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Alt 21.11.2011, 06:37   #1  
eck@rt
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Standard Fröhliche Wissenschaft?

Ich habe damit begonnen, patrimonium.de als Plattform zu nutzen. Nach dem Bildbeitrag zu Helmut Nickel vom Sommer dieses Jahres nun eine Polemik zu der Art von Comicforschung, die mir ganz und gar nicht als Ideal vorschwebt:
http://www.patrimonium.de/index.html

eckrt
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Alt 21.11.2011, 09:13   #2  
74basti
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Durchgelesen habe ich es mir und bin froh, dass ich mir den Titel nicht bestellt habe. Manchmal frage ich mich, für wen derartige Bücher geschrieben werden......
Als "Comic-Fan" muss ich zugeben, dass mich der Titel schon abgeschreckt hat. Für wen werden denn solche Titel geschrieben? Doch eigentlich für Leute, die selbst kaum Comics lesen, oder? Über "Die Sprache der Comics" aufklären zu wollen, ist banal.

Aber die vermehrt auftretenden Abhandlungen über "Mode-Themen" kann man auch nicht verhindern. Wenn denn mal eine Arbeit mit Niveau dabei ist, ist das doch eigentlich schon ein Erfolg, oder nicht?

Aber ich denke schon, dass das Problem in der Art liegt, wie die Forschung in den Universitäten betrieben wird. Weder der Soziologie noch der Literaturwissenschaft traue ich zu, dass man sich dort mit dem (gedruckten) Medium wirklich auseinandersetzt.
Für meinen Fachbereich kann ich auch nur sagen, dass man in der universitären Ausbildung mit Definitionen und methodischen Prüfungsreihenfolgen bombardiert worden ist, ohne dass man einmal die Anwendung gesehen hat. Zitate und Abschreiben aus Aufsätzen waren an der Tagesordnung.

Wichtig finde ich (und das ist natürlich rein subjektiv), dass man beim Lesen merkt, ob jemand das, worüber er schreibt, auch wirklich kennt, oder nur so tut.

Lass Dich nicht entmutigen! (Und vor allem musst Du Dich nicht darüber ärgern).
Falls Du Sorge hast, dass alles, was (akademisch) über Comics geschrieben wird, in einem Topf landet, dann musst Du Dir keine Gedanken machen. Die Leser merken den Unterschied.

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
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Alt 21.11.2011, 12:43   #3  
eck@rt
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Zitat:
Zitat von 74basti Beitrag anzeigen
Und vor allem musst Du Dich nicht darüber ärgern.
Ich kenne Ole schon zu lange, um mich noch über ihn zu ärgern, aber ihr alle solltet euch ärgern oder zumindest wundern, denn dieser Mensch möchte gern das Aushängeschild der deutschen Comicforschung im Ausland sein.

eckrt
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Alt 21.11.2011, 12:45   #4  
74basti
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...im Ausland?

Wird das denn übersetzt, verkauft und gelesen?

Wenn ja, dann ist die erste Verwunderung schon da.

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799

Geändert von 74basti (21.11.2011 um 15:55 Uhr)
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Alt 21.11.2011, 12:52   #5  
Professor Schnurps
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Habe mir den Band "leider" bestellt. Eine Thematik fand ich sehr interessant und wollte mehr dazu erfahren.

Allerdings war da nichts Neues für mich dabei. Vielmehr solches, was in diesem Zusammenhang des öfteren schon zitiert worden war.
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Alt 21.11.2011, 18:45   #6  
Mick Baxter
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Zitat:
Zitat von eck@rt Beitrag anzeigen
Ich kenne Ole schon zu lange, um mich noch über ihn zu ärgern, aber ihr alle solltet euch ärgern oder zumindest wundern, denn dieser Mensch möchte gern das Aushängeschild der deutschen Comicforschung im Ausland sein.

eckrt
In Passau hat er übrigens weder über Maus noch über Spiegelman gesprochen (da gab es auch ohne ihn schon genug Merkwürdiges, wie z.B. der Vortrag, der schwarze und weiße Löcher in dem Werk entdeckte und sich dabei auf Lambert Wiesing berief, der aber ganz im Gegenteil in Sprechblasen keine Löcher, sondern Überleger sieht), sondern über Tim und besonders Struppi (mir ist trotzdem nicht klar geworden, auf was er eigentlich hinauswollte)
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Alt 22.11.2011, 08:49   #7  
G.Nem.
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Mick Baxter hat bezüglich ComFor-Tagung in Passau natürlich eines der schwächeren Tagungsbeiträge ausgewählt. Es gab allerdings auch sehr interessante Vorträge. Zumindest aus meiner Sicht.

