17.05.2011, 21:24 | #26 |
Moderator Sekundärliteratur
Ort: Höxter
Beiträge: 10.057
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Da ich heute angefangen habe, "Under the hood" zu lesen, muss ich sagen dass es sich - ausser dem seriellen Charakter von 12 Einzelheften - im Ergebnis (nach meiner ganz persönlichen Meinung) doch um eine GN handelt.
Um das mit den Watchmen zu klären, müsste man aber einen eigenen Thread aufmachen (schließlich ist es eine der besten Geschichten der Comic-Historie) |
18.05.2011, 00:20 | #27 | |
Moderatorin Internationale Comics
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Zitat:
Wie Martin Frenzel bin ich der Meinung, daß es sich dabei schlicht um Autorencomics handelt, und die gab es sogar schon in Deutschland, bevor der Marketingbegriff populär wurde. In meinem Vortrag habe ich als Beispiel dafür Birger Thorin Graves Erewhon (Schreiber & Leser 1983), frei nach dem Roman von Samuel Butler, erwähnt: Farbiges Cover, gut 110 Seiten in schwarzweiß und mit Anspruch. (Grob gesagt fiele alles darunter, was damals in der klassischen Zeitschrift (A Suivre) veröffentlicht wurde ...) Ich habe die Diskussion auch angestoßen, weil mich der Werbespruch der SZ-Graphic Novel-Reihe reizt: "Roman trifft Illustration". Das ist aus meiner knapp vorbei und völlig daneben. Die gezeichneten Panels sind integrale Bestandteile der Werke und eben keine schmückenden Illustrationen, auf die mal verzichtet werden könnte. Der kreative Aspekt der graphischen Gestaltung fällt dabei unter den Tisch, dabei sind die Zeichner aus meiner Perspektive und nach meiner Erfahrung legitime Mitschöpfer. Doch ich glaube, daß das Pendel irgendwann zurückschwingt. Mit dem Graphic Novel-Label steht die Erzählung im Mittelpunkt, während der zeichnerische Aspekt (zum Beispiel bei Rezensionen) geflissentlich übergangen wird. Die Mode der biographischen Sachen wird sich irgendwann totlaufen, und dann kann mir gut vorstellen, daß gute Comicerzähler wie zum Beispiel Erik (deae ex machina, Dédé) endlich zu den Lorbeeren kommen, die sie verdienen. |
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18.05.2011, 02:42 | #28 |
Moderator Preisfindung
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Das ist ja eben die Crux: Es gibt m. E. keine allgemeingültige Definition von Graphic Novel. Nur weil eine Story über 200 s/w Seiten geht und wenig Action zeigt, ist sie nicht automatisch eine GN.
Ich denke, wir sollten uns frei von der Ausage machen, man könnte eine GN vom Äußeren her definieren. Da können durchaus Superhelden vorkommen, "Tod Captain Marvel" ist ein gutes Beispiel. Aber wie basti schon sagte: Schön ist, was gefällt... Wenn man weiß, wo man ist, kann man sein, wo man will... (alter Fliegerspruch) |
18.05.2011, 10:38 | #29 |
Gesperrt
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Verstehe hier die Diskussionsrunde nicht ganz.
Graphic Novels sind gutgemachte Comics, die sich ausschließlich an eine ältere Leserschaft wendet. Wenn im Fernsehen nichts läuft, nimmt sich der (40 + ?) jährige ein G.N. aus dem Regal und macht es sich gemütlich. :cowboy: |
18.05.2011, 11:25 | #30 |
Moderator sammlerforen
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Genau! Hauptsache du weißt genau, wovon du redest, wenn du über Graphic Novels sprichst.
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18.05.2011, 11:40 | #31 |
Gesperrt
Ort: Mexiko
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underduck, Du bist ja heute richtig gut drauf. Scheint ein guter Tag zu werden.
(Fritz) Haarmann, erschienen bei Carlsen, da willst Du mir doch nicht erzählen, das Autor Peer Meter sich gezielt an die Micky Maus Generation richtet? :cowboy: Geändert von El Muerto (18.05.2011 um 12:14 Uhr) |
18.05.2011, 14:30 | #32 |
Moderator Preisfindung
Ort: Reutlingen
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Persepolis z.B. halte ich auch für Jugendliche interessant, obwohl es das Paradebeispiel einer GN ist.
