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Alt 30.06.2004, 07:49   #1  
euha
Moderator Zeichentrick
 
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Beiträge: 968
Standard Review zu Shrek 2 aus der FR vom 30.6.04

oder: was Disney und Bayern München gemeinsam haben.

"Was Sie schon immer über Pinocchio wissen wollten...

. . . aber nie zu fragen wagten: Die Helden von "Shrek 2" machen Front gegen Disneys Traumfabrik - doch der einst übermächtige Gegner liegt längst am Boden

VON DANIEL KOTHENSCHULTE
"Sie lebt mit sieben Männern, aber das macht sie nicht einfacher..." Man muss sich nur die Vorstellung des ehrbaren Schneewittchen anhören, um zu erahnen, welcher Wind im Walde weht. Aber wem sagt man das? Unwahrscheinlich, dass ein einziger Zuschauer den Weg in diesen Fortsetzungsfilm findet, der sich nicht eingestimmt hat auf den Volkssport im Lande "Far Far Away", jenem grotesken Abziehbild des bekanntesten Vergnügungsparks dieser Erde. Disneyland, das war einmal. Disneybashing ist angesagt, und nie war das einfacher als heute.

Zu einem Zeitpunkt, da das erfolgreichste Hollywoodstudio der frühen 90er angeschlagen und perspektivlos dahindümpelt und der letzte geborene Disney aus dem Haus vertrieben wurde, muss man nicht Kater Karlo heißen, um Micky Maus die Pranke zu zeigen. Disney ist uncool geworden in den Zeiten von Ozzy Osbourne - wenigstens für jene Teenagerklientel, die in den USA über den Erfolg und Misserfolg von Filmen entscheidet. Die meisten wissen nicht einmal von jener letzten Bestätigung des Images von Konservatismus und Realitätsflucht, die Michael Eisners Firma lieferte, als sie Michael Moore den Laufpass gab.

Den wahren Disneyschurken muss Eisner inzwischen in seinem einstigen Trickfilmdirektor Jeffrey Katzenberg sehen. Wieder verführte er alle Märchen- und Fabelhelden, an denen Disney kein Copyright besitzt, bis an die eigenen Schamgrenzen zu gehen. So dürfen die Drei Kleinen Schweine Schweine sein. Um Pinocchio zum Lügen zu bringen, erweist es sich als das Wirkungsvollste, ihn geschickt nach der Mädchenunterwäsche unter dem allseits bekannten Outfit zu fragen. Das kann durchaus nützlich sein: Zum furiosen Finale - Shrek ist durch eine königliche Intrige im Kerker gelandet - lässt sich das Hölzerne Bengele an den charakteristischen Schnüren zu ihm herunter, begleitet von Lalo Shiffrins Thema aus Mission Impossible. Die letzte Distanz aber überwindet man mit Hilfe der schamvoll verlängerten Nase - bis wir mehr wissen über Pinocchio, als wir je zu fragen wagten. Bis in die Synchronstimmen des amerikanischen Originals reicht der Raubzug bei Disney. Zwar gehören die mit jeweils zehn Millionen Dollar wohl teuersten Sprechrollen der Filmgeschichte nach wie vor den Hollywoodstars Mike Myers (Shrek), Cameron Diaz (Prinzessin Fiona) und Eddy Murphy (der als plappernden Esel zum allgemeinen Leidwesen am meisten für sein Geld arbeitet). In zweiter Reihe aber hören die Zuschauer der Originalversion eine der verdientesten Disneystimmen überhaupt: Mary Poppins persönlich, Julie Andrews, spricht die Königin, eine der wenigen untadeligen Rollen zwar, und riskiert dennoch ein lebenslanges Hausverbot in Disneyland.

Die Geschichte beginnt, wie es sich für eine typische Fortsetzung gehört, wenn alles längst gesagt und keine Vertiefung mehr vonnöten ist. Nach dem Happyend genießen Shrek und Fiona ihr gemeinsames Monsterdasein unbekümmert wie die Waldschrate. Zur nachgeschobenen Hochzeitsfeier werden sie an den Hof der Brauteltern eingeladen - wo ein herrischer König allerdings ganz urväterliche Gefühle für seinen grünen Schwiegersohn hegt. Für ihn gilt es, "Prinz Charming" zu inthronisieren, und wie ließe sich das besser angehen, als mit einem weiteren Raubzug bei Disney: Dessen korpulente Cinderella-Fee hat sich zur eitlen Queen of Plastic Surgery entwickelt - und betreibt einen schwunghaften Handel mit Zaubermitteln aller Art. Und da Prinz Charming zufällig ihr Filius ist, scheut sie weder Mühen noch Kosten, Shrek loszuwerden. Zuvor hat man allerdings Gelegenheit, in Gestalt eines angeheuerten Killers, den einzigen denkwürdigen Neuzugang im Ensemble kennen zu lernen. Ein deutlich nach seinem stimmlichen Vorbild Antonio Banderas gearbeiteter Gestiefelter Kater ist offensichtlich in die Tarantino-Schule gegangen. Was ihm indes wenig nützt im Zweikampf mit Shrek, dem er fortan folgt wie ein treues Kätzchen. Es wäre einfacher, die Filmklassiker aufzuzählen, aus denen in diesem überaus wortgewandten Film nicht zitiert wird. Insbesondere Der Herr der Ringe sorgt für eine Menge Gesprächsstoff. Die Scherze sind treffsicher und bleiben doch nirgends haften - selten standen Aufwand (und das meint hier durchaus die ehrbare Liebesmüh zahlloser Animatoren und Gagschreiber) und Halbwertszeit in einem solchen Missverhältnis. Wie sagte einmal, als es noch keine 3-D-Animation, aber dafür 3D mit Schauspielern im Kino gab, der Hollywoodregisseur André de Toth? "Demnächst drehen wir einen Film in 4-D - 3-D und eine gute Story."

Nun, das gibt es längst: In Lasseters Pixar-Studio entstanden mit Toy Story und Findet Nemo Filme, die auch noch in Jahrzehnten noch gesehen werden wollen. Ein wahrlich disneyesker Anspruch, mit dem seine Kritiker sich allerdings nicht aufhalten. Dabei gab es seit den dreißiger Jahren in den konkurrierenden Filmstudios diese unheilige Anti-Disney-Allianz, und sie brachte einige der größten Cartoonklassiker hervor - allen voran die Cinderella-Parodien Tex Averys. Seine verwegenen Miniaturen haben die Zeiten schadlos überdauert, und auch William Steigs Shrek-Figuren brauchen sich um ihre Zukunft kaum zu sorgen. Nur ihre Scherze werden sie dann als vorgestrig erscheinen lassen. Und nicht zuletzt eignet sich der Feldzug gegen Disney kaum mehr zu märchenhaften Heldentaten. Jeder ist gegen Disney. Sicher, noch immer ist das Studio Marktführer, aber das ist Bayern München auch. Nur sagen Sie einmal etwas gegen die Bayern, und Sie werden feststellen, dass 90 Prozent der Deutschen Ihre Freunde sind. Es ist also nicht besonders mutig, gegen Disney zu sein, und erst recht braucht man dafür keine Muskelpakete wie Shrek. Für den Augenblick aber liefert er eine vergnügliche Alternative."
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Alt 30.06.2004, 10:12   #2  
Scheuch
bemüht sich stets
 
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Beiträge: 11.067
in der Financial Times Deutschland war auch ein interessanter Artikel drin

-SCHEUCH-
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