Was den Streit bzw. eher die unterschiedlichen Sicht- und Herangehensweisen der Comic-Wissenschaftler angeht, kann ich nichts sagen, denn vieles bezieht sich auf Interna derer man als Aussenstehender gar nicht einsichtig wird.

Geändert von G.Nem. (22.11.2011 um 09:59 Uhr) Grund: Schriebfeila koragiert!
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Alt 22.11.2011, 10:12   #8  
eck@rt
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Zitat:
Zitat von G.Nem. Beitrag anzeigen
Was den Streit bzw. eher die unterschiedlichen Sicht- und Herangehensweisen der Comic-Wissenschaftler angeht, kann ich nichts sagen, denn vieles bezieht sich auf Interna derer man als Aussenstehender gar nicht einsichtig wird.
Nicht wirklich, oder? Du kannst doch das von mir Zitierte lesen und den Sinn oder Unsinn darin erkennen?

eckrt
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Alt 22.11.2011, 10:22   #9  
74basti
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Zum Thema Unsinn würde ich gerne eine Ergänzung bringen:

Gestern abend habe ich einen Aufsatz zum Thema "Das Frauenbild bei Watchmen" gelesen.
Darin beschreibt die Autorin, dass es nicht möglich sei, das Frauenbild aller Superhelden-Comics mit einzubeziehen, da es ja so viele gebe - und sie diese auch nicht gelesen habe. Aber Watchmen - so unterstellt sie - sei ja repräsentativ für alle Superhelden-Comics.
Dann schreibt sie etwas über die Verteilung der Geschlechter, 1:5, also seien die Frauen unterrepräsentiert.
Grossartige Forschungsleistung!

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
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Alt 22.11.2011, 16:43   #10  
die erste
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Sorry - mir als Otto-Normal-Leserin schläft bei den Zitaten das Gesicht ein. Völlig egal, aus welchem Zusammenhang sie gerissen sind....
Geht es noch verworrener und gequirlter - es mag ja an mir liegen, aber ich würde mir das freiwillig nicht antun.
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Alt 26.11.2011, 22:17   #11  
Servalan
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Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

Felix Giesa für satt.org
Zitat:
Barra versucht anhand der Marvel Serie X-Men »evolutionstheoretische Spekulationen«. Die X-Men dienen Barra dabei lediglich als Anlass einer Aneinanderreihung biologisch-naturwissenschaftlicher Überlegungen, die für den naturwissenschaftlich nicht vorgebildeten Leser schlicht nicht nachzuvollziehen sind.

(...)

Bei der Vorstellung der einzelnen Beiträge dürfte ausgefallen sein, dass einer Vielzahl der Beiträge das zentrale Titelthema abgeht, der Superheld. In diesen dient der Superheld vielmehr nur als Ausgangspunkt für andere Überlegungen oder wird nur an Stellen gestreift.
Vor Jahrzehnten gab es mal einen Artikel über den Comic-Journalismus in einem Andreas C. Knigges Comic-Jahrbüchern (Ullstein): Dort wurde die Klage erhoben, daß Leute versuchen, die Zugspitze in Turnschuhen zu besteigen ... heute müßten sich wohl Universitäten einer ähnlichen Kritik stellen.
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Alt 27.11.2011, 19:46   #12  
Mick Baxter
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Karlheinz Borchert hat damals von Comicjournalisten universale Kentnisse in allen Künsten und Wisssenschaften eingefordert. Das war schon 1990 idiotisch.
Das Problem der meisten Wissenschaftler ist, daß sie keine Ahnung von Comics haben (zumindest deutlich weniger als jeder Nerd). Aber ihr Anspruch ist ja, auf Basis ihres wissenschaftlichen Operationsbestecks alle Bereiche des Lebens sezieren zu können.

Geändert von Mick Baxter (27.11.2011 um 20:12 Uhr)
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Alt 23.12.2011, 00:12   #13  
Servalan
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Jan Baetens nimmt David Carriers The Aesthetics of Comics auseinander.
http://www.imageandnarrative.be/inde...ewFile/205/169

Darin geht es auch um die postmoderne Nachlässigkeit von Wissenschaftlern, historische Zusammenhänge nicht zu erkennen (bzw. nicht erkennen zu wollen!) oder ahistorische Platitüden von sich zu geben.

Lesenswert.
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Alt 07.03.2012, 10:29   #14  
eck@rt
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Ein Zitat aus der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung von heute, zwar nicht wissenschaftlich, aber genauso lustig:

"Was sie gehört haben, ist in teils packende Graphic Novels geflossen, künstlerisch, comichaft, bildstark."

