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Alt 15.07.2018, 11:43   #1  
thetifcat
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Nun ist die Steve Ditko Zeit zu Ende und die Zeit von John Romita beginnt. Für mich ist John Romita der Mann der auf den Grund soliderem Fundament von Steve Ditko den Spider Man kreiert hat, den ich bis heute liebe. Auch was die Spannung und Entwicklung der Figuren angeht, so im Besonderen des Grünen Kobolds und SM/Peter selbst und seine Freunde, machten fasst alle einen großen Sprung bei Romita. Auch nach erneuten Lesen hat mich keiner der Grünen Kobold-Hefte überzeugt. Im Gegenteil ich fand diese durchweg langweilige. Peters Hauptgegner war bei Steve ganz klar Doc Octopus. Das sollte sich unter Romita ganz schnell ändern.
Ich habe ja Peters Reise durch Die Spinne Hefte der Williams zum Anlass genommen mitzulesen. Wie schon einmal gezeigt, nutze ich dies auch um meine persönliche Best of Liste zu erstellen. Vor dem Lesen hätte ich die ersten 10 Nummern wohl höher gewertet.
Hier meine 10 best of und das Ende der Liste
1) 33 W34 Doktor Octopus
2) 32 W33 Doktor Octopus
3) 31 W32 Doktor Octopus/Patch
4) 18 W20 Sandman
5) 12 W14 Doktor Octopus
6) 9 W11 Elektro
7) 6 W 9 Echse
8) 29 HIT 1 Skorpion (nicht bei Williams ers.)
9) 25 W27 Spencer Smythe / JJJ
10) 24 W26 Mysterio

34) 38 W39 Joe
35) 36 W37 Looter
36) 30 W31 Cat Burglar
37) 10 W12 Die Vollstrecker / Big Boss
38) 5 W 7 Doktor Doom
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Alt 15.07.2018, 14:32   #2  
Phantom
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Zitat von thetifcat Beitrag anzeigen
Nun ist die Steve Ditko Zeit zu Ende (...)
Ja, sogar in zweifachem Sinne. Ich will da auch nochmal kurz innehalten. Es geht ja bei diesem Thread auch darum, das eigene Erleben der Williams-Hefte mit dem heutigen Leseerlebnis zu konstrastieren. Ich habe einige Ditko-Stories vor etwa 40 Jahren bei Williams gelesen, die restlichen dann vor etwa 20 Jahren (zum Teil oberflächlich) in den Essentials. Jetzt habe ich zum ersten Mal alle Geschichten chronologisch und tatsächlich gründlich gelesen. Können wir uns schon mal verabreden, in 20 Jahren alles noch einmal von vorne durchzugehen? Vielleicht haben wir bis dann ja schon alles vergessen und können "neue" Ditko-Geschichten genießen.

Weil ich erst mit Band 12 in die Sammelbände eingestiegen war, hatte ich als Kind sehr wenige Ditko-Hefte gesehen, bis es mit Romita losging. Romita hatte ich dann parallel in den Sammelbänden und den "aktuellen" Einzelheften am Kiosk verfolgt. Ganz selten bekam ich noch alte Ditko-Hefte in die Sammlung. Ich glaube, ich fand als Kind die Zeichnungen von Romita schon schöner, aber die Ditko-Ausgaben waren geheimnisvoller und (wegen der Seltenheit) für mich wertvoller. Dass ich ausgerechnet mit Spinne 34 als zweitem Heft, also (für mich und viele andere) dem Höhepunkt der Ditko-Ära einstieg, kam noch dazu. Ich hatte gedacht, dass die mir noch fehlenden Hefte genauso toll sind (was sich später als falsch herausstellte).

Eine nüchterne Einordnung des Ditko-Runs fällt mir nicht ganz leicht. Ditko ist bei mir einfach mit Williams verbunden, mit dem Geruch und dem Gefühl des rauen Papiers, mit der einzigartigen persönlichen Ansprache durch die Redaktion, mit dem Hochgefühl, an irgendeinem Kiosk in der Provinz einen alten Marvel Superband mit neuen alten Heften entdeckt zu haben.

Aus "erwachsener" Sicht ist da zum einen die große Leistung, zusammen mit Lee einen Superhelden mit ungewöhnlichen Charakteristika geschaffen zu haben, der die Jahrzehnte überdauert hat. Zum anderen sind manche Geschichten aus heutiger Sicht doch recht hausbacken mit immer gleicher Storyline (irgendjemand bekommt durch Zufälle Superkräfte, beschließt sofort, die Welt erobern zu wollen, trifft auf Spider-Man und wird besiegt). Ich bin froh, mich durch diesen Thread aufgerafft zu haben, den kompletten Ditko-Spider-Man am Stück zu lesen, aber bis auf einzelne Geschichten (wie Williams 34) könnte ich einem absolutem Comic-Neuling das Lesen nicht unbedingt empfehlen. Das ist einfach wie mit vielen Schwarz-Weiß-Gangsterfilmen, die den heutigen Sehgewohnheiten auch nicht mehr standhalten können, aber von den Leuten, die sie damals als Kind oder Jugendlicher gesehen haben, für immer wertgeschätzt werden (Dritter Mann, irgendwer?).
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Alt 15.07.2018, 17:13   #3  
Peter L. Opmann
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So, hier mein Fazit des Stan Lee/Steve Ditko-Runs:

Als Kind habe ich keine Zeichenstile verglichen. Mir wäre nie in den Sinn gekommen zu fragen, ob Steve Ditko besser war oder die Zeichner, die nach ihm kamen. Aber die Williams-Marvels waren vor 1980 die einzigen Comics, in denen Autoren und Zeichner so augenfällig angegeben waren. Es wurde ja ein Kult daraus gemacht. Und mir fiel irgendwann, schon als Jugendlichem, auf, daß die verschiedenen Marvel-Zeichner jeweils ihre eigenen Kennzeichen hatten, etwa Hand-Haltungen, Posen, Faltenwürfe, Arten von Gesichtern. Das half mir, selbst Zeichner zu werden; ich lernte, wie man solche Dinge im Comicstil zeichnet. Der eigenwilligste Stil war der von Jack Kirby, aber ähnlich fiel mir auch Ditko auf.

Wie schon erwähnt, ist Ditkos großes Verdienst, daß er die Spinne mit ihrem drahtigen Körper, ihrer Akrobatik und dem aus dem Rahmen fallenden Kostüm (der Maske mit den leeren Riesenaugen) entwarf. Er hat nach dem Debüt in „Amazing Fantasy“ noch Details hinzugefügt, aber er mußte das endgültige Erscheinungsbild der Figur nicht erst über mehrere Ausgaben hinweg finden. Bei Jack Kirby dagegen haben sich Figuren im Lauf der Zeit manchmal sehr verändert (etwa Ding von den FV).

Ditko war aber ein Zeichner aus den 1950er Jahren. Er hatte bei „Amazing Spider-Man“ wohl das Pech, daß sich die Mode Mitte der 1960er Jahre ziemlich wandelte, er aber nur mühsam und schleppend darauf einging. Peter Parker war zu Beginn ein überzeugender Teenager, schon um Ausgabe # 25 aber nicht mehr. Erst zum Ende hin hat Ditko ihn etwas lässiger gemacht. Mit Jugendkultur hatte er sicher nicht viel Berührung. Es wäre aber wirklich visionär gewesen, wenn Ditko ihm schon 1965/66 lange Haare und Schlabberlook verpaßt hätte. Sehr gut gefallen mir Ditkos Splash-Pages. Die sind ein Markenzeichen von ihm und sind immer sowohl grafisch ansprechend als auch dekorativ. Seine Cover sind dagegen mal gut, mal weniger.

