die Seeverbindung des Mittelmeeres mit dem Roten Meer, nachgedacht. Dabei wurde stets ein Durchstich der Wüste vom Nil direkt zum Roten Meer ins Auge gefasst. Als erster gelungener Kanal gilt der vom Pharao Necho (610-595 v.d.Z.) in Angriff genommene und vom Perserkönig Dareios (521-486 v.d.Z.) vollendete. Bis kurz vor Kleopatras Regierungsantritt war er allerdings verschlammt und erst Kaiser Trajan (98-117) erneuerte ihn. Bis ins Jahr 770 gilt der Kanal als mehr oder weniger durchgehend in Betrieb. Die nächsten Planungen lies erst wieder Napoleon I. aufnehmen. Allerdings unterlief den Geodäten ein schwerwiegender Fehler: sie glaubten das Rote Meer um einen 10 Meter höheren Wasserspiegel gegenüber dem Mittelmeer gemessen zu haben. Erst um 1846 wurde der Irrtum erkannt und festgestellt, dass ein Kanal Schleusenfrei gebaut werden konnte.

Ferdinand de Lesseps (1805-1894) war als Diplomat in Ägypten tätig und beschäftigte sich mit dem Projekt eines Kanals. Von dem mit ihm befreundeten Vizekönig von Ägypten, Muhammad Said (daher >>Port Said<<), erhielt er eine Konzession für den Bau, Unterhalt und der auf 99 Jahre gesicherten Einnahmen. Die Engländer waren darüber nicht so sehr begeistert und versuchten beim Sultan von Konstantinopel, dem nominellen Staatsoberhaupt von Ägypten, dieses Vorhaben zu hintertreiben. Schließlich begann man im April 1859 mit dem Bau der 167 Kilometer langen Wasserstraße.








Beim damaligen Stand der Technik war das schon ein heftiges und auch lebensgefährliches Unternehmen. Von tausenden von Arbeitern wurde der Wüstensand per Hand ausgehoben. Extra dafür errichtete Feldbahnen transportierten ihn ab. Erst viel später kamen Förderbagger zum Zuge und als ein Teil des Kanals fertig und geflutet wurde, konnte vieles auf dem Seeweg transportiert werden. Bevor es soweit war, musste das gesamte Material, vom Bauholz zu den Maschinen, der Kohle, Werkzeuge usw. aus Europa herangebracht werden. Das alles wurde auf einen extra dafür gebauten Landungssteg entladen. Wasser kam zuerst vom Nil mit einer endlosen Kette von Kamelen, zirka 1800 wurden dafür benötigt. Später baute man einen Süßwasserkanal. Großbritannien versuchte vergeblich während der gesamten Bauphase das Projekt auf diplomatischem Wege zu stoppen.

Am 17. November 1869 fand die im Beisein von Fürsten, Politikern und sonstigen Reichen und Mächtigen die feierliche, 3 Tage dauernden Eröffnungsfeierlichkeiten statt. Wie vielfach kolportiert, soll Verdis Aida dabei uraufgeführt worden sein: das dürfte aber so nicht stimmen, denn diese Oper wurde wohl erstmalig 1871 in Kairo gespielt. Weil anfangs die Kosten des Kanals bei weitem nicht rentabel waren, übernahmen 1875 die Engländer die Aktienmehrheit an der Kanalgesellschaft. Als die Ägypter sich gegen den Einfluss der Briten wehrten, besetzten die Engländer kurzerhand das ganze Land und blieben bis 1956, als Nasser den Kanal verstaatlichte. Die Engländer, mit Unterstützung der Franzosen und Israelis marschierten ins Land ein, wurden aber durch die Interventionen der USA, der UdSSR und der UNO zum Abzug bewegt. Wegen des >>Sechstagekrieges<< blieb der Kanal dann von 1967 bis 1975 komplett geschlossen. 2014/15 wurde der Kanal vollständig modernisiert, erweitert und für Schiffe in beiden Richtungen gleichzeitig befahrbar gemacht. Vorher gab es täglich eine Abfahrzeit von jeweils beiden Enden in Suez und Port Said.