Wenn man weiß, wo man ist, kann man sein, wo man will... (alter Fliegerspruch) |
18.05.2011, 14:58 | #33 |
Moderator Sekundärliteratur
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danke!
gutes Beispiel - für den Titel halte ich mich nämlich für zu "alt" - zumindest was die Jugend in Persien angeht |
18.05.2011, 18:27 | #34 |
Moderator Deutsche Comicforschung
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Spätestens dann, wenn es nicht mehr genug gute "Graphic Novels" gibt, um die Programmplätze der Verlage zu füllen. Wenn sie erst mal genug Ladenhüter im Programm haben und damit die Regale verstopfen, schmeißt der Buchhandel die "Graphic Novels" wieder raus.
eckrt |
18.05.2011, 18:50 | #35 |
Moderator Sekundärliteratur
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Hat denn jemand eine Kenntnis darüber, wie sich GN "insgesamt" verkaufen und ob es sich um typische Gelegenheitskäufer handelt?
Irgendjemand muss die GN doch lesen? Oder sind das am Ende doch wieder nur wir "sowieso-Comic-Leser", die wieder eine "Mode" mitmachen? Bei den Verlagen müsste doch eigentlich bekannt sein, wie sensibel der Comic-Markt ist und zu was ein Überangebot führt, oder? |
18.05.2011, 19:03 | #36 |
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Im "Comic-Report" gibt es ja gerade einen Marktbericht, in dem auch die bestverkauften Titel der einzelnen Verlage gelistet werden.
Und da liegen bei Carlsen diverse ihrer "Graphic-Novels" schon ganz weit vorne, jedenfalls weit vor den meisten klassischen franco-belgischen Albentiteln. Da macht der Buchhandel eben doch eine ganze Menge aus. |
18.05.2011, 20:47 | #37 |
Moderator Marvel
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Graphic Novels "klingen" halt wie ECHTE Bücher. Wenn jemand sagt, dass er sich ne GN gekauft hat und die toll findet, sagen die anderern "Boah, ey! Der liest ja Sachen!"
Und dann sag mal, dass er sich 'n Comic gekauft hat...! |
18.05.2011, 20:59 | #38 |
Moderator Sekundärliteratur
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Recht haste...
Ich bleibe dabei (und ich denke, hier sind wir uns einig): Für mich kommt es auf den Inhalt an. |
19.05.2011, 07:40 | #39 | |
Mitglied (unverifiziert)
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Zitat:
http://www.reddition.de/pdf/cr2011_gn.pdf Das ist jedenfalls eines der Themen von 2010, aber sicher auch 2011 und 2012. |
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20.05.2011, 13:04 | #40 |
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Klar liegen die GN beim Verkauf vorne. Die werden ja auch ganz anders beworben.
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31.05.2011, 22:17 | #41 |
Moderatorin Internationale Comics
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Der japanische Begriff Gekiga ist vor Jahrzehnten unter ähnlichen Voraussetzungen in die Welt gesetzt worden wie Graphic Novel: Es sollte edler klingen, sich vom Manga absetzen und den Status der Comics erhöhen. Doch mittlerweile steht er nur noch in Geschichtsbüchern, im Handel und bei den Fans würde er heutzutage bloß irritieren.
Die einzige Ausnahme besteht darin, über die damalige Mangaszene (Gekiga-Bewegung) zu berichten. Wie vergnüglich das sein kann, beweisen die Werke von Tatsumi. Vielleicht steht dem Begriff Graphic Novel ein ähnliches Schicksal bevor ... |
23.07.2011, 18:50 | #42 | ||
Moderator Sekundärliteratur
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GN = Etikettenschwindel
Im aktuellen Zack 146 gibt es einen Artikel "Graphic Novels: Chance für den Comic zu mehr Akzeptanz".
Darin sind mehrere Verlagsverantwortliche interviewt worden. Unter anderem steht dort folgende Aussage: Zitat:
Habe ich doch schon immer befürchtet. Das ist so richtig deutsch. Ich glaube wir sind Weltmeister im Umbenennen: - "Müllkippe - geht ja gar nicht - das nennen wir jetzt ... mmmmh ... Abfallentsorgungsanlage." - "Und wie entsorgt Ihr den Abfall?" - "Na, wir kippen den Müll auf eine Anlage!" Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass man das überall "drauftackert" - Sogar Crepax Werke gelten jetzt als GN. Zitat:
P.S.: @underduck: Wenn Du meinst, dass man das hier im Öffentlichen nicht diskutieren sollte, dann kannst Du das gerne abtrennen. "Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799 Geändert von 74basti (23.07.2011 um 20:44 Uhr) |
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23.07.2011, 20:09 | #43 | |
Nachrichten
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Zitat:
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23.07.2011, 20:20 | #44 |
Moderator Werbecomics
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Don Rosa's "Onkel Dagobert - Sein Leben, seine Milliarden" könnte man glatt auch als "Graphic Novel" anbieten. Glaube aber nicht, dass jemand auf die Idee käme das zu tun.