Ditkos Storytelling finde auch ich nicht so gut. Ich möchte behaupten, Stan Lee hätte das besser hingekriegt, wenn er Zeit gehabt hätte, die Episoden richtig zu schreiben und nicht nur zu texten. Anfangs richtet sich die Serie noch an jüngere Leser, ich würde sagen: Zwölfjährige. Auf sie sind die Storys zugeschnitten. Sie sind nicht sehr intelligent gemacht, aber das war wohl Absicht. Man muß „Spider-Man“ zugute halten, daß das Privatleben des Helden eine so große Rolle spielt wie in keiner anderen Marvelserie damals. Aber ich vermute, das war Stan Lees Idee. Ditko kann wohl damit nicht allzu viel anfangen, denn er läßt Peters Beziehungen – zu Betty, zu Liz, zu seiner Tante, zu Flash, zu Jameson – mal in die eine Richtung, mal in eine andere gehen. Manchmal haben diese Figuren eindrucksvolle Auftritte, aber Ditko verfolgt das meistens nicht weiter. Er hatte wohl die Vorgabe, daß sie alle möglichst immer wieder vorkommen mußten, und er ließ sie irgendwie vorkommen, ohne sich gründliche Gedanken darüber zu machen. Meistens waren ja auch die Hefte in sich abgeschlossen; das behinderte die planvolle Entwicklung der Handlung.

Die Gegenspieler: ich stimme zu, daß Doc Ock der eindrucksvollste unter ihnen ist, aber er ist in meinen Augen auch später noch ein Schurke der Spitzenklasse. Ock zog bei Tante May ein, und er verschuldete den Tod von Captain Stacy. Häufig waren die Superschurken in „Spider-Man“ zu Ditkos Zeiten aber tatsächlich nicht so aufsehenerregend. Er hatte eher einen Hang zu verrückten – oder verantwortungslosen – Wissenschaftlern und zu Verbrecherkönigen. Aber ihm ist weder eine Figur wie der verrückte Denker noch jemand wie Kingpin eingefallen. Ich glaube, er dachte wohl, Spider-Man ist ein so ungewöhnlicher Superheld, daß er keine Superschurken braucht. Aber auch hier gilt: Der Held gewinnt Kontur durch die Qualität seiner Gegenspieler.

Seltsam irgendwie: Ich hatte jetzt beim chronologischen Lesen den Eindruck, daß die Qualität der Ditko-Ausgaben sehr schwankt. Ich möchte jetzt zwar keine Favoritenliste aufstellen, aber ich sehe Williams-„Spinne“ # 33 und 34, 25, 13 und 14, 17, 20, 26 und von den frühen Ausgaben die # 8 als die wohl besten an. Dazwischen gibt es auch einige sehr schwache Episoden. Ditko gelingt es einfach nicht, der Serie richtige Kontinuität zu geben (nehmen wir mal an, daß er wirklich immer auch geplottet hat). Man ist versucht zu sagen: Er kann es doch, warum also die Durchhänger? Vielleicht hat es mit seiner Arbeitsweise zu tun – vielleicht hat er „Spider-Man“ mal mehr und mal weniger Priorität gegeben. Kirby dagegen hat sich in die Serien, die er gerade betreut hat, immer voll reingehängt. Aber vielleicht war es auch ganz anders…

Mir fällt gerade noch ein, daß Reinhold Reitberger Ditko zusammen mit Stan Lee im Comics-Handbuch auf Platz 50 der besten Comickünstler (aller Zeiten) sah; Wolfgang J. Fuchs setzte ihn sogar auf Platz 41, aber nur für seine Arbeit an „Doctor Strange“.

Geändert von Peter L. Opmann (15.07.2018 um 18:33 Uhr)
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Alt 15.07.2018, 19:08   #4  
Phantom
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Peter Parker war zu Beginn ein überzeugender Teenager, schon um Ausgabe # 25 aber nicht mehr. Erst zum Ende hin hat Ditko ihn etwas lässiger gemacht. Mit Jugendkultur hatte er sicher nicht viel Berührung. Es wäre aber wirklich visionär gewesen, wenn Ditko ihm schon 1965/66 lange Haare und Schlabberlook verpaßt hätte.
Warum war Peter Parker kein überzeugender Teenager? Er war eben ein guter, interessierter Schüler und später ein guter, interessierter Student. So etwas soll vorkommen. Ich war (20 Jahre später als Peter Parker) als Schüler und Student auch so, ich hatte auch nie lange Haare und hatte mit Jugendkultur, was das auch immer ist, ebenfalls keine Berührung. Für mich war und ist dieser Peter Parker der Ditko-Ära völlig überzeugend.
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Alt 15.07.2018, 19:24   #5  
Peter L. Opmann
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Zitat von Phantom Beitrag anzeigen
Warum war Peter Parker kein überzeugender Teenager? Er war eben ein guter, interessierter Schüler und später ein guter, interessierter Student. So etwas soll vorkommen. Ich war (20 Jahre später als Peter Parker) als Schüler und Student auch so, ich hatte auch nie lange Haare und hatte mit Jugendkultur, was das auch immer ist, ebenfalls keine Berührung. Für mich war und ist dieser Peter Parker der Ditko-Ära völlig überzeugend.
Also für mich wirkte er zu alt, vor allem als High-School-Schüler. Klar, soviel ich weiß, liefen 17- oder 18-Jährige auch bei uns damals mit Anzug und Krawatte herum und die Mädels mit Kostümen oder Etuikleidern. Aber Ditko war kein so guter Zeichner, daß er hätte verhindern können, daß die Schüler wie mindestens Mitte/Ende 20 aussahen. Das besserte sich etwas mit der gelben Weste, die Peter verpaßt bekam. Aber bei John Romita sah er dann eindeutig jünger aus, obwohl er immer noch ziemlich adrett gekleidet war.

Allgemein hatte ich immer wieder den Eindruck, daß Ditko eine Welt der 50er Jahre zeichnete.
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Alt 21.07.2018, 10:19   #6  
jakubkurtzberg
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Manchmal sagte Stan wohl auch nur, welcher Schurke in der nächsten Ausgabe auftauchen sollte und ließ die Künstler wie Jack Kirby uns Steve Ditko einfach machen. Die "Marvel-Methode" eben.
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Alt 22.07.2018, 20:45   #7  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 41

Erscheinungstermin: 9/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 40
2) Submariner # 1

Story-Titel:
1) Spinne rettet den Tag: Das Ende des Grünen Kobolds!
2) Jahre des Ruhmes… Tag des Untergangs!

Original-Storytitel:
1) The End of the Green Goblin!
2) Years of Glory… Day of Doom!

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Während es in der vorherigen Ausgabe darum ging, möglichst bruchlos an die Ditko-Ära anzuschließen, wird nun im Seriengefüge gründlich aufgeräumt. Wer ist eigentlich Norman Osborn? Wie kam es zur Feindschaft mit Prof. Stromm (siehe „Spinne # 38)? Wie stabil ist die Gesundheit von Tante May? Und wo steckt eigentlich Betty Brant? Diese offenen Fragen werden nun endlich beantwortet. Daher muß Stan Lee eines der dümmsten Superheldenklischees auswalzen: Der Superschurke hält dem gefangenen Helden einen Vortrag, während der die Zeit nutzen kann, sich zu befreien und zurückzuschlagen.

Lee muß allerdings ein Problem klischeefrei lösen: Was wird aus dem Grünen Kobold? Er und die Spinne kennen nun gegenseitig ihre Geheimidentitäten. Wie läßt sich verhindern, daß sie ausgeplaudert werden? Muß der Kobold sterben und Peter Parkers Geheimnis mit ins Grab nehmen? Der Titel deutet darauf hin: „Das Ende des Grünen Kobolds“. Wobei Williams ja auf dem Cover die differenziertere Aussage wählt: „Der Grüne Kobold kommt zu Fall“. Das ist auch das, was zu sehen ist: Der Kobold liegt wie George Foreman vor Muhammad Ali auf den Brettern. Sehr ungewöhnlich, daß nicht gezeigt wird, wie der Schurke den Helden bedroht oder schon fast besiegt hat. Das ist nur möglich, weil es um das Problem geht: Der Kobold mag ausgeschaltet sein, aber wie geht es mit ihm weiter?

Zunächst wird also alles erklärt: Osborn gesteht, daß er für Harry ein schlechter Vater war. Als Kobold hat er wieder mal eine recht fragwürdige Entstehungsgeschichte (wie „Joe“ zuvor). Hier stiehlt Osborn zunächst seinem Mitarbeiter Prof. Stromm eine Erfindung – eine grünliche Flüssigkeit, von der wir nicht erfahren, wozu sie eigentlich gut sein soll. Sie explodiert und verletzt Osborn. Er überlebt, hat bei dem Unfall allerdings wohl seinen Verstand verloren und verwandelt sich in den Grünen Kobold. Seine Stärke liegt hauptsächlich oder allein in allerlei technischen Gadgets (wie seinem Jetbesen, den Bomben, metallenen Fledermäusen und ähnlichem). Man kann sich vorstellen, daß diese Hilfsmittel dem Hirn eines Irren entsprungen sind, aber warum der Kobold böse ist, läßt sich höchstens dadurch erklären, daß seine Schuld, die Familie vernachlässigt zu haben, schwer auf ihm lastet.