Von den Problemen vor Baubeginn durch die Initiative Lesseps, den Schwierigkeiten während der Schinderei vor Ort und der feierlichen Eröffnung zeigt es uns das vorliegende Heft recht anschaulich. Bood tuschte wieder mit einem reichlich dicken Pinsel, Details verschwinden so gelegentlich. Im Großen und Ganzen sind die Bilder aber sehr ordentlich. Ein Artikel über zwei wichtige Seekanäle, so der Panama-Kanal, an dem sich Lesseps übernahm, und dem „nicht weniger wichtigen Nord-Ostsee-Kanal“ leitet das Heft ein. Eine Landkarte des Kanals und eine Schiffsreise in den 1950ger Jahren durch ihn hindurch ist der Anfang der Comicabteilung. Den Abschluss bildet eine ganzseitige Zeichnung auf der 3. Umschlagseite vom Denkmal Lesseps auf der Hafenmole von Port Said. Die 2. Umschlagseite zeigt Werbung für das folgende Heft über den Goldrausch in Kalifornien. Die letzte Seite ist der Nachbestellliste reserviert, die mit dem Heft 8 beginnt. Das Titelbild zeigt uns den Kanal, 2 Schiffe darauf im Gegenverkehr (siehe dazu weiter oben), Wüste, ein Wüstenschiff, 2 Ägypter und 2 Pyramiden, so das auch jeder die Komposition geografisch richtig einordnen kann. Ich war zwar noch nie am Kanal, aber Pyramiden dürfte es da nicht geben.

Nur am Rande: auf Deutsch sollte es gemäß der Transkription vom arabischen eigentlich Sues heißen. Die Schreibweise Suez ist anglo/französisch.
Detlef Lorenz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2017, 09:28   #12  
Detlef Lorenz
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Nummer 47


Goldrausch in Kalifornien, J. A. Sutter, vom Millionär zum Bettler







In diesem Heft wird diesmal – dem begrenzten Platz geschuldet wieder sehr verkürzt und mit einigen Fragezeichen versehen – die Lebensgeschichte von Johann August Sutter geschildert. Sutter wurde 1803 in Kandern, am südwestlichen Zipfel von Baden geboren. Seine ersten Lebensjahre verbrachte er aber in der Schweiz, in Basel und in Burgdorf. Sutter heiratete 1826 Annette Dübold, vier Kinder gingen aus dieser Ehe hervor. Ein Tuchwarengeschäft ging rasch in Konkurs und außerdem verdächtigte man ihn an einem Betrug an der Firma seines Vaters beteiligt zu sein. 1834 floh er aus der Schweiz, lies dabei Frau und Kinder zurück und setzte sich über Frankreich in die USA ab. Einen sogenannten Abstecher nach Hawaii (im Heft völlig unterschlagen) folgte über Sitka/Alaska, das zu diesem Zeitpunkt noch russisch war, die Wiedereinreise nach Amerika und schließlich nach Kalifornien (noch zu Mexico gehörend). Das war 1839, während die Comic-Story sich mit einen großen Teil des Trecks von Sutter 1838 quer durch die Gebiete westlich des Mississippi aufhielt. Probleme mit Indianern, Büffeln und klimatische Probleme ziehen sich über etliche Seiten hin. Schließlich sieht man Sutter in Monterey, der damaligen Hauptstadt der Provinz, beim Gouverneur Alvarado. Dieser gibt ihm die Erlaubnis, sich Land auszusuchen und zu kolonisieren. Mit einigen Getreuen und Hilfskräften macht er sich auf den Weg, den Sacramento River stromaufwärts. Diese >>Hilfskräfte<< setzen sich u.a. aus >>Kanaken<< zusammen. Sie werden im Comic auch so genannt, aber es erfolgt keine Erklärung , um was es für Landsleute es sich handelt. Sutter hatte von seinem Abstecher nach Polynesien von dort Einwohner mitgenommen, ob freiwillig oder wie auch immer, jedenfalls nennen sich diese selbst Kanaken, was schlicht >>Menschen<< bedeutet.

An einem Platz, der später Sacramento heißen wird (und zur Hauptstadt Kaliforniens emporsteigt), treffen sie auf Indianer. Sutter erklärt ihnen, dass sie nichts von ihm zu befürchten haben werden, im Gegenteil, er will ihnen helfen, ihr Leben durch intensive Landwirtschaft zu verbessern. Hier liegt Bood nun völlig falsch, denn die Auflagen des Gouverneurs sahen vor, die ortsansässige indianische Bevölkerung zu vertreiben. Daran hat sich Sutter gehalten und bald war sein >>Neu-Helvetien<<, wie er sein Siedlungsgebiet nannte, völlig Indianerfrei.