Ob es wohl auch Graphic Novels gibt, die nicht künstlerisch, comichaft und bildstark sind? Was ist "teils packend"? Halb hingelangt? Und warum ist es gleich eine Graphic Novel, wenn jemand ein paar Seiten Comics zeichnet?

eckrt
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Alt 07.03.2012, 22:03   #15  
Mick Baxter
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Du weißt doch: Graphic Novels sind die neuen Erwachsenen-Comics (nur mit weniger Sex als das Zeug aus den 80ern).
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Alt 07.03.2012, 23:28   #16  
underduck
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Schrieb man dieses "phic" nicht etwas anders?
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Alt 08.03.2012, 12:56   #17  
74basti
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Eine comichafte Graphic Novel ist ja "eigentlich auch" ein Pleonasmus, gelle.
In der Schule wird doch der "weisse Schimmel" als Ausdruck-Fehler angestrichen, aber bei Tageszeitungen möchte jeder Journalist durch den größmöglichen Einsatz von Adjektiven glänzen, ohne zu prüfen, ob das noch Sinn macht.
Hauptsache, der Schreiber hat nichts zu "Geschwindigkeits-Speed-Lines" gesagt oder zu den "Panel-Bildern".
Runde Kugeln, kleine Zwerge und alte Greise würden dann alles schön abrunden

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799
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Alt 08.03.2012, 13:44   #18  
eck@rt
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Es gibt inzwischen eine Rückmeldung des Redakteurs. Darin schreibt er, er freue sich, dass er mich hat erheitern können, und:

"Ansonsten hoffe ich natürlich, dass das, was einem Comicexperten redundant und witzseitig erscheint, für den in derlei Dingen weniger bewanderten Leser begriffsklärend wirken kann."

So, und nun lest noch mal den Ausgangstext. Begriffsklärend?

eckrt
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Alt 09.03.2012, 04:10   #19  
Mick Baxter
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Latürnich! "Comichaft" sagt doch alles (das fällt wahrscheinlich unter verschärfte Strafbedingungen)!
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Alt 17.05.2012, 22:46   #20  
Servalan
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Standard Kritik an Universitäten und Wissenschaft im allgemeinen

Mit dem Bologna-Prozess im Rahmen der EU und der Einführung der sogenannten "unternehmerischen Hochschule" sind in den letzten Jahren eine Menge Artikel veröffentlicht worden. In diesem Umfeld ist der Beitrag Die Wachhunde der Machtelite: Noam Chomskys Kritik der Intellektuellen von Christian Girschner entstanden, der sich auf die Veröffentlichungen des Medienkritikers Noam Chomsky beruft und sich ziemlich abstrakt mit der Kritik an Intellektuellen beschäftigt.
Ich finde ihn aufschlußreich.

Einige Zitate:
Zitat:
Irrationale Kulte
Chomsky hält nämlich sehr wenig von diesen theoretischen Konzeptionen, Dogmen und Erklärungen, weil sie für ihn einfache gesellschaftliche Tatsachen und Zusammenhänge unnötig kompliziert erscheinen lassen. Intellektuelle bringen nämlich aus Gründen der eigenen Selbstbeweihräucherung gern einen akademischen Kult oder eine Orthodoxie um eine „Theorie“ bzw. einen Autor hervor, dem dann nur noch eingeweihte Geisteswissenschaftler oder Jünger folgen können.
(...)
In der Gesellschaftswissenschaft können sich nämlich fehlerhafte Annahmen, Kulte, Dogmen und Theorien verselbstständigen und verewigen, da eine objektive Überprüfung kaum oder nur schwer möglich ist. Dies liegt daran, dass es in den Geisteswissenschaften leichter ist, Dinge oder Tatsachen zu ignorieren, wenn man sie nicht hören will, weil sie nicht ins eigene theoretische Schema passen. Kritische Analysen können beispielsweise einfach missachtet werden, wenn ihre Resultate oder Botschaften den Intellektuellen nicht passen. (...) Denn je komplizierter die Zusammenhänge sind, desto zweifelhafter werden die Erkenntnisse und umso größer fallen die Irrtümer bzw. Trugschlüsse aus.
Vor allem dieser Abschnitt hat es in sich:
Zitat:
Hart erarbeitete Unverständlichkeit
Komplizierte und unverständliche Theorien über die Gesellschaft und Politik haben für Chomsky nicht die Aufgabe, die politischen und gesellschaftlichen Geschehnisse besser zu erklären. Vielmehr dienen sie den Intellektuellen dazu, sich einen Namen als Experten zu machen, damit sie sich im Wissenschaftsbetrieb eine berufliche Stellung erobern und sichern können, die Prestige, Privilegien, Zugang zu Macht, Einfluss und ein hohes Einkommen ermöglicht.[26] Für diesen Zweck muss man sich als Intellektueller „seine Unverständlichkeit hart erarbeiten“.[27]