Und dann sehen wir kurz Betty. Sie befindet sich im Mittleren Westen, hat aber inzwischen Heimweh nach New York, will in ihren alten Job zurück und Peter wiedersehen (an Ned Leeds, der ihr einen Heiratsantrag gemacht hat, verschwendet sie merkwürdigerweise keinen Gedanken). Aber sollte Peter irgendetwas mit der Spinne zu tun haben, fügt sie in prophetischer Weise hinzu, könnte sie es niemals ertragen. Der Kobold blickt inzwischen auch noch auf seine früheren Begegnungen mit der Spinne zurück. Damit reicht die Zeit für die Spinne, ihre stahlverstärkten Fesseln zu zerreißen. Es folgt ein Kampf, der anders als bei Ditko nicht bloß eine Prügelei ist; vielmehr setzt der Kobold seine vielfältigen Waffen ein. Schließlich gelingt es der Spinne, ihn gegen eine Stromleitung und Chemikalien zu schubsen, was noch einmal eine gewaltige Explosion ergibt, die den Kobold wieder zur Vernunft bringt. An seinen Kobold-Auftritt erinnert er sich nicht mehr – das Problem, wie Peters Geheimidentität gewahrt werden kann, ist also gelöst.

Dann gibt es jedoch einen Rückschlag: Peter kommt nach Hause und trifft auf den Hausarzt. Der macht ihm heftige Vorwürfe, weil er weg war, ohne Bescheid zu sagen, wo er steckt. Das habe Tante May so aufgeregt, daß sie beinahe gestorben wäre (so klingt’s jedenfalls). Etwas von ihrer verzweifelten Suche nach ihrem Neffen haben wir am Anfang der Story schon mitbekommen. Ich finde diese Reaktion von Dr. Bromwell dennoch ziemlich seltsam. Peter erhält keine Chance, sich zu rechtfertigen. Zudem haben einen Arzt die Umstände, unter denen jemand einen Herzkasper erleidet, nicht zu kümmern. Zu allem Überfluß ist Tante May kurz darauf wieder putzmunter. Aber die nächste Gesundheitskrise kommt bestimmt…

In diesem Heft wird ein Miniposter von Prinz Namor präsentiert, gezeichnet von Jack Kirby (ungenannt). Der Aquarius zeigt einige spektakuläre Unterseefunde vor. "Submariner" wird übrigens ab sofort von John Buscema gezeichnet. Auf der Leserbriefseite finden sich wieder mal ein paar interessante Informationen. Veronika aus Bremen moniert, daß Frauen in den Superheldenserien eine zu passive Rolle haben. Das finde ich gut beobachtet. Die Redaktion weicht aus mit dem Hinweis, Liebesgeschichten (mit Frauen in klassischer Rolle) seien doch gar nicht so schlecht, und dann gebe es ja auch starke Frauen wie Wanda, die Scharlachhexe, oder Madame Medusa. Außerdem verkündet sie, „in zirka drei Monaten“ würden die neuen Serien „Eiserner“, „Doktor Strange“, „Planet der Affen“ und „Grüne Laterne“ (DC) erscheinen. Auf der Vorschauseite tauchen die aber bereits auf – „die Zwei von DC“, „Grüne Laterne“ und „Horror“ werden allerdings vorerst nicht beworben. Schon jetzt hat das Heft ein etwas größeres Format.

Geändert von Peter L. Opmann (28.07.2018 um 08:41 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.07.2018, 14:52   #8  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 42

Erscheinungstermin: 9/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 41
2) Submariner # 1

Story-Titel:
1) Rhino rast rum!
2) ohne Titel (Jahre des Ruhmes… Tag des Untergangs!)

Original-Storytitel:
1) The Horns of the Rhino!
2) Years of Glory… Day of Doom!

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Dies scheint mir noch einmal eine Ausgabe zu sein, die nahe an der Ditko-Welt angesiedelt ist. Im Kern tritt hier wieder mal ein physisch ziemlich starker Gegner der Spinne auf, nämlich Rhino, der beim Kräftemessen dann aber doch in die Knie geht. Vorbereitet wird ein Duell mit John Jameson, dem heldenhaften Sohn Jonah Jamesons, der hier plötzlich aus der Versenkung auftaucht (in „Spinne“ # 2 haben wir ihn schon einmal erlebt). Privat stellt Peter Parker fest, daß ihn Betty Brant nach längerer Abwesenheit nun überhaupt nicht mehr anmacht. Und Tante May, eben von einer tödlichen Herzkrankheit genesen, hat nichts eiligeres zu tun, als ihn endlich mit Mary Jane Watson zu verkuppeln. Aber Gwen Stacy spielt auch eine gewisse Rolle.

Was gleich an Steve Ditko erinnert, ist die Splashpage, wo Rhino im Zentrum eines riesigen Spinnennetzes steht und die Spinne von hinten auf ihn zukrabbelt. Ein reines Schmuckbild also, wie es Ditko bevorzugte. Peter kauft sich zu Beginn ein Motorrad – sicher ein Versuch, ihn weiter zu verjüngen; ein Motorrad ist zu dieser Zeit ein wichtiges Utensil eines Halbstarken. Das heißt, er kauft es nicht, sondern schließt einen Ratenvertrag ab, also braucht er einen Bürgen, und da fällt ihm Jonah ein. Dem liegt zwar nichts ferner, als für irgendwen zu bürgen, aber er denkt sich: Damit habe ich Parker in der Hand und kann ihn für mich schuften lassen – was aber dann nicht so kommt.

Jameson hat zufällig gerade seinen Sohn John zu Besuch. Über die Spinne haben sie konträre Ansichten – John erinnert daran, daß die Spinne ihn einst bei einer Erdumrundung in einer Raumkapsel rettete. Aber John hat vor allem eine Neuigkeit für seinen Vater: Bei seinem Flug wurde er mit Weltraumsporen kontaminiert; niemand weiß, was sie bewirken, aber bisher hatten sie wohl keine Wirkung auf ihn. Unvermittelt wird nun auf Rhino übergeblendet, der irgendwo in der Wüste („an der Südgrenze der USA“) Amok läuft. Er brabbelt etwas von einem „Auftrag“. Nach seiner enttäuschenden Begegnung mit Betty wird Peter auf dieses brachiale Wesen aufmerksam. Während er überlegt, wie er dort hinkommen soll, wo Rhino wütet, kommt der nach New York, und nicht nur das: Er will ausgerechnet zu Vater und Sohn Jameson und nimmt den sporenverseuchten Sohn mit.

Nun ist es Zeit für Action. Wie bei Ditko prügeln Rhino und die Spinne lediglich aufeinander ein (viel mehr kann Rhino aber auch nicht). Die Spinne weicht immer wieder blitzschnell aus. Mit einer Art Judogriff bringt sie ihren Gegner schließlich zu Fall, und er ist erledigt. Jonah erscheint und will die Spinne sofort als Betrüger verhaften lassen. John ergreift wieder Partei für sie. Peter fällt inzwischen ein, daß er vergessen hat, Fotos von Rhino zu machen (was ihm JJJ aufgetragen hatte), aber sein neues Motorrad läßt ihn das schnell vergessen. Peter knattert zur Uni, wo Gwen aber von der Maschine wenig begeistert scheint. Gegenüber Flash verteidigt sie ihn aber weiter. Und dann versucht Tante May, endlich Peters erstes Date mit Mary-Jane festzuklopfen. Laut Vorankündigung wird sie im kommenden Heft nun erstmals richtig auftreten.