Oben abgebildete Szene hat mich völlig verwirrt und am den Quellen des Comicautoren zweifeln lassen. Erst einmal gab es keine Indianer in Sutters Neu-Helvetien, weit und breit überhaupt keine mehr, und wenn doch, wie kam Bood darauf, sie beim Essen am Schweinetrog zu zeigen und: „Wie eine Herde Schweine lärmend und schmatzend räumen sie die Tröge sauber aus. An manchem klaren Frühlingstag kann sich der Koch viel Arbeit ersparen. Dann schickt er seine (?) Stammesgenossen in die grünen Wiesen hinaus, wo sie sich an einem besonderen süßen Kleeblatt sattessen.“ zu schildern. Das ist schon mehr als grenzwertig, abartig! ist die treffendere Bezeichnung.








Am 28. Januar 1848 kommt James Marshall, ein Zimmermann von einer der neuen Mühlen zu Sutter und zeigt kleine Goldkörner, die im Bach bei der Mühle zu Tage getreten sind. Sutter versucht noch, diesen Fund geheim zu halten, weil er weiß, was ansonsten passieren würde, aber der Gang der Dinge ist nicht aufzuhalten. Selbst in den damaligen Internetlosen Zeiten sprechen sich solche Neuigkeiten in aberwitziger Geschwindigkeit rund um den Erdball herum. In kurzer Zeit treffen Goldsucher in Scharen auf Neu-Helvetien ein und wühlen das Unterste nach Oben. Ein Beispiel für die Gier nach dem Golde und deren Auswirkungen zeigt die in kürzester Zeit fertig gestellte Eisenbahnverbindung in der Nähe des heutigen Panamakanals, der die Passage von der Ostküste der USA nach Kalifornien um 2-3 Wochen verkürzte. Sutter versuchte sich gegen die ungezügelte Zuwanderung zu stemmen, aber er erhielt vor Gericht kein Recht, weil der damalige Gouverneur Alvarado im zwar erlaubt hatte, sich Land zu suchen, aber die Besitzurkunden dazu wurden nie in ein Grundbuch eingetragen.

Etwas abseits vom Goldtrubel, der seinen Besitz in Neu-Helvetien völlig verwüstete, versuchte er mit der Hook-Farm einen Neuanfang. Seine Frau und Kinder ließ er nachkommen, aber er faste nie wieder richtig Fuß. Schließlich ging er nach Washington und versuchte in jahrelangen Prozessen das auf seinem Land gefundene Gold vom Staat ersetzen zu lassen, vergebens. Eine Rente sollte ihm dann doch zugestanden werden, aber auch das verzögerte sich und so starb er 1880 arm und Mittellos und hätte doch um ein Haar der reichste Mann der Welt werden können.

All das hat Bood recht flott zu Papier gebracht, inhaltlich einiges allerdings fragwürdig und sehr, sehr gekürzt. Auf der zweiten Umschlagseite ist ein von ihm gezeichnetes Portrait Sutters abgebildet. Darunter steht: Johann Heinrich Sutter. Wer hier den August durch Heinrich vertauscht hat, wird sich wohl nicht mehr ergründen lassen. 

Die Seiten 3, 4 und 32 zeigen eine Erzählung aus einem Goldrausch am Pikes Peak in Iowa. Interessant daran erscheint mir nur der Name der Felsenformation, den es gibt einen Comic in wenigen Exemplaren, der dort in den 1940er Jahren von deutschen Kriegsgefangenen gezeichnet und gedruckt wurde.

Die Nachbestellliste auf der Seite 32 gibt nunmehr nur noch das Heft Nummer 9 als tiefste Ausgabe an.

Die dritte Umschlagseite ist dem nächsten Heft gewidmet: >>Der Löwe von Flandern<<, das von dem Bestreben der Franzosen Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts handelt, das Land Flamen (heute Bestandteil Belgiens) an sich zu reißen.

Ein Sioux-Indianer-Häuptling ist von Wäscher auf der allerletzen Seite als Reklamebeitrag von Peligom-Alleskleber abgebildet. Warum in einem Heft über Kalifornien ein Sioux herhalten muss … na ja, immerhin sieht der recht malerisch aus.

Unter dem Titel >>Der Kaiser von Kalifornien<< drehte Luis Trenker 1938 mit sich in der Hauptrolle einen Spielfilm. Die Aufnahmen dazu wurden sogar in den USA an den richtigen Stellen hergestellt.
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Alt 21.01.2017, 18:02   #13  
Detlef Lorenz
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Nummer 48


Der Löwe von Flandern, Der Freiheitskampf der Flamen








Das vorliegende Heft ist hier eigentlich fehl am Platz, es gehört eher in die >>Illustrierte Klassiker<< - Reihe, als in die >>Abenteuer der Weltgeschichte<< - Serie. Der Stoff für die Geschichte Der Löwe von Flandern ist komplett – und gekürzt – dem gleichnamigen Roman De leeuw van Vlaenderen, 1838, von Hendrik Conscience (1812 – 1883) entnommen. Er beschreibt einen Aspekt aus den Eroberungsplänen der französischen Könige, die das reiche Flandern (Tuchindustrie) ihrem Herrschaftsbereich eingliedern wollten. Der Texter des vorliegenden Heftes entnahm seine Informationen, die in der „Schlacht der Goldenen Sporen“ gipfelte, ausschließlich dem Roman.