Aber im GN-Bereich gibt es wirklich soviel Schrott. Werder die Geschichte , noch die Zeichnungen geben was her. Aber im Laden stehen die Dinger trotzdem, weil sie ja unter Graphic Novel laufen. |
24.07.2011, 01:16 | #45 |
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Wo ist denn nun das Problem, dass man sich über den Begriff so ärgern muß?
Die zitierte Aussage von Carlsen-Mann Ralf Keiser zeigt doch, dass es keine bekloppte und unsinnige Idee der Verlage war die Comics so umzubenennen sondern eine schlichte Notwendigkeit um die renitenten und sturen Buchhändler zu überzeugen. Ich finds eigentlich ganz lustig, dass man die damit quasi "ausgetrickst" hat. Daher: Ja, die "Graphic Novel"-Fans gibt es und zwar vornehmlich unter den Buchhändlern.. |
25.07.2011, 13:43 | #46 |
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Erfüllt mich jetzt allerdings gerade nicht so mit Respekt für Buchhändler.
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23.02.2012, 23:16 | #47 |
Moderatorin Internationale Comics
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... und den Rest der Comics nennen wir ab sofort Graphic Romance.
Diese Wortwahl signalisiert sofort, daß es um Unterhaltung geht und nicht um irgendwelche für das Feuilleton oder den Höhenkamm der Kultur. Das klingt so ähnlich, und das Publikum außerhalb der Comicszene wird nicht mehr durch einen Wust von diversen Bezeichnungen verwirrt. |
28.03.2015, 11:30 | #48 | ||
Moderatorin Internationale Comics
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Die Diskussion geht weiter ...
Auf der Londoner Buchmesse im April wird in einem Seminar, das Paul Gravett leiten wird, ausgiebig über Sinn und Unsinn des Graphic-Novel-Marketings gesprochen werden. Aus der Ankündigung der Veranstaltung:
Zitat:
Zitat:
Geändert von Servalan (28.03.2015 um 20:15 Uhr) |
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14.04.2015, 14:16 | #49 | |
Moderatorin Internationale Comics
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Graphic Novels = Classics Illustrated 2.0
Marblehead ist eine Küstenstadt in Essex County, Massachusetts. Dort wurde im 18. Jahrhundert die US Navy gegründet.
Wegen der knappen Budgets sind die öffentlichen Schulen gezwungen, Spenden und sonstige Drittmittel einzuwerben. Seit 20 Jahren existiert deshalb ein Förderverein, Friends of the Marblehead Public Schools (FMPS). Dabei werden auch Comics im Unterricht eingesetzt. Im Bericht von Michelle Abrams (3. Oktober 2014) liest sich das folgendermaßen: Zitat:
Comics als Zwangsbeglückung für leseunwillige Kinder - das ist nur einen Katzensprung von dem Vorurteil entfernt, Comics wären bloß etwas für Analphabeten und geistig Minderbemittelte. Stattdessen zeigt der Bericht unfreiwillig, daß die Lehrerin, Frau Abrams, nicht das geringste von Comics versteht (oder verstehen will). Wenn es nämlich bloß bei Einzelbindern bleibt, entsteht keine "Sequential Art" (Will Eisner). Wie heißt es so schön: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht. |
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27.06.2015, 18:56 | #50 | |
Moderatorin Internationale Comics
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Während sich Fans und Fachleute die Köpfe raufen und den Begriff Graphic Novel eher widerwillig akzeptieren, scheint er allgemein zu einer Erfolgsgeschichte zu werden.
In der Theaterszene kursiert derzeit der Begriff Live-Action Graphic Novel für experimentelle Produktionen, meist unabhängig und von kleinen Kompanien. Auf eine Comicvorlage verzichten die meisten Stücke. Zitat:
Alle Klarheiten beseitigt? Geändert von Servalan (27.06.2015 um 19:17 Uhr) |
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