Es fehlt ein Hinweis auf das Woher und Wohin und den Auftrag von Rhino. Diese Dinge bleiben aber wohl auch in der nächsten Ausgabe ziemlich im Dunkeln. Das ist der Schwachpunkt dieser Episode. Rhino ist ein ziemlich austauschbarer Superschurke ohne Profil und ohne Motivation. Wir haben die Vorbereitung der Auseinandersetzung mit John Jameson und diverse Anekdoten aus Peters Privatleben. Diese Dinge bleiben aber so bruchstückhaft, wie sie es schon zu Ditkos Zeiten oft waren. Man muß wohl zugestehen, daß Lee und Romita das Konzept der Serie nicht innerhalb von drei Ausgaben völlig umkrempeln konnten. Später werden solche Leerstellen in der Story durchaus vermieden (wenn ich mich recht erinnere).

Redaktionelles fehlt hier. Da sich „Submariner“ in USA nun auf 20 Seiten ausbreitete, wurden hier acht Seiten plus collagiertes Titelbild für den „Helden von Atlantis“ verbraten. Da blieb gerade noch Platz für die Checkliste und die Monatsvorschau.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.07.2018, 15:43   #9  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 43

Erscheinungstermin: 10/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 42
2) Submariner # 1

Story-Titel:
1) Geburt eines Superhelden!
2) ohne Titel (Jahre des Ruhmes… Tag des Untergangs!)

Original-Storytitel:
1) The Birth of a Super-Hero!
2) Years of Glory… Day of Doom!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



In dieser Ausgabe spielt eine Überlegung eine Rolle, die zum Marvel-Konzept der Superhelden eigentlich sehr gut paßt – leider aber nur am Rande. Marvel-Superhelden erhalten ihre besonderen Kräfte oft wider Willen und leiden darunter, anders als die anderen zu sein. So ist das auch bei John Jameson, der in der vorigen Ausgabe bereits auftauchte. Die Art, wie er zum (allerdings namenlosen) Supermenschen wurde, erinnert an die Infektion mit einer bösartigen Krankheit: Im All kam er mit Weltraumsporen in Kontakt, die ihn zu einem superstarken Hünen gemacht haben. Er will aber lieber ganz normal Soldat und Raumfahrer bleiben. Und vor allem für seinen Vater, J. Jonah Jameson, ist es ein schwerer Schlag, daß sein Sohn zum Supertypen wurde, eine der Gestalten, gegen die er täglich in seiner Zeitung zu Felde zieht. Also bekommt John Jameson einen Spezialanzug verpaßt, der ihm Bewegungen erschwert und ihn fest auf dem Boden hält. Seine Kräfte werden neutralisiert.

Diese Idee verfolgen Lee und Romita aber nur ein paar Seiten lang. Dummerweise wurde auch Johns Gehirn angegriffen (er ähnelt darin dem Supertypen Joe aus „Spinne“ # 39, der letzten Ditko-Ausgabe). Also ist er nicht zu halten und will – quasi aufgehetzt von seinem Vater – die Scheiße aus der Spinne herausprügeln. Damit kehrt die Story schnell in die altvertrauten Bahnen zurück. Genau wie bei Joe und ähnlich auch beim Grünen Kobold schafft es die Spinne, John einen schweren elektrischen Schlag zu verpassen. Danach ist er wieder normal, und seine Superkräfte sind verschwunden. Happy End. Die Spinne-Geschichten um # 40 sind sich in Bezug auf die Super-Duelle ziemlich ähnlich; das sehe ich erst jetzt.

Immerhin beginnt die Story etwas ungewöhnlich: Die Spinne klaut (anscheinend) eine Geldtasche aus einer Bank. Sofort heißt es: Wir haben es doch immer gewußt, daß sie böse ist. Von der Queensboro Bridge wirft sie die Tasche ins Wasser und entschärft damit eine Bombe. Aber auch John Jameson glaubt mit seinem benebelten Hirn nun plötzlich, daß er die Spinne bekämpfen muß. Außerdem schauen wir noch einmal kurz bei Rhino vorbei, der im Gefängnis kaum zu halten ist. Will er ausbrechen, so kann er mit einem Betäubungsgas gestoppt werden – aber wie lange noch? Auf dieses Thema wird das folgende Heft zurückkommen.

Im Privatleben von Peter Parker geht auch nicht so recht etwas voran. Betty Brant kehrt nun nach New York zurück, im Schlepptau ihren Beinahe-Bräutigam Ned Leeds, der in der letzten Ausgabe bereits vergessen schien. Der Spinne gegenüber ist Betty diesmal wieder positiv eingestellt und ist eine der wenigen, die an den Verdacht des Bankraubs nicht glauben. Man hat fast den Eindruck, daß Lee und Romita zu dieser Zeit noch nicht nachgesehen haben, wie sie ihre Figuren zuvor angelegt hatten. Peter, der Betty diesmal nicht begegnet, wird von Gwen zu einer Party eingeladen, muß aber absagen, weil er sich zur selben Zeit – seiner Tante zuliebe – mit Mary-Jane treffen soll. Gwen ist zwar sauer, läßt aber nicht zu, daß Peter von Flash heruntergemacht wird. Am Ende taucht dann Mary-Jane auf, und wir sehen erstmals, daß sie ausnehmend hübsch ist – was auch Peter niemals erwartet hätte.

Die Prinz-Namor-Episode ist diesmal mit dem Originalcover von „Submariner“ # 1 ausgestattet. Auf Redaktionelles wie eine Leserbriefseite müssen wir wieder verzichten, weil aus gegebenem Anlaß zwei Eigenanzeigen eingeklinkt werden: eine bewirbt „Doktor Strange der Magier“, die andere „Planet der Affen“ („Millionen haben die Filme gesehen, Millionen die Romane gelesen. Höhepunkt ist aber das Marvel Comic“.) Die Redaktion war, wie wir gesehen haben, über die neuen Titel nicht gut informiert, und die Werbung kommt nun eigenartigerweise auch in letzter Minute.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.07.2018, 16:08   #10  
Marvelianer
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Spinne (Williams) 43

Erscheinungstermin: 10/1975

Auf Redaktionelles wie eine Leserbriefseite müssen wir wieder verzichten, weil aus gegebenem Anlaß zwei Eigenanzeigen eingeklinkt werden: eine bewirbt „Doktor Strange der Magier“, die andere „Planet der Affen“ („Millionen haben die Filme gesehen, Millionen die Romane gelesen. Höhepunkt ist aber das Marvel Comic“.) Die Redaktion war, wie wir gesehen haben, über die neuen Titel nicht gut informiert, und die Werbung kommt nun eigenartigerweise auch in letzter Minute.
Das sehe ich etwas anders, Produktionsvorlauf war immer 6-8 Wochen, in der 20. Produktion vom August 1975 wurde indirekt bei der Werbung : HIER SPRICHT DAS MMT auf den Eisernen und Dr. Strange hingewiesen, diese Anzeige wurde ca. während der 18. Produktion also im Juni 1975 erstellt.
Marvelianer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.08.2018, 08:40   #11  
jakubkurtzberg
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Arend Buck wird in den späten Williams-FV öfter als Übersetzer genannt. H.J. Lührs hat wohl keine Cover gezeichnet. Die meisten, wie oben gezeigtes Spinne 50, stammen eindeutig von Marlies Gerson. Den "waldigen" Hintergrund kann man evtl. mit Dschungel Boy Nr. 3 vergleichen. Und das ist definitiv von Marlies. Kann man u.a. an der Schrift erkennen.
jakubkurtzberg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.08.2018, 10:01   #12  
Rusty
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Hier ein interessantes Interview von Daniel Wamsler mit Marlies Gerson >
http://www.marvelcomics-online.de/ma...es-gerson.html
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Alt 19.08.2018, 10:58   #13  
underduck
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Beiträge: 123.657
Für die, die es tatsächlich nicht wissen:
Daniel Wamsler ist jakubkurtzberg in der nichtvirtuellen Welt.
underduck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.08.2018, 21:31   #14  
Anton
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Beiträge: 10.878
Blog-Einträge: 1
Was?! Echt jetzt?!

Man lernt ständig hinzu.
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Alt 19.08.2018, 22:52   #15  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 51

Erscheinungstermin: 2/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 50
2) Submariner # 4

Story-Titel:
1) Spinne ade!
2) ohne Titel (Wer kämpft für Atlantis?)

Original-Storytitel:
1) Spider-Man no more!
2) Who strikes for Atlantis?