Ich habe bei meinen Recherchen Widersprüche zu den handelenden Personen, zu den Truppenstärken und ihren Verlusten und den Auswirkungen, die das Gemetzel insgesamt, auf die Geschichte Flanderns hatte, gefunden: Phillip der Schöne, König von Frankreich, hat den flandrischen Grafen Gwide* wegen Hochverrats eingekerkert. Anschließend lässt er Flandern und insbesondere Brügge besetzen. Die Bürger fühlen sich gedemütigt, tatsächlich aber verdienten sie bisher am Tuchwarenhandel mit England immens, was nun in Phillips Taschen wanderte**. Phillip hatte dieses Monopol kassiert, was im Heft komplett verschwiegen wird. Immer wieder ist von den französischen Unterdrückern zu lesen, aber nie wird auf diese Ursache eingegangen – außer dem >>Hochverrat<< Gwides. Wie auch immer, es kam 1302 zur sogenannten >>Brügger Frühmette<<, bei der alle französischen Einwohner der Stadt von den Flamen umgebracht wurden. Wie viel es waren, ist wohl unklar, im Heft wird von 5000 ausgegangen. Bei rund 30 000 Bewohnern, die Brügge im Mittelalter insgesamt hatte, wäre dies ein regelrechter Genozid... Etwas bezweifeln tue diese Zahl schon, denn für das unmittelbar darauf folgende Ereignis, die >>Sporenschlacht<<, gibt es Zahlenangaben, die so auch nicht stimmen können.








Phillip stellte nach dem Massaker ein Heer auf, dessen Anführer Robert Graf von Artois war, im Heft ist es ein St. Pol (?). Diese Armee soll aus 60 000 Mann bestanden haben, allein 1000 Ritter neben 3000 „erlesenen“ Soldaten zu Pferd, sagt jedenfalls der Hefttext. Über die flämische Truppenstärke, die hauptsächlich aus Bürgermilizen bestand (historisch!) wird nichts berichtet. Soweit ich dazu etwas gefunden habe, scheint es sich wohl tatsächlich um 8000 französische und 9000 flämische Krieger gehandelt zu haben. Das scheint mir auch glaubwürdiger, denn 60 000 Mann zusammen zu ziehen und allein zu versorgen, dürfte im Mittelalter nicht so leicht möglich gewesen sein, jedenfalls nicht so ad hoc.

Die Flamen hatten den Kampfplatz gut gewählt, ein sumpfiges Gelände behinderte die französischen Ritter in ihrer Bewegungsfreiheit ungemein. Grade, als es um die Flamen schlecht stand, erscheint der Goldene Ritter, der Löwe von Flandern, auf dem Kampfplatz und brachte allein durch seine Erscheinung die Wende im flandrischen Kampfesmut; das ist allerdings pure Prosa, denn einen solchen hat es nicht gegeben. Trotzdem fand ein ziemliches Gemetzel statt, im Heft ist von 100% die Rede – also die gesamte französische Streitmacht!? Tote Flamen werden zwar erwähnt, aber keine Zahlen angegeben. Die Geschichtsquellen sprechen von 1000 Mann, davon allein 700 Ritter, während die Flamen rund 100 Tote zu beklagen hatten (das Gelände war für eine Reiterei halt extrem ungünstig.

Und was hat das alles letztlich gebracht: nichts! Die Flamen mussten sich 1305 erneut der französischen Herrschaft unterwerfen. Und so gingen die Auseinandersetzungen um flandrischem Boden weiter und weiter, die Menschen starben und starben und für was…?

Auf der 2. Umschlagseite ist an Stelle der sonst üblichen Portraits der Hauptpersonen ein >>Flämischer Ritter mit Wappenbanner<< hoch zu Ross und in vollem Harnisch abgebildet. Dafür fehlt auf der letzten Umschlagseite die Peligom-Reklame.