Diese hart erarbeitete akademische ´Unverständlichkeit` der Intellektuellen kritisiert Chomsky, weil kaum „substanzielle Aussagen über das menschliche Leben und die Gesellschaft“ existieren, „die nicht simpel wären, sobald man die Absurditäten und das großsprecherische Getue, mit denen sie häufig verbunden sind, einmal beiseite lässt.“[28] Die philosophisch tiefgründigen und komplexen Ausführungen über gesellschaftliche und politische Zusammenhänge entpuppen sich für ihn entweder als Binsenweisheiten oder akademische Spielereien bzw. Betrügereien. So ist es für ihn auch nicht überraschend, wenn sich die Intellektuellen gerne voreinander mithilfe spektakulärer wie schwer verständlicher Aussagen reproduzieren, um so ihr Prestige zu steigern und ihre karriereförmige Eitelkeit zu befriedigen, damit sie ins Fernsehen oder auf die Titelseiten von Zeitschriften kommen.[29]

Das Prestige der Wissenschaft wird hierbei von den Intellektuellen gerne in Anspruch genommen, um letztendlich zu verschleiern, dass sie mit ihren medial verbreiteten Deutungen und Forderungen in erster Linie für die besonderen Interessen der Mächtigen arbeiten: „Nicht nur, dass die Intellektuellen stark versucht sind, in einer Gesellschaft, die ihnen zu Ansehen und Wohlstand verhilft, eine ´pragmatische Einstellung` zu vertreten, (…), das heißt eine Einstellung, die verlangt, dass man die bestehende Verteilung der Macht, auf nationaler und internationaler Ebene, und die sich daraus ergebenden politischen Realitäten ´akzeptiert`, nicht kritisch analysiert oder zu ändern trachtet, und dass man nur auf ´langsame Verbesserungsmaßnahmen` hinarbeitet, in kleinen technologischen legitimierten Schritten. Das bedeutet nicht nur, dass man, (…), stark versucht ist, sie mit einer allgemeinen ideologischen Rechtfertigung zu versehen. Vielmehr müssen wir auch damit rechnen, dass die politischen Eliten die Terminologie der Sozial- und Verhaltenswissenschaften anwenden werden, um ihr Tun und Lassen gegen kritische Analysen abzusichern (…). Und für jede beliebige Handlung wird man in den Universitäten sicherlich Experten finden, die ihre Zweckmäßigkeit und Realitätsgerechtigkeit feierlich beschwören.“[30]

Insofern verkaufen Intellektuelle eigentlich nicht ihr Wissen und ihre angeblich besonderen intellektuellen Fähigkeiten als Waren auf dem Markt und verdienen damit ihr Geld, sondern sie werden hauptsächlich für ihren herrschaftssichernden Dienst entsprechend gut bezahlt, den sie für die Mächtigen und Reichen leisten, denn letztere wissen diese besondere Art von ´Arbeit` entsprechend zu würdigen.[31]

Demgegenüber besitzen gesellschaftskritische Intellektuelle die Neigung, sich vor allem mit esoterischen Themen zu beschäftigen, die ein Außenstehender nicht mehr verstehen und nachvollziehen kann.[32] Dieser Hang der kritischen Intellektuellen kommt vermutlicherweise daher, weil sie im Wissenschaftsbetrieb marginalisiert sind und meistens dank ihrer argumentativen Exklusivität auch keinen Bezug mehr zu politischen Bewegungen haben und pflegen. Außerdem werden die kritischen Außenseiter unter Druck gesetzt, da liegt die Beschäftigung mit einer randständigen, politisch harmlosen wie unverständlichen Thematik nahe.[33] Denn man sagt dem Abweichler vom Mainstream: Er „muss aufhören, unsere Werte infrage zu stellen und unsere Privilegien zu bedrohen. Er möge sich mit technischen Modifikationen der bestehenden Gesellschaft beschäftigen, Modifikationen, die ihre Wirksamkeit steigern und ihre Ungleichheit verschleiern, aber er darf nicht eine radikal andere Alternative entwerfen und sich selbst für gesellschaftliche Veränderungen engagieren wollen.“[34] Allerdings verhelfen die wenigen kritischen Intellektuellen, die durch das institutionelle Filtersystem des Bildungssystems gerutscht sind und nun großzügig als Außenseiter geduldet werden, unfreiwillig die Glaubwürdigkeit des von der Machtelite dominierten Wissenschaftssystems zu stärken, weil sie als der lebende Beweis hingestellt werden, dass die Wissenschaft völlig frei, tolerant, plural und unabhängig arbeitet.
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