Zeichnungen:
1) John Romita (Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia



Dies ist die erste „Spinne“-Jubiläumsausgabe (bei „Amazing Spider-Man“ # 25 hat man daran offenbar noch nicht gedacht). Im Kern wollte man die Origin-Geschichte nochmal ins Gedächtnis rufen, das heißt, einen besonderen Aspekt: Nicht den Moment, in dem Peter Parker von einer radioaktiven Spinne gebissen wird, sondern als ihm nach dem Tod von Onkel Ben klar wird, daß er seine Superkräfte für das Gute einsetzen muß. Herausgekommen ist aber eine Ausgabe, die noch wesentlich mehr bietet: Im Grunde genommen ist das eine Episode fast ohne Spinne; sie hat nur auf den ersten drei Seiten einen Auftritt; danach sehen wir, abgesehen von ein paar Rückblenden, nur noch Peter Parker. Und einer der wichtigsten und markantesten Gegner der Spinne (später auch des Dämons) feiert hier ohne richtige Ankündigung sein Debüt, nämlich Kingpin. Endlich mal ein Gangsterboß, der mehr ist als ein Gangster, ein wirklich ernstzunehmender Kontrahent.

Etwas bemängeln würde ich, daß Peter Parker hier wie ein Borderliner wirkt. Das ist kein ganz neuer Befund, aber hier wird es doch ganz augenfällig: Ist er als Spinne im Einsatz, dann besitzt er grenzenloses Selbstvertrauen und sprühenden Witz. Als Peter Parker ist er dagegen tief deprimiert, bemitleidet sich selbst und tut unüberlegte Dinge wie etwa, seine Superheldenexistenz an den Nagel zu hängen. Allerdings muß ich zugeben, daß die Story von diesem Gegensatz lebt, und nur so läßt sie sich auf 20 Seiten erzählen.

Zu Beginn räumt die Spinne mal wieder bei einem Banküberfall auf. Es handelt sich um normale Gangster, die trotz Schußwaffen nicht den Hauch einer Chance haben. Allerdings stellt sie am Ende fest, daß die Angestellten, die sie eben gerettet hat, auch von ihr nichts Gutes erwarten. Das setzt wieder die kreisenden Gedanken in Gang: „Je mehr ich ihnen helfe, desto mehr hassen sie mich.“ Es folgen weitere Tiefschläge: Tante May ist wieder ernsthaft erkrankt. An der Uni wird er ermahnt, endlich mehr zu lernen. Peter will sich mit Gwen verabreden, aber die hat schon ein Date mit Harry und Flash. Schließlich taucht Jonah Jameson wieder im Fernsehen auf und läßt eine Tirade gegen die Spinne ab. Peter kommt plötzlich der Gedanke: Und wenn JJJ recht hat? Ist nicht die Spinne eine Bedrohung? Wäre nicht alles besser, wenn es sie nicht mehr gäbe? Und dann kommt die auch schon im Film zitierte Szene, in der Peter in einer regnerischen Nacht sein Kostüm achtlos in einen Mülleimer wirft (das ist andeutungsweise auch auf dem Cover verewigt).

Am nächsten Morgen liefert ein Junge das aufgestöberte Kostüm bei JJJ ab und bekommt dafür eine dicke Belohnung: ein Gratisexemplar des „Daily Bugle“. Ich möchte zwar einwenden: Beweist ein weggeworfenes Kostüm tatsächlich bereits, daß es die Spinne nicht mehr gibt? Jedenfalls kommt sofort eine öffentliche Diskussion in Gang. Lee und Romita karikieren treffend den Talkshow-Wahn, bei dem lauter selbsternannte Experten ihren unmaßgeblichen Senf zum Thema beisteuern (sowas kam bei uns erst etwa 20 bis 25 Jahre später). Und auch in die New Yorker Unterwelt kommt Leben. Ohne die Spinne kann sich das Verbrechen ungestört entfalten. (Was ist eigentlich mit all den anderen New Yorker Superhelden?) Frederic Foswell, Reporter beim „Daily Bugle“, will an seine Aktivitäten als Big Boß (ab „Spinne“ # 12) anknüpfen und noch einmal versuchen, das organisierte Verbrechen unter seiner Führung zu vereinen. Aber inzwischen gibt es einen Unterweltboß anderen Kalibers, nämlich Kingpin, mit dessen Skrupellosigkeit und Brutalität Foswell nicht mithalten kann. Kingpin weist schon hier gewisse Ähnlichkeit mit einem Nilpferd auf, wirkt aber auch von vorneherein höchst gefährlich.

Bei Peter läuft jetzt erstmal alles besser: Zunächst kündigt er seinen Fotografen-Job beim „Daily Bugle“ (denn Fotos von der Spinne wird es nicht mehr geben). Dann unternimmt er mit Gwen eine Spritztour auf seinem Motorrad. Etwas später hört er im Radio von einem Überfall und will reflexhaft sein Kostüm anlegen. Doch dann fällt ihm ein, daß es die Spinne nicht mehr gibt, und er vertieft sich zufrieden in ein wissenschaftliches Buch. Als er jedoch kurz darauf als Passant mitbekommt, wie jemand auf einem Hochhausdach von zwei Gangstern bedroht wird, eilt er ohne Kostüm zu Hilfe und erledigt die Ganoven so schnell, daß sie ihn nicht erkennen können. Der überfallene Wachmann erinnert ihn an den ermordeten Onkel Ben, und unvermittelt fällt ihm ein, warum er all die Jahre immer wieder zur Spinne wurde: weil er niemals wieder tatenlos zusehen wollte, wenn Unrecht geschieht. Bleibt nur eines zu tun: Peter klettert in JJJs Büro und holt sich sein Kostüm zurück – für Jonah eine Katastrophe, denn jetzt sind seine Schlagzeilen vom Ende der Spinne Fake News (hab‘ ich’s nicht gleich gesagt?). Vermutlich wird die Spinne auch dringend gebraucht, weil nun der Kingpin die Stadt übernehmen will. Ende der insgesamt guten, weil ziemlich gegen den Strich gebürsteten Episode.

Die Monats-Checkliste erscheint hier erstmals in geänderter Form. Weil es nun elf Williams-Superheldentitel gibt (plus „Horror“), wird die Liste wirklich zur Liste; zu jedem Heft gibt es nur noch ein paar Stichworte, die Zweitserien fallen unter den Tisch. Weitere Neuerung: Der „Leser des Monats“ ist auf Eis gelegt, weil wohl etliche Leser diese Rubrik nicht mochten. Dafür gibt es das erste Zeichnerporträt, und zwar interessanterweise von John Romita. Er ist wohl als „Spinne“-Künstler der Zeichner der Stunde, nicht Jack Kirby, der ja in USA Marvel zwischenzeitlich sogar verlassen hatte, auch nicht John Buscema. Und ebenfalls neu: Statt Leserbriefen gibt es nun eine Seite mit Kleinanzeigen (Fanclubs, Kauf- und Verkaufsofferten von Marvels). Da hatte sich schon einiges angesammelt. Mir ist kein bekannter Name aufgefallen, aber ich kenne auch nicht alle.

Geändert von Peter L. Opmann (20.08.2018 um 07:47 Uhr)
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Alt 20.08.2018, 07:01   #16  
Marvelianer
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Auf Seite 2 ( Marvel-Intern ) steht doch explizit dass die Komet-Seite entfällt da
die Leser diese für überflüssig halten.

Bekannte beim Marvel-Mini-Markt: Ich selbst suchte dort 4 Frankenstein Ausgaben , weil meine von meinen Eltern beschlagnahmt wurden und der
bekannte Peter Stangenberg aus Lübeck suchte Leser für einen Spider-Man Fan-Club.
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Alt 26.08.2018, 21:47   #17  
jakubkurtzberg
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Zitat von underduck Beitrag anzeigen
Für die, die es tatsächlich nicht wissen:
Daniel Wamsler ist jakubkurtzberg in der nichtvirtuellen Welt.
Zitat:
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Was?! Echt jetzt?!
Man lernt ständig hinzu.
Dann ist ja gut, dass es jetzt alle wissen
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Alt 26.08.2018, 23:52   #18  
underduck
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Alt 29.08.2018, 07:28   #19  
jakubkurtzberg
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Zitat von underduck Beitrag anzeigen
Für die, die es tatsächlich nicht wissen:
Daniel Wamsler ist jakubkurtzberg in der nichtvirtuellen Welt.
Hat mich jemand angeschrieben, der hier mitliest? Ja, die Mailaddi auf web.de ist noch aktiv. Leider ist die Mail aber im Spam gelandet und als ich "kein Spam" geklickt habe verschwunden...
Also evtl. einfach nochmal schicken.