In einer zweiseitigen Einleitung „Flandern und die Flamen, Ein geschichtlicher Überblick“ taucht mal wieder das >>germanische Grenzland“, „das immer zuerst den Angriff (…) von einem romanischen Volke, und da vor allem vom französischen“, auf. „Das flämische Grenzland löst sich aus dem deutschen Verband, zu dem es durch seine niederdeutsche Herkunft an sich gehört.“ „Frankreich hat Flandern oft angegriffen (…) wir erleben das in diesem Heft in aller Ausführlichkeit.“ Interessant und verräterisch ist folgende Passage: „Schon im 3. Jahrhundert dringen fränkische Stämme in den Norden Flanderns ein, schaffen hier bäuerliche Siedlungen und bewahren ihr germanisches Wesen. Bereits im 4. Jahrhundert überschwemmt die Flut der germanischen Völkerwanderung das ganze Land und gibt ihm einen starken germanischen Charakter, der bis in unsere Tage weiterlebt.“ Also haben nicht nur die Römer und die Franzosen (beides Romanen) Flandern angegriffen, sondern die Germanen, erst die Franken und dann die wandernden Restgermanen in riesigen Kohorten die ursprüngliche Bevölkerung angegriffen, dominiert und letztendlich assimiliert. Nun versuchen die Franzosen etwas ähnliches und das ist verwerflich -

In der Vorschau auf die kommenden Hefte, Seite 34, fällt der Titel für das Heft 57 auf: er lautet „Kabel zu neuen Welt“. Wie man sich denken kann, geht es um eine Kabelverbindung zwischen Europa und (Nord)Amerika. Immerhin wurde ein erstes bereits 1857/58! verlegt, es hielt allerdings aus technischen Gründen nur einige Wochen. Weitere Verlegungen waren da erfolgreicher, die längste Lebensdauer hatte ein 1874 für Siemens verlegtes Kabel, das bis 1931 seinen Dienst tat! Wäre ein interessantes Thema gewesen, nicht nur pure Beschreibung von Schlachtgetümmeln, stattdessen erschien ein Heft über die französische Revolution.

* Da mein holländisch/flämisch eher mau ist und ich auch nichts passendes gefunden habe, vermute ich, dass >>Gwide<< flämisch für >>Guido<< ist, dann würde der historische Kontext nämlich passen.

**Die Auseinandersetzungen um den lukrativen flämischen Tuchhandel führten u.a. direkt zum 100jährigen Krieg (1337 – 1453) zwischen England und Frankreich, bei dem Erbstreitigkeiten allerdings auch eine Rolle spielten.
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Alt 02.03.2017, 21:07   #14  
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Also, ich hab's gesehen. Ich komm ja ursprünglich auch aus Horrorhaus-City.
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Alt 03.03.2017, 13:00   #15  
Schlimme
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Jetzt habe ich statt "starke sächsische Streitkräfte" "stark sächselnde Streitkräfte" gelesen. Muss wohl einen starken Kaffee trinken.
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Alt 04.03.2017, 07:50   #16  
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775 besetzten die Franken beiden Weserseiten der damaligen Siedlung an der Furt, aus der später die Stadt Höxter hervorging. Die meisten "Sachsen" - ich glaube, es war eher ein sächsischer Stamm - starben bei der Verteidigung ihres Gebietes gegen den christlichen Eindringling.
Etwas südlich von hier, auf dem westlichen Ufer erhebt sich auf dem Stadtgebiet der Brunsberg (ja, liegt bei Bosseborn). Dort sind im Wald zahlreiche Hügelgräber vorhanden. Und vor einigen Jahren fanden dort auch Ausgrabungen statt, die Fundamente einer "Burg" freilegten. Diese hat mit mittelalterlichen Burgen aber nicht viel zu tun. Von dort kann die Weser in südlicher und nördlicher Richtung, sowie der Sollingrand (der damals sicherlich komplett bewaldet war), beobachtet werden.
Unterhalb der Brunsburg soll es zu der Schlacht gekommen sein. Ein Gemälde von 1704 zeigt die Szenerie in freier Phantasie:




Karl der Große hat hier keinen großen Stellenwert, da er uns unterwarf und nicht befreite.
Egal: Uns ist zumindest eine große Aufmerksamkeit im Dritten Reich erspart geblieben. Verden an der Aller war 782 erorbert worden und musste das Gedenken daran in den 30er Jahren noch ertragen.

Detlef für die Weserszene

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799

Geändert von underduck (04.03.2017 um 12:51 Uhr)
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Alt 09.03.2017, 14:57   #17  
Detlef Lorenz
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Bevor ich mit dem neuen Heft weitermache, wollte ich schon meiner leichten Verwunderung Ausdruck geben, dass sich niemand an meiner doch recht harschen Kritik an Karl dem sogenannten Grossen gerieben hat? In der Schule habe ich noch gelernt und in so gut wie jedem Geschichtsbuch auch nachgelesen, dass Karl der Schöpfer Europas war, und nun stelle ich ihn hier als kriegssüchtigen, machbesessenen Kriegstreiber dar. Und, "trotz der dauernden Kriege gegen die Sachsen (...) fand er noch die Zeit (Donnerwetter!) sich um den inneren Ausbau des Reiches zu kümmern." In Aachen beginnt der Bau des Münsters -wahrscheinlich aus mit aus (ehemals römischen) Europa zusammengeklaubtem Material. Na ja, usw.!?
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Alt 09.03.2017, 15:02   #18  
underduck
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Ähem ... hatten wir im CGN nicht beschlossen Themen mit Religion und Politik zu meiden ...
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Alt 09.03.2017, 15:24   #19  
Detlef Lorenz
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Sicher hast du recht, aber ... Immerhin beschreibe ich hier ja ein geschichtliches Ereignis, dass nicht nur rund 1200 Jahre zurück liegt. Die Zeit Karls - und alle vergangenen Epochen - sind für den aktuellen Zustand nicht nur Europas schon von Belang. Und ich wollte auch nur zum Ausdruck geben, dass sich mein eigenes Geschichtsbild in manchen Aspekten im Laufe der vergangenen Jahrzehnte gewandelt hat.

Auch die "Heldentaten" eines Arminius sehe ich z.B. heutzutage völlig Konträr zu meiner schon Jahrzehnte zurückliegenden Schulzeit. Die "Abenteuer der Weltgeschichte" vermittelten das damals vorherrschende Leitbild der Geschichtesschreibung. Da sich an diesem in den Jahren etwas geändert hat, finde ich für mich als Pflicht, darauf hinzuweisen. Das hat nichts mit politischen oder religiösen Diskussionen, geschweige denn Disputen zu tun. Da achte ich schon selber drauf und es liegt mir auch daran, dass so etwas nicht aus dem Ruder läuft.!
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Alt 09.03.2017, 15:30   #20  
underduck
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Ich hatte das auch eher mit Humor gesehen.
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Alt 09.03.2017, 20:49   #21  
guenkos
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Zitat:
Zitat von Detlef Lorenz Beitrag anzeigen
Bevor ich mit dem neuen Heft weitermache, wollte ich schon meiner leichten Verwunderung Ausdruck geben, dass sich niemand an meiner doch recht harschen Kritik an Karl dem sogenannten Grossen gerieben hat? ...
Muss man das?
Du machst hier einen verdammt guten "Job".
Du weist auf falsche Details hin (z. B. falscher Krönungsschmuck).
Du weist auf im Comic dargestellte Handlungsabläufe hin, die nicht den geschichtlich belegten entsprechen oder zumindest fragwürdig sind.
Du äußerst auch Deine Meinung zu den geschichtlichen Abläufen und übst Kritik aus heutiger Sicht; dies verdeutlicht dem Leser den "Zeitgeist", in dem diese Comics entstanden sind.
Das alles ist m. E. sinnvoll.
Es kann aber nicht Sinn eines Comicforums sein, geschichtliche Interpretationen auszudiskutieren. Das Thema heißt nur "Comics". Wenn wir damit anfangen, diskutieren wir uns noch zu Tode ... Das dezimiert aber die Anzahl Deiner Leser!
Weitermachen!
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Alt 11.03.2017, 22:08   #22  
Detlef Lorenz
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Nummer 53


Die Seidenstrasse, Das Geheimnis im Pilgerstab






„Die“ Seidenstraße gab es schon mal nicht! Sie war eine Handelsroute, die sich je nach politischen und klimatischen Bedingungen änderte. Im Heft wird sehr lang auf den Beginn der Seidenraupenzucht eingegangen. Vom legendären Chinesischen Kaiser Schen nung (ca. 3000 v.d.Z.) oder Shennong, der allerdings mehr mythisch ist und die Zucht der Seidenraupen im großen Stil voran treibt, springt der Bericht zum Kaiser Huang ti, der unter Todesstrafe die Ausfuhr des Maulbeerbaumsamens, dessen Blätter die Seidenraupe frisst, stellt, geht die Zeitreise weiter bis Alexander dem Großen (um 280 v.d.Z.), ohne das bis zur Seite 26 etwas zur „Seidenstrasse“ selber ausgesagt worden ist – schon sonderbar.