Zur Frage:
Beim Terence-Hill DVD-Bonus-Material dürfte mein alter Kumpel Uwe Huber das Interview geführt haben, ich war nur mit anwesend und vielleicht beratend tätig.
jakubkurtzberg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.08.2018, 18:29   #20  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 55

Erscheinungstermin: 4/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 54
2) Submariner # 5

Story-Titel:
1) Falle und Fangarme!
2) ohne Titel (Achtung… Tigerhai!)

Original-Storytitel:
1) The Tentacles and the Trap!
2) Watch out for… Tiger Shark”

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Der zweite Teil eines Vierteilers, aber noch einmal schreibt Stan Lee eine so schöne Einleitung wie beim letzten Mal. Der erste Teil ist ziemlich unbestimmt ausgegangen: Ock gelingt es nicht, den Vernichter (im Original: „Nullifier“) an sich zu bringen, aber die Spinne schafft es auch nicht, Ock zu fassen. Was jetzt passiert, nämlich daß Ock sich unter dem Tarnmantel der Wohlanständigkeit bei Tante May einquartiert, ist zwar ein Motiv, das in dem Film „Ladykillers“ noch brillanter durchgespielt wurde. Hier schöpft die alte Dame zwar keinen Verdacht und bringt den Bösewicht nicht resolut zur Strecke, aber dafür muß Peter Parker erkennen, daß er plötzlich mit einem seiner ärgsten Feinde unter einem Dach lebt (wobei Ock nicht ahnt, daß er es mit der Spinne zu tun hat).

Ock und Tante May begegnen sich wegen der Vermietung eines Zimmers mit ganz altmodischer Höflichkeit. May meint sich zwar zu erinnern, daß der Wissenschaftler mal mit dem Gesetz in Konflikt war, aber Ock schiebt die Schuld sofort auf die Spinne, die Tante May auch nicht leiden kann. In seinem Zimmer angekommen, schmiedet Ock sofort dunkle Pläne. Peter wird derweil in seiner eigenen Bude, während er an seiner Spinne-Ausrüstung werkelt, erneut beinahe von Harry überrascht; der ist verstimmt, daß Peter immer alles vor ihm abschließt. Beim Daily Bugle will man wissen, wo Doc Ock untergetaucht ist – Peter verspricht, ihn aufzustöbern. Noch ein kleiner Flirt mit Gwen und Mary-Jane, dann steht er dem Mann mit den Tentakeln schon unvermutet gegenüber, der gerade formvollendet mit Tante May Tee trinkt. Peter ist geschockt, kann aber seiner Tante natürlich nicht erklären, warum. Ock droht ihm, sie umzubringen, falls Peter ihr verraten sollte, wer er wirklich ist.

Peter gibt klein bei, kehrt aber bei Anbruch der Dunkelheit als Spinne zum Haus von Tante May zurück. Unvorsichtigerweise warnt die Spinne Ock durch ihr Spinnensignal. Er läßt sich nicht aus dem Haus herauslocken, sondern ruft seine Mannschaft zu Hilfe, die noch aus seiner Zeit als Meisterplaner übrig geblieben ist. Die Spinne hat etwas Mühe, mit den Maskierten fertig zu werden. die alarmierten Nachbarn halten sie jedoch für ebenso gefährlich wie die Gangsterbande. Dann dringt sie ins Haus ein und stürzt sich auf Ock. Unvermeidlich kommt jedoch Tante May dazu und wird ohnmächtig. Ock bricht mit seinen Tentakeln durch die Hauswand und hält dabei irgendeinen Kasten im Arm. Die Spinne ist derweil ziemlich verwirrt, demaskiert sich, um Tante May zu signalisieren: Es ist alles in Ordnung. Aber sie wird nicht wieder wach. Sie ruft den Hausarzt Dr. Bromwell zu Hilfe und legt ihr Kostüm ab. Bromwell will wissen, was den Schock bei der alten Dame bewirkt hat. Peter: „Ich… äh, bin nicht ganz… äh, sicher.“ Seltsam: sieht Bromwell denn keine Kampfspuren – zumindest das riesige Loch in der Wand? Über das Loch ärgert sich Peter freilich, denn er muß es nun für viel Geld beseitigen lassen (was er den Bauarbeitern wohl erzählt?). Jedenfalls will er Ock nun ein für allemal unschädlich machen. Die Vorschau verkündet jedoch: „Unheil trifft die Spinne!“

Abgesehen von den Ungereimtheiten am Ende ist das erneut eine gelungene Story. Daß ein Superschurke in die Privatsphäre des Helden eindringt, ist zumindest zu dieser Zeit ein sehr origineller Plot. Es gibt noch einen anderen Film, der dafür Motive geliefert haben kann: „An einem Tag wie jeder andere“, wo sich eine Bande von ausgebrochenen Sträflingen bei einer Durchschnittsfamilie verschanzt. Aber Ock versteckt sich eher hinter einer Maske der Harmlosigkeit, als daß er Tante May bedroht. Klar wird jedoch: Peters Privatleben ist eine Achillesferse, an der ein gewitzter und skrupelloser Feind ihn treffen kann. Und dann vergrößern sich auch seine Probleme, seine Identität geheim zu halten. Hier werden also einige Probleme für Peter Parker angeschnitten, und es ist noch unklar, wie er sie lösen wird.

Nach „Spinne“ # 46 inseriert Kodak hier noch einmal. Die Anzeige will suggerieren, daß man mit einer Instamatic-Kamera mit Stativ in der Schule punkten kann. Es gibt wieder einen Kleinanzeigen-Markt. Darauf geht die Redaktion im Editorial ein, das seit kurzem zur Monats-Checkliste hinzutritt.
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Alt 20.08.2018, 12:36   #21  
thetifcat
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ASM 50 Ein faszinierendes Stück Comics Geschichte. Wurde immer wieder mal thematisiert.

Meine Top Ten der ersten 50 ASM


1) 33 W34 Doktor Octopus
2) 39 W40 Der Grüne Kobold
3) 50 W51 Kingpin / Foswell
4) 45 W46 Echse
5) 44 W45 Echse
6) 32 W33 Doktor Octopus
7) 31 W32 Doktor Octopus/Patch
8) 40 W41 Der Grüne Kobold
9) 18 W20 Sandman
10) 12 W14 Doktor Octopus

Mir fällt diesmal bei wiederholten Lesen, und erstmals seit langer Zeit wieder kontinuierlich, auf wie sehr doch die Spinne durch John Romita den Kinderschuhen entkam und besser wurde. Zur der Spinne die mich auch heute noch fasziniert.

Geändert von thetifcat (20.08.2018 um 12:41 Uhr)
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Alt 20.08.2018, 14:53   #22  
Peter L. Opmann
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Ich finde, Kingpin ist ein Fortschritt. Daß Peter Parker plötzlich sein Kostüm in den Müll schmeißt (aber auch sich nach kurzer Zeit wieder anders entscheidet), finde ich nicht so ganz überzeugend. Auch Kingpin macht erst eine Entwicklung durch vom Kraftprotz zum Planer. Aber seine Qualität wird in ASM # 51 schon in Ansätzen sichtbar. Das Heft lese ich gerade.
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Alt 21.08.2018, 20:37   #23  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 52

Erscheinungstermin: 2/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 51
2) Submariner # 4

Story-Titel:
1) In den Klauen des Kingpin!
2) ohne Titel (Wer kämpft für Atlantis?)

Original-Storytitel:
1) In the Clutches of the Kingpin!
2) Who strikes for Atlantis?

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Etwa ab der Rückkehr von Kraven („Spinne“ # 48) hat sich nun eine mehr oder weniger durchgehende Storyline eingestellt. Man kann zwar noch beinahe jedes Heft einzeln lesen und verliert in der Serie nicht gleich die Orientierung, aber man sieht auch Entwicklungen, die sich über etliche Episoden hinwegziehen: das angeschaffte Motorrad, Peters Verbindungen zur Familie Osborn, das Hin-und-Hergerissensein zwischen Gwen und Mary-Jane. Aus Peter Parkers Entscheidung, seine Superhelden-Identität aufzugeben, ergibt sich die vorliegende Geschichte.

Ich war zunächst versucht zu schreiben, die Serie wird mit dem Kingpin realistischer. Das ist nicht richtig. Kingpin ist ein neuer Typus Schurke mit Intelligenz und krimineller Energie, einer, der nicht Amok läuft, der nicht nur von Rache getrieben ist und der nicht völlig lächerliche Welteroberungspläne verfolgt. Aber natürlich ist er trotzdem ein Klischee. An der Kingpin-Episode wird zudem deutlich, daß New York hier nur eine Kulisse ist. Eigentlich handelt es sich hier noch um ein Dorf. Wenn die Spinne unterwegs ist, sinkt die Verbrechensrate quasi auf Null (und wenn sie nicht da ist, können Gangster machen, was sie wollen – ich frage mich, was mit all den anderen Marvel-Superhelden los ist, die ja auch alle in NY sitzen). Wenn Jameson einen Leitartikel schreibt, ist der König der Unterwelt beinahe enttarnt (andere Zeitungen tappen völlig im Dunkeln oder existieren vielleicht gar nicht). Und wenn Kingpin zu einer Unterwelt-Konferenz einlädt, ist die Verbrecherszene der Stadt vollzählig versammelt. Dementsprechend kann dieses New York höchstens 1000 Einwohner haben.

Aber die Story muß sich nun einmal auf 20 Seiten runden. Kingpin hat das Gefühl, Jameson weiß zuviel und schreibt das dummerweise auch noch in seine Zeitung. Er befiehlt, ihn zu entführen; er will ihn auf Linie bringen. Frederic Foswell hat er schon in seiner Gewalt. Überraschend bringt er ihn nicht um die Ecke, sondern macht ihn zu seinem Adlatus. Von der Spinne wird noch allgemein angenommen, sie sei von der Szene verschwunden. Ein paar Gaunern, die wieder mal einen Geldkoffer geklaut haben (Inbegriff des Verbrechens im Dorf New York), leuchtet sie gehörig heim. Kurz darauf mischt sie sich in eine Mafiaaktion ein, bei der ein Clubbetreiber unter Druck gesetzt wird. Die Gangster setzen eine Granate ein; die Spinne verhindert jedoch, daß der Club einstürzt.

Dadurch wird Kingpin auf sie aufmerksam. Sein Interesse gilt aber zunächst vor allem Jameson – der wird am hellichten Tag aus seinem Büro entführt und mit verbundenen Augen zu Kingpin gebracht. Zunächst versucht er im Guten, den Zeitungsmann von seinen Artikeln abzubringen, Jameson erweist sich aber als furchtlos. Eigentlich ein guter Mann… Der Leser ist in Kingpins Pläne noch nicht so richtig eingeweiht; vielleicht erweisen sie sich auch noch als nicht so raffiniert, wie wir denken sollen. Jedenfalls platzt nun die Spinne in die Szene. Sie hat über die Gangster im Club die Spur Kingpins zurückverfolgt. Mit verbundenen Augen bekommt Jameson offenbar nicht richtig mit, was um ihn herum passiert. Im Kampf erweist sich Kingpin als ähnlich stark wie die Spinne. Wir erfahren, daß er wegen seiner Fettleibigkeit oft unterschätzt wird. Was wie Fett erscheint, sind offenbar in Wirklichkeit alles Muskeln. Seinen Stock, mit dem er Schockstrahlen verschießen kann, entwindet ihm die Spinne, bevor er ihn einsetzen kann, aber aus seiner Krawattennadel verschießt er ein Betäubungsgas, dem die Spinne zum Opfer fällt. Letztes Bild: Die Spinne ist am Boden; Jameson sagt, das habe er sich immer gewünscht, aber „nicht so!“ Hauptmotiv der folgenden Ausgabe wird also wohl sein, daß Jameson gegen seinen Willen gerettet werden muß, vielleicht auch Foswell.

Mir scheint es, als seien die Dialoge in diesem Heft umfangreicher und vielschichtiger als früher. Man muß aber noch sehen, ob Kingpin wirklich verzwickte Pläne verfolgt oder dann doch nur die Spinne, Jameson und Foswell umbringen will. Jedenfalls: Die Episode hat was. Das aus dem Rahmen fallende Jubiläumsheft („Spinne“ # 51) hat offenbar einen Impuls gegeben, der nun weiterwirkt.

Über die redaktionellen Seiten ist nicht viel zu sagen. Aber auf der vorletzten Seite ist ein Miniposter abgedruckt, das mir ziemlich gut gefällt. Es stammt noch von Steve Ditko und zeigt Peter Parker einst in der Schule, bietet aber eine hübsche Szene: Zwei von seinen Lehrern beratschlagen, ob sie ihn für ein Studienstipendium vorschlagen sollen. Flash Gordon ist derweil von Mädchen umringt und präsentiert seinen Bizeps. Rechts oben ist Peter in ein Buch vertieft. Links unten schwärmt ein Mädchen ungeachtet von Flashs Gockelei ganz insgeheim von ihm.

(Anmerkung: Bei den letzten Besprechungen habe ich versehentlich die Texter von Spider-Man und Submariner nicht angegeben; es waren aber jedesmal Stan Lee und Roy Thomas.)

Geändert von Peter L. Opmann (21.08.2018 um 20:42 Uhr)
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Alt 22.08.2018, 22:00   #24  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 53

Erscheinungstermin: 3/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 52
2) Submariner # 5

Story-Titel:
1) Um als Held zu sterben!
2) Achtung… Tigerhai!

Original-Storytitel:
1) To die a Hero!
2) Watch out for… Tiger Shark”

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Vorweg: Daß Kingpin ein strategisch denkender Superschurke ist, erweist sich eher als Behauptung von Lee und Romita, als daß man das aus seinen Handlungsweisen wirklich ableiten könnte. Kingpin will König der Unterwelt New Yorks sein; Jonah Jameson ist ihm dabei mit seinen kritischen Artikeln im Weg und muß daher ausgeschaltet werden. Foswell wird dagegen nicht aus dem Weg geräumt, weil er Kingpin noch irgendwie nützlich sein könnte. Das war’s. Aber ziemlich gekonnt wird Kingpin als Bösewicht neuen Typs präsentiert. Vermutlich ist er deshalb kreiert worden, weil er eine Mischung aus Gangster und Superschurke darstellt. Daß er Verbrechen begeht, läßt ihn relativ realistisch erscheinen; die Spinne kann ihn aber nicht einfach mit einem Fausthieb erledigen.

Die aktuelle Ausgabe präsentiert – wie auf dem Cover dargestellt – als Clou die bizarre Begegnung der Spinne mit Jameson. Sie muß ihren ärgsten Widersacher in der „Normalwelt“ aus höchster Gefahr retten, und natürlich dankt Jameson es ihr nicht einmal – was aus meiner heutigen Sicht so widersprüchlich erscheint, daß man es kaum glauben mag. Aber es ist recht amüsant gemacht.

Kingpin hat sich eine so komplizierte Methode ausgedacht, die Spinne und Jameson um die Ecke zu bringen, daß das einfach nicht klappen kann. Er sperrt sie in einen fensterlosen Kellerraum, den er dann mit Wasser flutet, um sie zu ersäufen. Man fragt sich, warum er sie nicht einfach erschießt – das wäre einfacher und sicherer, nur das Problem, die Leichen zu beseitigen hätte er dann ebenfalls (auch wenn er sagt: „Die Einzelheiten langweilen mich.“). Vielleicht würde er sie irgendwie in Säure auflösen, aber darüber muß der Leser nicht nachdenken, denn so weit kommt es nicht. Nett liest sich immerhin, wie Jameson nach und nach dahinterkommt, was Kingpin vorhat („Aus dem Rohr dort strömt Wasser! He, ihr müßt uns losbinden! Hier könnten wir doch ertrinken!“).