Selbst Nero spielt mit, ab der Seite 25 sieht man ihn, wie er ein Fischernetz in den Händen hält. „Erfreut kehrt er an seinen Teich zurück und findet dort ein neues Netz vor. Er nimmt es zwischen seine dicken, kurzen Finger (was soll das „Monster“ Nero auch sonst für Extremitäten vorweisen). Es besteht aus asiatischen Goldfäden, es ist geschmeidiger als alle anderen Netze vorher. Seide und Gold sind miteinander verbunden. Oh, das muß einen schönen Stoff für die Frauen geben!“ denkt er sich. Immerhin gesteht ihm der Autor zu, auch an andere zu denken, als nur an sich selbst. Aber das er hier, lt. Text im Jahre 58, zum ersten Mal mit Seide in Berührung kommt, ist natürlich falsch.

Eine Art Seidenstraße gab es schon Jahrhunderte zuvor und lange, bevor der Festlandsweg durchs innere Asiens ungefähr im dritten Jahrhundert zwischen China und dem Westen offiziell eröffnet wurde: Der Seeweg von chinesischen Häfen aus über Indien und entweder in den Persischen Golf hinein und von dort an die Mittelmeerküste, oder durch das Rote Meer nach Ägypten, waren schon lange zuvor die Hauptverkehrswege von Ost nach West und umgekehrt. Nebenbei wurde natürlich nicht nur Seide transportiert, dann würden ja die Karawanen oder Segelschiffe zurück leer fahren, sondern diverse Güter und Ideen. Aus dem Osten kamen auch Jade, Porzellan, Lacke nach dem Westen und umgekehrt erreichten China Gold und Glas. Selbst Religionen verbreiteten sich über den Verkehrsweg: der Buddhismus gelang aus Indien nach China und Japan, und das Christentum fand ebenfalls in China, vor allem aber in Korea seine Verbreitung. Von alledem ist im Heft nicht die Rede.








Den weiter oben erwähnten Alexander aus Mazedonien sehen wir hier … hier? Sind das nicht Römer? Der Kleidung nach ja, aber es soll sich um die Makedonen und ihre Verbündeten handeln. Seltsam, aber so ist es gezeichnet. Auch seine Schlachten an Indiens Westen und der Abzug nach Hause wird behandelt, aber was das mit der Seidenstraße zu tun hat (von Roxanes Seidenkleid, das Alexander bewundert, mal abgesehen)?

Auch Alarich und seine Westgoten (um 400), sieht man in 2 Bildern auf den Straßen Roms. Sie verlangen Tribut, bekommen ihn, aber es ist nur von Gold und Silber und 4000 kostbaren Gewänder die Rede, Seide explizit wird nicht erwähnt.

Zu guter Letzt ist von Justinian (+565) die Rede: dieser Oströmische Kaiser gilt als der letzte der antiken Herrscher, nach ihm war die Fiktion eines Römischen Reiches endgültig vorbei; aber das nur am Rande. Zu Theodora, der Gattin Justinians kamen zwei Mönche, die ihr versprachen, dass sie die Grenzblockade der Perser (natürlich der Sassaniden) gegenüber China und damit dem Erliegen des Seidenhandels umgehen könnten. Sie versprachen Eier der Seidenraupe aus China nach Byzanz herauszuschmuggeln und zwar in ihren … Pilgerstäben, womit wir den rätselhaften Titel endlich erklärt haben  Es gelang ihnen natürlich, obwohl es wissenschaftlich mehr als zweifelhaft ist, dass die Eier die monatelange Reise lebendig überstanden haben können. Auf jeden Fall aber beginnt mit Justinian – und Theodora – die Seidenraupenzucht im Westen und damit endet der Comicteil des Heftes.

Zusammengefasst würde ich sagen: „Thema verfehlt“ setzen! Klar war das alles interessant, selbst die Plattitüden mit Nero und den römischen Mazedoniern, aber weshalb dafür die Seidenstraße als Titelgeber herhalten muss …

Die Bezeichnung „Seidenstraße“ gibt es nicht von alters her, sie ist eine moderne Sprachschöpfung: der deutsche Geograf Ferdinand von Richthofen (1833-1905) benannte diesen Handelsweg so. Fehlt mir auch im Heft.

Auf der 2ten Umschlagseite ist eine Zeichnung der Entwicklung des Seidenraupenspinners dargestellt.

Die Seiten 3,4 und 32 behandeln China, Land und Leute. Zwar nett geschrieben, aber schon damals, im Mai 1957, war es schon nicht mehr ganz aktuell, es wurde nicht auf Mao und den kommunistischen Umbruch eingegangen.