Die Spinne ist vorläufig noch ohne Bewußtsein. Die beiden werden in der Überflutungskammer an einen Block gekettet und sich selbst überlassen. Jameson, bisher bemerkenswert cool, wird nun Rücken an Rücken mit seinem Lieblingsfeind Spinne hysterisch. Die Spinne wird wach und kann relativ schnell ihre Handfesseln sprengen. Dann beginnt sie, was JJJ nicht gleich kapiert, einen Kokon zu spinnen, in dem Atemluft erhalten bleibt. Als Kingpins Leute das Wasser ablassen und die Kammer betreten, springt sie heraus und fordert Jonah auf zu fliehen. Der stößt sich jedoch schon nach kurzer Strecke den Kopf an einem Rohr und sinkt besinnungslos hin. Kingpin weiß vom Scheitern seines Plans noch nichts; er muß sich zunächst mit Foswell auseinandersetzen, der mit der Ermordung von Jameson und der Spinne ganz und gar nicht einverstanden ist. Kingpin erkennt, daß er auch Foswell töten muß, aber die Spinne mischt sich ein und ist nun, beim zweiten Kampf, auf ihren Gegner wesentlich besser eingestellt. Kingpin zieht sich in einen Geheimgang zurück. Durch eine gezielte Explosion wird die Spinne daran gehindert, ihm zu folgen. Foswell, einstiger Bugle-Redakteur und aus der Gewalt des Unterweltkönigs befreit, macht sich auf, um Jameson aus Kingpins Hauptquartier herauszubringen.

Als beide Kingpins Leuten in die Arme laufen, wird Foswell durch einen Pistolenschuß lebensgefährlich verletzt. Er hält die Gangster aber noch davon ab, Jameson wieder gefangenzunehmen, bis die Spinne zu Hilfe kommt. Dann stirbt er. Ein damals gängiges Muster, daß ein Mann, der sein Leben verpfuscht hat, durch eine letzte heroische Tat noch alles wiedergutmachen kann. Jameson erkennt Foswells Heldentum sofort anstandslos an, an seinem Haß auf die Spinne hat sich dagegen nichts geändert, was der wieder eine Menge Stoff zum Nachdenken gibt.

Wenig Soap-Anteile in dieser Ausgabe. Wir erleben, wie Flash Thompson aus dem Vietnamkrieg zurückkehrt (nur auf Urlaub). Was er dort erlebt hat, wird mit keiner Silbe erwähnt. Gwen und Mary-Jane freuen sich gleichermaßen, ihn zu sehen. Gwen läßt andeutungsweise erkennen, daß ihr Peter Parker jedoch viel mehr am Herzen liegt als Flash. Eine Figur taucht in diesem Heft zum ersten Mal auf, die, obwohl sie nur in zwei Panels zu sehen ist, gleich vertraut aussieht: Joe Robertson, der zweite Mann beim Bugle.

Mike Esposito ist alles in allem kein schlechter Inker. Vor allem Jameson gelingt ihm aber nicht so gut. Und Ned Leeds und Flash Thompson sind bei ihm nicht ganz einfach auseinanderzuhalten. Im zweiten MMT-Porträt wird nun John Buscema vorgestellt, das zu dieser Zeit (1976) sicher größte Zugpferd bei Marvel. Eine Seite bleibt wiederum übrig für ein Mini-Poster. Wieder gezeichnet von Steve Ditko, diesmal mit Spinne und Geier.
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Alt 26.08.2018, 15:51   #25  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 54

Erscheinungstermin: 3/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 53
2) Submariner # 5

Story-Titel:
1) Grüß Gott: Dr. Octopus
2) ohne Titel (Achtung… Tigerhai!)

Original-Storytitel:
1) Enter: Dr. Octopus
2) Watch out for… Tiger Shark”

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Ich habe Stan Lee mal in Zusammenhang mit den Fantastischen Vier als Meister der Exposition bezeichnet, Hier, am Beginn des ersten „Spinne“-Vierteilers, wenn ich das richtig sehe, kam mir das wieder in den Sinn. Die Geschichte beginnt ganz allmählich, aber doch ziemlich unterhaltsam. Doc Ock taucht erst auf der siebten Seite erstmals auf, und dann völlig überraschend. In dieser Ausgabe bringt er nicht, wie schon häufig ähnlich gesehen, erst einmal der Spinne eine Niederlage bei, sondern er zieht sich zurück und taucht dann im zweiten Teil auf noch frappierendere Weise wieder auf.

Als in Bayern lebendem Zeitgenossen amüsiert mich schon der Titel: „Grüß Gott…“ Die Spinne hängt gegenüber von Jonah Jamesons Bürofenster in ihrem Netz und mokiert sich über den Daily Bugle, in dem die Ereignisse des vorigen Bandes völlig verdreht werden. So werden also die Folgen lose miteinander verbunden. Jameson fordert sie wütend auf zu verschwinden. Kleines, aber witziges Detail: Die Spinne setzt sich vor eine Turmuhr und wird beim Läuten beinahe von der Mauer gefegt. Sie schwingt über den Uni-Campus, was einen kurzen Schwenk zu Gwen, Harry und Flash erlaubt. Wieder mal nimmt Gwen Peter Parker vor Spott in Schutz. Die Spinne will sich in der Uni-Turnhalle schnell umziehen, wird dabei aber von Prof. Warren ertappt, der freilich angeblich stark kurzsichtig ist. Warren weist Peter sogar darauf hin, daß sein Unterhemd aus der Hose hängt – dabei handelt es sich um einen Zipfel des Spinnenkostüms.

Warren lädt Peter zu einer wissenschaftlichen Vorführung ein. Gwen willigt ebenfalls ein mitzukommen, angeblich aus echtem Interesse. Gezeigt wird dort ein echtes Stan-Lee-Gerät, ein „Vernichter“, Bestandteil einer Abwehrrakete – näher erklärt wird da nichts. Aber Peters Spinnensinn beginnt zu klingeln, und gleich darauf steht ein Mann mit Umhang im Publikum auf und bringt das Gerät an sich. Es ist Doc Ock, und unterm Cape hat er seine Tentakel verborgen. Mich hat immer verblüfft, wie die Stahlarme bei Bedarf auch eng am Körper oder unter etwas weiter Kleidung getragen werden können und niemand etwas von ihnen sieht. Mit den Tentakeln läßt Ock niemanden an sich heran und schützt sich auch gegen Tränengas. Peter hat allerdings die allgemeine Verwirrung genutzt, sich im Nebenraum in die Spinne zu verwandeln und Ock Paroli zu bieten. Schließlich gelingt ihm das, indem er dessen Brille mit Netzflüssigkeit verklebt. Ock läßt hoch oben an der Hauswand den Vernichter fallen, und die Spinne muß von ihm ablassen, um Schaulustige zu schützen, die von dem Metallkasten verletzt werden könnten.

Ock macht sich davon, aber die Spinne hat ihm zuvor einen Spinnenspürer angeklebt. Der Schurke erinnert sich an die letzte Begegnung mit der Spinne in den legendären Ausgaben # 33 und 34. Dabei wird er auf den Spürer aufmerksam, erfaßt, daß die Spinne ihn so verfolgt, und will ihr eine Falle stellen. Gwen ist sehr erleichtert, Peter wiederzusehen. Zusammen gehen sie in die Studentenkneipe „Kaffeebohne“ (die bisher „Silberner Löffel“ hieß). Gwen läßt sich hier bewußt mit Peter sehen. Offenbar ist ihr nach der Wissenschaftsshow klar geworden, daß sie mit ihm zusammen sein möchte. Auch Tante May und ihre Freundin Anna tauchen – merkwürdigerweise – in der Kneipe auf. Die beiden Damen verkünden, daß sie sich einen Untermieter nehmen wollen; eine unauffällige Verbindung zur nächsten Ausgabe.

Doc Ock bereitet derweil eine Falle für die Spinne vor. Er will sie in sein Hauptquartier locken und sie dort durch eine Explosion umbringen. Die Spinne folgt tatsächlich ihrem Signalgeber dorthin, ist aber mißtrauisch, insbesondere, als sie im Hintergrund Doc Ock sieht, der sich aber überhaupt nicht bewegt (Kunststück – es ist eine Attrappe). Aus sicherer Entfernung löst sie die Explosion aus und setzt sich nun von neuem auf Ocks Spur. Im Vorschaubild sehen wir, wie Ock sich bei Tante May nach dem freien Zimmer erkundigt. Eine sehr schöne Geschichte, finde ich. Es bleibt aber abzuwarten, ob der Vierteiler das einlöst, was die Einleitung verspricht. In dem Heft gibt es noch eine Leserbriefseite, die aber bei weitem nicht so kontrovers ausfällt wie die letzte.
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