Endlich heißt der Titel des Heftes 57 nicht mehr „Kabel zur neuen Welt“, sondern den dann tatsächlichen „Die Guillotine regiert“.

Ab dem Heft 13 kann man nachbestellen, siehe Seite 34.

Die Vorschau auf der 3ten Umschlagseite ist „Käpt´n Huck, Forscher zwischen Korallenbänken und Eisbergen“ gewidmet.

Ein chinesischer Mandarin muss als Uniformträger durch die Jahrhunderte herhalten (Reklame für Peligom).
Detlef Lorenz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.04.2017, 16:06   #23  
Detlef Lorenz
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Nummer 54


Käpt`n Cook, Forscher zwischen Korallenbänken und Eisbergen







Im Grunde gibt es über James Cook (1728-1779) nicht viel zu sagen. Nun gut, er hat mit seinen drei Expeditionen – und der Hilfe seiner Mannschaft – bewiesen, dass es den lange vermuteten südlichen (riesigen) Kontinent nicht gibt. Die damaligen Wissenschaftler hatten aus der Tatsache, dass die Oberfläche der Nordhalbkugel von großen Landmasse gebildet wird, es als Gegengewicht sozusagen ein Pendant im Süden geben müsse.








Cook segelte soweit nach Süden, wie es nur ging und Eisberge die Weiterfahrt mit den damaligen Segelschiffen unmöglich machte. Nirgends fand er eine Landmasse, die schon vor ihrer (Nicht-)Entdeckung vermutete und getaufte >>Terra Australis<<.








Auch die, in diesem Fall Nord-Ost-Passage vom Pazifik zum Atlantik nördlich um den amerikanischen Kontinent herum, schaffte er aus klimatischen Gründen nicht, wie viele nach ihm ebenfalls.

Sein Wesen soll sehr herrisch gewesen sein, allerdings das seiner Besatzung ebenfalls, jedenfalls den Einwohnern der Südsee gegenüber (was im Heft auch nicht verschwiegen wird). Auf Hawaii, der Hauptinsel des gleichnamigen Archipels, benahmen sie sich derart daneben, dass sie gewaltsam vertrieben wurden und Cook dabei zu Tode kam. Erinnert mich schon an Ferdinand Magellan (siehe Heft 49).

Auf jeden Fall erweiterten die 3 Fahrten von Cook das Wissen um die Gestalt der Erde enorm. Im Grunde war danach das Verständnis und das Wissen um das Verhältnis zwischen Festland und Meer jetzt klar, Erforschungen beschränkten sich von nun an auf das Innere der Kontinente. Eine schöne Karte der pazifischen Welt beendet die Geschichte zu James Cook.

Die Seite 3 und 4 bringt einen Artikel über >>Koralleninseln<<. Cook hatte mit ihnen zu tun.

In der Leserbriefseite geht >>Euer Hans-Jürgen<< auf den Wunsch eines Lesers ein, der Geschichten zu den Filmen „Der Eiserne Ritter von Falworth“, Die nackte Geisel“, Der schwarze Prinz“ oder „Quentin Durward“ in den Abenteuern der Weltgeschichte haben möchte. Da es sich hier überwiegend um verfilmte Literatur handelt, lehnte Hans-Jürgen bedauernd ab. Er hätte natürlich auf die Illustrierten Klassiker verweisen können, aber das scheint dann wohl etwas zu viel verlangt.

Die Nachbestellliste reicht bis zum Heft 14 zurück.

Die dritte Umschlagseite stellt das nächste Heft vor, das Pionieren der Luftfahrt gewidmet ist.
Detlef Lorenz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.07.2017, 17:26   #24  
74basti
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Wer hat den Unsinn denn damals getextet?


"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
74basti ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.07.2017, 17:39   #25  
Armin Kranz
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@ Detlef

Der amerikanische Bürgerkrieg war von 1861-1865, du meinst bestimmt den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg.

Auf dieser Ebene darf man auch nicht Übersehen, das Frankreich auf der einen Seite von 1756-1763 sich gemeinsam mit Rußland und Österreich im Kriege gegen Preussen befand und auf der anderen Seite im selben Zeitraum sich in den damaligen amerikanischen Kolonien im Krieg mit Großbritannien befand. Beide Kriege konnten nicht gewonnen werden, bzw. gingen verloren. Diese Kriege dürften die französiche Wirtschaft auch schon extrem belastet haben.

_______________________
Grüße aus der Bibliothek
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